Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, Az. B 10 EG 12/10 R

10. Senat | REWIS RS 2011, 6201

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Elterngeld - Mutterschaftsgeld - Anrechnung - Anspruchsdauer - Bezugszeitraum - Lebensmonatsprinzip - Bezugsmonat - Fiktion - Doppelleistung - anspruchsberechtigter Personenkreis - Erwerbstätigkeit - Verfassungsmäßigkeit


Leitsatz

Lebensmonate des Kindes, in denen Mutterschaftsgeld zusteht, gelten nur dann als Monate, für die die Mutter Elterngeld bezieht (§ 4 Abs 3 S 2 BEEG), wenn diese in dem betreffenden Zeitraum aufgrund objektiver Gegebenheiten zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 BEEG gehört.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 8. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Bezugsdauer des dem Kläger nach dem [X.] ([X.]) zustehenden Elterngeldes.

2

Der Kläger und seine Ehefrau sind die Eltern des am 2008 geborenen [X.] Die Ehefrau bezog vom 30.1.2008 bis 7.5.2008 Mutterschaftsgeld, also auch an den ersten beiden Kalendertagen des dritten Lebensmonats des Kindes.

3

Am 15.4.2008 beantragten der Kläger und seine Ehefrau beim beklagten [X.] die Gewährung von Elterngeld. Im Antrag bestimmten sie die Ehefrau für die ersten beiden Lebensmonate ([X.]) und den Kläger für den dritten bis vierzehnten Lebensmonat (6.5.2008 bis [X.]) zum Bezugsberechtigten. Außerdem zeigte der Kläger an, dass er vom 5.5.2008 an eine Teilzeitbeschäftigung mit zwölf Wochenstunden ausübe; seine Ehefrau teilte mit, ab dem 2.5.2008 einer Teilzeitbeschäftigung mit 24 Wochenstunden nachzugehen.

4

Der Beklagte bewilligte der Ehefrau zunächst Elterngeld für den ersten bis dritten Lebensmonat des Kindes, wobei sich unter Anrechnung des [X.] nur für den dritten Lebensmonat ein Zahlbetrag von 350,81 Euro (Mindestbetrag von 300 Euro zuzüglich [X.] von 75 Euro abzüglich Mutterschaftsgeld) ergab (Bescheid vom [X.]). [X.]achdem die Ehefrau im Widerspruchsverfahren eingewandt hatte, sie habe nur für die ersten beiden Lebensmonate Elterngeld beantragt, erkannte der Beklagte ihr nur noch für diesen Zeitraum Elterngeld zu; unter Anrechnung des [X.] bestehe für die ersten beiden Lebensmonate allerdings kein Zahlungsanspruch. Die Überzahlung von 350,81 Euro sei zu erstatten (Abhilfebescheid vom 27.5.2008).

5

Dem Kläger wurde vom Beklagten Elterngeld für den dritten bis dreizehnten Lebensmonat des Kindes (6.5.2008 bis 5.4.2009) in vorläufiger Höhe von 1539,87 Euro monatlich gewährt; für den vierzehnten Lebensmonat des Kindes bestehe kein Anspruch, weil die Ehefrau auch im dritten Lebensmonat Mutterschaftsgeld bezogen habe und deshalb dieser Monat als von der Mutter verbraucht gelte, mit der Folge, dass die Bezugsdauer des [X.] entsprechend zu verringern sei (Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008, zugestellt am 20.10.2008).

6

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht ([X.]) [X.] erhobenen Klage begehrte der Kläger, ihm Elterngeld für einen weiteren Lebensmonat des Kindes zu gewähren. Er werde als Kindsvater ohne sachlichen Grund schlechter gestellt als Frauen, bei denen nach § 3 [X.] die Inanspruchnahme von Elterngeld unter Anrechnung des [X.] möglich sei. Deswegen sei die vorgenannte Regelung auch auf ihn anzuwenden. Anderenfalls würde der Gesetzeszweck des [X.] unterlaufen, beiden Elternteilen die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie innerhalb der ersten vierzehn Lebensmonate ohne finanzielle [X.]öte zu ermöglichen.

