Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2007, Az. XII ZR 23/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 342

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 12. Dezember 2007 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja BGB § 1361 Abs. 1 und 2; [X.] §§ 36 Abs. 1, 286 ff., 304 ff. Im Rahmen des [X.] trifft den Unterhaltsschuldner grundsätz-lich keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz (Abgrenzung zum Senatsurteil [X.] 162, 234 = [X.], 608). [X.], Urteil vom 12. Dezember 2007 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat im schriftlichen Verfahren nach [X.] bis zum 27. November 2007 durch die Vorsitzende [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. Wagenitz und Dose für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.]n werden das Urteil des 2. Familiensenats in [X.] des [X.] vom 30. November 2005 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] vom 7. April 2005 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der [X.] wird verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt für die [X.] von Januar bis Dezember 2004 in Höhe von insgesamt 1.152 •, zahlbar an das Sozialamt der Stadt [X.], und für die [X.] von Januar 2005 bis zum 23. August 2005 in Höhe von [X.] 743 •, zahlbar an die Arbeitsförderung [X.]-Stadt GmbH, zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klä-gerin 90 % und der [X.] 10 % zu tragen. Von den Kosten der Berufungsinstanz haben die Klägerin 80 % und der [X.] 20 % zu tragen. Die Kosten der Revision trägt die Klägerin. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Die Parteien streiten noch um Trennungsunterhalt für die [X.] von Januar 2004 bis zur Rechtskraft ihrer Scheidung am 23. August 2005. 2 Der [X.] erzielte in dieser [X.] lediglich Renten wegen Erwerbsmin-derung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der [X.] und der Länder in Höhe von insgesamt 1.345 • monatlich. Davon zahlte er auf den während der Ehezeit aufgenommenen Anteil eines später um-geschuldeten Kredits monatlich 408 •. Die Klägerin, die ihre frühere Tätigkeit als Bedienung nach einer Knieoperation im November 2002 nur noch einge-schränkt ausgeübt hatte, verlor diese Arbeitsstelle im September 2004 wegen Betriebsaufgabe und erzielte sodann keine Erwerbseinkünfte mehr. Sie erhielt seit Januar 2003 - zunächst ergänzende - Sozialhilfe und seit Anfang 2005 [X.], jeweils in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe. Die Parteien streiten darüber, ob die Kreditraten des [X.]n, soweit sie den während der Ehezeit aufgenommenen Kredit betreffen, bei der [X.] berücksichtigt werden können, oder ob es dem [X.]n ob-lag, zur Sicherstellung des laufenden [X.] Verbraucherinsol-venz zu beantragen. 3 Das Amtsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen und den [X.] verurteilt, an die Klägerin ab Mai 2005 monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 96 • zu zahlen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] den [X.]n verurteilt, Trennungsunterhalt für die [X.] von Januar 2004 bis Juni 2005 in Höhe von monatlich 440 • und für die [X.] von Juli 2005 bis zum 23. August 2005 in Höhe von monatlich 466 • zu zahlen, und zwar für die [X.] von Januar bis Dezember 2004 an den Träger der Sozialhilfe und für 4 - 4 - die Folgezeit an den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Dagegen richtet sich die - vom [X.] zugelassene - Revision des [X.]n. Entscheidungsgründe: 5 Die Revision ist überwiegend begründet und führt zur Herabsetzung des geschuldeten [X.]. [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts obliegt es dem [X.]n, zur Ermöglichung höherer Unterhaltsleistungen eine Verbraucherinsolvenz einzulei-ten. Der [X.] habe solches jedenfalls im Verhältnis zu unterhalts-berechtigten minderjährigen Kindern bejaht, sofern es dem Unterhaltsschuldner im Rahmen einer Gesamtabwägung zumutbar sei. Dies sei der Fall, wenn die Leistungsfähigkeit durch Verbindlichkeiten so erheblich eingeschränkt sei, dass daneben keine oder nur sehr geringe Unterhaltsleistungen möglich seien, die Belastung wegen der Höhe der Verbindlichkeiten erhebliche [X.] andauere, mit einer Restschuldbefreiung zu rechnen sei und keine besonderen Umstände zum Schutz des Schuldners entgegenstünden. