Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2018, Az. 3 StR 286/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 10533

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STRAFRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) STRAFTATEN REVISION (STRAFRECHT) TERRORISMUS ISLAM

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Gegenstand

Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland: Zusage oder Begehung einer den Zwecken einer terroristischen Vereinigung dienenden Straftat mit Teilnahme eines Mitglieds als Anstifter oder Gehilfe


Leitsatz

Zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung durch Zusage oder Begehung einer deren Zwecken dienenden oder deren Tätigkeit entsprechenden Straftat, zu der Mitglieder der Organisation das Nichtmitglied anstiften oder diesem Hilfe leisten.

Tenor

Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2017 werden verworfen.

Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechts-mittels zu tragen, die Angeklagte S.      außerdem die dem Nebenkläger durch ihre Revision entstandenen notwendigen Auslagen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte S.     wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Unterstützung einer terroristischen [X.] im Ausland zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und den Angeklagten [X.]    wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; die Angeklagte S.     beanstandet darüber hinaus das Verfahren. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

2

I. Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

3

Die jugendliche Angeklagte S.    identifizierte sich spätestens seit [X.] 2015 mit den Gewalttaten des sog. Islamischen Staates ([X.]) und befürwortete Terroranschläge auch außerhalb von dessen Kerngebiet im [X.] und [X.], insbesondere die im November 2015 von [X.]-Mitgliedern in [X.] verübten Terrorakte.

4

Die Begehung solcher [X.]e in der westlichen Welt, insbesondere in [X.], entsprach den Zielen und der Tätigkeit des [X.]. Die Organisation hatte ihre Anhänger und Sympathisanten wiederholt im [X.] dazu aufgerufen, dort Anschläge gegen "Ungläubige", namentlich Polizisten oder andere Repräsentanten des Staates, zu verüben und sie beispielsweise unter Einsatz von Sprengsätzen, Messern oder Fahrzeugen zu töten.

5

Ende Januar 2016 reiste die Angeklagte [X.]nach [X.], um sich von dort aus in das Gebiet des [X.] schleusen zu lassen und sich der Organisation anzuschließen. Zu diesem Zweck stand sie sowohl über das [X.] als auch persönlich in Kontakt mit verschiedenen Mitgliedern des [X.]. Nachdem ihre Mutter ihr in die [X.] gefolgt war, um sie zurück nach [X.] zu holen, erteilten ihr die Mitglieder des [X.] den Auftrag, nach [X.] zurückzukehren und hier für die [X.] eine "Märtyrertat" zu begehen. Die Angeklagte nahm das Ansinnen an und plante, einen öffentlichkeitswirksamen Terroranschlag zu verüben, bei dem "Ungläubige" mittels einer Sprengstoffexplosion oder auf andere Weise getötet werden sollten.

6

Darüber informierte sie den heranwachsenden Angeklagten [X.]   in H.     , mit dem sie während ihres Aufenthalts in der [X.] ebenfalls in [X.] stand. Auch [X.]    befürwortete den [X.]mpf des [X.] und verherrlichte dessen Anschläge. Er trug sich seinerseits mit dem Gedanken, nach [X.] zu reisen und sich dort der Organisation anzuschließen. Er nahm die Mitteilungen der Angeklagten S.     ernst und unterließ es, eine Polizeidienststelle oder eine andere Behörde davon in Kenntnis zu setzen, dass sie Mitgliedern des [X.] zugesagt hatte, für die [X.] in [X.] einen Anschlag zu begehen.

