Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2023, Az. 10 AZR 499/20

10. Senat | REWIS RS 2023, 3629

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Gegenstand

Tarifliche Nachtarbeitszuschläge - Gleichheitssatz - Verstoß - Zuschlagshöhe - Differenzierung - sonstige Nachtarbeit - Nachtschichtarbeit - Tarifauslegung - obst- und gemüseverarbeitende Industrie - Aussetzung aufgrund der Anhängigkeit einer sog. Verbandsklage iSv. § 9 TVG


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 6. Oktober 2020 - 5 [X.]/20 - teilweise unter Zurückweisung der Revision im Übrigen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2019 - 5 Ca 999/19 - auf die Berufung der Klägerin abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 997,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 764,73 Euro seit dem 1. Juni 2019 und aus 232,75 Euro seit dem 30. Juni 2019 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu 84 % und die Beklagte zu 16 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe tariflicher [X.].

2

Die Klägerin leistete im streitgegenständlichen [X.]raum Nachtarbeit im Rahmen von [X.] in dem von der Beklagten betriebenen Werk in [X.], in welchem Kaffeekapseln hergestellt werden. Für das Arbeitsverhältnis gilt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der obst- und gemüseverarbeitenden Industrie in [X.] vom 2. Juni 2009 ([X.]).

3

Der [X.] enthält unter anderem folgende Regelungen:

        

„§ 3   

        

Arbeitszeit

        

(1) Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

        

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen 39 Stunden.

        

…       

        

(3) Zusätzliche Regelungen zur Arbeitszeit

        

…       

        
        

b)    

In Betrieben, in denen im Zwei- bzw. [X.] gearbeitet wird, muss den Arbeitnehmern, die aus betrieblichen Gründen wegen des Fortgangs der Arbeit die festgesetzten Pausenzeiten nicht wahrnehmen können, eine bezahlte Essenspause von 30 Minuten innerhalb der Arbeitszeit gewährt werden.

        

§ 4     

        

Schichtfreizeit

        

Arbeitnehmer, die ständig im [X.] arbeiten, erhalten für je 25 geleistete Nachtschichten in diesem System eine [X.].

        

Arbeitnehmer, die im [X.] arbeiten, erhalten nach diesem System für je 60 geleistete Spätschichten eine [X.].

        

[X.] liegt vor, wenn ein regelmäßiger Wechsel des Schichtbeginns und damit der zeitlichen Lage der Schicht erfolgt und die Spätschicht mindestens bis 22 Uhr dauert.

        

§ 5     

        

Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit

        

(1) Begriffsbestimmung

        

Zuschlagspflichtige Mehrarbeit ist die über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit (§ 3 Abs. 1 [X.]) hinausgehende Arbeitszeit.

        

…       

        

Nachtarbeit ist die in der [X.] von 22 Uhr bis 6 Uhr geleistete Arbeit.

        

…       

        

(2) Zuschläge

        

Für Mehr-, Nacht-, Schichtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit sind folgende Zuschläge zu zahlen:

        

•       

Mehrarbeit (§ 5 Abs. 1 [X.])

25 %   

        

•       

Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit

50 %   

        

•       

Schichtarbeit während der Nachtzeit (22 Uhr - 6 Uhr)

25 %   

        

…       

        
        

(3) Berechnung der Zuschläge

        

Zuschläge werden von dem Stundenentgelt der Vergütungsgruppe berechnet, die der tariflichen Eingruppierung des Arbeitnehmers entspricht. Das Stundenentgelt beträgt bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden 1/173 des tariflichen Monatsentgelts, bei einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden 1/168. …

        

Beim Zusammentreffen mehrerer Zuschläge ist nur der jeweils höhere zu zahlen. Hiervon ausgenommen ist der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb eines Zwei- bzw. [X.]s, dieser tritt jeweils zu den anderen Zuschlägen hinzu.

        

…       

        

§ 7     

        

Entgeltzahlung

        

Die monatliche Entgeltzahlung erfolgt bargeldlos und ist bis zum letzten Werktag des jeweiligen Monats auf das Konto des Arbeitnehmers zu überweisen. Variable Entgeltbestandteile sind spätestens bis zum letzten Werktag des Folgemonats abzurechnen und auszuzahlen. …

        

§ 12   

        

Ausschlussfrist

        

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind innerhalb einer Frist von drei Monaten seit ihrer Entstehung schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist ist die Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen.“

4

Die Klägerin verrichtete von November 2018 bis Mai 2019 Nachtarbeit in Wechselschicht in der [X.] von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr im Umfang von insgesamt 288,08 Stunden. Hierfür erhielt sie einen Zuschlag in Höhe von 25 % des [X.], welches 13,85 Euro brutto betrug.

5

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin - nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung - für die geleistete Nachtarbeit die Zahlung weiterer [X.] in Höhe der Differenz zwischen dem gezahlten tariflichen Zuschlag für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr in Höhe von 25 % und dem tariflichen Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit in Höhe von 50 % des [X.].

6

Sie hat die Auffassung vertreten, der Anspruch ergebe sich aus § 5 Abs. 2 [X.] iVm. dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Nach der tariflichen Regelung erhielten Arbeitnehmer für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr - trotz Vergleichbarkeit beider Arbeitnehmergruppen - Zuschläge von nur 25 %, für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit dagegen Zuschläge von 50 %, ohne dass für diese Ungleichbehandlung ein sachlicher Grund vorliege. Der vorrangig zu beachtende Gesundheitsschutz rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht; andere Aspekte als dieser könnten bei Nachtarbeit höhere Zuschläge nicht rechtfertigen. Zudem sei die Teilhabe am [X.] Leben auch bei Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr deutlich erschwert. Planbarkeit könne sowohl bei Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr als auch bei Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit vorliegen oder fehlen. Ein Zuschlag von nur 25 % für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr sei nicht vom Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien gedeckt, er verteuere die Nachtarbeit nicht ausreichend. Außerdem sei dieser Gestaltungsspielraum mit Blick darauf eingeschränkt, dass tarifvertragliche Regelungen für [X.] der Durchführung von Unionsrecht iSv. Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der [X.] ([X.]) dienten und insoweit an Art. 20 und Art. 31 Abs. 1 [X.] zu messen seien.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere Nachtarbeitszuschläge für den [X.]raum November 2018 bis Mai 2019 in Höhe von 997,48 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2019 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit und Nachtschichtarbeit verstießen nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Gruppen der Arbeitnehmer, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit und Nachtschichtarbeit verrichteten, seien schon nicht vergleichbar. Zwischen Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit und Nachtschichtarbeit bestehe zudem ein [X.], weil die planbare Nachtschichtarbeit sehr viel häufiger anfalle als sonstige Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit. Die unterschiedliche Höhe der [X.] überschreite auch nicht den Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien. Die Zuschlagsdifferenz verringere sich außerdem durch die Regelungen zu den Schichtfreizeiten und den Umstand, dass der Zuschlag von 50 % für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit typischerweise Mehrarbeit betreffe und daher den Mehrarbeitszuschlag enthalte. Er solle auch nicht nur die Erschwernis für die Arbeit in der Nacht ausgleichen, sondern kompensieren, dass die betroffenen Arbeitnehmer die Möglichkeit verlören, über ihre Freizeit zu disponieren. Arbeitgeber sollten von Eingriffen in den geschützten Freizeitbereich der Arbeitnehmer abgehalten werden. Außerdem sei die Teilhabe am [X.] Leben, etwa die [X.], bei Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit wesentlich schwerer zu organisieren. Schließlich sei eine „Anpassung nach oben“ abzulehnen.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Der Senat hat das Revisionsverfahren im Hinblick auf zwei Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der [X.] ([X.]) gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) ausgesetzt. Der [X.] hat auf die dort gestellte Frage mit Urteil vom 7. Juli 2022 geantwortet (- [X.]/21 und [X.]/21 - [Coca-Cola European Partners Deutschland]). Vor dem [X.] Hamburg (- 4 [X.]/22 -) ist derzeit im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Fragestellung ein Verfahren über eine sog. Verbandsklage iSv. § 9 [X.] betreffend die Auslegung des [X.] vom 2. Juni 2009 anhängig, in welchem der die Beklagte vertretende Arbeitgeberverband erstinstanzlich obsiegt hat. Im Hinblick darauf hat die Beklagte die erneute Aussetzung des Verfahrens angeregt. Die Klägerin wendet sich gegen die Aussetzung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist hinsichtlich des zuletzt nur noch gestellten [X.] weitgehend begründet. Die Klägerin hat für den streitgegenständlichen [X.]raum entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts für die während der Nachtschichten geleisteten Arbeitsstunden Anspruch auf einen höheren [X.]. Dies führt insoweit zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1 ZPO). [X.] ist überwiegend begründet, was der Senat selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eine erneute Aussetzung des Verfahrens ist nicht geboten.

