Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2004, Az. VI ZB 39/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4847

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[X.] ZB 39/03vom27. Januar 2004in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 85 Abs. 2; ZPO § 233 [X.] der Frage, unter welchen Umständen das Verschulden eines bei dem [X.] einer [X.] angestellten Rechtsanwalts an einer Fristver-säumung dem Verschulden der [X.] nach § 85 Abs. 2 ZPO gleichsteht.[X.], Beschluß vom 27. Januar 2004 - [X.] 39/03 - OLG [X.] 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 27. Januar 2004 durch [X.] Richterin Dr. Müller, [X.], die [X.] sowie [X.] und Zollbeschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des [X.] vom 20. Mai 2003 wird auf Ko-sten des Beklagten als unzulässig verworfen.Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 10.992,78 Gründe:[X.] Beklagte ist durch Urteil des [X.] zur Herausgabe, Unter-lassung und Zahlung verurteilt worden. Dagegen hat er durch seinen für [X.] beauftragten Rechtsanwalt rechtzeitig Berufung zum Ober-landesgericht einlegen lassen. Die fristgerechte Einreichung einer Berufungs-begründung unterblieb. Sie ist erst nach Ablauf der [X.] mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegender Fristversäumung eingereicht worden. Der Beklagte hat geltend gemacht,die Frist sei versäumt worden, weil eine bei seinem zweitinstanzlichen Prozeß-bevollmächtigten angestellte Rechtsanwältin vergessen habe, die Frist einzu-tragen; das Verschulden der angestellten Rechtsanwältin sei ihm nicht zuzu-rechnen, weil sie nur als juristische Hilfskraft seines Bevollmächtigten [X.] -Das Berufungsgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den [X.] zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig [X.]. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.II.Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 574 Abs. 1 i.V.m. §§ 522 Abs. 1Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO), aber unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Einen der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zu-lässigkeitsgründe zeigt die Beschwerde nicht auf.1. Als Zulässigkeitsgrund führt die Beschwerde lediglich auf, im vorlie-genden Fall stelle sich die klärungsbedürftige grundsätzliche Frage, ob es [X.] im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO darstelle, wenn ein Prozeßbevoll-mächtigter einem als Hilfsarbeiter angestellten Rechtsanwalt die Eintragung [X.] überlasse, wenn diese Person nicht selbst für die [X.] die Verantwortung trage und das Büro so organisiert sei, daßder [X.] selbst auf der [X.] die Rechtsmittel-frist vermerke und erst dann den Vorgang an den Rechtsanwalt zwecks Notie-rung der Fristen im [X.] weiterleite, was versehentlich [X.].Eine grundsätzliche Frage in dieser Form stellt sich nicht. Für die Ent-scheidung der Frage, ob dem Beklagten Wiedereinsetzung in den [X.] bewilligt werden kann, kommt es zunächst darauf an, ob das [X.] der angestellten Rechtsanwältin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO dem [X.] Beklagten gleichsteht. Die Maßstäbe, nach denen diese Frage zu beant-worten ist, sind nicht klärungsbedürftig. Sie sind in der Rechtsprechung des[X.] bereits [X.] ist als Bevollmächtigter einer [X.] auch ein Rechtsanwalt an-zusehen, der als Angestellter bzw. freier Mitarbeiter des [X.] von diesem mit der selbständigen Bearbeitung eines Rechtsstreits betrautworden ist und der nicht als bloßer Hilfsarbeiter in untergeordneter Funktiontätig geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 28. Mai 1974 - [X.], 1000; Senatsbeschluß vom 18. Mai 1982 - [X.] 1/82 - [X.], 848;[X.], Beschlüsse vom 1. Oktober 1981 - [X.] - [X.], 71; 4. Fe-bruar 1987 - [X.] - FamRZ 1987, 1017 f.; vom 1. April 1992- [X.] NJW-RR 1992, 1019, 1020; vom 30. März 1993 - [X.], 892, 893; 6. Februar 2001 - [X.], 1575 f.;so auch [X.], [X.], 1355; vgl. auch [X.]/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl.,§ 85 Rn. 19 f. m.w.N.; [X.]/[X.], aaO, § 233 Rn. 23 "Juristische Hilfskräfte";[X.]Z 124, 47, 51 f.). Wo die Grenze zwischen selbständiger Bearbeitung [X.] und lediglich untergeordneter Hilfstätigkeit zu ziehen ist, richtetsich nach den gesamten Umständen des Einzelfalls (Senatsurteil vom 28. Mai1974 - [X.]