7

Im [X.] an ihre Rückkehr nach [X.] stand die Angeklagte S.     weiter in [X.] mit Mitgliedern des [X.]. In der [X.] vom 23. bis zum 25. Februar 2016 kommunizierte sie insbesondere mit einem männlichen Mitglied, das den Nutzernamen "[X.]  " verwendete und dessen Identität nicht näher festgestellt werden konnte. Im Verlauf des [X.] entwickelte sie den Plan, anstelle eines Sprengstoffattentats einen Polizeibeamten und damit einen Repräsentanten der Bundesrepublik [X.], die sie als ein Gebiet des Unglaubens empfand und deren Bewohner sie als "Feinde des Islam" hasste, durch einen Messerstich in den Hals zu töten, seine Dienstwaffe an sich zu nehmen und damit auf weitere "Ungläubige" zu schießen. Sie ging davon aus, bei ihrer Tat selbst getötet zu werden und so den "Märtyrertod" zu erleiden. Details ihres Vorhabens erörterte sie per Chat mit "[X.]  ", der ihr unter anderem riet, den Polizisten unter einem Vorwand in eine Ecke zu locken und ihm dann seine Waffe wegzunehmen. Er forderte sie zudem auf, ihm ein Foto von einer Polizeipistole zu senden, damit er ihr erläutern könne, wie die Waffe zu bedienen sei. Am 25. Februar 2016 übersandte die Angeklagte "[X.]  " ein [X.], das sie mit ihrem Mobiltelefon aufgenommen hatte; darin erläuterte sie, warum sie ihre Tat für den [X.] begehen werde. Außerdem bat sie "[X.]   ", das [X.] verüben zu dürfen, weil es sich um einen Freitag handele.

8

Um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, begab sich die Angeklagte S.     am 26. Februar 2016 zum [X.]      ; dabei führte sie ein Gemüsemesser mit einer etwa 6 cm langen Klinge bei sich. Sie folgte den Polizeibeamten [X.]und [X.].  , die im Bahnhofsgebäude [X.] gingen. Als die Beamten sich an einer Balustrade positionierten, blieb sie wenige Meter neben ihnen stehen und starrte sie minutenlang an. Nachdem der Polizeibeamte [X.] dadurch auf sie aufmerksam geworden war, kam er mit seinem Kollegen [X.].  überein, sie einer Personenkontrolle zu unterziehen. Beide gingen auf die Angeklagte zu und [X.]fragte sie, ob alles in Ordnung sei und ob sie auf jemanden warte. Außerdem bat er sie um ihren Ausweis, um ihre Personalien feststellen zu können. Die Angeklagte übergab ihm daraufhin mit der linken Hand eine mit einem Lichtbild versehene Schülerfahrkarte; in ihrer rechten Hand hielt sie währenddessen das Gemüsemesser verborgen. [X.] nahm die Schülerfahrkarte entgegen und wandte sich von der Angeklagten ab, um den Ausweis zu kontrollieren. In diesem Augenblick trat die Angeklagte für [X.]völlig überraschend einen Schritt vor, holte mit der rechten Hand aus und stach ihm mit dem Gemüsemesser gezielt oberhalb der Schutzweste, die er deutlich erkennbar über seiner Dienstkleidung trug, in den Hals. Sie nutzte dabei bewusst aus, dass er in diesem Moment mit keinem Angriff rechnete. Ob sie im Moment der Tatausführung noch ihre ursprüngliche Absicht weiterverfolgte, ihm die Dienstwaffe abzunehmen und mit dieser auf weitere Personen zu schießen, hat das [X.] nicht feststellen können.

9

Unmittelbar nachdem die Angeklagte [X.]dem Polizeibeamten [X.]den Stich versetzt hatte, wurde sie von dessen Kollegen [X.].  überwältigt, auf dem Boden fixiert und dadurch an der weiteren Verwirklichung ihres Vorhabens gehindert. Die Stichverletzung, die [X.] erlitten hatte, war lebensbedrohlich und musste operativ versorgt werden.

II. Die von der Angeklagten [X.]erhobene Verfahrensrüge, die durch Auswertung ihres Mobiltelefons gewonnenen Beweisergebnisse seien wegen Verstoßes gegen § 94 und § 98 [X.] unverwertbar, weil sie sich nicht mit seiner Beschlagnahme durch die Polizeibeamten einverstanden erklärt habe und keine gerichtliche Entscheidung eingeholt worden sei, ist jedenfalls unbegründet.