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Zwar bestünden gegen die Obliegenheit zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz deswegen Bedenken, weil die Verbindlichkeiten bereits die ehelichen Lebensverhältnisse der Parteien geprägt hätten. Hier betreffe der Streit der Parteien allerdings nicht die [X.] nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern die Leistungsfähigkeit des [X.]n. Denn der 6 - 5 - Unterhaltsbedarf der Klägerin übersteige auch nach Abzug der Kreditbelastun-gen von den Renteneinkünften des [X.]n mit monatlich 468 • (richtig: [1.345 • - 408 • =] 937 / 2) den zugesprochenen Unterhalt. Im Rahmen der hier relevanten Leistungsfähigkeit sei der [X.] auch im Verhältnis zu seinem getrennt lebenden Ehegatten zur Einleitung einer Verbraucherinsolvenz ver-pflichtet. Der geschuldete Unterhalt errechne sich deswegen aus der Differenz zwischen dem pfändungsfreien Betrag und dem jeweiligen notwendigen Selbst-behalt, der bis zum 30. Juni 2005 840 • und danach 890 • betragen habe. I[X.] Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Re-vision nicht stand. 7 1. Zu Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der [X.] der Klägerin während der Trennungszeit nach § 1361 BGB dem Grunde nach unterhaltspflichtig war. Eigene Einkünfte hatte die Klägerin ledig-lich in der [X.] bis September 2004 und zudem in sehr geringem Umfang erzielt. Nach § 1361 Abs. 2 BGB war es ihr während der Trennungszeit unter Berück-sichtigung der nur geringfügigen Erwerbstätigkeit während der Ehe, ihrer Knie-operation und des Arbeitsplatzverlustes wegen Betriebsaufgabe nicht zumutbar, ihren Unterhaltsbedarf in vollem Umfang durch eigene Einkünfte zu decken. Demgegenüber erzielte der [X.] Renteneinkünfte in Höhe von monatlich insgesamt 1.345 •. Unter Berücksichtigung der aus der Ehezeit der Parteien herrührenden Kreditbelastungen von monatlich 408 • verblieb ihm folglich ein unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 937 •. 8 - 6 - Weil dem Unterhaltsschuldner im Rahmen des [X.] nach neuerer Rechtsprechung des Senats ([X.] 166, 351, 356 ff. = [X.], 683, 684) jedenfalls der [X.] verbleiben muss, der im Regelfall zwischen dem angemessenen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem notwendigen Selbstbehalt (§ 1603 Abs. 2 BGB) liegt, ist er - ohne Einlei-tung der Verbraucherinsolvenz - jedenfalls nicht in der Lage, höheren Unterhalt zu leisten, als das Amtsgericht zugesprochen hatte. 9 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts obliegt es dem [X.] im Rahmen des hier geschuldeten [X.] aber nicht, ein Verfahren der Verbraucherinsolvenz einzuleiten, um den Unterhaltsansprüchen der Klägerin Vorrang vor den - die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden - Kreditverbindlichkeiten zu verschaffen. 10 a) Zwar hat der Senat eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucher-insolvenz angenommen, wenn dieses Verfahren geeignet ist, den laufenden Unterhalt minderjähriger Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm Vorrang vor sonstigen, einer möglichen Restschuldbefreiung unterfallenden, [X.] eingeräumt wird. Das gilt nur dann nicht, wenn der Unterhaltsschuldner Umstände vorträgt und gegebenenfalls beweist, die eine solche Obliegenheit im Einzelfall als unzumutbar darstellen ([X.] 162, 234, 240 ff. = [X.], 608, 609 ff.). Diese Rechtsprechung hat der Senat mit der gesteigerten Unter-haltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen und privilegierten volljäh-rigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB) begründet. Hinsichtlich dieser Ansprüche sind den Eltern stärkere Anstrengungen zumutbar, als es bei ande-ren Unterhaltstatbeständen der Fall ist, was den Eingriff in ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Handlungsfreiheit rechtfertigen kann. 11 - 7 - [X.]) Die Einleitung der Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit der Restschuldbefreiung führt stets zu einem Vorrang der laufenden [X.] gegenüber den Insolvenzforderungen, einschließlich des rückständigen Unterhalts (vgl. insoweit [X.] Beschluss vom 27. September 2007 - [X.] - zur [X.] bestimmt). Denn nach § 36 Abs. 1 [X.] gehören Einkünfte nicht zur Insolvenzmasse, soweit sie nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen. Das gilt nach den §§ 850 Abs. 2, 850 c BGB auch für [X.] laufendes Arbeitseinkommen, soweit es für den eigenen Unterhalt oder zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsansprüche privilegiert ist (vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - [X.] ZR 112/05 - zur [X.] bestimmt). 