7

Mit Gerichtsbescheid vom [X.] wies das [X.] die Klage ab. [X.]ach Zustellung des [X.] ([X.]), aber vor Einlegung der Berufung (5.6.2009) stellte der Beklagte das Elterngeld des [X.] für den dritten bis dreizehnten Lebensmonat in Höhe von 1538,93 Euro endgültig fest; eine Zahlung für den vierzehnten Lebensmonat lehnte er erneut ab (Bescheid vom [X.]). Das [X.] (L[X.]) [X.]ordrhein-Westfalen hat die gegen den vorgenannten Bescheid gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom [X.]). Diese Entscheidung hat es auf folgende Erwägungen gestützt:
Die zulässige zweitinstanzliche Klage sei nicht begründet. [X.] ein nach § 153 Abs 1, § 96 [X.]G zum Gegenstand des Verfahrens werdender Verwaltungsakt zeitlich nach dem Urteil, aber vor Einlegung der Berufung, habe das Berufungsgericht im Falle der rechtzeitig eingelegten Berufung auf Klage zu entscheiden. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Der die vorläufige Elterngeldfestsetzung ersetzende endgültige Bescheid vom [X.] sei zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

8

In der Sache habe der Kläger keinen Anspruch auf Elterngeld für den vierzehnten Lebensmonat seines [X.]. Die Eltern könnten nach § 4 Abs 2 Satz 1 bis 3 [X.] jeweils für maximal zwölf Lebensmonate Elterngeld beanspruchen, insgesamt jedoch nur für vierzehn Lebensmonate. § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] fingiere, dass ein Elternteil für die Lebensmonate Elterngeld bezogen habe, in denen ihm - mindestens für einen Tag - nach § 3 Abs 1 oder 3 [X.] anzurechnende Sozialleistungen, insbesondere Mutterschaftsgeld, zustünden. Daraus folge die Annahme, dass die Ehefrau des [X.] in den ersten drei Lebensmonaten, in denen sie für die ersten beiden und für einen Teil des dritten Lebensmonats Anspruch auf Mutterschaftsgeld gehabt habe, auch Elterngeld beansprucht habe. Dies bedinge ferner, dass sich die maximale Bezugsdauer für den Kläger von zwölf auf elf Lebensmonate verkürze und er deshalb für den vierzehnten Lebensmonat keinen Anspruch auf Elterngeld habe.

9

Der Wortlaut der einschlägigen Vorschriften sei eindeutig und ermögliche keine Auslegung zugunsten des [X.]. Insbesondere verbiete sich eine Auslegung dahingehend, die vorrangige Sozialleistung beim anderen Elternteil anzurechnen oder den [X.] für einzelne Lebensmonate unter den Berechtigten aufzuteilen. Auch die Gesetzesbegründung lasse keine anderslautende Auslegung zu. Ferner spreche der Gesetzeszweck, den Vorrang solcher Sozialleistungen durchzusetzen, die denselben Zweck wie das Elterngeld hätten, für eine am Wortlaut orientierte Auslegung. Der Vorrang könne nur im Verhältnis zum Inhaber des vorrangigen Anspruchs durchgesetzt werden. Anderenfalls wäre es ein Leichtes, ihn zu umgehen. Soweit das Elterngeld als monatliche Leistung gewährt werde, diene dies der Verwaltungsvereinfachung. Die Aufteilung einzelner Lebensmonate unter den Bezugsberechtigten wäre mit einem erheblichen Verwaltungsmehraufwand verbunden.

Diese Auslegung begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es werde weder gegen das Diskriminierungsverbot des Art 3 Abs 2 und 3 GG noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG verstoßen. Hier bestünden zwar Unterschiede zwischen den Gruppen derjenigen, bei denen ein Elternteil noch im dritten Lebensmonat Mutterschaftsgeld beziehe, und derjenigen, bei denen dies nicht der Fall sei. Allein der Bezug des beitragsfinanzierten [X.], das zur Umsetzung des Vorrangs nur beim Berechtigten angerechnet werden könne, begründe jedoch den die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Unterschied.

Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt, mit der er eine Verletzung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] rügt. Die Auslegung des L[X.] lasse sich nicht zwingend aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ableiten. Wie das Hessische L[X.] in seinem Urteil vom [X.] zutreffend ausgeführt habe, schweige die Gesetzesbegründung zur Frage eines lediglich anteiligen Bezuges von Mutterschaftsgeld. Diese Vorschrift sei deshalb entsprechend dem Gesetzeszweck verfassungskonform auszulegen. Der Gesetzgeber habe neben der normalen Bezugsdauer von zwölf Monaten zwei sogenannte Partnermonate eingeführt, in denen, wenn die Betreuung des Kindes geteilt werde, der Vater zusätzlichen Raum habe, die Betreuung zu übernehmen. Der Gesetzgeber habe übersehen, dass es aufgrund der unterschiedlich berechneten Bezugszeiträume zu Überschneidungen von Mutterschaftsgeld und Elterngeld kommen könne. Allein die frühere Geburt des Kindes könne nicht dazu führen, dass die Regelungen des [X.], die dazu geschaffen worden seien, auch Väter in die Kindererziehung mit einzubinden, vollkommen ausgehebelt würden. Eine Auslegung könne daher entsprechend dem Gesetzeszweck und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG nur zu seinen Gunsten erfolgen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des L[X.] [X.]ordrhein-Westfalen vom [X.] und den Gerichtsbescheid des [X.] [X.] vom [X.] aufzuheben sowie den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom [X.] zu verurteilen, ihm auch für den vierzehnten Lebensmonat seines [X.] [X.] Elterngeld in Höhe von 1538,93 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 [X.]G) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 [X.]).