Die Angeklagte war zwar spätestens im [X.]punkt der Sicherstellung ihres Mobiltelefons gemäß § 94 [X.] unmittelbar im [X.] an ihre Wiedereinreise nach [X.] - noch deutlich vor dem [X.] als Beschuldigte anzusehen, weil es sich dabei um eine strafprozessuale Eingriffsmaßnahme handelte, die an einen Tatverdacht anknüpft (vgl. dazu [X.], Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, [X.]St 51, 367, 370 f.; LR/[X.], [X.], 26. Aufl., § 94 Rn. 20). Unabhängig davon, ob sie sich mit der Sicherstellung ihres Mobiltelefons einverstanden erklärte oder nicht, ergibt sich daraus jedoch kein [X.], der eine Unverwertbarkeit der durch die Auswertung des Telefons gewonnenen Beweisergebnisse zur Folge haben könnte:

Die Polizeibeamten durften die Beschlagnahme anordnen, weil Gefahr im Verzug bestand (§ 98 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Ein [X.] gegen die Angeklagte (etwa hinsichtlich einer Tat nach § 89a Abs. 2a StGB), der die Beamten zu deren weiteren Festhalten berechtigt hätte, lag zu diesem [X.]punkt nicht vor. Wäre ihr das Mobiltelefon belassen worden, hätte sie daher die Möglichkeit gehabt, dieses verschwinden zu lassen oder zumindest das sie belastende Datenmaterial zu entfernen bzw. zu löschen. Da die Angeklagte der Sicherstellung - auch nach dem [X.] - nicht explizit widersprochen hatte, war auch eine richterliche Bestätigung der Maßnahme nach § 98 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht erforderlich. Im Übrigen hätte, selbst wenn die Einholung einer richterlichen Entscheidung geboten gewesen wäre, aus deren Fehlen angesichts der Tatsache, dass die Mutter der Angeklagten der Sicherstellung des Mobiltelefons ausdrücklich zugestimmt hatte, und mangels ausdrücklichen Widerspruchs der Angeklagten kein Verwertungsverbot hinsichtlich der aus der Auswertung des Telefons gewonnenen Erkenntnisse resultiert.

Dementsprechend greifen auch die an den behaupteten Verstoß gegen die §§ 94, 98 [X.] anknüpfenden Verfahrensbeanstandungen bezüglich der Auswertung des Mobiltelefons und daran anschließender weiterer Ermittlungsmaßnahmen nicht durch.

III. [X.] gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der beiden Angeklagten ergeben. Der Erörterung bedarf insoweit nur Folgendes:

Die Schuldsprüche wegen Unterstützung einer terroristischen [X.] im Ausland (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB) betreffend die Angeklagte [X.]sowie wegen Nichtanzeige geplanter Straftaten unter diesem Gesichtspunkt (§ 138 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) betreffend den Angeklagten [X.]    halten im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.

1. Es gilt:

a) Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einem Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB grundsätzlich jedes Tätigwerden eines [X.] zu verstehen, das die innere Organisation der [X.] und ihren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten - wenngleich nicht unbedingt maßgebend - erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (vgl. nur [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 69, 117; Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18 mwN). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Betätigungsakte eines Angehörigen der [X.] fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur mitgliedschaftlichen Beteiligung (vgl. etwa [X.], Urteil vom 3. Oktober 1979 - 3 [X.], [X.]St 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des [X.] einer [X.] über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines [X.]smitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich gleichermaßen auf die [X.] als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des [X.] zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO, S. 117 f.; Beschluss vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, [X.]St 51, 345, 350 f.).

Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. [X.], Urteil vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO, [X.]; Beschlüsse vom 16. Mai 2007 - AK 6/07, aaO, S. 348 f.; vom 27. Oktober 2015 - 3 [X.], [X.]R StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Januar 1984 - 3 StR 526/83, [X.]St 32, 243, 244; vom 25. Juli 1984 - 3 [X.], [X.]St 33, 16, 17; vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO, [X.]). Die Wirksamkeit der Unterstützungsleistung und deren grundsätzliche Nützlichkeit müssen indes stets anhand belegter Fakten nachgewiesen sein (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, [X.]St 58, 318, 323 f.; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, juris Rn. 18).