I. Entgegen der Auffassung der [X.] war das Verfahren nicht aufgrund des zwischen den Tarifvertragsparteien geführten Verbandsklageverfahrens über die Auslegung des [X.] auszusetzen. [X.]ei der erforderlichen Ermessensausübung überwiegt das Interesse der Klägerin an einer zeitnahen Entscheidung das [X.] der [X.].

1. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Aussetzung von Individualklageverfahren sieht § 9 [X.] - anders als beispielsweise § 97 Abs. 5 oder § 98 Abs. 6 ArbGG - nicht vor. Eine Aussetzung kann daher nur in Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO erfolgen.

2. Danach kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem [X.]estehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Aussetzung der Verhandlung setzt damit Vorgreiflichkeit der in dem anderen Rechtsstreit oder dem Verwaltungsverfahren zu treffenden Entscheidung im Sinn einer (zumindest teilweise) präjudiziellen [X.]edeutung voraus. Darüber hinaus stellt das Gesetz die Aussetzung in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts.

Vorgreiflichkeit in diesem Sinn ist gegeben, wenn in einem anderen Rechtsstreit eine Entscheidung ergeht, die für das auszusetzende Verfahren materielle Rechtskraft entfaltet oder Gestaltungs- bzw. Interventionswirkung erzeugt. Der Umstand, dass in dem anderen Verfahren über eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, von deren [X.]eantwortung die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits ganz oder teilweise abhängt, vermag die Aussetzung der Verhandlung allein nicht zu rechtfertigen. Anderenfalls würde das aus dem Justizgewährleistungsanspruch folgende grundsätzliche Recht der Prozessparteien auf Entscheidung ihres Rechtsstreits in [X.] beeinträchtigt. Eine Aussetzung allein aus [X.] sieht das Gesetz nicht vor ([X.] 28. Juli 2021 - 10 [X.] (A) - Rn. 16 f. [X.], [X.]E 175, 296). [X.]ei der Ermessensausübung sind gegenüber dem vorrangigen Zweck einer Aussetzung - einander widersprechende Entscheidungen zu verhindern - insbesondere die Nachteile einer langen Verfahrensdauer und die dabei entstehenden Folgen für die Parteien abzuwägen. Dabei ist der [X.]eschleunigungsgrundsatz des § 9 Abs. 1 ArbGG ebenso zu berücksichtigen wie die Vorschriften zum Schutz vor überlanger Verfahrensdauer wie § 9 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 198 ff. [X.] ([X.] 16. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 5 [X.]).

3. [X.]ei Anwendung der vorstehenden Grundsätze war das Verfahren nicht auszusetzen. Dabei kann dahinstehen, ob die im derzeit vor dem [X.] anhängigen Verfahren über die Verbandsklage ergehende rechtskräftige Entscheidung für das hiesige Verfahren iSv. § 148 ZPO vorgreiflich ist. In Ausübung des dem Senat bei der Aussetzungsentscheidung zustehenden Ermessens war dem Interesse der Klägerin an einer Verfahrensbeschleunigung aufgrund der bisherigen Verfahrensdauer und des Verfahrensstands in dritter Instanz der Vorrang einzuräumen.

a) Nach § 9 [X.] sind rechtskräftige Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen, die in Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien aus dem Tarifvertrag oder über das [X.]estehen oder Nichtbestehen des Tarifvertrags ergangen sind, in Rechtsstreitigkeiten zwischen tarifgebundenen Parteien sowie zwischen diesen und Dritten für die Gerichte und Schiedsgerichte bindend. § 9 [X.] hat vorrangig den Zweck, die normative Wirkung des Tarifvertrags mit einer möglichst einheitlichen rechtlichen [X.]eurteilung von Tarifbestimmungen zu untersetzen und damit der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit zu dienen und zugleich Individualstreitigkeiten zu vermeiden ([X.] 15. Juni 2016 - 4 [X.] - Rn. 15, [X.]E 155, 280). Insoweit kommt eine Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits über die Verbandsklage iSv. § 9 [X.] gegenüber Individualklageverfahren, bei denen die den Gegenstand des Verbandsklageverfahrens bildende Rechtsfrage entscheidungserheblich ist, in [X.]etracht.

b) Ob eine Vorgreiflichkeit im engeren Sinn angesichts des weit gefassten Antrags im anhängigen Verbandsklageverfahren vorliegend gegeben ist, bedarf keiner Entscheidung und kann zugunsten der [X.] unterstellt werden. Die Vorgreiflichkeit eines anderen Rechtsstreits allein kann die Aussetzung eines Verfahrens aber nicht begründen. Diese stellt lediglich eine Voraussetzung des § 148 ZPO dar, die erfüllt sein muss, damit das gebotene Ermessen des Gerichts nach dieser Vorschrift überhaupt eröffnet ist ([X.] 16. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 10; [X.] 22. September 2008 - 1 [X.]vR 1707/08 - Rn. 19).

c) In Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem [X.]eschleunigungsgebot des gerichtlichen Verfahrens (§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 ArbGG, §§ 198 ff. [X.]) ist eine nochmalige Aussetzung des Verfahrens unter [X.]erücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht angezeigt.

[X.]) Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist eine Aussetzung nach § 148 Abs. 1 ZPO nur möglich, wenn in Abwägung zwischen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und dem [X.]eschleunigungsgebot des § 9 Abs. 1 ArbGG eine Aussetzung unter [X.]erücksichtigung der Interessen beider Parteien angemessen erscheint. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. [X.] 16. April 2014 - 10 [X.] - Rn. 5). Dabei sind insbesondere die bisherige Verfahrensdauer und der jetzige Verfahrensstand sowie die bei einer Aussetzung zu prognostizierende Verlängerung der Verfahrensdauer zu berücksichtigen, welche einer Einschätzung durch das Gericht bedarf (vgl. [X.] 10. September 2020 - 6 [X.] (A) - Rn. 45 [X.], [X.]E 172, 175).

[X.]) [X.] sind vorliegend Ansprüche der Klägerin auf höhere [X.] für den [X.]raum von November 2018 bis Mai 2019. Die der [X.] am 9. August 2019 zugestellte Klage ist seit über dreieinhalb Jahren rechtshängig. In dritter Instanz ist das Verfahren bereits im Hinblick auf zwei Vorabentscheidungsersuchen zum [X.] gemäß Art. 267 A[X.]V ausgesetzt worden. Dieser Aussetzungsgrund ist mit der Entscheidung des [X.] vom 7. Juli 2022 (- [X.]/21 und [X.]/21 - [Coca-Cola European Partners [X.]land]) entfallen. Eine weitere Aussetzung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem derzeit vor dem [X.] geführten Verfahren würde unter [X.]erücksichtigung der üblichen Dauer eines [X.]erufungsverfahrens und eines etwaigen sich anschließenden Revisionsverfahrens, dessen Abschluss in diesem Jahr nicht mehr zu erwarten wäre, zu einer erheblichen Verlängerung der ohnehin bereits beträchtlichen Verfahrensdauer führen.

[X.]) Vor diesem Hintergrund war dem Interesse der Klägerin an einem zeitnahen Abschluss des Verfahrens vor dem [X.] der [X.] der Vorrang einzuräumen. Der Zweck der Aussetzung, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen zu vermeiden, tritt insoweit in den Hintergrund.

Die Leistungsklage betrifft den Teil der Vergütung, welcher dem Ausgleich einer besonderen [X.]elastung der in der Nachtschicht tätigen Klägerin dient und grundsätzlich zeitnah zu gewähren ist. Die streitige Rechtsfrage ist den vorliegend tarifvertragsschließenden Verbänden und ihren Mitgliedern spätestens bekannt, seit sich ua. die hiesige Klägerin mit der vorliegenden Klage auf das Urteil des Senats vom 21. März 2018 (- 10 [X.] - [X.]E 162, 230) berufen hat. Gleichwohl hat der für seine Mitglieder handelnde und die [X.] in diesem Verfahren vertretende Arbeitgeberverband die Feststellungsklage als sog. Verbandsklage iSv. § 9 [X.] erst während des laufenden Revisionsverfahrens eingereicht und damit zum Ausdruck gebracht, dass zuvor kein [X.]edürfnis für eine einheitliche Klärung der Auslegung der Tarifbestimmungen im Weg der Verbandsklage bestanden hat. Gleichzeitig konnten alle Argumente, die in jenem Verfahren vorgebracht werden, auch im vorliegenden Rechtsstreit dem Gericht zur Kenntnis gebracht werden, da die [X.] vom [X.] vertreten wird. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die höchstrichterliche Entscheidung einer Rechtsfrage im Rahmen einer Individualklage aufgrund ihrer Ausstrahlungswirkung auf weitere Verfahren Rechtsklarheit und Rechtssicherheit schaffen kann. Die Gefahr sich widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen ist vor diesem Hintergrund hinzunehmen.

