Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.07.2021, Az. 9 AZR 326/20

9. Senat | REWIS RS 2021, 3742

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Bewerbungsverfahrensanspruch - Verhältnis von Primär- und Sekundärrechtsschutz


Leitsatz

1. Nach der Wertung des § 839 Abs. 3 BGB kann ein zu Unrecht abgelehnter Stellenbewerber einen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes grundsätzlich nur dann erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn er sich im Vorfeld der Stellenbesetzung bemüht hat, seine Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG durch die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes zu wahren und dadurch den Eintritt des Schadens abzuwenden.

2. Zur Sicherung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs ist eine mittellose Partei nicht gehalten, auf eigene Kosten ein Eilverfahren zu betreiben, um dem Arbeitgeber die Besetzung der Stelle gerichtlich untersagen zu lassen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Durchführung eines Prozesskostenhilfeverfahrens, an das sich für den Fall, dass das Gericht Prozesskostenhilfe gewährt, ein Eilverfahren anschließt.

3. Lehnt das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab, obliegt es dem Bewerber im Regelfall, die Entscheidung im Wege der sofortigen Beschwerde anzufechten.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 17. Oktober 2019 - 2 Sa 19/18 - unter Zurückweisung der Anschlussrevision des [X.] aufgehoben, soweit es auf die Berufung des [X.] das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2017 - 4 Ca 256/16 - abgeändert und der Klage stattgegeben hat.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Februar 2017 - 4 Ca 256/16 - wird insgesamt zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von dem Beklagten [X.]chadensersatz wegen der Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs.

2

Der Kläger ist Volljurist und verfügt über die akademischen Grade „Master of Laws“ und „Master of Public Administration“. Der Beklagte schrieb im April 2016 eine [X.]telle als „[X.]…)/in Allgemeine Ordnungsbehörde und Personenstandswesen“ mit einer Vergütung nach [X.] 9 der Anlage 1 [X.]/[X.] bzw. Besoldung nach Besoldungsgruppe A 10 der Anlage 1 [X.] aus, auf die sich der Kläger mit [X.]chreiben vom 22. April 2016 bewarb. Der Beklagte lud den Kläger und sieben weitere Bewerber zum Vorstellungsgespräch ein. Auf der Grundlage einer Auswahlmatrix bewertete die von dem Beklagten gebildete Auswahlkommission die Qualifikation des [X.] mit fünf, die seines [X.], mit 14 von 18 möglichen Punkten.

3

Unter dem 28. Juni 2016 teilte der Beklagte dem Kläger ohne Angabe von Gründen mit, seine Bewerbung habe keine Berücksichtigung finden können. Der Personalrat erteilte mit [X.]chreiben vom 29. Juni 2016 die Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung des ausgewählten Bewerbers. Mit E-Mail vom 1. Juli 2016 bat der Kläger den Beklagten, ihm die Gründe für seine Entscheidung mitzuteilen und vorerst davon abzusehen, die [X.]telle einem Mitbewerber zu übertragen.

4

Der Kläger beantragte mit einem am 15. Juli 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen [X.]chriftsatz, ihm Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Eilverfahren zu bewilligen, mit dem er dem Beklagten einstweilen untersagen lassen wolle, die ausgeschriebene [X.]telle zu besetzen. In der [X.]tellungnahme des Beklagten vom 19. Juli 2016 heißt es ua. wie folgt:

        

„Es wird darauf hingewiesen …, dass (das) Ausschreibungsverfahren bereits beendet ist. Es wurde ein verbeamteter Regierungsinspektor aus dem Thüringer Landesverwaltungsamt ausgewählt. Im Versetzungsverfahren sind die entsprechenden Anträge gestellt, bewilligt und der Landrat des [X.] hat unter dem 28.06.2016 gemäß § 12 Abs. 1 ThürBG das Einvernehmen zur Versetzung zum [X.] erklärt. …

        

Wir gehen also davon aus, dass wohl nur noch die Feststellung begehrt werden könnte zu prüfen, ob die Prinzipien der Bestenauslese zu dem Ergebnis hätten führen müssen, die [X.]telle … mit dem Antragsteller zu besetzen.“

5

Im Weiteren erläuterte der Beklagte die Auswahlkriterien, den Ablauf des Bewerbungsverfahrens und die Entscheidung der Auswahlkommission. Das Arbeitsgericht wies den Kläger mit [X.]chreiben vom 22. Juli 2016 darauf hin, dem Antrag auf Prozesskostenhilfe drohe Abweisung, da kein Verfügungsgrund mehr gesehen werden könne. Mit [X.]chreiben vom 28. Juli 2016 nahm der Kläger den Prozesskostenhilfeantrag zurück.

