Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2018, Az. III ZB 135/17

III. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11374

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:290318BIIIZB135.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III [X.]/17
vom

29. März 2018

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

ZPO §§ 114, 117 Abs. 4, § 167; [X.] § 13 Abs. 1 Satz 2

a)
Lückenhafte Angaben bei der
Ausfüllung des Vordrucks nach § 117 Abs.
4 ZPO zu den Einnahmen aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit können auf andere Weise geschlossen werden, zum Beispiel durch beige-fügte Unterlagen oder wenn es sich aufgrund der sonstigen Angaben [X.], dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind.

b)
Wird die vom Kläger beantragte Prozesskostenhilfe ganz überwiegend bewilligt (hier: 98,81 % des geltend gemachten Schadens) und kann der bereits vorliegende [X.] ohne nennenswerten Aufwand (hier: bloßes [X.] von vier Positionen) angepasst werden, ist vom Prozessbevollmächtigen des [X.] zur Wahrung der Frist des §
13 Abs.
1 Satz 2 [X.] i.V.m. § 167 ZPO zu erwarten, die Klageschrift binnen dreier Werktage (unter Ausklammerung des [X.] des Bewilli-gungsbeschlusses und von Wochenendtagen) abschließend zu [X.] und bei Gericht einzureichen (Fortführung des [X.] vom 3.
September 2015 -
III ZR 66/14, [X.], 3101).

[X.], Beschluss vom 29. März 2018 -
III [X.]/17 -
O[X.]
-

2

-

Der III. Zivilsenat des [X.] hat am 29. März 2018 durch [X.] [X.], die Richter Seiters
und Reiter sowie die Richterinnen [X.] und Dr. Arend

beschlossen:

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des [X.] -
4. Zivil-senat -
vom 27. Februar 2017 -
4 U 14/17 -
gewährt.

Die Rechtsbeschwerde des [X.] wird zurückgewiesen.

Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den beklagten [X.] auf Entschädigung für erlittene Strafverfolgungsmaßnahmen in Anspruch.

Der Kläger befand sich in dem Zeitraum vom 1. November
2012 bis zum 27. September 2013 in Untersuchungshaft. Nach durchgeführter Hauptverhand-lung sprach ihn das [X.] rechtskräftig frei und stellte fest, dass er wegen des durch den Vollzug der Untersuchungshaft erlittenen Schadens zu entschä-1
2
-

3

-

digen sei. Nachdem die Generalstaatsanwaltschaft eine Entschädigung von sie darüber hinaus geltend gemachte Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen ([X.]) mit Bescheid vom 29.
September 2015, der dem Kläger am 5. Oktober
2015 zugestellt wurde, [X.].

Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2015, der am selben Tag beim Land-gericht eingegangen ist, hat
der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine im Entwurf beigefügte Klage
beantragt, mit der er einen Lizenzausfall-fang von . Das ebenfalls beigefügte Formular über die persön-lichen und wirtschaftlichen Verhältnisse enthielt
in dem Abschnitt "Bruttoein-nahmen"
keine Erklärung zu den Einnahmen aus "[X.]"
beziehungsweise "Selbständiger Arbeit/Gewerbebetrieb/Land-
und Forstwirt-schaft". Nachdem das [X.] den Kläger mit Verfügung vom 18. Januar 2016 zur Vervollständigung seiner Angaben binnen zwei Wochen aufgefordert hatte, hat
dieser am 29. Januar 2016 mitgeteilt, dass er keiner selbständigen oder nichtselbständigen Arbeit nachgehe. Daraufhin hat
das [X.] mit Beschluss vom 7. April 2016, der dem Kläger am
14. April 2016 zugestellt [X.] ist, Prozesskostenhilfe für den geltend gemachten [X.] bewilligt und
den [X.] im Übrigen zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2016, der am selben Tag per Telefax beim [X.] eingegangen ist, hat
der Kläger eine dem Umfang der bewilligten [X.] entsprechende Klageschrift eingereicht, wobei er mitgeteilt hat, dass er die Zurückweisung seines Antrags im Übrigen akzeptiere. Die Klageschrift ist
dem Beklagten sodann am 10. Mai 2016 zugestellt
worden.