1. Das mit der Revision angefochtene Urteil des [X.] begegnet schon deshalb rechtlichen Bedenken, weil das [X.] im Berufungsverfahren auf Klage hin entschieden hat. Zutreffend ist das [X.] zwar davon ausgegangen, dass allein über den Bescheid vom [X.] zu entscheiden ist. Dieser hat als endgültiger Verwaltungsakt die vorläufige Festsetzung des Elterngeldes im Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2008 ersetzt. Er ist damit nach § 96 Abs 1 [X.] Gegenstand des Verfahrens geworden (hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 9. Aufl 2008, § 96 Rd[X.] 7a unter Hinweis auf [X.], 49, 51 und [X.], 28, 30). Diese Klageänderung kraft Gesetzes ist jedoch bereits im Klageverfahren eingetreten, denn der Bescheid vom [X.] ist dem Kläger nach Zustellung des [X.] ([X.]), aber noch vor Einlegung der Berufung (5.6.2009) bekannt gegeben worden und damit nach § 39 Abs 1 Satz 1 [X.]B X wirksam geworden. Das [X.] hätte deshalb im Berufungsverfahren - also im Wege einer Überprüfung des [X.] des [X.] - über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides nach den Grundsätzen entscheiden müssen, die die Rechtsprechung für Fälle entwickelt hat, in denen das [X.] übersehen hat, dass ein neuer Verwaltungsakt gemäß § 96 Abs 1 [X.] Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl hierzu [X.], aaO, § 96 Rd[X.]2a; [X.], aaO, § 140 Rd[X.]a; [X.], aaO, § 143 Rd[X.]b). Auf Klage - also als erste Instanz - ist nur über einen während des Berufungsverfahrens erlassenen neuen Verwaltungsakt im Sinne des § 96 Abs 1 [X.] zu entscheiden (vgl B[X.]E 18, 231, 234).

2. Der erkennende Senat kann auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des [X.] nicht abschließend beurteilen, ob das [X.] in der Sache zu Recht oder zu Unrecht einen Anspruch des [X.] auf Elterngeld für den vierzehnten Lebensmonat des Kindes verneint hat.

a) Der Anspruch des [X.] auf Elterngeld richtet sich nach den am 1.1.2007 in [X.] getretenen Vorschriften des [X.] vom 5.12.2006 ([X.] 2748). § 1 Abs 1 [X.] sieht vor, dass Anspruch auf Elterngeld hat, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] hat ([X.]), mit seinem Kind in einem Hauhalt lebt ([X.]), dieses Kind selbst betreut und erzieht ([X.] 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt ([X.] 4). Ob der Kläger diese Voraussetzungen für den vierzehnten Lebensmonat des Kindes (6.4. bis [X.]) erfüllt, hat das [X.] nicht festgestellt. In dem angefochtenen Urteil wird lediglich ausgeführt, dass der Kläger angezeigt habe, seit dem 5.5.2008 eine Teilzeitbeschäftigung mit zwölf Wochenstunden auszuüben.

b) Regelungen zum Bezugszeitraum von Elterngeld enthält § 4 [X.]. Nach dessen Abs 1 Satz 1 kann Elterngeld in der [X.] bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Nach § 4 Abs 2 Satz 1 [X.] wird Elterngeld in [X.] für Lebensmonate gezahlt (sog [X.] - hierzu B[X.] Teilurteil vom [X.] EG 9/09 R, Rd[X.] 38, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen). Nach § 4 Abs 2 Satz 2 [X.] haben Eltern (also beide Elternteile zusammen) insgesamt Anspruch auf zwölf [X.]. Sie haben Anspruch auf zwei weitere [X.], wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 [X.]; dazu BT-Drucks 16/1889 [X.] zu § 4 Abs 2). Waren beide Elternteile - wie hier - vor der Geburt erwerbstätig und unterbricht mindestens ein Elternteil nach der Geburt seine Erwerbstätigkeit (oder schränkt sie in relevantem Umfang ein), haben die Eltern demnach insgesamt für die Dauer von vierzehn Lebensmonaten des Kindes Anspruch auf Elterngeld. Diesen [X.] können die Eltern im Rahmen der gesetzlichen Regelung untereinander aufteilen. Nach § 4 Abs 2 Satz 4 [X.] können die Eltern dabei die (zwölf oder vierzehn) [X.] abwechselnd oder gleichzeitig beziehen. Erfüllen beide Elternteile die Anspruchsvoraussetzungen, bestimmen sie nach § 5 Abs 1 [X.] grundsätzlich, wer von ihnen welche [X.] in Anspruch nimmt. Diese Bestimmung ist im Antrag vorzunehmen (§ 7 Abs 1 Satz 1, Abs 2 [X.]).