6

Die Versetzung des [X.] vom [X.] Verwaltungsamt zum Beklagten bei gleichzeitiger Übertragung des Dienstpostens „[X.]achbearbeiter Allgemeine Ordnungsbehörde und Personenstandswesen“ nach Besoldungsgruppe A 10 erfolgte mit Wirkung zum 17. Oktober 2016.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde ihm im Wege des [X.]chadensersatzes Vergütung. Die Auswahlentscheidung verletze ihn in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die [X.]telle ihm als dem bestqualifizierten Bewerber zu übertragen.

8

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat Juli 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2016 zu zahlen;

        

2.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat August 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. August 2016 zu zahlen;

        

3.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat [X.]eptember 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. [X.]eptember 2016 zu zahlen;

        

4.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat Oktober 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Oktober 2016 zu zahlen;

        

5.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat November 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. November 2016 zu zahlen;

        

6.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat Dezember 2016 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Dezember 2016 zu zahlen;

        

7.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat Januar 2017 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Januar 2017 zu zahlen;

        

8.    

den Beklagten zu verurteilen, an ihn für den Monat Februar 2017 2.715,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Februar 2017 zu zahlen;

        

9.    

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche künftigen materiellen [X.]chäden zu ersetzen, die dem Kläger aus der unterlassenen Einstellung bei dem Beklagten als Mitarbeiter „[X.]achbearbeiter Allgemeine Ordnungsbehörde und Personenstandswesen“ entstehen werden, wobei der Kläger arbeitsrechtlich, entgeltrechtlich und besoldungs-, sowie (zusatz- und) versorgungsrechtlich so zu stellen ist, als wäre ihm am 1. Juli 2016 das öffentliche Amt/die Tätigkeit „[X.]achbearbeiter Allgemeine Ordnungsbehörde und Personenstandswesen“ nach der Besoldungsgruppe A 10 des ThürBesG übertragen worden;

                 

hilfsweise für den Fall, dass das Gericht in Bezug auf die Klageanträge 1. bis 9. nicht von einer Verbeamtung ausgeht,

        

10.     

dass jeweils die Bruttovergütung der tarifvertraglichen [X.] 9 b des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst ([X.]) Bereich der Vereinigung kommunalen Arbeitgeberverbände (vom 1. Juni 2016 bis 31. Januar 2017 eine Bruttovergütung iHv. 2.648,85 Euro, ab 1. Februar 2017 eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.711,10 Euro), diese jeweils fällig am letzten Tag eines Monats, zu Grunde gelegt wird und sodann eine Verzinsung ab dem jeweils ersten Tag des Folgemonats anfällt;

                 

weiterhin hilfsweise und vorsorglich für den Fall, dass das Gericht in Bezug auf die Klageanträge zu 1. bis 10. nicht von einer Verbeamtung und auch nicht von einer tarifrechtlichen [X.] 9 b des TVöD des [X.]es ausgehe,

        

11.     

dass für die Anträge zu Ziffer 1. bis 9. jeweils die Bruttovergütung der tarifvertraglichen [X.] 9 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (vom 1. Juni 2016 bis 31. Dezember 2016 eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.611,75 Euro, ab 1. Januar 2017 eine monatliche Bruttovergütung iHv. 2.686,75 Euro), diese jeweils fällig am letzten Tag eines Monats, zu Grunde gelegt wird und sodann eine Verzinsung ab dem jeweils ersten Tag des Folgemonats anfällt.

9

Der Beklagte hat die Abweisung der Klage ua. mit der Begründung beantragt, der Kläger sei nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB mit [X.]chadensersatzansprüchen ausgeschlossen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger für die Monate Juni 2016 bis Januar 2017 Vergütung nach [X.] 9 [X.]/[X.] abzüglich bestimmter Leistungen nach dem [X.]GB II zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger den materiellen [X.]chaden zu ersetzen, der ihm durch die unterlassene Einstellung vom 1. Juni 2016 bis zum 31. August 2019 entstanden ist. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. [X.]oweit das [X.] seine Berufung zurückgewiesen hat, verfolgt der Kläger seine Ansprüche mit der [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.]n hat Erfolg. Die [X.] des [X.] ist als unzulässig zu verwerfen.

A. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Ansicht des [X.] setzt sich der [X.] in der Revisionsbegründung in ausreichendem Maß mit dem angefochtenen Urteil des [X.]s auseinander, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO (zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl. [X.] 9. August 2016 - 9 [X.] - Rn. 7). Der [X.] hat nicht nur die Abweichung des Berufungsurteils von der Rechtsprechung des [X.] detailliert dargestellt, sondern auch ausgeführt, wie das Urteil bei Zugrundelegung der aus seiner Sicht zutreffenden Rechtssätze hätte ausfallen müssen.

B. Die Revision ist begründet. Das [X.] hat auf die Berufung des [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und dem [X.]läger Schadensersatz zugesprochen. Die zulässige [X.]lage ist unbegründet.

I. Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass die [X.]lage zulässig ist.