II. [X.] ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin hat für jeden Monat des streitgegenständlichen [X.]raums durch Vorlage der entsprechenden Entgeltabrechnungen die Anzahl der geleisteten [X.] angegeben und die Klageforderung ausgehend vom tariflichen [X.]ruttostundenlohn mit der geltend gemachten Differenz von 25 Prozentpunkten für die geleisteten [X.] berechnet. Damit ist die Klage in [X.]ezug auf jeden Monat, für den die Klägerin höhere [X.] verlangt, als abschließende Gesamtklage zu verstehen und hinreichend bestimmt (vgl. [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19 - Rn. 14 [X.]; 21. März 2018 - 10 [X.] - Rn. 13, [X.]E 162, 230).

III. [X.] ist weitgehend - mit Ausnahme des Zinstermins für die Forderung aus Mai 2019 - begründet. Die [X.] hat an die Klägerin für den streitgegenständlichen [X.]raum für ihre Arbeit in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr den Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit nach § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.] in Höhe von 50 % des tariflichen [X.] abzüglich der geleisteten Zuschläge zu zahlen.

1. Ein Anspruch auf einen höheren [X.] ergibt sich nicht unmittelbar aus den Regelungen des [X.].

a) Der [X.] gilt im Arbeitsverhältnis der Parteien kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 [X.]).

b) Nach § 5 Abs. 2 [X.] ist für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (im [X.]) ein Zuschlag von 25 % und für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit ein Zuschlag von 50 % zu zahlen. Da es sich bei der von der Klägerin im Rahmen von [X.] geleisteten Nachtarbeit um Schichtarbeit iSv. § 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.] handelt (vgl. zum [X.]egriff „Schichtarbeit“ [X.] 28. Juli 2021 - 10 [X.] (A) - Rn. 53, [X.]E 175, 296; 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 10 [X.]), hat sie nach den Regelungen des [X.] nur Anspruch auf einen [X.] in Höhe von 25 % des tariflichen [X.] (vgl. § 5 Abs. 3 Unterabs. 1 [X.]). Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.

2. Höhere [X.] stehen der Klägerin aber zu, weil die tarifvertragliche Unterscheidung der Zuschläge für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit (§ 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.]) und [X.] (§ 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.]) einer Kontrolle am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht standhält. [X.] werden gegenüber Arbeitnehmern, die außerhalb von [X.] leisten, gleichheitswidrig schlechter gestellt. Dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) kann nur dadurch genügt werden, dass die Klägerin für die im Rahmen von Nachtschichten geleistete Nachtarbeit ebenso wie eine Arbeitnehmerin, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit iSv. § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.] leistet, behandelt wird. Sie hat ergänzend zu dem gezahlten [X.] nach § 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.] Anspruch auf einen Zuschlag von weiteren 25 % des tariflichen [X.] für die von ihr geleisteten Stunden zur tariflichen Nachtzeit.

a) Die Tarifvertragsparteien sind nicht unmittelbar an Grundrechte gebunden, wenn sie tarifliche Normen setzen (st. Rspr., z[X.] [X.] 15. Juni 2021 - 9 [X.] - Rn. 33; 24. Februar 2021 - 10 [X.] - Rn. 26; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 26, [X.]E 173, 205; 19. November 2020 - 6 [X.] - Rn. 21; 2. September 2020 - 5 [X.] - Rn. 21). Die Tarifautonomie ist darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluss von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütungen und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen ([X.] 11. Juli 2017 - 1 [X.]vR 1571/15 ua. - Rn. 146, [X.]E 146, 71). Mit der Normsetzung auf Grundlage der von Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie üben die Tarifvertragsparteien daher keine delegierte St[X.]tsgewalt aus. Sie nehmen vielmehr privatautonom ihre Grundrechte wahr, wobei ihre Normsetzung durch den in § 4 Abs. 1 [X.] enthaltenen st[X.]tlichen [X.] tariflicher Rechtsnormen getragen wird. Mit der kollektiv ausgeübten privatautonomen Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ist eine unmittelbare [X.] der Tarifvertragsparteien nicht zu vereinbaren. Sie führte zu einer umfassenden Überprüfung tarifvertraglicher Regelungen am Maßstab der Verhältnismäßigkeit und damit zu einer „Tarifzensur“ durch die Arbeitsgerichte ([X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19, [X.]E 169, 163; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 17; [X.]/[X.] 23. Aufl. [X.]. Rn. 47).

b) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bildet aber als fundamentale Gerechtigkeitsnorm eine ungeschriebene Grenze der Tarifautonomie. Der Schutzauftrag der Verfassung verpflichtet die Arbeitsgerichte dazu, gleichheitswidrige Differenzierungen in [X.] zu unterbinden. Dementsprechend ist [X.] die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheitswidrigen Differenzierungen führen (vgl. [X.] 16. August 2022 - 9 [X.] - Rn. 20; 23. Februar 2021 - 3 [X.] - Rn. 39, [X.]E 174, 116; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 27 ff. [X.] auch zur Gegenauffassung, [X.]E 173, 205; 19. November 2020 - 6 [X.] - Rn. 21 ; 29. September 2020 -  9 [X.]  - Rn. 47 , [X.]E 172, 313 ; 27. Mai 2020 -  5 [X.]  - Rn. 37 ; 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 23 ff., [X.]E 169, 163; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 18; zust. [X.] NZA 2019, 1684, 1686 ). Diese Grenze ist zu beachten, obwohl [X.] nicht selten Ergebnisse tarifpolitischer Kompromisse sind („Gesamtpaket“), und kann damit zur [X.]eschränkung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Rechte der Tarifvertragsparteien führen (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 31 [X.], [X.]O ; [X.]. [X.] 2023, 9, 15 ff.).

c) [X.]ei der Erfüllung ihres verfassungsrechtlichen Schutzauftrags haben die Gerichte allerdings zu beachten, dass den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern bei ihrer Normsetzung aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sie bestimmen in diesem Rahmen nicht nur den Zweck einer tariflichen Leistung ([X.] 29. September 2020 - 9 [X.] - Rn. 47, [X.]E 172, 313; 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 34, [X.]E 165, 1). Ihnen kommt auch eine [X.] zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind ([X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 26, [X.]E 169, 163; vgl. auch [X.]. 12/5888 zum Entwurf des [X.] S. 20: „Ein wesentliches Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Tarifvertragsparteien ... im Interesse eines praxisnahen, sachgerechten und effektiven Arbeitszeitschutzes mehr [X.]efugnisse und mehr Verantwortung als bisher zu übertragen. Die Tarifvertragsparteien kennen die in den [X.]etrieben zu leistende Arbeit und die für die Arbeitnehmer entstehenden zeitlichen [X.]elastungen [größere Sachnähe der Tarifvertragsparteien ...]. Sie können daher viel stärker differenzieren, ...“). Darüber hinaus verfügen die Tarifvertragsparteien über einen [X.]eurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelungen ([X.] 16. Dezember 2020 - 5 [X.] (A) - Rn. 43, [X.]E 173, 251). Die Gerichte dürfen nicht eigene Gerechtigkeitsvorstellungen an die Stelle von [X.]ewertungen der zuständigen Koalitionen setzen. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genügt, wenn für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund besteht ([X.] 23. Februar 2021 - 3 [X.] - Rn. 40, [X.]E 174, 116; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 41, [X.]E 173, 205; 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - [X.]O; 24. Oktober 2019 - 2 [X.] - Rn. 34, [X.]E 168, 238; 15. April 2015 - 4 [X.] - Rn. 32, [X.]E 151, 235). Ob ein Sachgrund eine Differenzierung rechtfertigt, ist auch dann zu prüfen, wenn die ggf. erforderliche Anpassung nach oben mit erheblichen Mehrkosten für die betroffenen Arbeitgeber verbunden ist (vgl. [X.] 10. November 2011 - 6 [X.] - Rn. 33 f., [X.]E 140, 1).

Dies bedingt im Ergebnis eine deutlich zurückgenommene Prüfungsdichte durch die Gerichte ([X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 42, [X.]E 173, 205). Ein Verstoß gegen das [X.] ist erst dann anzunehmen, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten [X.]etrachtungsweise hätten beachtet werden müssen. [X.]ei der Gruppenbildung dürfen sie generalisieren und typisieren. Allerdings müssen die Differenzierungsmerkmale im Normzweck angelegt sein und dürfen ihm nicht widersprechen. Auf abstrakt denkbare Zwecke kommt es dabei nicht an, sondern auf solche, die den [X.] im Weg der Auslegung zu entnehmen sind. Diese können sich insbesondere aus den in der Regelung selbst normierten Voraussetzungen sowie den Ausschluss- und Kürzungstatbeständen ergeben, die die Tarifvertragsparteien unter [X.]eachtung ihres Gestaltungsspielraums festgelegt haben ([X.] 12. Oktober 2021 - 9 [X.] ([X.]) - Rn. 34 [X.]). Das gilt unabhängig davon, ob es sich um [X.], unternehmensbezogene [X.] oder Tarifverträge mit einzelnen Arbeitgebern handelt.

d) Diese Grundsätze gelten im Ausgangspunkt auch für tarifvertragliche Regelungen über den Ausgleich der [X.]elastungen durch Nachtarbeit. Allerdings können solche tariflichen Regelungen den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 [X.] nur verdrängen, wenn sie unter [X.]eachtung des [X.]es der Nachtarbeitnehmer tatsächlich einen angemessenen Ausgleich gewährleisten.