Nach § 4 Abs 3 Satz 1 [X.] kann ein Elternteil höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Dabei gelten gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] die Lebensmonate des Kindes, in denen ua nach § 3 Abs 1 [X.] anzurechnende Leistungen - wie Mutterschaftsgeld - zustehen, als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. Durch diese gesetzliche Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten werden die Lebensmonate des Kindes mit zeitlich kongruenten anzurechnenden Leistungen, wie das nach § 3 Abs 1 Satz 1 [X.] anzurechnende Mutterschaftsgeld, kraft Gesetzes zwingend der Person zugeordnet, die Anspruch auf die anzurechnende Leistung hat. Dies ist beim Mutterschaftsgeld nach § 200 Abs 1 [X.] die Mutter. Im Hinblick auf das im Elterngeldrecht geltende [X.] (§ 4 Abs 2 Satz 1 [X.]) erfasst die Fiktion des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] jeweils auch dann den ganzen Lebensmonat des Kindes, wenn - wie hier - nur für den ersten Tag Mutterschaftsgeld zusteht (so auch Senatsurteil vom heutigen Tage - [X.] EG 11/10 R).

c) Genauer betrachtet bedarf der Tatbestand des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] der Auslegung (s dazu auch Senatsurteil vom heutigen Tage - [X.] EG 11/10 R). Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut nicht eindeutig, wie der Begriff der "anzurechnenden Leistungen" zu verstehen ist. Insoweit bestehen drei Auslegungsmöglichkeiten: Diese Vorschrift kann - wie vom Beklagten - weit verstanden werden. Danach soll es für den Eintritt der Fiktion von [X.] genügen, dass der berechtigten Person (hier der Mutter) in dem betreffenden Monat ihrer Art nach "anzurechnende Leistungen" (hier das Mutterschaftsgeld) zustehen, unabhängig davon, ob im konkreten Fall überhaupt ein Elterngeldanspruch bestehen kann, auf den diese Leistungen anrechenbar wären. Die Vorschrift kann aber auch eng dahin ausgelegt werden, dass "anzurechnende Leistungen" nur dann vorliegen, wenn diese im konkreten Fall im betreffenden Lebensmonat auch tatsächlich angerechnet werden. Weiter ist es möglich, den Begriff "anzurechnende Leistung" so aufzufassen, dass in dem betreffenden Lebensmonat jedenfalls eine Anrechnung der Leistung auf das Elterngeld rechtlich konkret möglich sein muss, also die Person, der die anzurechnende Leistung zusteht, aufgrund objektiver Gegebenheiten auch zum elterngeldberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört. Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] sprechen nach Auffassung des erkennenden Senats für das letztgenannte Begriffsverständnis (so auch Senatsurteil vom heutigen Tage - [X.] EG 11/10 R).

Der Wortlaut des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] enthält eine Fiktion von Elterngeldbezugsmonaten ("Lebensmonate des Kindes … gelten als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht"). Die "berechtigte Person", der eine "anzurechnende Leistung" (wie Mutterschaftsgeld) zusteht, wird durch diese Fiktion so behandelt, als ob sie tatsächlich in den betreffenden Monaten Elterngeld bezogen hätte. Rechtsfolge der Fiktion ist es, dass die davon erfassten Lebensmonate auch dann kraft Gesetzes zwingend der Person, der zeitlich kongruent anzurechnende Leistungen zustehen, zugeordnet werden, wenn diese in den Monaten kein Elterngeld beansprucht hat. Dabei kann der Begriff der "berechtigten Person" in doppelter Richtung verstanden werden. Zum einen muss die Person in den betreffenden Monaten eine Berechtigung zum Bezug der "anzurechnenden Leistung" (wie des [X.]) haben. Zum anderen muss es dieser Person zumindest rechtlich möglich sein, in dieser Zeit Elterngeld zu beziehen. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sie in diesen Lebensmonaten aufgrund objektiver Gegebenheiten überhaupt nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört. Eine solche fehlende Anspruchsvoraussetzung wird nach dem Wortlaut des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] nicht fingiert.

Auch die Gesetzesmaterialien sprechen dafür, dass von der Fiktion des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] nur Bezugsmonate erfasst werden, in denen ein Bezug von Elterngeld rechtlich möglich ist. Die Begründung zu § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] geht lediglich von einer Anrechnung dieser Zeiten auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes aus, mit der Folge, dass die betreffenden Monate "als verbraucht gelten". Wörtlich heißt es dort (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.]):
"Satz 2 stellt klar, dass Lebensmonate des Kindes, für die [X.] nach § 3 Abs. 1 oder dem Elterngeld vergleichbare Leistungen nach § 3 Abs. 3 bezogen werden, auch auf den Bezugszeitraum des Elterngeldes anzurechnen sind; die betreffenden Monate gelten als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht."