1. Der Senat ist zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen, obwohl Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsstreit gemäß § 40 Abs. 1 VwGO in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fällt (vgl. zu [X.] unter Beteiligung von Beamten BVerwG 17. März 2021 - 2 [X.]/21 - Rn. 20; siehe ferner [X.] 21. Juli 2021 - 9 [X.] 19/21 - Rn. 16 f.). Durch den Erlass des Urteils hat das Arbeitsgericht seine Zuständigkeit bejaht und damit stillschweigend den Rechtsweg vor die Gerichte für Arbeitssachen für eröffnet erachtet (vgl. hierzu [X.] 28. März 2019 - 8 [X.] - Rn. 22, [X.]E 166, 251). An diese Entscheidung ist der Senat gemäß § 17a Abs. 5 GVG gebunden.

2. Der [X.]läger hat ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse daran, alsbald durch richterliche Entscheidung feststellen zu lassen, ob er künftig von dem [X.]n Schadensersatz beanspruchen kann. Die klagende [X.] darf in einem solchen Fall nicht auf monatliche Leistungsklagen für zukünftige Zeiträume verwiesen werden (vgl. [X.] 28. Januar 2020 - 9 [X.] - Rn. 21).

3. Den [X.] steht nicht der grundsätzliche Vorrang der Leistungsklage entgegen.

a) Soweit der [X.]läger ein Feststellungsurteil hinsichtlich der zukünftig fällig werdenden Zahlungsansprüche begehrt, gilt der Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage nicht. Auf [X.]lagen, die zukünftige Ansprüche zum Gegenstand haben, ist der Grundsatz nicht anwendbar. Gegenüber [X.]lagen nach § 257 ZPO ist ein Feststellungsantrag nicht subsidiär; die klagende [X.] kann vielmehr zwischen einer Feststellungsklage und einer [X.]lage auf zukünftige Leistung wählen ([X.] 28. Januar 2020 - 9 [X.] - Rn. 23).

b) Rechtlich unerheblich ist, dass die begehrte Feststellung zu einem Teil bereits entstandene ([X.] zum Gegenstand hat, die der [X.]läger beziffern könnte. Eine [X.] ist nicht gehalten, ihre [X.]lage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten, wenn ein Teil des Schadens schon entstanden und - wie im Streitfall - mit der Entstehung eines weiteren Schadens zu rechnen ist ([X.] 28. Januar 2020 - 9 [X.] - Rn. 24; 11. August 2016 - 8 [X.] - Rn. 41). Das gilt auch, soweit die Feststellungsklage Zinsforderungen zum Gegenstand hat (vgl. [X.] 29. April 2021 - 6 [X.] - Rn. 9).

II. Die [X.]lage ist nicht begründet. Der [X.] ist nicht verpflichtet, dem [X.]läger Schadensersatz zu leisten. Entgegen der Auffassung des [X.]s hat der [X.]läger durch die Rücknahme des Antrags, ihm für ein beabsichtigtes Eilverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, entsprechend § 839 Abs. 2 BGB die Obliegenheit verletzt, [X.] in Anspruch zu nehmen. Dies hat zur Folge, dass er mit Schadensersatzansprüchen unabhängig davon ausgeschlossen ist, ob er diese im Wege der Leistungsklage ([X.]lageanträge zu 1 bis 8) oder im Wege der Feststellungsklage ([X.]lageanträge zu 9 bis 11) verfolgt.

1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das [X.] angenommen, Art. 33 Abs. 2 GG gewährleiste jedem [X.] nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Diensts. Zum anderen trägt die Verfassungsnorm dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst steht deshalb bei der Besetzung von Stellen des öffentlichen Diensts ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der [X.]riterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren ([X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 27).

2. Ein übergangener Bewerber kann Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung verlangen, wenn ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen [X.]onkurrenten vergibt, die bei ordnungsgemäßer Auswahl ihm hätte übertragen werden müssen. Der Schadensersatzanspruch folgt - unabhängig vom Amtshaftungsanspruch (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) - aus § 280 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz ([X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 28).

3. Die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers, einem zu Unrecht abgelehnten Bewerber, Schadensersatz zu leisten, ist allerdings nach dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB eingeschränkt.

a) § 839 Abs. 3 BGB, dem zufolge die in § 839 Abs. 1 BGB normierte Ersatzpflicht nicht eingreift, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden, ist eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips, das in allgemeiner Form in § 254 BGB niedergelegt ist und für das gesamte private und öffentliche Haftungsrecht gilt. Die Vorschrift ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes, dass der [X.] Vorrang vor dem Sekundärrechtsschutz hat. Bei rechtswidrigem Handeln des Staats soll der [X.] im Vordergrund stehen. Dem Betroffenen soll die von der Rechtsordnung missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder das rechtswidrige Verhalten des öffentlichen Arbeitgebers mit ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber ihn hinzunehmen und zu liquidieren, dh. untätig zu bleiben und sich den Schaden finanziell abgelten zu lassen. Der für rechtmäßige hoheitliche Eingriffe geltende Grundsatz „Dulde und liquidiere“ gilt nicht im Bereich der Haftung für rechtswidrige Eingriffe. Vielmehr soll nach der Wertung des § 839 Abs. 3 BGB nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat ([X.] 1. Dezember 2020 -  9 [X.]  - Rn. 30).