[X.]) Das [X.]undesverfassungsgericht hat für den [X.]ereich der Nachtarbeit erkannt, dass der Gesetzgeber verpflichtet ist, den Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Folgen der Nachtarbeit zu regeln. Eine solche Regelung war notwendig, um dem objektiven Gehalt der Grundrechte, insbesondere dem Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, zu genügen. Für dieses Grundrecht besteht eine st[X.]tliche Schutzpflicht. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsfreiraum zu, um die Schutzpflicht zu erfüllen ( [X.] 28. Januar 1992 - 1 [X.]vR 1025/82  ua. - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 85, 191 ; [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.]/ 20 - Rn. 4 4, [X.]E 173, 205).

[X.]) Der Gesetzgeber ist dem Schutzauftrag mit § 6 Abs. 5 [X.] nachgekommen. Die Norm überantwortet die Schaffung von [X.] für geleistete Nachtarbeit wegen ihrer größeren Sachnähe vorrangig den Tarifvertragsparteien. Die gesetzlichen Ansprüche greifen nur subsidiär (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 45 [X.], [X.]E 173, 205). Auch bei solchen tarifvertraglichen [X.] für Nachtarbeit handelt es sich aber um originär ausgeübte Tarifautonomie ([X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 46, [X.]O; aA Kohte Gutachten zu [X.]sregelungen S. 21). Der verfassungsrechtlich gewährleistete Schutz der Koalitionsfreiheit ist nicht auf den [X.]ereich des [X.] beschränkt. Er geht über den Kernbereich des Art. 9 Abs. 3 GG hinaus und erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen ( [X.] 12. Juni 2018 - 2 [X.]vR 1738/12  ua. - Rn. 115 [X.], [X.]E 148, 296).

[X.]) Die Tarifvertragsparteien sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie einen tariflichen Ausgleich für erbrachte Nachtarbeit regeln wollen. Dies gilt sowohl im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 [X.] als auch darüber hinaus. So können sie beispielsweise die Nachtzeit gegenüber den [X.]estimmungen des [X.] erweitern oder auch Arbeitnehmern, die keine Nachtarbeitnehmer nach § 2 Abs. 5 [X.] sind, einen Ausgleichsanspruch gewähren. Entscheiden sie sich aber im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 [X.] dafür, eine Regelung zu treffen, sind sie - anders als regelmäßig sonst bei der Gewährung tariflicher Leistungen - in einem gewissen Maß inhaltlich gebunden. Sie haben zu beachten, dass der [X.] beim Ausgleich der [X.]elastungen durch Nachtarbeit im Vordergrund steht und diesem Genüge getan werden muss. Die tarifliche Regelung muss die mit der Nachtarbeit verbundenen [X.]elastungen angemessen kompensieren ([X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] (A) - Rn. 72 [X.], [X.]E 173, 165; 13. Dezember 2018 - 6 [X.] - Rn. 18; 17. Januar 2012 - 1 A[X.]R 62/10 - Rn. 15 [X.]; 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18; [X.]aeck/[X.]/Winzer [X.] 4. Aufl. § 6 Rn. 83; [X.]eckOK ArbSchR/[X.] Stand 1. Januar 2023 [X.] § 6 Rn. 51, 53; [X.]eckOK ArbR/[X.] Stand 1. Dezember 2022 [X.] § 6 Rn. 25 f.; [X.]/[X.] 2020, 239, 269; Kohte FS [X.]uschmann 2014 S. 71, 81; [X.] ZFA 2014, 237, 244; [X.] AuR 2020, 157, 161  f.; [X.] Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 26 f.; wohl auch [X.]/[X.]iebl [X.] 16. Aufl. § 6 Rn. 26). Nur dann kann die tarifliche Regelung den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 [X.] hinsichtlich des die Nachtarbeit leistenden Arbeitnehmers verdrängen. Das folgt schon aus dem Wortsinn des [X.]egriffs „Ausgleichsregelung“ in § 6 Abs. 5 [X.] und entspricht dem Sinn und Zweck des [X.]es ([X.] 17. Januar 2012 - 1 A[X.]R 62/10 - [X.]O).

[X.]) [X.]ei der näheren Ausgestaltung, wie eine solche angemessene Kompensation erfolgen soll, sind die Tarifvertragsparteien hingegen im Rahmen der Tarifautonomie freier als der unmittelbar an § 6 Abs. 5 [X.] gebundene Arbeitgeber. Ihnen kommt ein [X.]eurteilungsspielraum zu, wie sie den Ausgleich für die Nachtarbeit regeln wollen ([X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] - Rn. 18; HK-Arb[X.]R/[X.]. [X.] § 6 Rn. 127). § 6 Abs. 5 [X.] sieht für tarifliche Regelungen keine konkreten Mindestvorgaben vor. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die tarifvertragliche Regelung den mit § 6 Abs. 5 [X.] verfolgten Zwecken (vgl. dazu zuletzt [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19 - Rn. 28, 36 [X.]) bei einer Gesamtbetrachtung gerecht wird. Die Tarifvertragsparteien sind deshalb auch nicht an die von der Rechtsprechung entwickelten Regelwerte für gesetzliche [X.] gebunden (aA Kohte Gutachten zu [X.]sregelungen S. 14; [X.] AuR 2020, 157, 162 f.).

ee) Soweit tarifvertragliche [X.] für Nachtarbeit einen Anspruch auf bezahlten Freizeitausgleich begründen, tritt unmittelbar eine gesundheitsschützende Wirkung in den Fällen ein, in denen sich die Dauer der Arbeitszeit für den Arbeitnehmer durch den bezahlten Freizeitausgleich insgesamt verringert und er zeitnah gewährt wird. [X.] wirken sich dagegen nicht positiv auf die Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers aus. Der individuelle Gesundheitsschaden wird über den Zuschlag kommerzialisiert. Die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers wird verteuert, um auf diesem Weg allgemein Nachtarbeit einzudämmen, wodurch die Gesundheit mittelbar geschützt wird. Außerdem soll der [X.] den Arbeitnehmer in einem gewissen Umfang für die erschwerte Teilhabe am [X.] Leben entschädigen (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 48 [X.], [X.]E 173, 205).

e) Unter [X.]erücksichtigung dieser Grundsätze haben die Tarifvertragsparteien für [X.]eschäftigte, die - wie die Klägerin - [X.] leisten, im [X.] Regelungen geschaffen, die den Zwecken des § 6 Abs. 5 [X.] gerecht werden und die mit der Nachtarbeit verbundenen [X.]elastungen angemessen kompensieren. Damit werden die gesetzlichen Ausgleichsansprüche für die streitgegenständlichen Schichtzeiten verdrängt.

[X.]) Ob im jeweiligen Tarifvertrag ein angemessener Ausgleich für die [X.]elastungen durch die Nachtarbeit vorgesehen ist und die entsprechende Regelung den gesetzlichen Ausgleichsanspruch nach § 6 Abs. 5 [X.] verdrängt, ist jeweils anhand der betroffenen [X.] - hier die Arbeitnehmer, die [X.] leisten, - und der konkreten Arbeitssituation, die im Streit steht, zu prüfen. Eine Gesamtbetrachtung des Tarifvertrags im Hinblick auf seinen persönlichen Geltungsbereich ist nicht vorzunehmen. Eine solche würde auf der einen Seite nicht sicherstellen, dass für jeden einzelnen Nachtarbeitnehmer iSd. [X.] ein angemessener tariflicher Ausgleichsanspruch besteht. Auf der anderen Seite kann der Umstand, dass es für einzelne [X.]n an einem angemessenen Ausgleich fehlt (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung z[X.] [X.] 18. Mai 2011 - 10 [X.] -) nicht dazu führen, dass tarifliche Regelungen, die für andere Gruppen einen angemessenen Ausgleich beinhalten, entgegen § 6 Abs. 5 [X.] der Vorrang verwehrt wird.

[X.]) Danach wird § 6 Abs. 5 [X.] auch im Hinblick auf [X.]eschäftigte, die [X.] im Rahmen von Wechselschicht leisten, durch die streitgegenständliche tarifliche Regelung verdrängt.