3
-

4

-

Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die am 5.
Januar 2016 endende Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] durch den unvollständig ausgefüllten [X.] nicht gewahrt worden sei. Es komme hinzu, dass der Kläger nach der nahezu vollumfänglichen [X.] nicht alles Zumutbare unternommen habe, damit die Klage "demnächst"
im Sinne des § 167 ZPO habe zugestellt werden können. Es wäre ihm ohne weiteren Aufwand möglich gewesen, die Klage hinsichtlich des bewilligten Teils binnen zwei Wochen bei Gericht einzureichen. Das Ober-landesgericht hat dem Kläger die beantragte Prozesskostenhilfe für die Beru-fung gegen das Urteil des [X.]s unter Bezugnahme auf dessen [X.] mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagt und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgt der Kläger sein Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das [X.] hat die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Ergebnis zu Recht ver-neint.

1.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig.

a) Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden [X.]. Im Verfahren der Prozesskostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbe-schwerde unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der [X.] (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der
4
5
6
7
-

5

-

Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (st. Rspr.; z.B. Senatsbe-schluss vom 27. Februar 2003 -
III ZB 29/02, BeckRS 2003, 02582; [X.], [X.] vom 21. November 2002 -
V [X.], NJW 2003, 1126, 1127; vom 17. März 2004 -
XII [X.], NJW 2004, 2022; vom 12. Dezember 2012
-
XII [X.]/12, NJW 2013, 1310 Rn. 5 f und vom 8. Mai 2013 -
XII ZB 624/12, NJW 2013, 2198 Rn. 5, 8; jeweils mwN).

Im Widerspruch dazu hat das [X.] hier die Rechtsbe-schwerde im Prozesskostenhilfeverfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen im Hinblick auf die nach seiner Auffassung umstrittenen und höchstrichterlich nicht ent-schiedenen Fragen, ob die Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] auch durch (substantiell) unvollständige Angaben über die persönlichen und wirt-schaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gewahrt werden könne und welche Überlegungsfrist diesem nach teilweiser Prozesskostenhilfebewilligung zuzubil-ligen sei. Das war nicht zulässig. Von seinem Rechtsstandpunkt aus hätte das [X.] vielmehr Prozesskostenhilfe bewilligen müssen. Es durfte die Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Berufung ab-lehnen, gleichzeitig aber die Rechtsbeschwerde wegen eben jener Frage zulas-sen (vgl. [X.], Beschluss vom 21. November 2002 aaO). Die Prüfung der [X.] darf nicht -
wie es das [X.] getan hat -
dazu führen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Pro-zesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfah-rens treten zu lassen (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 aaO).

8
-

6

-

b) Die rechtsfehlerhafte Zulassung der Rechtsbeschwerde stellt deren Zulässigkeit jedoch nicht in Frage. Gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO ist der Se-nat daran gebunden.

2.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Die Berufung des [X.] bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Schwierige, insbesondere umstrittene und höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen müssen nicht entschieden werden.

a) Entgegen der Auffassung des [X.]s stellt sich die Frage, ob die Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] auch durch ein zwar frist-gerecht eingereichtes, aber unvollständiges Prozesskostenhilfegesuch gewahrt wird, nicht. Denn der Kläger hat seine wirtschaftlichen Verhältnisse auch hin-sichtlich der Bruttoeinnahmen vor Fristablauf vollständig dargelegt.

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] gehört es zwar zu den Pflichten einer unbemittelten [X.], in Fällen, in denen eine fristgebundene Prozesshandlung vorzunehmen ist, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe innerhalb der Frist ordnungsgemäß un-ter Einreichung des hierfür vorgesehenen Vordrucks (§ 117 Abs. 4 ZPO) und unter Beifügung der erforderlichen Belege darzulegen. Dies gilt auch für die
Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] (Senatsbeschluss vom 30. No-vember 2006 -
[X.], [X.], 441 Rn. 12 mwN). Indes gebietet der Anspruch der unbemittelten [X.]
auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschut-zes (Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG), die Anforderungen an die Darlegung der Bedürftigkeit nicht in einer unzumutbaren, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigenden Weise zu überspannen. Denn der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zu den 9
10
11
12
-