b) Der § 839 Abs. 3 BGB zugrunde liegende Rechtsgedanke ist auch im Falle einer schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs zu beachten. Der zu Unrecht nicht ausgewählte Bewerber kann Schadensersatz für die Verletzung seines Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG nur dann beanspruchen, wenn er sich bemüht hat, den eingetretenen Schaden dadurch abzuwenden, dass er rechtliche Schritte im Vorfeld der absehbaren Auswahlentscheidung eingeleitet hat (BVerwG 15. Juni 2018 - 2 [X.] 19.17 - Rn. 25 f., BVerwGE 162, 253). Ein Wahlrecht des Bewerbers zwischen alsbaldigem [X.] gegen eine seiner Auffassung nach rechtswidrige, seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzende Auswahlentscheidung und einem späteren Schadensersatzbegehren besteht nicht ([X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 31). Vielmehr hat der zurückgewiesene Bewerber die ihm zu Gebote stehenden Rechtsmittel zu nutzen, um den Eintritt des Schadens, den durch die Besetzung der Stelle bedingten Untergang seines Bewerbungsverfahrensanspruchs, zu verhindern. Dem weit zu verstehende Begriff des Rechtsmittels iSv. § 839 Abs. 3 BGB (vgl. [X.] - Rn. 18, BGHZ 197, 375) unterfallen die in den einschlägigen Verfahrensvorschriften vorgesehenen Behelfe (vgl. [X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 30).

c) In [X.] obliegt es einer mittellosen [X.] nicht, auf eigene [X.]osten ein Eilverfahren zu betreiben, um dem Arbeitgeber die Besetzung der Stelle gerichtlich untersagen zu lassen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist die Durchführung eines [X.], an das sich - für den Fall, dass das Gericht Prozesskostenhilfe gewährt - ein Eilverfahren anschließt.

aa) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass einem mittellosen Stellenbewerber ein Anspruch auf Schadensersatz nicht mit der Begründung versagt werden kann, er habe es unterlassen, auf eigene [X.]osten ein einstweiliges Verfügungsverfahren einzuleiten. Die gegenteilige Auffassung des [X.]n steht mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 19 Abs. 4 GG, die der Senat bei der Auslegung der einfachgesetzlichen Norm des § 839 Abs. 3 BGB zu beachten hat (vgl. [X.] 3. November 2020 - 9 [X.] 47/20 - Rn. 16), nicht im Einklang.

(1) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, steht ihm gemäß Art. 19 Abs. 4 GG der Rechtsweg offen. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes als Ausfluss des staatlichen [X.] garantiert nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch eine tatsächliche und wirksame gerichtliche [X.]ontrolle ([X.] 11. Juni 2013 - 9 [X.] - Rn. 26). Der Grundsatz der sog. „Rechtsschutzgleichheit“ ([X.] 22. März 2021 - 2 BvR 353/21 - Rn. 5), der diese grundrechtlichen Gewährleistungen ergänzt, verlangt, dass alle [X.] in grundsätzlich gleicher Weise Zugang zu den Gerichten erhalten (vgl. [X.] 13. März 1990 - 2 [X.] ua. - zu [X.] I 3 a der Gründe, [X.]E 81, 347).

(2) Verlangte man von mittellosen Bewerbern, auf eigene [X.]osten ein Eilverfahren anzustrengen, um die Besetzung einer Stelle mit einem [X.]onkurrenten zu verhindern, verstieße dies gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, da für sie der Zugang zu den Gerichten in unzulässigerweise erschwert würde. Eine [X.], die die hierfür erforderlichen Mittel nicht allein aufzubringen in der Lage ist, hätte - anders als andere [X.]en - lediglich die theoretische, nicht aber die tatsächliche Möglichkeit, sich gegen eine unrichtige Besetzungsentscheidung zur Wehr zu setzen.

bb) Die Mittellosigkeit einer [X.] rechtfertigt es allerdings nicht, die [X.] von der Obliegenheit des § 839 Abs. 3 BGB insgesamt zu befreien. In Ansehung des Rechts der Prozesskostenhilfe besteht hierzu kein Anlass. Die in den §§ 114 ff. ZPO eröffnete Möglichkeit, auf einen entsprechenden Antrag hin Prozesskostenhilfe für ein Eilverfahren zu erlangen, setzt die mittellose [X.] in den Stand, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch ebenso zu sichern wie eine wirtschaftlich leistungsfähige [X.].