(1) Diese erhalten grundsätzlich einen tariflichen [X.] in Höhe von 25 % auf das tarifliche Stundenentgelt (§ 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.]). Dieser Wert erhöht sich allerdings nicht durch den in § 4 Abs. 1 [X.] geregelten Anspruch auf eine [X.] für je 25 geleistete Nachtschichten. Hierbei handelt es sich nicht um einen spezifischen Ausgleich für Nachtarbeit im Rahmen von Wechselschicht, sondern - jedenfalls vorrangig - um eine Kompensation für die [X.]elastungen durch den Schichtwechsel. Denn dieser Anspruch besteht nicht bei ständiger Nacht(schicht)arbeit. Dem Tarifvertrag lässt sich auch nicht entnehmen, dass regelmäßige Nachtarbeit in seinem Geltungsbereich nach den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien nur im Rahmen von Wechselschicht im [X.] anfallen kann. Zudem erhalten auch Arbeitnehmer, die im zweischichtigen Wechsel arbeiten, jedoch nicht während der Nacht, einen - wenn auch geringeren - Freizeitausgleich. Der Regelung kann daher nicht eindeutig entnommen werden, dass und ggf. in welchem Umfang mit der Leistung ein spezifischer Ausgleich der durch die Nachtarbeit entstehenden [X.]elastungen bezweckt wird.

(2) Gleichwohl stellt im Rahmen der bei der [X.]eurteilung der Angemessenheit notwendigen wertenden [X.]etrachtung der von den Tarifvertragsparteien vorgesehene Ausgleich unter [X.]erücksichtigung der Art der zu leistenden Arbeit, also der Gegenleistung der Arbeitnehmer (vgl. dazu [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19 - Rn. 26 [X.]), eine hinreichende Kompensation für die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis dar und beinhaltet eine Entschädigung für die erschwerte Teilhabe am [X.] Leben.

[X.]) Soweit die Klägerin darauf verweist, dass eine Regelung, die für [X.] geringere Zuschläge gewährt als für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit, die gesetzliche Zielsetzung missachte und deshalb unwirksam sei, vermag dies nicht zu überzeugen (so aber z[X.] auch [X.] AuR 2020, 157, 163). Dies vermengt die Frage der Angemessenheit des Ausgleichs mit der Frage der Gleichbehandlung. Die Frage der Angemessenheit iSv. § 6 Abs. 5 [X.] richtet sich aber nicht danach, ob andere Arbeitnehmer den gleichen oder ggf. einen höheren [X.] erhalten.

f) Die im [X.] enthaltene Differenzierung zwischen den Zuschlägen für [X.] und Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit in § 5 Abs. 2 [X.] verstößt aber - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Es liegen miteinander vergleichbare [X.]n vor. Die unterschiedliche [X.]ehandlung bei den Zuschlägen für [X.] im Gegensatz zur Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit ist - wie die Auslegung des [X.] ergibt - nicht durch einen aus dem Tarifvertrag erkennbaren sachlichen Grund gerechtfertigt.

[X.]) Arbeitnehmer, die [X.] bzw. Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten, sind - entgegen der Ansicht der [X.] - miteinander vergleichbar. Die jeweiligen Zuschlagstatbestände knüpfen übereinstimmend an die Arbeitsleistung in der tarifvertraglich definierten Nachtzeit an, die sich - insbesondere durch das Maß an [X.]elastung - von der Arbeit zu anderen [X.]en unterscheidet (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 50 ff. [X.] auch zu krit. Stimmen, [X.]E 173, 205 ). Dem steht auch nicht entgegen, dass die Tarifvertragsparteien grundsätzlich autonom die Tatbestandsvoraussetzungen festlegen können, auf deren Grundlage die Gruppen zu bilden sind. Das entbindet sie nicht davon, die Grenzen von Art. 3 Abs. 1 GG zu beachten. Die sich dabei stellende Frage, ob sachliche Gründe für die unterschiedliche [X.]ehandlung vorliegen, ist auf der [X.] zu klären (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 52, [X.]O; aA z[X.] [X.]/Eylert ZFA 2020, 239, 26 7 f.; ähnlich [X.] Die Rechtmäßigkeit der tarifvertraglichen Zuschlagsregelungen für geleistete Nachtarbeit am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG S. 16 ff.; Kleinebrink NZA 2019, 1458, 1461 ).

[X.]) Die unterschiedlich hohen Zuschläge für [X.] und Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit in § 5 Abs. 2 [X.] führen dazu, dass zwei Gruppen von Arbeitnehmern, die nachts arbeiten, ungleich behandelt werden. Der Ausgleich, den Arbeitnehmer für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit erhalten, ist deutlich höher als derjenige für [X.].

(1) Nach § 5 Abs. 2 [X.] erhalten Arbeitnehmer für [X.] einen Zuschlag von 25 % des [X.], während der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit 50 % beträgt. Das führt zu einer Differenz in Höhe von 25 Prozentpunkten.

(2) Diese Differenz zwischen den beiden Zuschlagstatbeständen verringert sich nicht dadurch, dass nach § 4 Abs. 1 [X.] für je 25 geleistete Nachtschichten eine Schichtfreizeit zu gewähren ist. Dabei handelt es sich nicht um einen spezifischen Ausgleich für die [X.]elastungen durch die Arbeit in der Nachtzeit (vgl. Rn. 43).

(3) Die rechnerische Differenz bei der [X.] vermindert sich auch nicht um die bezahlte Essenspause von 30 Minuten innerhalb der Arbeitszeit nach § 3 Abs. 3 [X.]uchst. b [X.]. Diese steht Arbeitnehmern zu, die aus betrieblichen Gründen wegen ununterbrochenen Fortgangs der Arbeit die festgesetzten Pausenzeiten nicht wahrnehmen können. Der Anspruch setzt somit schon nicht voraus, dass ein Einsatz in der Nachtschicht erfolgt. Die Pause wird vielmehr bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen in allen Schichten gewährt, also auch in [X.]. Demnach dient sie nicht dem Ausgleich der spezifischen [X.]elastungen durch die Nachtarbeit, sondern dem Ausgleich des ununterbrochenen Fortgangs der Arbeit verbunden mit dem Umstand, dass die Arbeitnehmer die festgesetzten Pausenzeiten nicht wahrnehmen können.

(4) Ebenso wenig verringert sich der Unterschied in der [X.] - anders als die [X.] meint - dadurch, dass Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit in der Regel Mehrarbeit ist und der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit einen Mehrarbeitszuschlag umfasst. Zwar begründet § 5 Abs. 2 Alt. 1 [X.] für Mehrarbeit einen Zuschlag in Höhe von 25 %. In den tariflichen Regelungen ist aber nicht angelegt, dass Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit stets oder auch nur regelmäßig zuschlagspflichtige Mehrarbeit im Tarifsinn ist, also über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit des betroffenen Arbeitnehmers hinausgeht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 [X.]).

(5) Unerheblich ist auch, dass der [X.] nach § 5 Abs. 2 [X.] bereits für die [X.] ab 22:00 Uhr geschuldet wird und somit der [X.]eginn der Nachtzeit gegenüber der gesetzlichen Regelung um eine Stunde vorgezogen ist. Das gilt sowohl für die [X.] als auch für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit, so dass sich hieraus in [X.]ezug auf die Ungleichbehandlung keine Relativierung ergibt (aA wohl [X.]/[X.] 2020, 239, 251 „Ausgleichsfaktor“).

[X.]) Die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die [X.] leisten, gegenüber Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten, ist - entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts - nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Ein solcher lässt sich den maßgeblichen Regelungen des [X.] nicht entnehmen.

(1) Die Tarifvertragsparteien sind im Rahmen ihrer [X.] nicht gehindert, tatsächliche Unterschiede hinsichtlich der [X.]elastungen durch [X.] und sonstige Nachtarbeit anzunehmen. Dabei sind sie nicht auf gesundheitliche Aspekte beschränkt. Diese tatsächlichen Unterschiede vermögen auf der [X.] aufgrund des den Tarifvertragsparteien zukommenden [X.]eurteilungs- und Ermessensspielraums einen - auch deutlich - höheren Ausgleich für sonstige Nachtarbeit zu rechtfertigen. Dabei hat sich die Prüfung der sachlichen Rechtfertigung der unterschiedlichen [X.]ehandlung am - aus dem Tarifvertrag erkennbaren - Zweck der Leistung zu orientieren ([X.] 19. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 66, [X.]E 165, 1; 23. März 2017 - 6 [X.] - Rn. 55, [X.]E 158, 360). An einem solchen weiteren Zweck neben dem [X.] fehlt es hier. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Regelungen.

(2) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags, die in der Revisionsinstanz in vollem Umfang überprüfbar ist, folgt nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom [X.] auszugehen, ohne am [X.]uchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können ohne [X.]indung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend herangezogen werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr., z[X.] [X.] 16. November 2022 - 10 [X.] - Rn. 13 [X.]).

(3) Dies zugrunde gelegt ergibt sich zunächst, dass die Tarifvertragsparteien mit der Regelung von [X.]n den [X.] der Nachtarbeitnehmer bezwecken. Das gilt sowohl im Hinblick auf den Zuschlag für [X.] als auch für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit. Dieser Zweck stellt aber keinen Sachgrund für höhere Zuschläge zugunsten der Arbeitnehmer dar, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten.