12 [X.]) Auch die Möglichkeit, sich auf die [X.] der Zivilpro-zessordnung zu berufen, lässt die Obliegenheit zur Einleitung einer [X.] nicht entfallen, weil eine Unterhaltspflicht in Fällen der Zahlungs-unfähigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur auf der Grundlage der im Insolvenzverfahren möglichen Restschuldbefreiung in Betracht kommt. Die [X.] des § 850 c ZPO allein lassen die weiteren [X.] nicht entfallen, sondern führen im Gegenteil zu einer fortschreitenden Verschuldung, was dem Unterhaltspflichtigen nach [X.] Rechtsprechung des Senats nicht zugemutet werden kann und deswegen schon einer Titulierung des Unterhalts entgegensteht ([X.] 162, 234, 240 = [X.], 608, 609). Erst angesichts der Verbraucherinsolvenz mit der Möglichkeit einer Restschuldbefreiung ist es vertretbar, eine nicht beizutreiben-de Forderung schon im Rahmen der [X.] unberücksichtigt zu lassen (vgl. [X.] [X.], 308, a.[X.] [X.], 306 f. und [X.]/[X.] Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rdn. 106 ff.). Der [X.] hält deswegen daran fest, dass den Unterhaltsschuldner auf der Grundlage seiner gesteigerten Unterhaltspflicht für minderjährige und privilegierte volljähri-ge Kinder eine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz treffen 13 - 8 - kann. Eine Obliegenheit, sich auf die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 a ff. ZPO zu berufen, kann diese Obliegenheit zur Einleitung einer [X.] nicht ersetzen. 14 cc) Eines eigenen Antrags des [X.] auf Einleitung der Verbraucherinsolvenz bedarf es auch deswegen, weil nur dann ein Vorrang des laufenden Unterhalts vor sonstigen Insolvenzforderungen gesichert ist. Zwar kann ein Insolvenzantrag nach § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] grundsätzlich sowohl vom Schuldner als auch von dessen Gläubigern gestellt werden. Die für die Nichtberücksichtigung der [X.] ausschlaggebende Rest-schuldbefreiung setzt aber nach den §§ 305 Abs. 1, 306 Abs. 3 [X.] zwingend einen eigenen Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus ([X.] 162, 181, 183 = [X.], 703). Nur wenn der [X.] aufgrund seiner unterhaltsrechtlichen Obliegenheit selbst die Verbraucherinsolvenz beantragt, ist eine Restschuldbefreiung möglich und es ihm damit zumutbar, die laufende Unterhaltspflicht vor allen anderen Verbind-lichkeiten zu erfüllen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt dann dazu, dass der Unterhaltspflichtige in Höhe der Differenz aus dem nicht zur [X.] gehörenden Einkommen (§ 36 Abs. 1 [X.], §§ 850 ff. ZPO) und dem ihm gegenüber dem jeweiligen Unterhaltsanspruch zu belassenden Selbstbehalt leistungsfähig ist (vgl. insoweit Senatsurteil vom 31. Oktober 2007 - [X.] ZR 112/05 - zur [X.] bestimmt). b) Umstritten ist allerdings, ob der Unterhaltsschuldner auch dann auf ei-ne Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz verwiesen werden kann, wenn er nicht im Rahmen seiner gesteigerten Unterhaltspflicht Kindesun-terhalt, sondern Unterhalt für einen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehe-gatten schuldet. 15 - 9 - [X.]) Teilweise wird dem Unterhaltsschuldner die Einleitung der [X.] generell schon dann zugemutet, wenn eine nachhaltige Über-schuldung vorliegt, die Verbindlichkeiten also im Verhältnis zum Einkommen unangemessen hoch sind und sich über einen langen [X.]raum erstrecken (so [X.] FamRZ 2004, 823, 824; vgl. auch [X.]/[X.] Unterhalt und Verbraucherinsolvenz Rdn. 260 ff.). Wenn dem Schuldner nach diesem Maß-stab die Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Restschuldbefrei-ung zumutbar sei, habe dies zur Konsequenz, dass er sich auch unterhalts-rechtlich nicht auf die bestehenden Verbindlichkeiten berufen könne. Diese [X.] stellt somit vorrangig auf die unterhaltsrechtlichen Folgen der [X.] zur Verbraucherinsolvenz mit Restschuldbefreiung ab, die grundsätzlich auch den Schuldner des [X.] treffe. Die verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des [X.] berücksichtigt sie erst im Rahmen der allgemeinen Zumutbar-keitsabwägung. 16 [X.]) Demgegenüber wird überwiegend vertreten, eine Obliegenheit des [X.] zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lasse sich allein durch die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privile-gierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB rechtfertigen. Insbesondere beim Anspruch auf Trennungsunterhalt scheide eine dem Unter-haltsanspruch minderjähriger Kinder vergleichbare Situation aus, weil es sich dabei regelmäßig um eine in den ehelichen Lebensverhältnissen angelegte Verschuldung handele, die der unterhaltsberechtigte Ehegatte mittragen müsse ([X.] [X.], 1536; [X.] NJW-RR 2005, 1457 [für einen Anspruch aus § 1615 l Abs. 1 und 2 BGB]). 