(1) Die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe stellen sicher, dass jedermann die Möglichkeit hat, seine Rechte unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten gerichtlich durchzusetzen (vgl. Mü[X.]oZPO/Wache 6. Aufl. § 114 Rn. 1). Mit der Schaffung der §§ 114 ff. ZPO ist der Gesetzgeber dem verfassungsrechtlichen Gebot nachgekommen, die Situation von Unbemittelten an die Situation von [X.] bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes anzugleichen (vgl. [X.] 11. März 2010 -  1 BvR 3031/08  - Rn. 12). Macht eine [X.], deren persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse eine Prozessführung auf eigene [X.]osten nicht erlauben, von dem ihr zustehenden Recht auf Prozesskostenhilfe Gebrauch, kann sie nach erfolgter Bewilligung einstweiligen Rechtsschutz beantragen, ohne ein finanzielles Risiko zu tragen. Sie steht damit nicht schlechter als eine [X.], die über ausreichende finanzielle Mittel verfügt, den Prozess auf eigene [X.]osten zu führen.

(2) Der Antrag eines unterlegenen Bewerbers, ihm für ein beabsichtigtes Eilverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, ist geeignet, den Verfahrensanspruch solange zu sichern, bis über den Antrag abschließend entschieden worden ist. Der öffentliche Arbeitgeber darf die Stelle auch während des [X.] nicht besetzen. Denn der in Art. 19 Abs. 4 GG und dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG garantierte Justizgewährleistungsanspruch ist nur dann erfüllt, wenn dem abgelehnten Bewerber die Möglichkeit gewährt wird, vorläufigen Rechtsschutz vor der Besetzung des Amts in Anspruch zu nehmen ([X.] 19. September 1989 - 2 BvR 1576/88 -; [X.] 28. Mai 2002 - 9 [X.] 751/00 - zu [X.] 3 b der Gründe, [X.]E 101,153; BVerwG 4. November 2010 - 2 [X.] 16.09 - Rn. 31, BVerwGE 138, 102). Ist der abgelehnte Bewerber mittellos, darf ihm aus dem Umstand, dass er außerstande ist, ein Eilverfahren auf eigene [X.]osten einzuleiten, kein rechtlicher Nachteil erwachsen (siehe [X.] 3 c aa der Entscheidungsgründe). In Ansehung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hindert bereits das Prozesskostenhilfeverfahren und nicht erst das nachgelagerte Eilverfahren den öffentlichen Arbeitgeber, die Stelle einem Mitbewerber zu übertragen.

(3) Rechtlich ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich, wer Beteiligter am Prozesskostenhilfeverfahren ist (aA [X.] 7. März 2018 - 17 [X.] - Rn. 22 ). Maßgeblich ist allein, dass der abgelehnte Bewerber mit Stellung eines entsprechenden Antrags bei Gericht ein förmliches Verfahren einleitet, das darauf abzielt, die Besetzung der Stelle mit einem [X.]onkurrenten zu verhindern. Das Gericht hat dem öffentlichen Arbeitgeber gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO im Regelfall Gelegenheit zu geben, zu dem [X.] Stellung zu nehmen (zu den Ausnahmefällen vgl. H[X.]-ZPO/[X.] 9. Aufl. § 118 Rn. 5). Auf diese Weise erfährt der öffentliche Arbeitgeber - soweit nicht besondere Gründe iSd. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegen -, dass der abgelehnte Bewerber nicht gewillt ist, die Auswahlentscheidung zu akzeptieren, und diese zum Anlass nimmt, Rechtsschutz zu suchen.

d) Soweit das [X.] davon ausgegangen ist, der [X.]läger habe seine Obliegenheiten im Streitfall in nicht vorwerfbarer Weise verletzt, hält dies einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der [X.]läger konnte den [X.] nicht ohne [X.] zurücknehmen. Um seinen Primäranspruch auf Übertragung der Stelle oder Wiederholung des Auswahlverfahrens zu sichern, war er vielmehr gehalten, den [X.] durch das Arbeitsgericht entscheiden zu lassen und gegebenenfalls eine für ihn nachteilige Entscheidung mit der sofortigen Beschwerde anzufechten. Der Hinweis des Arbeitsgerichts vom 22. Juli 2016 ändert hieran nichts.

aa) Die mittellose [X.] genügt ihrer Obliegenheit, sich um [X.] zu bemühen, im Regelfall, wenn sie rechtzeitig beim zuständigen Gericht einen vollständigen [X.] und alle für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen einreicht. Lehnt das Arbeitsgericht die Bewilligung ab, steht der mittellosen [X.] gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde zu. Auch diese ist ein Rechtsbehelf iSd. § 839 Abs. 3 BGB, dessen sich eine mittellose [X.] bedienen muss, um die Besetzung der Stelle zu verhindern und anschließend die Auswahlentscheidung einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen. [X.]ostenrisiken sind mit ihr ebenso wenig verbunden wie mit dem ursprünglichen Antrag auf Prozesskostenhilfe. Anwaltszwang besteht nicht, § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO.