(a) Der Zweck des [X.]es ist zwar nicht ausdrücklich im [X.] benannt. Er hat aber hinreichend Niederschlag gefunden. Die Zuschläge werden ausdrücklich als solche für Nachtarbeit bzw. für Schichtarbeit während der Nachtzeit bezeichnet (§ 5 Abs. 2 [X.]). Der [X.] definiert den [X.]egriff der Nachtarbeit als die [X.] zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr (§ 5 Abs. 1 Unterabs. 3 [X.]). Die Regelung knüpft damit an § 2 Abs. 3 [X.] an und erweitert den [X.]. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Ausgleichsregelung des § 6 Abs. 5 [X.] und dem dort normierten grundsätzlichen Vorrang von [X.] in Tarifverträgen liegt nahe, dass die Tarifvertragsparteien von dieser Kompetenz Gebrauch machen und auch der gesetzlichen Zwecksetzung genügen wollten. Die Gesundheit - über die Verteuerung der Arbeit zumindest mittelbar - zu schützen, ist der typischerweise mit [X.]n verfolgte Zweck (vgl. [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19 - Rn. 25).

(b) Der Zweck des [X.]es vermag die Ungleichbehandlung allerdings nicht zu rechtfertigen.

([X.]) Nachtarbeit ist nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen für jeden Menschen schädlich, weil sie negative gesundheitliche Auswirkungen hat ([X.] 28. Januar 1992 - 1 [X.]vR 1025/82 ua. - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 85, 191 ; ebenso [X.] 9. Dezember 2020 -  10 [X.]  - Rn. 70  f., [X.]E 173, 205; 15. Juli 2020 -  10 [X.]  - Rn. 27  [X.], [X.]E 171, 280; 21. März 2018 -  10 [X.]  - Rn. 49, [X.]E 162, 230 ; 18. Oktober 2017 -  10 [X.]  - Rn. 39, [X.]E 160, 325 ; [X.]/[X.]/[X.] Europäisches Arbeits- und Sozialrecht [EnzEuR [X.]d. 7] § 11 Rn. 33; EuArbRK/[X.] 3. Aufl. [X.] 2003/88/EG Art. 8 Rn. 3 [X.]). Das gilt im Ausgangspunkt unabhängig davon, ob sie innerhalb oder außerhalb von [X.] geleistet wird. Die gesundheitliche [X.]elastung durch Nachtarbeit steigt nach bisherigem Kenntnisstand in der Arbeitsmedizin durch die Zahl der Nächte im Monat und die Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird ( [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19  - Rn. 24 ; 15. Juli 2020 -  10 [X.]  - [X.]O; 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 17 [X.], [X.]E 153, 378 ; 11. Dezember 2013 -  10 [X.]  - Rn. 19 , [X.]E 147, 33 ).

([X.]) Durch Arbeit während der Nachtzeit wird die sog. zirkadiane Rhythmik gestört. Zu der [X.] Desynchronisation kommt die physiologische Desynchronisation der Körperfunktionen, die sich typischerweise in Schlafstörungen, Magen-Darm-[X.]eschwerden und kardiovaskulären [X.]eeinträchtigungen äußert ([X.]eermann Nacht- und Schichtarbeit - ein Problem der Vergangenheit? S. 4 f. = [X.]; [X.]/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und [X.] S. 26 ff., 37 f.; [X.] Report 1/2012 S. 81 f., 91 ff., 119 ff.). [X.] deuten darauf hin, dass sich Nachtarbeit auch negativ auf die Psyche auswirkt (vgl. [X.] Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 31). Anerkannt ist, dass Nachtarbeit umso schädlicher ist, in je größerem Umfang sie geleistet wird ( [X.] 25. Mai 2022 - 10 [X.]/19  - Rn. 24 ; 15. Juli 2020 - 10 [X.] - Rn. 27 [X.], [X.]E 171, 280; 9. Dezember 2015 -  10 [X.]  - Rn. 17 [X.], [X.]E 153, 378; vgl. auch den siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/88/EG ; Mitteilung der [X.] zu Auslegungsfragen in [X.]ezug auf die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, A[X.]l. [X.] C 165 vom 24. Mai 2017 S. 42).

([X.]) Aufgrund der steigenden gesundheitlichen [X.]elastung durch eine größere Zahl der Nächte im Monat und eine höhere Zahl der aufeinanderfolgenden Nächte, in denen Nachtarbeit geleistet wird, sollten möglichst wenige Nachtschichten aufeinanderfolgen. Dem steht nicht entgegen, dass viele Schichtarbeitnehmer, die in einem Rhythmus von fünf und mehr aufeinanderfolgenden Nachtschichten arbeiten, subjektiv den Eindruck haben, dass sich ihr Körper der Nachtschicht besser anpasst. Das trifft nicht zu (vgl. [X.]undesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Leitfaden zur Einführung und Gestaltung von Nacht- und Schichtarbeit 9. Aufl. S. 12 f.; [X.]/Satzer Gutachten zu arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Nachtarbeit und [X.] S. 32). [X.] Nachtschichten sind besonders schädlich, obwohl sich Arbeitnehmer typabhängig unterschiedlich gut an die Nachtarbeit anpassen ( [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.]  - Rn. 72 , [X.]E 173, 205; 9. Dezember 2015 -  10 [X.]  - Rn. 17 , [X.]E 153, 378; 11. Dezember 2013 -  10 [X.]  - Rn. 19  f. [X.], [X.]E 147, 33 ; vgl. [X.]/Satzer [X.]O S. 36). [X.]islang ist nicht belegt, dass aufeinanderfolgende Nachtschichten signifikant weniger gesundheitsschädlich sind, wenn Arbeitnehmer nach einem Schichtplan eingesetzt werden, der ihnen im Voraus bekannt ist. Nach [X.] zeigen extrahierte statistische Daten lediglich eine tendenziell geringere gesundheitliche [X.]elastung, wenn die Arbeitszeiten vorhersagbar sind (Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt S. 52).

([X.]) [X.]aspekte können danach die im [X.] vorgenommene Differenzierung für sich genommen sachlich nicht rechtfertigen.

(4) Dafür, dass der Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit - so die [X.] - auch den Zweck habe, einen Ausgleich für Mehrarbeit zu gewähren, die in der Regel mit Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit verbunden sei, ergeben sich aus dem [X.] - wie ausgeführt (Rn. 52) - keine Anhaltspunkte.

(5) Soweit die [X.] darauf hinweist, der [X.] regle die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit im Verhältnis zur [X.] als Ausnahmetatbestand, falle somit seltener an, ergibt sich auch aus einem solchen Ausnahmecharakter für sich genommen kein sachlicher Grund, der die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte. Der mögliche Ausnahmecharakter wäre zwar ein Umstand, der auf einen bestimmten Zweck der Leistung hindeuten kann, nicht aber ein selbständiger Zweck, der mit der Tarifregelung verfolgt wird. Außerdem ist ein solcher Ausnahmecharakter in den [X.]estimmungen und der Struktur des [X.] für seinen Geltungsbereich weder inhaltlich angelegt noch aus diesen auch nur im Ansatz erkennbar. Weder in den allgemeinen Regelungen über die Arbeitszeit in § 3 [X.] noch in den speziellen [X.]estimmungen über die Nachtarbeit und deren Ausgleich (§ 5 Abs. 1 Unterabs. 3, Abs. 2 [X.]) finden sich dazu Hinweise. Auch die Größe der jeweils betroffenen [X.] - sollte die [X.] hierauf abstellen - vermag die [X.]egünstigung einer Mehrheit oder Minderheit allein nicht zu rechtfertigen. Denn Ungleichbehandlungen sind - dem Grundgedanken des [X.] folgend - unabhängig von der Größe der betroffenen Gruppen zu vermeiden.

(6) Es ist auch sonst kein Zweck erkennbar, der die Differenzierung zwischen den Zuschlägen für [X.] und Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit sachlich rechtfertigen könnte. Die Tarifvertragsparteien des [X.] haben den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum auch unter Zugrundelegung eines zurückgenommenen [X.] (Rn. 33) überschritten. Zwischen der [X.] und der Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit bestehen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die die Differenzierung bei der Höhe der [X.] sachlich rechtfertigen könnten. Das gilt auch, soweit die [X.] anführt, der [X.] wolle die fehlende Planbarkeit der Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit mit dem höheren Zuschlag ausgleichen. Dieser Zweck ist dem [X.] nicht zu entnehmen.

(a) Richtig ist, dass der Zweck des Ausgleichs der schlechteren Planbarkeit von unregelmäßiger Nachtarbeit eine Ungleichbehandlung bei der [X.] zu rechtfertigen vermag. Es handelt sich um einen sachlich vertretbaren Grund. Unerheblich ist dabei, wenn mit einer tariflichen Zuschlagsregelung mehrere Zwecke gebündelt verfolgt werden, solange diese Zwecke Niederschlag im Tarifvertrag gefunden haben. Ist dies der Fall, kommt es auch nicht darauf an, wie der weitere Zweck von den Tarifvertragsparteien finanziell bewertet wird (umfassend dazu [X.] 22. Februar 2023 - 10 [X.] - Rn. 52 ff.).