17 cc) Der Senat schließt sich im Grundsatz der zuletzt genannten [X.] an. Die Gegenmeinung verkennt die Tragweite der verfassungsrechtlich 18 - 10 - geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit des [X.]. Eine [X.] zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz lässt sich deswegen nur aus besonders gewichtigen Gründen rechtfertigen, hinter denen die wirtschaftliche Selbstbestimmung des [X.] zurücktreten muss. 19 Solche Umstände sind regelmäßig in der gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 BGB zu erblicken. Denn diese Unterhaltspflicht beruht auf dem verfas-sungsrechtlichen Gebot zur Pflege und Erziehung der Kinder aus Art. 6 Abs. 2 und 5 GG und überwiegt deswegen grundsätzlich die nur im Rahmen der [X.] Gesetze durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Hand-lungsfreiheit des [X.]. Hinzu kommt, dass minderjährige und privilegierte volljährige Kinder in der Regel keine Möglichkeit haben, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Der Senat hat deswegen in Fällen einer gesteigerten Unterhaltspflicht auch sonst stärkere Anstrengungen des [X.] für zumutbar gehalten ([X.] 162, 234, 239 f. = [X.], 608, 609). Diese Begründung ist auf den Unterhaltsanspruch getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten nicht in gleicher Weise übertragbar. Wegen der grundsätzlichen Möglichkeit getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten, den eigenen Unterhalt selbst sicherzustellen, hat der Gesetzgeber die gestei-gerte Unterhaltspflicht nicht - wie in § 1603 Abs. 2 BGB - auf den Ehegattenun-terhalt erstreckt. Hinzu kommt, dass mit dem vom [X.] und vom [X.] bereits beschlossenen Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 (BT-Drucks. 16/830) auch der Rang des [X.] ge-genüber dem Unterhaltsanspruch minderjähriger und ihnen gleichgestellter [X.] geändert worden ist. § 1609 BGB weist jetzt nur noch Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder den ersten Rang zu. Erst mit 20 - 11 - einem späteren Rang folgen die Unterhaltsansprüche Kinder erziehender Eltern und sonstiger (früherer) Ehegatten. 21 Im Gegensatz zur Rechtsauffassung des Berufungsgerichts kommt es nicht entscheidend darauf an, dass auch die Klägerin in dem hier zu [X.] Einzelfall nicht in der Lage sein dürfte, ausreichend für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen. Denn der Gesetzgeber hat im Rahmen des [X.] selbst den notwendigen Unterhaltsbedarf nicht dem Kindesunterhalt gleichgestellt. Entsprechend hat der Senat in ständiger Rechtsprechung einen Mindestbedarf des getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten abgelehnt (Senatsurteil vom 22. Januar 2003 - [X.] ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363, 364). Im Gegensatz dazu sieht das vom [X.] und vom Bundesrat bereits be-schlossene Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 15. Juni 2006 in § 1612 a BGB für minderjährige Kinder einen Mindestunterhalt vor, der sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines [X.] (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG richtet. Auch ein Verzicht auf Unterhaltsansprüche für die Zukunft ist nach § 1614 Abs. 1 BGB beim Ver-wandtenunterhalt nicht zulässig, während § 1585 c BGB eine Vereinbarung ü-ber den Unterhalt für die [X.] nach der Ehescheidung ausdrücklich zulässt. Die Ausgestaltung des [X.] ist deswegen mit dem besonders stark ausgestalteten Unterhaltsanspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder nicht vergleichbar. Den Schuldner des [X.] oder des nachehelichen Unter-halts trifft im Hinblick auf seine verfassungsrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit deswegen regelmäßig keine Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz. Denn die Kreditbelastungen hatten regelmäßig bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt und auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte hatte seine Lebensverhältnisse auf diese Ausgaben eingestellt. Daran 22 - 12 - ändert sich auch nichts dadurch, dass die Ehegatten seit ihrer Trennung nicht mehr nach § 1360 a BGB zum Familienunterhalt verpflichtet sind, der ihnen die gleichmäßige Teilhabe an den für den Unterhalt der Familie zur Verfügung ste-henden Mitteln sichert. Die Verpflichtung zum Trennungsunterhalt und zum nachehelichen Unterhalt