bb) Der [X.]läger nahm den Antrag, ihm für ein auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtetes Verfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, mit Schreiben vom 28. Juli 2016 zu einem Zeitpunkt zurück, zu dem das Arbeitsgericht noch nicht über ihn entschieden hatte. Auf diese Weise setzte er sich außerstande, eine gegebenenfalls zurückweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts mit der sofortigen Beschwerde anzufechten. Im Hinblick auf seinen Primäranspruch verzichtete der [X.]läger faktisch darauf, die Rechtsschutzmöglichkeiten auszuschöpfen, die das Zivilprozessrecht einer mittellosen [X.] an die Hand gibt.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.]s handelte der [X.]läger zumindest fahrlässig, als er seinen [X.] nicht weiterverfolgte.

(1) Das Verschulden des Geschädigten, an das § 839 Abs. 3 BGB den Anspruchsausschluss knüpft, ist nach den allgemeinen Grundsätzen typisiert zu beurteilen. Nach § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer [X.] lässt. Ob es der Verletzte schuldhaft unterlassen hat, ein Rechtsmittel iSd. § 839 Abs. 3 BGB einzulegen, hängt davon ab, welches Maß an Umsicht und Sorgfalt von Angehörigen des [X.] verlangt werden muss, dem der in seinen Rechten Verletzte angehört. Nur wenn es diesem unzumutbar ist, den Eintritt des Schadens durch die Einlegung eines Rechtsmittels zu verhindern oder zu mildern, handelt er nicht vorwerfbar (vgl. [X.] 1. Dezember 2020 -  9 [X.]  - Rn. 39).

(2) Ob ein Verschulden im konkreten Fall anzunehmen ist, ist eine Frage, deren Entscheidung grundsätzlich den [X.] obliegt. Der Begriff der Zumutbarkeit ist ein Rechtsbegriff, dessen Feststellung im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegt. Aus diesem Grund steht dem [X.] als Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zu. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob der Tatsachenrichter von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat. Eine Aufhebung des Berufungsurteils darf nur erfolgen, wenn eine Überschreitung des [X.] durch den Tatsachenrichter festzustellen ist (vgl. [X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 39 f.).

(3) Mit der Annahme, der Abbruch des Versuchs, seine Rechtsposition im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu sichern, sei dem [X.]läger nicht vorzuwerfen, hat das [X.] den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten.

(a) Das [X.] ist davon ausgegangen, dass der Hinweis des Arbeitsgerichts, es sehe keinen Verfügungsgrund, weswegen dem [X.] die Abweisung drohe, den [X.]läger entlastet. Damit lässt es außer [X.], dass eine solche Entscheidung des Arbeitsgerichts von dem [X.]läger mit der sofortigen Beschwerde hätte angegriffen werden können. Das [X.] hätte den [X.] erneut vollumfänglich geprüft und dabei gegebenenfalls sowohl neue Tatsachen als auch neue Beweismittel zu berücksichtigen gehabt (§ 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Mit der Rücknahme seines Antrags begab sich der [X.]läger dieses gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 ZPO vorgesehenen Rechtsbehelfs.

(b) Der weitere vom [X.] angeführte Gesichtspunkt, der [X.] hätte die Stellenbesetzung auch bei Aufrechterhaltung des Prozesskostenhilfebegehrens weiter betrieben, rechtfertigt es nicht, abweichend zu entscheiden. Zum einen war die Stelle zum in Rede stehenden Zeitpunkt nicht besetzt. Sie wurde dem erfolgreichen Bewerber, Herrn [X.], erst am 17. Oktober 2016 zugewiesen. Zum anderen berücksichtigt das [X.] nicht, dass der [X.]läger den geltend gemachten Schaden, den Untergang seines Bewerbungsverfahrensanspruchs, nicht erlitten hätte, wenn der [X.] die Stelle während des noch laufenden Prozesskostenhilfeverfahren besetzt hätte. In diesem Fall hätte der [X.] die Rechtsschutzmöglichkeiten des [X.] in unzulässiger Weise verkürzt mit der Folge, dass er sich dem [X.]läger gegenüber - dem Rechtsgedanken des § 162 BGB entsprechend - nicht auf die Besetzung der Stelle hätte berufen können (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 277/08 - Rn. 38, [X.]E 130, 107).

e) Einer Zurückverweisung bedarf es wegen dieses Rechtsfehlers nicht, da der Senat auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen abschließend beurteilen kann (§ 563 Abs. 3 ZPO), dass der [X.]läger mit der Rücknahme seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe die von einem Bewerber zu fordernde Sorgfalt außer [X.] gelassen hat. Hätte der [X.]läger die Rechtslage unter Anwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt geprüft, hätte er an dem Antrag festgehalten, eine Entscheidung des Arbeitsgerichts abgewartet und im Falle einer Zurückweisung sofortige Beschwerde eingelegt.