Fördert der Außenstehende die mitgliedschaftliche Beteiligung eines Mitglieds an der [X.], so bedarf es für die Tathandlung des [X.] in der Regel nicht der Feststellung eines noch weitergehenden positiven Effekts der Handlungen des [X.] für die Organisation. Da als Folge des [X.] ein irgendwie gearteter Vorteil für die [X.] ausreicht, liegt es nahe, dass bei einer Tätigkeit, die sich in der Sache als Beihilfe zur Beteiligung eines Mitglieds an der [X.] darstellt, grundsätzlich bereits hierin ein ausreichender Nutzen für die Organisation zu sehen ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Täter die Erfüllung einer Aufgabe durch ein Mitglied fördert, die diesem von der [X.] aufgetragen worden ist, oder es in dessen Entschluss stärkt, die Straftaten zu begehen, die den Zwecken der terroristischen [X.] dienen oder ihrer Tätigkeit entsprechen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Juli 1984 - 3 [X.], aaO; vom 14. August 2009 - 3 [X.], aaO, S. 117 f.; Beschlüsse vom 11. Juli 2013 - AK 13 u. 14/13, aaO, S. 326 f.; vom 14. Dezember 2017 - StB 18/17, NStZ-RR 2018, 72, 73 f.).

b) Für Straftaten, die den Zwecken der terroristischen [X.] dienen oder deren Tätigkeit entsprechen, sind diese Grundsätze wie folgt zu konkretisieren und fortzuschreiben:

aa) Nimmt ein Außenstehender die Aufforderung eines Mitglieds an, zugunsten der [X.] eine solche - zum [X.]talog des § 129a Abs. 1, 2 StGB zählende - Straftat zu begehen, so kann bereits darin eine Unterstützungshandlung gemäß § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB liegen. Freilich stellt nicht jede Zusage eines [X.], einen die [X.] oder eines ihrer Mitglieder fördernden Beitrag zu leisten, ein tatbestandsmäßiges Unterstützen dar (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Mai 2005 - StB 3/05, [X.]R StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 1 in Abkehr von [X.], Beschluss vom 5. April 1990 - 1 [X.] 112/90, [X.]R StGB § 129a Abs. 3 Unterstützen 4). Vielmehr ist, wie dargelegt, stets erforderlich, dass die Zusicherung selbst einen objektiven Nutzen entfaltet (vgl. [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 3 [X.], [X.]R StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6; MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 129 Rn. 108).

Für die [X.] ist die Zusage einer ihren Zwecken dienenden oder ihrer Tätigkeit entsprechenden Straftat tatsächlich objektiv nützlich, wenn der Außenstehende zu der Tat entschlossen ist, diese zumindest in den wesentlichen Grundzügen konkretisiert ist und die Erklärung einem Mitglied oder einer Organisationseinheit zugeht (s. auch [X.], Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, [X.], 103, 106). Der unter diesen Voraussetzungen für die Tatbestandsverwirklichung ausreichende Vorteil besteht darin, dass die Aktionsmöglichkeiten der Organisation im Hinblick auf die terroristischen Ziele effektiv erweitert werden; hierdurch wird die ihr eigene Gefährlichkeit gefestigt. Mit der von dem Nichtmitglied erklärten Bereitschaft, diese Ziele in strafbarer Weise zu verwirklichen, eröffnet sich der [X.] eine (weitere) reale Handlungsoption, auf die sie nach ihrem Gutdünken zugreifen kann. Darauf, ob sie den Vorteil auch nutzt, kommt es nach den allgemeinen rechtlichen Maßstäben hingegen nicht an.