setzt demgegenüber die Leistungsfähigkeit des unter-haltspflichtigen Ehegatten voraus, die nur vorliegt, wenn sein Ehegattenselbst-behalt gewahrt ist (Senatsurteil [X.] 166, 351 = [X.], 683). Mit der Trennung der Parteien ist die Kreditbelastung deswegen nicht nur bei der Be-messung des [X.] nach den ehelichen Lebensverhältnissen, son-dern auch im Rahmen der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen, was das [X.] verkannt hat. c) Nach diesen Grundsätzen oblag es dem [X.]n im Rahmen seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht gegenüber der getrennt lebenden Klägerin nicht, wegen der ehebedingten Kreditverbindlichkeiten von monatlich 408 • ein Ver-fahren der Verbraucherinsolvenz einzuleiten. 23 Ein solches Verfahren wäre für den [X.]n, der ohnehin lediglich Er-werbsunfähigkeitsrente erzielt, mit erheblichen Einschnitten verbunden. Denn durch die Bestellung eines Treuhänders im Insolvenzverfahren nach den §§ 313 Abs. 1, 292 [X.] würde der [X.] in seiner wirtschaftlichen Selb-ständigkeit stark eingeschränkt. Wie gegenüber einem Insolvenzverwalter be-stehen nach den §§ 97 f. [X.] auch gegenüber einem Treuhänder weitgehende Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (vgl. auch § 305 Abs. 1 und 2 [X.]). Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wäre für den [X.]n auch deswegen besonders belastend, weil damit sein Recht, das zur Insolvenzmasse gehören-de Vermögen zu verwalten und darüber zu verfügen, auf den Insolvenzverwal-ter bzw. den Treuhänder übergeht (§§ 21 Abs. 2, 80 bis 82, 313 Abs. 1 [X.]). Zudem setzt die mögliche Restschuldbefreiung nach § 287 Abs. 2 [X.] voraus, 24 - 13 - dass der Schuldner seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer des Insolvenzverfahrens an den [X.]. Das würde den [X.]n als Insolvenzschuldner nicht nur während des ca. sechsmonatigen vorbereitenden Verfahrens durch die Beratungsstelle (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), sondern auch während der folgenden sechsjährigen Wohlverhaltensperiode gemäß §§ 287 Abs. 2, 299 Abs. 1 [X.] in seiner Verfü-gungsmöglichkeit einschränken. Hinzu kommt, dass infolge der Einleitung einer Verbraucherinsolvenz auch die allgemeine Kreditwürdigkeit des [X.]s leiden würde. Dem steht ein Anspruch der Klägerin auf Trennungsunterhalt gegenüber, der schon von Gesetzes wegen nicht so stark ausgestaltet ist, wie es wegen der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB für den Anspruch minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder der Fall ist. 25 d) Nach den allgemeinen Grundsätzen ist der Unterhaltsanspruch der Klägerin deswegen auf der Grundlage des tatsächlichen Renteneinkommens des [X.]n abzüglich der schon während der Ehezeit bestehenden [X.] zu bemessen. Unter Berücksichtigung des zu wahrenden Ehegatten-selbstbehalts schuldet der [X.] dann jedenfalls keinen höheren Unterhalt als das Amtsgericht mit monatlich 96 • zuerkannt hat. Allerdings kommt wegen des Verschlechterungsverbots auch kein geringerer Unterhalt in Betracht, weil nur die Klägerin, nicht aber der [X.] das amtsgerichtliche Urteil angegriffen hatte. Somit ergibt sich ein Unterhaltsrückstand für die [X.] von Januar bis [X.] in Höhe von 1.152 • (96 • x 12), der wegen des [X.] in § 94 Abs. 1 SGB [X.] auf Antrag der Klägerin an den Sozialhilfeträger zu zahlen ist. Für die weitere [X.] von Januar bis zum 23. August 2005 schuldet der [X.] Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 743 • ([96 • x 7] + 26 - 14 - [96 x 23/31]), der nach Übergang des Unterhaltsanspruchs gemäß § 33 Abs. 1 SGB II an den Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu leisten ist. Hahne [X.] [X.] Wagenitz Dose
Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 07.04.2005 - 540 [X.]/03 - [X.] in [X.], Entscheidung vom 30.11.2005 - 2 UF 166/05 -

Meta

XII ZR 23/06

12.12.2007

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2007, Az. XII ZR 23/06 (REWIS RS 2007, 342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 342

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 114/03 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 112/05 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 613/16 (Bundesgerichtshof)

Gleichrangige Kindesunterhaltsansprüche im Mangelfall: Verteilung bei nicht mehr zu erfüllendem Unterhalt für die Vergangenheit bei …


XII ZR 51/08 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 3/03 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.