aa) Der [X.]läger hat zunächst zutreffend erkannt, dass ein Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung eines Eilverfahrens ein erforderlicher und ausreichender Rechtsbehelf ist, um seinen Bewerbungsverfahrensanspruch zu sichern. Ihm musste bewusst sein, dass die Rücknahme dieses Antrags zu einem [X.] führen würde. Denn als mittellose [X.] würde er damit nicht mehr in der Lage sein, eine endgültige Besetzung der Stelle mit dem im Auswahlverfahren erfolgreichen Bewerber [X.] im Wege einstweiligen Rechtschutzes zu verhindern.

bb) Es bestand kein Anlass den Antrag zurückzunehmen. Mit der Rücknahme des Antrags waren für den [X.]läger erkennbar keine Vor-, sondern ausschließlich Nachteile verbunden.

(1) Der [X.]läger konnte das Prozesskostenhilfeverfahren ohne [X.]ostenrisiko betreiben. Weder die Entscheidung über den Antrag durch das Arbeitsgericht noch die Entscheidung über die sofortige Beschwerde durch das [X.] hätten Gebühren ausgelöst.

(2) Der Hinweis, den das Arbeitsgericht dem [X.]läger mit Schreiben vom 22. Juli 2016 unter Bezugnahme auf den Schriftsatz des [X.]n vom 19. Juli 2016 erteilte, entlastet den [X.]läger nicht. Dem Schreiben des [X.]n durfte er nicht entnehmen, die von ihm begehrte Stelle sei zu diesem Zeitpunkt bereits besetzt. Denn der [X.] teilte nicht mit, er habe die Stelle dem erfolgreichen Bewerber übertragen, sondern beschränkte sich auf die Erklärung, das „Ausschreibungsverfahren“ sei beendet. Der Begriff „Ausschreibung“ bezeichnet im Arbeitsleben die ohne Rücksicht auf ihre Form an eine unbekannte Vielzahl von Adressaten gerichtete Aufforderung eines Arbeitgebers, sich um eine zu besetzende Stelle zu bewerben (vgl. [X.] 23. November 2017 - 8 [X.] 372/16 - Rn. 26). Mit der Auswahlentscheidung der [X.] war das Ausschreibungsverfahren, nicht aber das Stellenbesetzungsverfahren abgeschlossen. Allein gegen den Abschluss des letzteren richtete sich der von dem [X.]läger beabsichtigte Eilantrag respektive das diesem vorgeschaltete Prozesskostenhilfeverfahren. Die Versetzung von Herrn [X.] erfolgte ausweislich der tatbestandlichen Feststellungen des [X.]s erst zum 17. Oktober 2016.

f) Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Dem [X.]n ist es nicht verwehrt, sich auf die Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB zu berufen.

aa) Die in § 839 Abs. 3 BGB geregelte Obliegenheit steht einem Schadensersatzanspruch ausnahmsweise nicht entgegen, wenn der öffentliche Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, [X.] in Anspruch zu nehmen. Das ist in Fällen anzunehmen, in denen es der öffentliche Arbeitgeber unterlässt, den Stellenbewerber über die Behandlung seiner Bewerbung und für den Fall, dass er ihn in den [X.] einbezieht, über den Ausgang des Bewerbungsverfahrens in [X.]enntnis zu setzen (BVerwG 30. August 2018 - 2 [X.] 10.17 - Rn. 11, BVerwGE 163, 36). Der Arbeitgeber hat dabei den erfolglosen Bewerber - jedenfalls auf sein Verlangen hin - über die für seine Entscheidung wesentlichen Erwägungen zu informieren. Die Mitteilung soll den unterlegenen Bewerber in die Lage versetzen, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen (BVerwG 20. Oktober 2016 - 2 [X.] 30.15 - Rn. 32; siehe ferner [X.] 9. Juli 2007 - 2 [X.]/07 - Rn. 20 ff.). Die Mitteilung hat dabei so rechtzeitig vor Ernennung des Mitbewerbers zu erfolgen, dass der unterlegene Bewerber die Möglichkeit hat, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verhindern, dass die besetzbare Stelle mit einem anderen Bewerber endgültig besetzt wird und infolgedessen für ihn nicht mehr zur Verfügung steht ([X.] 1. Dezember 2020 - 9 [X.] - Rn. 35).

bb) Mit Schriftsatz vom 19. Juli 2016 hat der [X.] dem [X.]läger ausführlich den Ablauf des Bewerbungsverfahrens geschildert, die zugrunde gelegten Bewerbungskriterien benannt und eine anonymisierte Punktebewertung der Bewerber übermittelt. Anhand dieser Informationen konnte der [X.]läger sachgerecht darüber entscheiden, ob ein Vorgehen im Eilverfahren Aussicht auf Erfolg haben würde. Bis zu der endgültigen Besetzung der Stelle mit dem erfolgreichen Bewerber, Herrn [X.], am 17. Oktober 2016 verfügte er über ausreichend Zeit, die Erfolgsaussichten des [X.] zu prüfen.