Die Beurteilung einer derartigen Zusage als tatbestandsmäßiges Unterstützen stimmt mit der in § 30 Abs. 2 Variante 1 StGB zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Wertung überein. Denn das Nichtmitglied, das die Aufforderung zur Begehung einer Straftat gemäß den Zwecken oder der Tätigkeit der [X.] annimmt, erklärt sich im Sinne dieser Vorschrift hierzu bereit (zu den Voraussetzungen s. [X.], Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, NJW 2017, 2134, 2135 mwN). Handelt es sich bei einer solchen Tat - wie in den allermeisten Fällen - um ein Verbrechen (§ 12 Abs. 1, 3 StGB), so weist eine solche Zusage bereits unabhängig von §§ 129a, 129b StGB einen eigenen strafrechtlichen Unwert auf. [X.] für § 30 StGB ist, dass die (angestrebte) [X.] Mehrerer im Vorfeld der Deliktsbegehung deren Wahrscheinlichkeit erhöht (vgl. [X.], Urteile vom 4. Oktober 1957 - 2 StR 366/57, [X.]St 10, 388, 389 f.; vom 29. Oktober 1997 - 2 StR 239/97, [X.], 347, 348; vom 10. Juni 1998 - 3 [X.], [X.]St 44, 99, 102 f.). Damit in Einklang steht, dass ein solches Einvernehmen - ungeachtet der Deliktsart - eine hinreichend konkrete Gefahr für das bedrohte Rechtsgut darstellt und damit für die [X.] mit Blick auf deren Ziele auch isoliert betrachtet einen objektiven Nutzen entfaltet.

bb) Führt ein Außenstehender selbst eine Straftat aus, die mit den Zwecken oder der Tätigkeit der [X.] übereinstimmt und an der ein Mitglied als Anstifter (§ 26 StGB) oder Gehilfe (§ 27 StGB) teilnimmt, so ist dies ebenfalls als Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB zu werten. Das Nichtmitglied verwirklicht den Tatbestand zwar nicht durch eine Hilfeleistung zu dem mitgliedschaftlichen Betätigungsakt des [X.]smitglieds, jedoch durch die Förderung der [X.] selbst.

(1) Die von dem Außenstehenden ausgeführte Straftat stellt keine Unterstützung der von dem Angehörigen der Organisation vorgenommenen mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlung dar, die allein in der Anstiftung oder Beihilfe zu eben dieser Tat besteht.

Da es sich bei der Tathandlung des [X.] in der Form der Hilfeleistung zu einem Betätigungsakt eines Organisationsmitglieds um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe handelt, hätte eine derartige Konstruktion zur Folge, dass die Ausführung der Haupttat ex post zugleich als Beihilfe zur Anstiftung bzw. als Kettenbeihilfe hierzu bewertet würde. Das stößt insbesondere in zweierlei Hinsicht auf durchgreifende rechtliche Bedenken: Zum einen sind die Teilnahmehandlungen des Mitglieds zum [X.]punkt der Tatausführung in aller Regel bereits abgeschlossen. Zum anderen ist Bezugspunkt der Beihilfe eine fremde Tat (für die Anstiftung s. [X.], Beschluss vom 23. März 2017 - 3 StR 260/16, NJW 2017, 2134, 2135 mwN), wohingegen der mit Tatherrschaft Handelnde eine eigene Tat begeht; der Gedanke einer - zur Täterschaft verselbständigten - mittelbaren Beihilfe durch Ausführung der Haupttat selbst erweist sich als rekursiv.

(2) Mit der Ausführung der den Zwecken der [X.] dienenden oder deren Tätigkeit entsprechenden Straftat, an der das [X.]smitglied teilnimmt, fördert der Außenstehende indes die Organisation als solche.

(a) Die Teilnahme des Mitglieds an einer derartigen Straftat eröffnet deshalb den Anwendungsbereich des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB, weil die gemeinsame Tatbeteiligung (§ 28 Abs. 2 StGB) die Grundlage dafür bildet, dass die Tat als solche der [X.] angesehen werden kann. In dem - strafrechtlich relevanten - Mitwirken des Mitglieds manifestiert sich der Einfluss des [X.] auf das Delikt, das diesem daher zuzurechnen ist; auch die Deliktsbegehung selbst festigt auf diese Weise die der Organisation eigene Gefährlichkeit.