7

-

Gerichten zu ermöglichen, darf nicht verfehlt werden ([X.], Urteil vom 19. No-vember 2008 -
IV ZB 38/08, NJW-RR 2009, 563 Rn. 9; Beschluss vom 21. Sep-tember 2005 -
IV ZB 21/05, [X.], 2062). Deshalb ist anerkannt, dass lückenhafte Angaben im
Text des amtlichen Formulars -
auch bei fehlenden beziehungsweise unvollständigen Angaben zu den Einnahmen aus selbständi-ger oder nichtselbständiger Arbeit -
auf andere Weise geschlossen werden können, zum Beispiel durch beigefügte Unterlagen oder wenn es
sich aufgrund der sonstigen Angaben und Belege aufdrängt, dass solche Einnahmen nicht vorhanden sind (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 3. Mai 2000 -
XII ZB 21/00, NJW-RR 2000, 1520; Beschlüsse vom 21. September 2005 -
IV ZB 21/05,
[X.], 2062; vom 19. November 2008 aaO Rn. 10 und vom 16. Novem-ber 2010 -
VIII ZB 55/10, NJW 2011, 230 Rn. 17; jeweils mwN). So liegt der Fall hier.

bb) Der Kläger hat zwar den amtlichen Vordruck (§ 117 Abs. 4 ZPO) in dem Abschnitt "Bruttoeinnahmen"
unvollständig ausgefüllt, indem er zu den Einnahmen aus "[X.]"
beziehungsweise "Selbständiger Arbeit/Gewerbebetrieb/Land-
und Forstwirtschaft"
keine Erklärung abgab. Diese Lücke kann jedoch auf andere Weise zwanglos geschlossen werden. Denn in dem [X.] vom 29. Dezember 2015, mit dem der Kläger seine Er-klärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Gericht ein-gereicht hat, wurde ergänzend mitgeteilt, dass einzusetzendes Einkommen im Sinne des § 115 Abs. 1 ZPO über die
Formularangaben hinaus nicht vorhanden sei. Beigefügt war ferner ein persönliches Begleitschreiben des [X.] vom 23.
Dezember 2015, in dem er darauf hinwies, dass die Untersuchungshaft die "komplette Vernichtung"
seiner beruflichen und privaten Existenz
zur Folge [X.] habe, der Versuch, sich eine neue Existenz aufzubauen, sich als "langwie-rig und sehr steinig"
darstelle und die alltägliche Lebensgestaltung auf Grund 13
-

8

-

privater Zuwendungen "mäßig ertragbar"
sei. Außerdem war aus dem mit ein-gereichten [X.] ersichtlich, dass der Kläger bereits am 10. Dezember 2012 Insolvenzantrag für die von ihm als geschäftsführendem Gesellschafter geleiteten Firmen gestellt hatte. Ferner gab er als Beruf "Rentner"
an und legte einen entsprechenden Rentenbescheid über Altersrente vor. Soweit Kontoaus-züge zum Beleg der Angaben beigefügt waren, ergaben sich daraus keine [X.] für Einnahmen aus nichtselbständiger oder selbständiger Arbeit.

b) Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren kann dem Kläger [X.] nicht gewährt werden, weil sowohl das [X.] als auch das Oberlan-desgericht zu Recht davon ausgegangen sind, dass durch die am 10. Mai 2016 erfolgte Zustellung der Klage die Ausschlussfrist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] nicht gewahrt worden ist.

aa) Nach dieser Vorschrift ist die Klage, mit der die Entscheidung über den Entschädigungsanspruch im Rechtsweg zu überprüfen ist, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu erheben. Für die Erhebung der Klage kommt es nach § 253 Abs. 1 ZPO grundsätzlich auf deren Zustellung an. Soll durch die Zustellung -
wie hier -
eine Frist gewahrt werden, tritt diese Wirkung nach § 167 ZPO bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. § 167 ZPO ist auch auf die Klage-frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] anwendbar (Senatsbeschlüsse vom 30. No-vember 2006 -
III ZB 22/06, [X.]Z 170, 108
Rn. 5 und III
ZB 23/06, [X.], 441 Rn. 5).