(b) Der Zweck des Ausgleichs einer schlechteren Planbarkeit von Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit hat im [X.] keinen Niederschlag gefunden.

([X.]) § 5 Abs. 2 [X.] benennt nicht ausdrücklich, welchem Zweck die höheren Zuschläge für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit - neben dem [X.] - dienen. Der [X.] enthält in den [X.]estimmungen, die die Zuschläge für Nachtarbeit regeln, auch nicht ein [X.]egriffsp[X.]r wie „regelmäßig“ und „unregelmäßig“, aus dessen Gegenüberstellung sich der damit verbundene weitere Zweck erkennen ließe (vgl. dazu [X.] 22. Februar 2023 - 10 [X.] - Rn. 53 ff.). Dem Regelungssystem des [X.] lässt sich zwar entnehmen, dass es sich bei der [X.] um die regelmäßige Form der Nachtarbeit handelt, nicht aber, dass mit „Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit“ iSv. § 5 Abs. 2 [X.] ausschließlich unregelmäßige Nachtarbeit gemeint ist und hieraus folgend mit dem höheren Zuschlag die schlechtere Planbarkeit ausgeglichen werden soll.

([X.]) [X.] setzt eine Regelhaftigkeit voraus. Der [X.]egriff der Schichtarbeit wird im Tarifvertrag nicht definiert, sodass der [X.]egriff in seiner allgemeinen arbeitsrechtlichen [X.]edeutung heranzuziehen ist. Danach ist wesentlich, dass eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren [X.]raum als die wirkliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und diese daher von mehreren Arbeitnehmern oder [X.]n in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge, teilweise auch außerhalb der allgemein üblichen Arbeitszeit, erbracht wird. Die Arbeit muss dabei nach einem Schichtplan erfolgen, wobei nicht erforderlich ist, dass dieser vom Arbeitgeber vorgegeben ist ([X.] 12. Dezember 2012 - 10 [X.] - Rn. 10; 24. März 2010 - 10 [X.] - Rn. 14 [X.]). Schichtarbeit ist damit eine regelmäßige Form der Nachtarbeit. „Regelmäßig“ bedeutet „einer bestimmten festen Ordnung, Regelung (die besonders durch zeitlich stets gleiche Wiederkehr, gleichmäßige Aufeinanderfolge gekennzeichnet ist) entsprechend, ihr folgend“ (www.duden.de Stichwort „regelmäßig“, zuletzt abgerufen am 20. März 2023; vgl. auch [X.] 19. September 2007 - 4 [X.] - Rn. 16). [X.]ei typisierender [X.]etrachtung folgt hieraus, dass regelmäßige Nachtarbeit besser vorhersehbar und planbar ist als unregelmäßige Nachtarbeit. Das gilt unabhängig davon, wie oft regelmäßige Nachtarbeit geleistet wird. Typischerweise werden bei dieser Art der Nachtarbeit (Schicht-)Pläne mit zeitlichem Vorlauf aufgestellt, die einem gewissen Rhythmus folgen. Deshalb ist es auch besser möglich, dass der Arbeitnehmer sich auf diese regelmäßig geschuldete Arbeitsleistung einstellt und sein privates Umfeld ggf. darauf ausrichtet.

([X.]) Nicht erkennbar ist allerdings, dass die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit iSv. § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.] ausschließlich unregelmäßige Arbeit zur tariflichen Nachtzeit ist. Es fehlt nicht nur an einer [X.]ezeichnung wie „unregelmäßig“. Auch im Übrigen ist aus den Regelungen des [X.] nicht ersichtlich, dass Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit nicht regelmäßig oder sogar dauerhaft anfallen kann. Der [X.] beschränkt insoweit weder in den allgemeinen Regelungen über die Arbeitszeit in § 3 [X.] noch in den speziellen [X.]estimmungen über die Nachtarbeit und deren Ausgleich (§ 5 Abs. 1 Unterabs. 1, Abs. 2 Alt. 2 und 3 [X.]) die Gestaltungsfreiheit für den Arbeitgeber bzw. die [X.]etriebsparteien hinsichtlich der Arbeitszeitmodelle. Insbesondere ist danach nicht ausgeschlossen, dass ständige oder wiederkehrende Nachtarbeit auf Arbeitsplätzen außerhalb eines Schichtsystems anfällt. Eine solche Arbeitszeitgestaltung ist regelmäßig und planbar. Eine [X.]eschränkung der sonstigen Nachtarbeit auf Ausnahmesituationen (vgl. zu einer solchen Tarifgestaltung z[X.] [X.] 22. Februar 2023 - 10 [X.] - Rn. 57) haben die Tarifvertragsparteien nicht vorgenommen.

([X.]) Nichts anderes ergibt sich aus dem langjährigen [X.]egriffsverständnis in der Rechtsprechung zur Differenzierung bei Zuschlägen für regelmäßige und unregelmäßige bzw. planbare und unplanbare Nachtarbeit auch bereits vor Abschluss des hier maßgeblichen [X.] (zur Fortführung eines bestimmten [X.]egriffs durch die Tarifvertragsparteien vgl. z[X.] [X.] 24. März 2010 - 10 [X.] - Rn. 22, [X.]E 134, 34). Dieses ging dahin, „unregelmäßige“ Nachtarbeit sei weniger vorhersehbar und die ungeplante und nicht vorhersehbare Heranziehung bringe eine weitere, anders gelagerte [X.]elastung - nicht unbedingt gesundheitlicher Art - mit sich (vgl. [X.] 4. Juli 1973 - 4 [X.] -; 26. September 2007 - 5 [X.] - Rn. 31 ff.; 11. Dezember 2013 - 10 [X.] - Rn. 23, [X.]E 147, 33). Ein solches [X.]egriffsverständnis hat sich in der hier streitgegenständlichen Tarifregelung gerade nicht niedergeschlagen. Soweit in einer frühen Entscheidung ohne nähere [X.]egründung unter „Nachtarbeit“, die nicht Schichtarbeit ist, iSd. damals maßgeblichen Tarifvertrags ohne Weiteres ein unregelmäßiges Arbeiten und ein Ausnahmecharakter solcher Arbeiten verstanden wurde ([X.] 15. November 1957 - 1 [X.] - zu II der Gründe, [X.]E 5, 107), ist dieses Verständnis in der späteren Rechtsprechung nicht mehr fortgeführt worden. Hinsichtlich der [X.]estimmungen des [X.] scheidet es - wie dargelegt - schon deshalb aus, weil dauerhafte und regelmäßige Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit als Arbeitszeitmodell möglich und zulässig ist.

(c) Ob § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.] den Zweck verfolgt, einen Anreiz zu bilden, ggf. dauerhafte oder regelmäßige Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit zu leisten, kann dahinstehen. Darin läge angesichts der Gesundheitsschädlichkeit von Nachtarbeit kein legitimer Zweck. Durch [X.] soll die Nachtarbeit verringert und nicht ausgedehnt werden. Eine solche Zwecksetzung könnte daher keinen sachlichen Grund für einen höheren [X.] bilden (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 81, [X.]E 173, 205; Kohte Gutachten zu [X.]sregelungen S. 43 f., 50; aA Kleinebrink NZA 2019, 1458, 1461 ).

3. Der Verstoß gegen den Gleichheitssatz hat zur Folge, dass die Klägerin Anspruch auf Zahlung des höheren [X.]s von insgesamt 50 % des tariflichen [X.] für die von ihr geleistete streitgegenständliche Nachtarbeit hat. Die gleichheitswidrige Ungleichbehandlung kann für die im Streit stehende Vergangenheit nur durch eine Anpassung „nach oben“ beseitigt werden (umfassend dazu [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 87 ff. [X.], [X.]E 173, 205).

a) Den Angehörigen der benachteiligten Gruppe sind dieselben Vorteile zu gewähren wie den nicht benachteiligten Arbeitnehmern; die begünstigende Regelung bleibt insoweit das einzig gültige [X.]ezugssystem. Kann der Arbeitgeber den [X.]egünstigten für die Vergangenheit die gewährten Leistungen - wie hier - nicht mehr entziehen, ist eine solche zur [X.]eseitigung der Diskriminierung erforderliche Anpassung „nach oben“ selbst dann gerechtfertigt, wenn sie zu erheblichen finanziellen [X.]elastungen des Arbeitgebers führt (vgl. [X.] 24. Mai 2022 - 9 [X.] - Rn. 91; 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 87 f., [X.]E 173, 205; 25. August 2020 - 9 [X.] - Rn. 41 [zu § 7 AGG]; 28. Juli 2020 - 1 [X.] - Rn. 32 [zu § 75 Abs. 1 [X.]etrVG]; 22. Oktober 2015 - 8 [X.] - Rn. 30 [zu § 4 Abs. 1 Tz[X.]fG]). Um den gleichheitswidrigen Zustand zu beseitigen, muss daher die in § 5 Abs. 2 Alt. 2 iVm. § 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.] vorgesehene [X.]eschränkung des höheren [X.]s von 50 % des tariflichen [X.] auf Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit unangewendet bleiben. Daran ändert auch - entgegen der Ansicht der [X.] - die in Art. 9 Abs. 3 GG grundrechtlich verbürgte Tarifautonomie nichts, da eine andere Möglichkeit der [X.]eseitigung der [X.]enachteiligung für die Vergangenheit nicht besteht (vgl. [X.] 10. November 2011 - 6 [X.] - Rn. 32).