Systematische Stellung und Sinn und Zweck der in § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] geregelten Fiktion von [X.] bestätigen ebenfalls die vom Senat vorgenommene Auslegung:
§ 4 Abs 3 Satz 2 [X.] ergänzt die [X.] des § 3 Abs 1 und 3 [X.]. Durch eine zwingende gesetzliche Zuordnung von [X.], in denen nach diesen Vorschriften anzurechnende Leistungen zustehen, werden die sich aus § 5 Abs 1 und 2 [X.] ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten der Eltern (Bestimmung des anspruchsberechtigten Elternteils) eingeschränkt (dazu Fuchsloch/[X.], Leitfaden Elterngeld, Rd[X.]73 ff; [X.] in [X.]/[X.], MuSchG - [X.], 8. Aufl 2008, § 4 [X.] Rd[X.]2, § 5 [X.] Rd[X.] 4). Diese Vorschrift stellt damit sicher, dass die [X.] des § 3 Abs 1 und 3 [X.] nicht durch eine entsprechende Gestaltung der Bezugsberechtigung von den Eltern umgangen werden. Sie dient - wie die [X.] - dazu, zweckidentische Doppelleistungen für zeitlich kongruente Bezugszeiträume zu vermeiden (zum Zweck der Anrechnung des [X.] auf das Mutterschaftsgeld: B[X.]E 69, 95, 98 ff = [X.] 3-7833 § 7 [X.] S 4 ff; zur Anrechnung nach § 3 [X.]: [X.] in [X.]/[X.], MuSchG - [X.], 8. Aufl 2008, § 3 [X.] Rd[X.] 3, 20 ff; [X.] in [X.], [X.] - EStG - [X.], Stand Dezember 2009, § 3 [X.] Rd[X.] 4, 13). Mit der Anrechnung verdrängt das vorrangige Mutterschaftsgeld das Elterngeld, soweit es für denselben Bezugszeitraum zu erbringen wäre.

In der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs 1 [X.] heißt es dazu (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.]):
"Absatz 1 betrifft das Verhältnis von Elterngeld und [X.] … Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem gleichen Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus demselben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sie nach einer Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Falle gezahlter [X.] bereits erfüllt. Die in den Sätzen 1 und 2 genannten Leistungen sind für den beschränkten Zeitraum und den eingeschränkten Berechtigtenkreis auch wegen des grundsätzlich weitergehenden Umfangs als vorrangige Leistung gegenüber dem Elterngeld anzusehen und deshalb auf das Elterngeld anzurechnen."

Eine durch die Anrechnung zu vermeidende Gewährung von Doppelleistungen (zB Mutterschaftsgeld und Elterngeld) kann nur insoweit eintreten, als derselben Person für einen zeitlich kongruenten Zeitraum dem Grunde nach sowohl ein Anspruch auf [X.] als auch ein Anspruch auf Elterngeld zusteht. Letzterer ist dann nicht gegeben, wenn diese Person in den betreffenden Lebensmonaten aufgrund objektiver Gegebenheiten nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört. Insofern geht die Auffassung des Beklagten ohne hinreichenden Grund über das gesetzgeberische Ziel des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] hinaus.

Dem Ziel der Vermeidung von Doppelleistungen wird hingegen diejenige Auslegung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] nicht gerecht, die unter anzurechnenden Leistungen nur tatsächlich angerechnete Leistungen versteht. Danach könnte eine Fiktion von [X.] schon dadurch verhindert werden, dass für eine Zeit des (nachgeburtlichen) Bezuges von Mutterschaftsgeld nicht die Mutter, sondern der Vater Elterngeld beansprucht. Zwar ließe sich eine solche Umgehung der Regelung des § 3 Abs 1 [X.] dadurch vermeiden, dass eine Anrechnung des [X.] nicht allein bei der Mutter, sondern bei dem jeweiligen Elterngeld beziehenden Elternteil vorgesehen würde. Eine derartige Erstreckung der Anrechnungsmöglichkeit auch auf den Vater lässt der Wortlaut des § 3 Abs 1 Satz 1 [X.] jedoch nicht zu. Danach wird Mutterschaftsgeld, das der Mutter zusteht, auf das "ihr zustehende Elterngeld" angerechnet. Eine durch Rechtsfortbildung ausfüllbare Regelungslücke ist insoweit nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die [X.] nach § 5 [X.] hätte der Gesetzgeber bei einem engen Verständnis des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] sicher für eine Erweiterung der Anrechnungsregelung gesorgt. Er hat demgegenüber bei § 3 Abs 1 [X.] sachgerecht auf die [X.] beider Leistungen (Mutterschaftsgeld und Elterngeld) für die Mutter abgestellt (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.] zu § 3 Abs 1).