14
15
-

9

-

bb) Ob eine Zustellung "demnächst"
im Sinne von § 167 ZPO erfolgt ist,
beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung. Danach soll die [X.] bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch [X.] innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden. Da-gegen sind der [X.] die Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Pro-zessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können. Eine Zustellung "demnächst"
nach Eingang des [X.] oder der Erklärung bedeutet daher eine Zustellung innerhalb einer
nach den Umständen angemessenen, selbst längeren Frist, wenn die [X.] oder ihr Prozessbevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles [X.] für die alsbaldige Zustellung getan hat. Die Zustellung ist dagegen nicht mehr "demnächst"
erfolgt, wenn die [X.], der die Fristwahrung obliegt, oder ihr Prozessbevollmächtigter durch [X.] -
auch leicht fahrlässiges -
Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetra-gen hat (Senatsurteil vom 3. September 2015 -
III ZR 66/14, [X.], 3101 Rn. 15; Senatsbeschlüsse vom 30. November 2006 -
III ZB 22/06, [X.]Z 170, 108 Rn. 6 und [X.], [X.], 441 Rn. 6 sowie vom 28. Februar 2008
-
III ZB 76/07, [X.] 175, 360 Rn. 11; jeweils mwN). Dem Zustellungsveranlas-ser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen sind regelmäßig "ge-ringfügig"
und deshalb hinzunehmen. Das Merkmal "demnächst"
wird dadurch nicht in Frage gestellt (Senatsurteil vom 3. September 2015 aaO; Senatsbe-schluss vom 28. Februar 2008 aaO; [X.], Urteile vom 10. Februar 2011
-
VII ZR 185/07, NJW 2011, 1227 Rn. 8; vom 10. Juli 2015 -
V [X.], [X.], 2666 Rn. 5 und vom 29. September 2017 -
V [X.], BeckRS 2017, 133403 Rn. 5; jeweils mwN). Bei der Berechnung der vorwerfbaren Verzöge-rung ist unter Einräumung einer angemessenen Erledigungsfrist darauf abzu-stellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erfor-derliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des [X.] verzögert hat ([X.]
-

10

-

urteil vom 3. September 2015 aaO Rn.
19; [X.], Urteile vom 10. Februar 2011 aaO; vom 10. Juli 2015 aaO Rn. 6 und vom 29. September 2017 aaO; jeweils mwN).

cc) Diese Grundsätze gelten auch bei Verzögerungen durch ein Pro-zesskostenhilfeverfahren. Deshalb wahrt die Einreichung der Klageschrift auch in diesem Fall rückwirkend die Frist, wenn die Klage
unverzüglich nach der vom Kläger nicht verzögerten (positiven oder negativen) Entscheidung über den [X.] zugestellt wird. Es bedarf nicht des Rückgriffs auf die Wertung des §
204 Abs. 1 Nr. 14 BGB, wonach bereits die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zur Verjährungshemmung führt. Diese Vorschrift ist nicht analog auf § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] anwendbar (Senatsbeschlüsse vom 30. November 2006 -
III ZB 22/06, aaO Rn. 12 und III
ZB 23/06, aaO Rn. 10). Den Interessen der unbemit-telten [X.] wird dadurch hinreichend Rechnung getragen,
dass sie die Rück-wirkung des §
167 ZPO in Anspruch nehmen kann, wenn sie nach Stellung ei-nes [X.]s, der innerhalb der Frist des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] bei Gericht eingehen muss, alles ihr Zumutbare für die alsbaldige Zustel-lung der Klage tut. Diese Pflicht erfasst auch den Zeitraum nach der Entschei-dung über ihr Gesuch (Senatsbeschlüsse vom 30. November 2006 -
III ZB 22/06 aaO Rn.
7,12 f und [X.] aaO Rn. 7, 10 f; jeweils mwN).

dd) Nach diesen Maßgaben ist die Zustellung der Klage am 10. Mai 2016 nicht mehr "demnächst"
bewirkt"
worden, da die dem Kläger [X.] mehr als 14 Tage beträgt.

17
18
-

11

-

Der Beschluss des [X.]s vom 7. April 2016, durch den dem
Kläger Prozesskostenhilfe für eine Klage über 1.7(98,81
% des insgesamt geltend gemachten Schadens), ist seinem Prozessbe-vollmächtigen am 14. April 2016 (Donnerstag) zugestellt worden. Im Hinblick auf die nahezu vollständige Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe war der bereits vorliegende [X.] ohne weiteren Aufwand lediglich durch [X.] von vier nicanzupassen. Insoweit war auch keine (weitere) Rücksprache mit dem Kläger mehr erforderlich, da die Entscheidung zur klageweisen Geltendmachung des behaupteten [X.]s schon zu einem früheren Zeitpunkt getrof-fen worden war. Es war dem Prozessbevollmächtigen des [X.] ohne weite-res möglich und zumutbar, die Klageschrift binnen dreier Werktage (unter Aus-klammerung des [X.] und von Wochenendtagen; siehe dazu [X.], Urteile vom 10. Juli 2015 -
V [X.], [X.], 2666 Rn. 8 und vom 29.
September 2017 -
V [X.], BeckRS 2017, 133403 Rn. 15) abschlie-ßend (redaktionell) zu überarbeiten und bei Gericht
einzureichen. Dementspre-chend war
ihr Eingang beim [X.] spätestens am 19. April 2016
(Diens-tag) zu erwarten. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass [X.] von bis zu 14 Tagen in aller Regel noch hinnehmbar sind, kann die tat-sächliche Einreichung der Klageschrift am 6. Mai 2016 nicht mehr als unverzüg-lich angesehen werden.