cc) Rechtlich unerheblich ist, dass der [X.]läger über diese Informationen nicht zu Beginn, sondern erst im Laufe des [X.] verfügte. Anknüpfungspunkt für den [X.], der dem [X.]läger zu machen ist, ist die Rücknahme des [X.]s. Zu diesem Zeitpunkt war der [X.]läger hinreichend über den Gang des Auswahlverfahrens, die seitens der Auswahlkommission herangezogenen [X.]riterien und die Besetzungsentscheidung unterrichtet.

g) Soweit der [X.]läger geltend macht, es stehe nicht fest, dass er die Stellenbesetzung verhindert und mit seiner [X.]onkurrentenklage Erfolg gehabt hätte, stellt dies den Erfolg der Revision nicht in Frage. Unterstellt man, der [X.]läger hätte erfolglos eine [X.]onkurrentenklage erhoben, stände fest, dass er weder Anspruch auf die Übertragung der Stelle noch auf eine Wiederholung des Auswahlverfahrens gehabt hätte. Der unterlegene Bewerber kann den öffentlichen Arbeitgeber aber nur dann erfolgreich auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn ihm die Stelle bei zutreffender Auswahl hätte übertragen werden müssen (siehe [X.] 2 der Entscheidungsgründe).

[X.]. Die [X.] ist unzulässig, da der [X.]läger sie nicht fristgerecht eingelegt hat. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der [X.] ist ihm nicht zu gewähren.

I. Der [X.]läger hat die [X.] zur Einlegung der [X.] versäumt. Gemäß § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG ist die Anschließung bis zum Ablauf eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären. Die Revisionsbegründung des [X.]n ist dem [X.]läger am 28. September 2020 zugestellt worden. Die einmonatige Frist des § 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB am 28. Oktober 2020 abgelaufen. Der Schriftsatz vom 23. Dezember 2020, mit dem der [X.]läger [X.] eingelegt hat, ist erst am 28. Dezember 2020 vollständig beim [X.] eingegangen.

II. Gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der [X.] ist dem [X.]läger nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 233 ZPO). Der [X.]läger hat nicht dargelegt, aufgrund welcher Tatsachen es ihm ohne Verschulden nicht möglich gewesen ist, die [X.] bis zum 28. Oktober 2020 einzulegen.

1. Nach § 233 Satz 1 ZPO ist einer [X.], die ohne ihr Verschulden oder ein ihr zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die Frist zur Einlegung der [X.] einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Als unverschuldete Verhinderung ist die Bedürftigkeit der [X.] nur anzusehen, wenn sie innerhalb der [X.] einen vollständigen [X.] stellt sowie alle für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen und das anzufechtende Urteil dem zuständigen Gericht vorlegt ([X.] 28. Januar 2020 - 9 [X.] - Rn. 16).

2. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der [X.]läger hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe am 13. Dezember 2020 und damit nach Ablauf der Frist für die Einlegung der [X.] beim [X.] gestellt. Der Antragsbegründung lässt sich nicht entnehmen, warum er ohne sein Verschulden nicht in der Lage war, einen auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Antrag innerhalb der am 28. Oktober 2020 auslaufenden [X.] beim [X.] anzubringen.

D. Der [X.]läger hat die [X.]osten der Berufung und der Revision zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

        

    [X.]iel    

        

    Weber     

        

    Suckow    

        

        

        

    Pielenz    

        

    Sucher    

                 

Meta

9 AZR 326/20

27.07.2021

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Gera, 16. Februar 2017, Az: 4 Ca 256/16, Urteil

§ 839 Abs 3 BGB, Art 33 Abs 2 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.07.2021, Az. 9 AZR 326/20 (REWIS RS 2021, 3742)

Papier­fundstellen: NJW 2022, 107 MDR 2022, 177-178 REWIS RS 2021, 3742

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

9 AZR 91/19 (Bundesarbeitsgericht)

Stellenbesetzung - Schadensersatzanspruch des zurückgewiesenen Bewerbers


9 AZR 192/20 (Bundesarbeitsgericht)

Bewerbungsverfahrensanspruch - Schadensersatz wegen Nichtberücksichtigung - öffentlicher Dienst


9 AZR 152/17 (Bundesarbeitsgericht)

Bewerbungsverfahrensanspruch - Schadensersatzanspruch des nicht berücksichtigten Bewerbers - Primärrechtsschutz gegen Abbruch eines Auswahlverfahrens


8 AZR 697/10 (Bundesarbeitsgericht)

Entschädigungsanspruch eines schwerbehinderten Bewerbers - öffentlicher Arbeitgeber


8 AZR 75/19 (Bundesarbeitsgericht)

Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung - Vorstellungsgespräch


Referenzen
Wird zitiert von

3 SaGa 14/23

Zitiert

9 AZB 19/21

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.