b) Soweit die [X.] einwendet, eine Anpassung nach oben scheide aus, weil die Gesamtregelung zu den Zuschlägen eine Einheit bilde und nur insgesamt nichtig sein könne, kann dem nicht gefolgt werden. § 139 [X.]G[X.] findet auf Tarifverträge keine Anwendung. Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung führt nicht zur Unwirksamkeit der übrigen tariflichen [X.]estimmungen, sondern bleibt auf die inkriminierte Vorschrift beschränkt. Maßgebend ist, ob der Tarifvertrag ohne die unwirksame [X.]estimmung noch eine sinnvolle, in sich geschlossene Regelung enthält (st. Rspr., zuletzt z[X.] [X.] 26. Februar 2020 - 4 [X.] - Rn. 27 [X.], [X.]E 170, 56). Dies ist hier der Fall. Nicht die Gesamtheit der Zuschlagsregelungen in § 5 Abs. 2 [X.] ist gleichheitswidrig. Der Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot betrifft im vorliegenden Rechtsstreit allein die Zuschlagsregelung zur Schichtarbeit in der Nacht. Nur sie benachteiligt die [X.] im Vergleich zu den Arbeitnehmern, die Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit leisten (vgl . [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 95 [X.], [X.]E 173, 205). Auch ohne die Geltung der Zuschlagsregelung für Schichtarbeit in der Nacht trifft der [X.] in § 5 Abs. 2 Alt. 2 unter Wegfall der entsprechenden Einschränkung eine Regelung zum Ausgleich für Nachtarbeit, die § 6 Abs. 5 [X.] verdrängt. Damit verbleibt insoweit ein sinnvolles und in sich geschlossenes Regelwerk.

c) Auch würde ein bloßer Rückgriff auf die gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 5 [X.] im Weg der Derogation (vgl. [X.] 9. Dezember 2020 - 10 [X.] - Rn. 96 [X.], [X.]E 173, 205) zwar dazu führen, dass der Klägerin, soweit sie Nachtarbeitnehmerin iSv. § 2 Abs. 5 [X.] ist, für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden ein Ausgleichsanspruch zusteht. Die hier gegebene [X.]enachteiligung wäre aber nicht beseitigt.

d) Danach hat die Klägerin Anspruch auf die Differenz zwischen dem an sie gezahlten Zuschlag für Schichtarbeit von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr (§ 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.]) und dem Zuschlag in Höhe von 50 % entsprechend § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.] für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit. Diese Differenz reduziert sich nicht um den Anspruch auf Schichtfreizeiten nach § 4 Abs. 1 [X.], da es sich dabei nicht um einen spezifischen Ausgleich für Nachtarbeit handelt (Rn. 43). Im Ergebnis stehen der Klägerin damit weitere 25 % an Zuschlag auf das tarifliche Stundenentgelt zu.

4. Die Klägerin hat die tarifliche Ausschlussfrist für die geforderten [X.] für die Monate November 2018 bis Mai 2019 gewahrt, wobei die erstmalige Geltendmachung in der vorliegenden Streitkonstellation auch für später entstandene Ansprüche genügt.

a) Nach § 12 [X.] müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten seit ihrer Entstehung geltend gemacht werden.

[X.]) Eine Forderung ist im Allgemeinen dann entstanden, wenn der von der Norm zu ihrer Entstehung vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, auch wenn der Gläubiger die Leistung zu diesem [X.]punkt noch nicht verlangen kann, also die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben ist. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt aber nicht vor Fälligkeit, dh. nicht vor dem [X.]punkt, zu dem der Gläubiger vom Schuldner die Leistung verlangen (§ 271 [X.]G[X.]) und im Weg der Klage durchsetzen kann ([X.] 25. Januar 2023 - 4 [X.] - Rn. 35; 27. Juni 2018 - 10 [X.] - Rn. 55 [X.], [X.]E 163, 144).

[X.]) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist die monatliche Entgeltzahlung bis zum letzten Werktag des jeweiligen Monats auf das Konto des Arbeitnehmers zu überweisen. Vari[X.]e Entgeltbestandteile, zu denen auch die streitgegenständlichen [X.] gehören, sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 [X.] spätestens bis zum letzten Werktag des Folgemonats abzurechnen und auszuzahlen. Die [X.] sind damit jeweils erst am letzten Werktag des Folgemonats nach Leistung der Nachtarbeit fällig geworden. Der älteste Anspruch auf [X.] aus November 2018 war somit am 31. Dezember 2018, einem Montag, fällig. Die dreimonatige Ausschlussfrist begann am 1. Januar 2019 zu laufen.

[X.]) Dem Vortrag der Klägerin, sie habe ihre Ansprüche mit Schreiben vom 22. März 2019 innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht, ist die [X.] nicht entgegengetreten.

b) Diese erstmalige Geltendmachung genügt nach § 12 [X.] auch für später entstandene Ansprüche.

[X.]) Eine Geltendmachung von Ansprüchen setzt zwar grundsätzlich voraus, dass der Anspruch bereits entstanden ist. Eine [X.]esonderheit liegt aber vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist etwa der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Durch einmalige ordnungsgemäße Geltendmachung kann die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Auch wenn die jeweilige Tarifbestimmung dies nicht ausdrücklich vorsieht, kommt eine entsprechende Auslegung in [X.]etracht, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch die einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche [X.]erechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen [X.]erechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen in Streit, erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne Weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat (vgl. [X.] 19. Februar 2020 - 10 [X.] - Rn. 61, [X.]E 170, 24; umfassend [X.] 16. Januar 2013 - 10 [X.] 863/11 - Rn. 31, [X.]E 144, 210).

[X.]) Nach diesen Grundsätzen genügt vorliegend die einmalige Geltendmachung auch für später entstehende [X.] zwischen dem geleisteten Zuschlag für [X.] nach § 5 Abs. 2 Alt. 3 [X.] und dem Zuschlag für Nachtarbeit außerhalb von Schichtarbeit nach § 5 Abs. 2 Alt. 2 [X.]. Der Wortlaut des § 12 [X.] schließt die Geltendmachung künftiger Ansprüche nicht von vornherein aus. Der Umfang der geleisteten Nachtarbeit stand und steht zwischen den Parteien außer Streit. Umstritten ist einzig die Rechtsfrage, ob die tarifliche Differenzierung bei der Höhe der [X.] rechtswirksam ist und welche Rechtsfolgen an eine Unwirksamkeit ggf. geknüpft sind. Die [X.] musste vor diesem Hintergrund nach der erstmaligen Geltendmachung deshalb damit rechnen, dass diese Streitfrage sich auch bei in den Folgemonaten geleisteter [X.] stellt und sie konnte ihr Verhalten darauf einstellen.

5. Danach stehen der Klägerin weitere [X.] für die Monate November 2018 bis Mai 2019 in Höhe von insgesamt 997,48 Euro brutto nebst Zinsen zu. Die Höhe der Zuschläge ist zwischen den Parteien unstreitig und zutreffend berechnet.

6. Nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G[X.] schuldet die [X.] Verzugszinsen, die der Klägerin gemäß § 187 Abs. 1 [X.]G[X.] ab dem Tag nach Eintritt der Fälligkeit zustehen (vgl. [X.] 19. Mai 2021 - 5 [X.] 420/20 - Rn. 38 [X.]). Fällig sind die Ansprüche auf [X.] - wie ausgeführt - am letzten Werktag des Folgemonats. Die aus dem Monat Mai 2019 stammende Forderung iHv. 232,75 Euro brutto war daher erst am Samstag, dem 29. Juni 2019, fällig, sodass die Klägerin für diesen Teil der Forderung Zinsen erst seit dem 30. Juni 2019 verlangen kann. Insoweit war ihre Revision teilweise zurückzuweisen.

IV. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage hinsichtlich des [X.] zurückgenommen hat, hat sie die Kosten zu tragen, im Übrigen die [X.].

        

    [X.]    

        

    Pessinger    

        

    Nowak     

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]     

                 

Meta

10 AZR 499/20

22.03.2023

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Schwerin, 5. Dezember 2019, Az: 5 Ca 999/19, Urteil

§ 1 TVG, Art 3 Abs 1 GG, § 6 Abs 5 ArbZG, Art 9 Abs 3 GG, § 9 TVG, § 148 ZPO, § 9 Abs 1 ArbGG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2023, Az. 10 AZR 499/20 (REWIS RS 2023, 3629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3629

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