d) Entgegen der Ansicht des [X.] erfasst die in § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] angeordnete Fiktion jeweils ganze Lebensmonate des Kindes. Der erkennende Senat vermag insoweit der Auffassung des Hessischen [X.] (Urteil vom [X.] - L 6 EG 2/08), auf die sich der Kläger beruft, nicht zu folgen (s auch Senatsurteil vom heutigen Tage - [X.] EG 11/10 R). Danach sei zur Vermeidung von für die Betroffenen unbefriedigenden Ergebnissen § 3 Abs 1 Satz 4 [X.] auf die in § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] geregelte Fiktion von [X.] entsprechend anzuwenden. Demzufolge würde sich die Fiktion anteilig nur auf die Tage eines Lebensmonats auswirken, für die Mutterschaftsgeld zusteht. Die restlichen Tage stünden für einen Leistungsbezug des [X.] zur Verfügung. Anders als das Hessische [X.] sieht der Senat keine Möglichkeit oder Veranlassung zu einer derartigen Rechtsfortbildung. Denn es fehlt hier an einer planwidrigen Regelungslücke (im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes), die nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch eine analoge Anwendung einer anderen Rechtsnorm zu schließen wäre (hierzu etwa B[X.] [X.] 4-5870 § 1 [X.] Rd[X.]1 ua unter Hinweis auf [X.] 82, 6, 11 ff; 82, 286, 304 f).

Wie der Senat schon entschieden hat (Teilurteil vom [X.] EG 9/09 R, Rd[X.] 38, zur Veröffentlichung in B[X.]E und [X.] vorgesehen), ist § 4 Abs 2 Satz 1 [X.] dahin zu verstehen, dass er im Grundsatz das [X.] bei der Gewährung von Elterngeld festlegt; dieses ist, wie sich aus § 4 Abs 2 Satz 2 und 3, Abs 3 Satz 1 und 2 [X.] ergibt, insbesondere für die Anspruchsdauer maßgebend (zwölf bzw vierzehn [X.]). Eine Durchbrechung dieses Prinzips sieht § 3 Abs 1 Satz 4 [X.] vor, der für die Anrechnung von Mutterschaftsgeld auf das Elterngeld eine taggenaue Quotelungsregelung enthält, wenn die anzurechnende Leistung nur für einen Teil des Lebensmonats zu erbringen ist. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten die (vorrangigen) anzurechnenden Leistungen nur in diesem (zeitlichen) Umfang das Elterngeld verdrängen (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.] zu § 3 Abs 1). Die taggenaue Anrechnung des [X.] auf das der Mutter zustehende Elterngeld schließt jedoch die Fiktion von [X.] nach dem [X.] gemäß § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] nicht aus (so auch [X.] in [X.]/[X.], MuSchG - [X.], 8. Aufl 2008, § 3 [X.] Rd[X.] 8).

Dass von der zwingenden Zuordnungsregelung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] nur (ganze) Bezugsmonate erfasst werden, hat der Gesetzgeber ausdrücklich gewollt; in den Gesetzesmaterialien wird unter Hinweis auf die [X.] in § 3 Abs 1 und 3 [X.] ausgeführt: "… die betreffenden Monate gelten als von der für die betreffende Leistung anspruchsberechtigten Person verbraucht" (vgl BT-Drucks 16/1889 [X.] zu § 4 Abs 3). Gerade die Regelung über die taggenaue Anrechnung des [X.] auf das Elterngeld zeigt, dass der Gesetzgeber damit gerechnet hat, dass der [X.] typischerweise nicht genau mit einem Lebensmonat des Kindes endet. Dementsprechend hätte er im Rahmen des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] eine taggenaue Fiktion vorsehen können, wenn er eine solche Regelung gewollt hätte. Aus der Entstehungsgeschichte und dem [X.] des [X.] lässt sich demnach keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes entnehmen (vgl zur Feststellung von Gesetzeslücken: [X.]/[X.], Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, [X.] ff; [X.], [X.] im Gesetz, 2. Aufl 1983, [X.] ff; [X.] in [X.]/[X.], Im Dienste der Gerechtigkeit - Festschrift für [X.], 2002, [X.] ff; [X.], Einführung in das juristische Denken, 10. Aufl 2005, [X.] ff).

e) Die von ihm vertretene, sich aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck ergebende Auslegung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] verstößt nach Überzeugung des erkennenden Senats nicht gegen Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Dem Gesetzgeber ist damit nicht jede Differenzierung verwehrt. Dieser hat gerade auch im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im Abschnitt 1 des [X.] gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 [X.]5a [X.]B I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des [X.] seit [X.] 55, 72, 88; vgl etwa [X.] 112, 50, 67 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55; [X.] 117, 272, 300 f).

Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat ([X.] 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will ([X.] 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl [X.] 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Der normative Gehalt des Gleichheitssatzes erfährt insoweit seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl [X.] 75, 108, 157). Das [X.] ([X.]) legt je nach dem Regelungsgegenstand und [X.] einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend [X.] 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = [X.] 3-1100 Art 3 [X.]76 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl [X.] 112, 50, 67 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 7 Rd[X.] 55).

Art 6 Abs 1 GG garantiert als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Deshalb hat der Staat die Familiengemeinschaft sowohl im [X.] als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich in ihrer jeweiligen und selbstverantwortlichen Ausgestaltung zu respektieren. Demgemäß dürfen die Eltern ihr familiäres Leben nach ihren Vorstellungen planen und verwirklichen sowie insbesondere in ihrer Erziehungsverantwortung entscheiden, ob und in welchem Entwicklungsstadium das Kind überwiegend von einem Elternteil allein, von beiden Elternteilen in wechselseitiger Ergänzung oder von einem Dritten betreut werden soll (vgl [X.] 99, 216, 231). Neben der Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohl getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten wie auch Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit miteinander zu verbinden (vgl [X.] 99, 216, 234). Auch in diesem Zusammenhang ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass dem Gesetzgeber im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit sowohl für die Abgrenzung der begünstigten Personengruppen (hierzu [X.] 99, 165, 178; 106, 166, 175 f) als auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Familienförderung (hierzu [X.] 87, 1, 35 f; 103, 242, 260) ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (zum Ganzen jüngst [X.] Beschlüsse der [X.] des [X.] vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 und 1 BvR 1897/08 , Rd[X.] 9 sowie vom [X.] - 1 BvR 2712/09 und 1 BvR 1396/09 § 2 Abs 7 [X.]>; dazu auch B[X.] Urteile vom 17.2.2011 - [X.] EG 17/09 R, Rd[X.] 62, [X.] EG 20/09 R, Rd[X.] 43, [X.] EG 21/09 R, Rd[X.] 42).

bb) Legt man diesen speziell auf Art 6 Abs 1 GG bezogenen Prüfungsmaßstab zugrunde, so begegnet die Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, soweit danach ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld an mindestens einem Tag des Lebensmonats ausreicht, der Mutter zwingend diesen Lebensmonat als Bezugsmonat des Elterngeldes zuzuordnen, sofern sie in diesem Lebensmonat zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört. Dadurch wird die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung nicht in verfassungswidriger Weise berührt. Die damit verbundene Beschränkung des sich aus § 5 Abs 1 [X.] ergebenden Bestimmungsrechts der Eltern, wer von ihnen welche der zwölf bzw vierzehn Bezugsmonate ("[X.]") in Anspruch nimmt, ist nicht so intensiv, dass sie erhebliche Auswirkungen auf die den Eltern vorbehaltene Entscheidung hat, teilweise bzw zeitweise auf eine eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung des Kindes zu verzichten. Finanzielle Anreize, wie die staatliche Förderung in Form des Elterngeldes, können die Entscheidung, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen, zwar beeinflussen. Dadurch, dass der Lebensmonat, in dem anzurechnende Leistungen zustehen, kraft Gesetzes zwingend der insoweit anspruchsberechtigten Person zugeordnet wird, übt der Gesetzgeber jedoch weder einen unmittelbaren noch einen mittelbaren Zwang auf die Eltern aus, an Stelle der persönlichen Betreuung des Kindes wieder eine elterngeldschädliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Solange der Mutter in diesem (dritten) Lebensmonat Mutterschaftsgeld zusteht, unterliegt sie einem Beschäftigungsverbot. Für den Rest dieses Lebensmonats kann sie die anteilige taggenaue Zahlung von Elterngeld verlangen (§ 3 Abs 1 Satz 4 [X.]) und zudem eine elterngeldunschädliche Erwerbstätigkeit mit bis zu 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats ausüben (§ 1 Abs 6 [X.]). Eine Fiktion von [X.] nach § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] kommt erst in Betracht, wenn die Eltern - aus welchen Gründen auch immer - aufgrund ihrer freien Willensentscheidung im Antrag nicht die Mutter, sondern nur den Vater zum Bezugsberechtigten für den Lebensmonat mit anzurechnendem Mutterschaftsgeld bestimmen (§ 5 Abs 1, § 7 Abs 2 [X.]). Da diese Fiktion nicht greift, wenn die Mutter in dem betreffenden Lebensmonat wegen einer nach Beendigung der Mutterschutzzeit aufgenommenen, umfangreicheren Erwerbstätigkeit nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört, wirkt sie sich im Ergebnis nur auf die Höhe des - von den Eltern zusammengenommenen - erzielbaren Elterngeldes aus.