Dass der Außenstehende mit der Tatausführung die [X.] als solche fördert, bestätigen folgende Erwägungen: Ein Außenstehender unterstützt nach § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB die [X.], wenn er zu einer von ihr geplanten und von einem Mitglied ausgeführten Straftat Hilfe leistet. Dadurch fördert das Nichtmitglied nicht nur die mitgliedschaftliche Betätigung des [X.]smitglieds, sondern auch die aus der Organisation heraus begangene Tat und damit die [X.] selbst. Liegt somit - auch - eine Unterstützung der [X.] als solcher vor, indem das Nichtmitglied die organisationsbezogene strafbare Handlung des Mitglieds fördert, so gilt dies erst recht, falls der Außenstehende sich nicht nur als Gehilfe, sondern als Täter, mithin in einer intensiveren Form, an einem ihr zuzurechnenden Delikt beteiligt. Durch die gemeinsame Beteiligung fördert er in beiden Fällen die Tat, die mit den Zwecken oder der Tätigkeit der [X.] übereinstimmt und unter ihrem Einfluss begangen wird.

(b) Das Kriterium der gemeinsamen Tatbeteiligung begrenzt zugleich den Anwendungsbereich des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB. Begeht der Außenstehende die Straftat unabhängig von der Organisation, aus eigenem Antrieb und ohne Beteiligung eines Mitglieds, unterstützt er die [X.] auch dann nicht, wenn er in ihrem Interesse handelt. Allein der Umstand, dass die Tat selbst den Zwecken der [X.] dient oder deren Tätigkeit entspricht, reicht dafür nicht aus.

2. Gemessen an den dargelegten rechtlichen Maßstäben unterstützte die Angeklagte [X.]- wie vom [X.] angenommen - die ausländische terroristische [X.] [X.] in dreifacher Weise; indes liegt nur eine materiellrechtliche Tat im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 StGB vor.

a) Die Zusagen der Angeklagten S.     gegenüber den [X.]-Mitgliedern sind als Unterstützungshandlungen zu beurteilen. Das gilt zum einen für die Absprachen während ihres [X.]aufenthalts und zum anderen für diejenigen in den Tagen vor der Tat, nachdem sie nach [X.] zurückgekehrt war. Die Angeklagte nahm das Ansinnen der [X.] ihr gegenüber an, eine "Märtyrertat" (zunächst einen Sprengstoffanschlag, später ein [X.] auf einen Polizisten mit anschließendem Schusswaffengebrauch gegenüber [X.]) zu begehen, und entwickelte unter Anleitung und Förderung der [X.]-Mitglieder - zumindest in den wesentlichen Grundzügen - einen ernsthaften Plan hierfür. Das jeweils beabsichtigte Handeln diente den Zwecken des [X.] und entsprach dessen Tätigkeit, die unter anderem darauf gerichtet ist, Terroranschläge in [X.] entweder durch [X.]smitglieder selbst zu verüben oder Nichtmitglieder dafür zu gewinnen. Mit den Zusagen erklärte sich die Angeklagte nach §§ 211, 30 Abs. 2 Variante 1 StGB gegenüber Angehörigen der [X.] bereit.

Soweit das [X.] ein tatbestandsmäßiges Unterstützen darin erkannt hat, dass die von der Angeklagten S.     erklärten Zusagen zur Durchführung eines [X.]s in [X.] "den Zusammenhalt der Mitglieder" des [X.] gestärkt und diese dazu ermutigt hätten, weitere Unterstützer zu werben, kann ihm dagegen nicht gefolgt werden. Für derartige Annahmen fehlt jeder Beleg. Hierauf kommt es für die Strafbarkeit der Angeklagten indes nach dem zuvor Ausgeführten nicht an.

b) Das [X.] [X.]stellt eine weitere Unterstützungshandlung dar.

Die Angeklagte [X.]führte diese Straftat im Auftrag und in enger Abstimmung mit dem [X.] aus. Die Mitglieder, welche sie mit dem [X.] in [X.] beauftragten, waren daran als Anstifter gemäß § 26 StGB beteiligt; diejenigen, mit denen sie in den Tagen zuvor Einzelheiten ihres Vorhabens abstimmte, namentlich die Person, die unter dem Namen "[X.]  " handelte, leisteten zumindest Hilfe im Sinne von § 27 Abs. 1 StGB. Das [X.] ist daher dem [X.] zuzurechnen, so dass die Angeklagte diesen dadurch unterstützte, dass sie es verübte.

c) Der Senat teilt die Auffassung des [X.]s, dass die Angeklagte [X.]nur einer einzigen Tat der Unterstützung einer ausländischen terroristischen [X.] schuldig ist. Die in der [X.] und in [X.] erteilten Zusagen sowie die Tatausführung stellen lediglich rechtlich unselbständige Teilakte eines einheitlichen Förderns der Organisation dar.