/73 - aaO; [X.], Beschlüsse vom 1. Oktober 1981- [X.] -, vom 1. April 1992 - [X.] - und vom 30. März 1993- [X.] - aaO). Die Rechtsbeschwerde zeigt nicht auf, daß der [X.] bieten könnte, insoweit grundsätzliche Fragen zu klären (§ 574 Abs. 2Nr. 1 ZPO) oder das Recht fortzubilden (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, 1. Alt. ZPO). Dafürist auch nichts ersichtlich.Die in der Beschwerdeschrift aufgeführte besondere Fragestellung [X.] keine eigenständige Fallgestaltung, wenn die Anwendung des § 85Abs. 2 ZPO nach diesen Grundsätzen zu bejahen ist. Sofern der Rechtsanwalt,dem das Fristversehen unterlaufen ist, nach den vorgenannten Maßstäben [X.] im Sinne des § 85 Abs. 2 ZPO gehandelt hat, ist sein [X.] dem Mandanten unabhängig davon zuzurechnen, ob eine [X.] -denszurechnung auch dann zu erfolgen hätte, wenn der gleiche Fehler einerBürokraft oder sonstigen Hilfsperson unterlaufen wäre.2. Der Beschwerdebegründung ist auch nicht zu entnehmen, daß die Si-cherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, [X.]. [X.] (vgl. dazu etwa [X.]Z 151, 221, 225 f.; [X.] 13. Mai 2003 - [X.] 76/02 - FamRZ 2003, 1271) zeigt die Rechtsbe-schwerde nicht auf. Das Berufungsgericht geht ersichtlich unter Berufung [X.] einschlägige Kommentarliteratur von den oben dargestellten [X.] aus.Eine Entscheidung des [X.] ist zur Sicherung ei-ner einheitlichen Rechtsprechung auch nicht deshalb erforderlich, weil im vor-liegenden Fall Fehler bei der Auslegung oder Anwendung revisiblen Rechtsüber die Einzelfallentscheidung hinaus die Interessen der Allgemeinheit nach-haltig berühren (vgl. [X.]Z 151, 221, 226; Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003,aaO). Dies könnte insbesondere auch bei einer Verletzung von [X.] sein (vgl. z.B. [X.], Beschluß vom 27. März 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 1943, 1946 f., zur Veröffentlichung in [X.]Z 154, 288 ff.vorgesehen, zu Art. 103 Abs. 1 GG; Senatsbeschluß vom 13. Mai 2003, aaO,zu Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip), die allerdingsnach den Darlegungen des Beschwerdeführers im Einzelfall klar zutage treten,also offenkundig sein und auf der die angefochtene Entscheidung [X.] (vgl. [X.]Z 151, 221, 227; [X.], Beschluß vom 27. März 2003 - [X.]/02 - aaO, S. 1947).Für eine derartige Fallgestaltung ist der Beschwerdebegründung nichtszu entnehmen. Daß die Ausführungen des Berufungsgerichts den [X.] überzeugen", reicht nicht aus. Das Berufungsgericht entnimmt [X.] des [X.], daß die angestellte [X.] nicht als bloße Hilfsarbeiterin in untergeordneter Funktion tätig geworden sei,weil sie die - vom [X.]n dann nur noch zu unterschreibende [X.] selbständig habe fertigen sollen und ihr im übri-gen die Bearbeitung der Fristenfragen hinsichtlich der Berufungsbegründungs-frist zur selbständigen, unkontrollierten Erledigung übertragen worden sei. [X.] Wertung des Tatrichters ist möglich und wird in der Beschwerdebegründungnicht mit im Rechtsbeschwerdeverfahren durchgreifenden Argumenten in [X.].Soweit die Beschwerde geltend macht, das Berufungsgericht habe [X.] des Beklagten übergangen oder nicht ausgeschöpft, kann dem nicht ge-folgt werden. Insbesondere rechtfertigt es keine andere Beurteilung, daß in dereidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwältin (nur) von einer "Vorbereitung"der Berufungsbegründung die Rede ist. Denn in der Begründung des Wieder-einsetzungsgesuchs heißt es, die Rechtsanwältin habe die Berufungsbegrün-dung "im Rahmen der Arbeitsteilung" "eigenständig" vorbereiten und diese ha-be dann vom [X.]n "unterschrieben" werden sollen. Für einebeabsichtigte Überprüfung der von der Anwältin erbrachten Leistung, wie sie fürdas Arbeitsergebnis eines bloßen Zuarbeiters notwendig zu erwarten gewesenwäre, ist dem Wiedereinsetzungsantrag nichts zu entnehmen. Die in der [X.] vertretene Ansicht, es sei eine Klarstellung durch dasBerufungsgericht veranlaßt gewesen (§ 139 ZPO), ist nicht zwingend, zumaldem Wiedereinsetzungsantrag zu entnehmen ist, daß es sich um eine "gut aus-gebildete und bisher stets zuverlässige" Rechtsanwältin handele, die nach einerProbezeit in das Angestelltenverhältnis übernommen worden [X.] läge lediglich ein Fehler des Berufungsgerichts im Einzelfallvor, der weder symptomatische Bedeutung hat noch einen Nachahmungseffektoder eine Wiederholung für andere Fälle befürchten läßt (vgl. dazu Senatsbe-schluß vom 25. März 2003 - [X.] 55/02 - NJW-RR 2003, 995, 996; [X.], [X.] vom 27. März 2003 - [X.]/02 - aaO, S. 1945 f.). Dies gilt auch, so-weit das Berufungsgericht darauf abstellt, der angestellten Rechtsanwältin seidie Bearbeitung der Fristenfrage übertragen worden.3. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.Müller[X.]Diederichsen[X.]Zoll

Meta

VI ZB 39/03

27.01.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.01.2004, Az. VI ZB 39/03 (REWIS RS 2004, 4847)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4847

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