cc) § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] in der vom erkennenden Senat vorgenommenen Auslegung verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in seiner allgemeinen Ausprägung. Eltern, bei denen die Mutter auch im dritten Lebensmonat des Kindes Mutterschaftsgeld bezogen hat, werden gegenüber Eltern, bei denen der Mutter nur in den ersten beiden Lebensmonaten des Kindes Mutterschaftsgeld zusteht, hinsichtlich der Höhe des insgesamt zustehenden Elterngeldes jedenfalls dann ungleich behandelt, wenn die Fiktion des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] eingreift. Dieser Unterschied ist jedoch durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt. Er beruht darauf, dass der Gesetzgeber in § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] durch eine Fiktion Lebensmonate mit nach § 3 Abs 1 oder 3 [X.] anzurechnenden Leistungen zwingend der Person zuordnet, die Anspruch auf diese Leistungen hat. Damit soll sichergestellt werden, dass die [X.] des § 3 Abs 1 und 3 [X.] von den Eltern nicht durch entsprechende Bestimmung des Anspruchsberechtigten umgangen werden. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Ungleichbehandlung der vorgenannten Vergleichsgruppen geeignet, erforderlich und angemessen. Insbesondere ist es im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Familienförderung unter dem Gesichtspunkt einer schonenderen Regelung von [X.] wegen nicht geboten, dass der Gesetzgeber die vom Kläger bevorzugte Lösung schafft, das Mutterschaftsgeld auf seinen Anspruch auf Elterngeld für den dritten Lebensmonat des Kindes anzurechnen. Eine solche Regelung würde dem Zweck der Anrechnung, zweckidentische Doppelleistungen zu vermeiden, widersprechen (vgl zur Personenidentität: [X.] in [X.]/ [X.], MuSchG - [X.], 8. Aufl 2008, § 3 [X.] Rd[X.] 8).

f) Für die Anwendung der danach von [X.] wegen nicht zu beanstandenden Regelung des § 4 Abs 3 Satz 2 [X.] (in der vom Senat vertretenen Auslegung) auf den vorliegenden Fall fehlen weitere Tatsachenfeststellungen des [X.]. Denn es ist nicht hinreichend geklärt, ob die Ehefrau des [X.] im dritten Lebensmonat des Kindes, um dessen fiktive Zuordnung es hier geht, nach den objektiven Gegebenheiten noch zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 1 [X.] gehört hat. Im Tatbestand des Berufungsurteils wird lediglich angegeben, die Ehefrau des [X.] habe mitgeteilt, dass sie ab 2.5.2008 eine Teilzeitbeschäftigung mit 24 Wochenstunden ausüben werde. Auf dieser Grundlage ist ihr zunächst auch für den dritten Lebensmonat des Kindes Elterngeld bewilligt worden (Bescheid des Beklagten vom [X.]). Eigene Feststellungen dazu hat das [X.] - entsprechend seiner materiellen Rechtsauffassung - unterlassen.

3. Da der erkennende Senat die danach noch fehlenden Tatsachenfeststellungen im Revisionsverfahren nicht nachholen kann (vgl § 163 [X.]), ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 [X.]).

Das [X.] wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Meta

B 10 EG 12/10 R

26.05.2011

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Köln, 27. April 2009, Az: S 23 EG 66/08, Gerichtsbescheid

§ 4 Abs 3 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 1 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 2 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 2 S 2 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 2 S 3 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 2 S 4 BEEG vom 05.12.2006, § 4 Abs 3 S 1 BEEG vom 05.12.2006, § 3 Abs 1 BEEG vom 05.12.2006, § 3 Abs 3 BEEG vom 05.12.2006, § 1 Abs 1 BEEG vom 05.12.2006, § 5 Abs 1 BEEG vom 05.12.2006, § 7 BEEG vom 05.12.2006, § 200 RVO, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 26.05.2011, Az. B 10 EG 12/10 R (REWIS RS 2011, 6201)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6201

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 10 EG 11/10 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Mutterschaftsgeld - Anrechnung - Anspruchsdauer - Bezugszeitraum - Lebensmonatsprinzip - Bezugsmonat - Fiktion …


B 10 EG 6/16 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Frühgeburt - Bezug von Mutterschaftsgeld im dritten Lebensmonat - gesetzliche Fiktion als Elterngeldmonat …


B 10 EG 19/11 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Höhe - Berechnung - vorzeitige Geburt - Anrechnung von Mutterschaftsgeld und Arbeitgeberzuschuss - …


B 10 EG 1/11 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Bezugszeitraum - nach der Geburt des Kindes gleichzeitig teilzeitbeschäftigte Elternteile - Nichtaufnahme einer …


B 10 EG 16/16 B (Bundessozialgericht)

(Elterngeld - Monat mit Zuschuss zum Mutterschaftsgeld - Fiktion als Bezugsmonat der Mutter nach § …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1811/08

1 BvR 1897/08

1 BvR 2712/09

1 BvR 1396/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.