Zwar stehen mehrere Handlungen, durch die ein Täter eine terroristische [X.] im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB unterstützt, grundsätzlich zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit. Anders als bei der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer [X.] gemäß § 129a Abs. 1 Alternative 2 StGB, bei der wegen ihres Charakters als Organisationsdelikt mehrere Beteiligungshandlungen jedenfalls dann, wenn sie nicht ihrerseits einen weiteren Straftatbestand erfüllen, zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit verknüpft werden (vgl. [X.], Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, [X.]St 60, 308, 311 f., 319 f.; vom 20. Dezember 2016 - 3 StR 355/16, [X.]R StGB § 129a Konkurrenzen 6), kommt wegen der unterschiedlichen rechtlichen Struktur bei den [X.] des [X.] und Werbens nach § 129a Abs. 5 StGB eine solche normativ vorgegebene pauschale Zusammenfassung mehrerer unterstützender Einzelakte nicht in Betracht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 17. August 2017 - AK 34/17, [X.], 347, 348; vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, [X.], 103, 106).

Diese Bewertung steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass sich aus den allgemeinen konkurrenzrechtlichen Regeln nicht etwas anderes ergibt (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Oktober 2017 - AK 56/17, [X.], 103, 106). Deren Anwendung führt hier zu der Annahme nur einer Unterstützungstat; denn erklärt sich ein Täter bereit, ein Verbrechen zu begehen, und setzt er seinen Plan anschließend um, so tritt die versuchte Beteiligung (§ 30 Abs. 2 Variante 1 StGB) im Wege der [X.] hinter die Haupttat zurück (vgl. [X.], Urteil vom 5. Februar 1986 - 2 StR 578/85, NJW 1986, 1820, 1821; Beschlüsse vom 17. November 1999 - 1 StR 290/99, [X.]R [X.] § 264 Abs. 1 Tatidentität 31; vom 6. Dezember 2017 - [X.], NStZ-RR 2018, 53, 54; LR/Stuckenberg, [X.], 26. Aufl., § 264 Rn. 114). Für den gegenständlichen Fall bedeutet das zunächst, dass die von der Angeklagten [X.] in [X.] erteilte Zusage eines [X.]s auf einen Polizisten gegenüber der späteren Tatausführung materiellrechtlich unselbständig ist; insoweit ohne Bedeutung ist, dass die Angeklagte - dem ursprünglichen Plan zuwider - nicht dem Polizeibeamten [X.]die Dienstwaffe entwand und auf weitere Personen schoss. Aber auch die Absprache über den ursprünglich beabsichtigten Terroranschlag mittels einer Sprengstoffexplosion ist nicht als eigenständige Handlung zu bewerten. Die Angeklagte gab ihr Vorhaben, in [X.] für den [X.] unter dessen Einfluss Morde an "[X.]" zu begehen, nicht auf, sondern modifizierte mit dem Einverständnis der Organisation lediglich ihren Plan insbesondere im Hinblick auf das einzusetzende Tatmittel.

Ohnehin beschwert die Annahme nur einer Unterstützungstat die Angeklagte S.     nicht.

[X.]     

        

     Gericke     

        

Spaniol

        

Ri[X.] [X.] ist
erkrankt und daher gehindert
zu unterschreiben.

        

Berg     

        
        

[X.]

                          

Meta

3 StR 286/17

19.04.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend OLG Celle, 26. Januar 2017, Az: 2 StE 12/16 - 4

§ 22 StGB, § 23 StGB, § 26 StGB, § 27 Abs 1 StGB, § 30 Abs 2 StGB, § 129a Abs 1 Nr 1 StGB, § 129a Abs 5 S 1 StGB, § 129b Abs 1 StGB, § 211 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.04.2018, Az. 3 StR 286/17 (REWIS RS 2018, 10533)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10533

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