Entgegen der Auffassung der Beschwerde kann sich der Kläger nicht darauf berufen, im Hinblick auf die geringfügige Versagung der Prozesskosten-hilfe (1,19 %) habe er die Monatsfrist für die sofortige Beschwerde (§ 127 Abs.
2 Satz 2, 3 ZPO) insgesamt -
als auch hinsichtlich des bewilligten Teils -
ausschöpfen dürfen. Soweit das [X.] über das Prozesskostenhilfege-such im Umfang von 98,81 % des geltend gemachten Schadens positiv ent-19
20
-

12

-

schieden hatte, war das Verfahren abgeschlossen und kam eine sofortige Be-schwerde mangels Beschwer von vornherein nicht in Betracht. Soweit [X.] versagt wurde, stellte sich die Frage, ob der Kläger die Beschwerde-frist ausschöpfen durfte, nicht. Denn er hat diesen Teil seines Antrags nicht [X.] verfolgt, sondern die negative Entscheidung über sein Gesuch ausdrücklich akzeptiert. Es kam ihm ersichtlich nicht auf die Ausschöpfung der Beschwerde-frist an. Dies wird auch dadurch belegt, dass er die auf die Geltendmachung des [X.]s beschränkte Klageschrift am 6. Mai 2016 und damit deutlich vor Ablauf der Beschwerdefrist (am 14. Mai 2016) eingereicht hat. Der Kläger kann sich daher auch nicht auf die Grundsätze des Urteils des Bundes-gerichtshofs vom 30. November 2011 ([X.], NJW 2012, 612
Rn. 24 ff) berufen. Danach genügt ein Versicherungsnehmer, der innerhalb der sechsmo-natigen Klagefrist des § 12 Abs. 3 [X.] aF zunächst nur ein [X.] einreicht, seiner Verpflichtung, auf eine "demnächstige"
Zustellung der Klage mit größtmöglicher Beschleunigung hinzuwirken, auch dann, wenn er nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe unter Ausschöpfung der Frist des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO die sofortige Beschwerde einlegt und begründet. Demgegenüber
hat der Kläger im vorliegenden Fall von der
Einlegung eines Rechtsmittels gerade abgesehen.

Nach alledem kann dahinstehen, wie zu entscheiden wäre, wenn der Antragsteller nach teilweiser Bewilligung von Prozesskostenhilfe hinsichtlich der negativen Entscheidung sofortige Beschwerde unter Ausschöpfung der Monats-frist des § 127 Abs. 2 Satz 2, 3 ZPO einlegt.

21
-

13

-

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO).

[X.]

Seiters

Reiter

[X.]
Arend
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.12.2016 -
10 O 548/15 -

O[X.], Entscheidung vom 27.02.2017 -
4 U 14/17 -

22

Meta

III ZB 135/17

29.03.2018

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2018, Az. III ZB 135/17 (REWIS RS 2018, 11374)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11374

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZB 135/17 (Bundesgerichtshof)

Geltendmachung eines Strafverfolgungsentschädigungsanspruchs: Vollständige Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Prozesskostenhilfegesuch; Wahrung der Klagefrist durch „Zustellung …


4 U 14/17 (OLG Bamberg)

Keine demnächstige Zustellung bei nachlässiger Zustellungsverzögerung


III ZB 23/06 (Bundesgerichtshof)


III ZB 22/06 (Bundesgerichtshof)


III ZR 66/14 (Bundesgerichtshof)

Verjährungshemmung durch Klageerhebung bei demnächst erfolgender Zustellung: Zusage der Prozessfinanzierung durch einen Dritten als verwertbares …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.