Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.05.2021, Az. II ZB 30/20

2. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 6231

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Gegenstand

Kapitalanleger-Musterverfahren: Teilaussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Zulässigkeit der Klage betreffende Feststellungsziele; Verhandlung in der Hauptsache bei nicht rechtskräftigem Teilmusterentscheid


Leitsatz

1. Ein Verfahren kann nicht nur teilweise im Hinblick auf Feststellungsziele ausgesetzt werden, die die Zulässigkeit der Klage betreffen.

2. Nach einer Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf ein die Zulässigkeit der Klage betreffendes Feststellungsziel und der Entscheidung über dieses Feststellungsziel durch einen nicht rechtskräftigen Teilmusterentscheid, kann nicht entsprechend § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine Verhandlung in der Hauptsache erfolgen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin zu 1 wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 10. Juni 2020 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Klägerin zu 1 entschieden worden ist.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.] vom 11. Juli 2019 wird hinsichtlich der Klägerin zu 1 insgesamt zurückgewiesen.

Streitwert: 8.178.825 €

Gründe

1

I. Die Klägerin zu 1 verfolgt mit weiteren Klägern gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Mitteilungspflichten über Insiderinformationen im Zusammenhang mit dem sogenannten VW-Abgasskandal.

2

Das [X.] hat das Verfahren hinsichtlich der Klägerin zu 1 nach § 8 Abs. 1 [X.] im Hinblick auf das durch Vorlagebeschluss des [X.]s Braunschweig vom 5. August 2016 (5 OH 62/16) eingeleitete Musterverfahren ausgesetzt. In dem Musterverfahren erging am 12. August 2019 ein [X.], der Feststellungen zur Zuständigkeit der Prozessgerichte traf ([X.], 3 [X.]). Das Beschwerdegericht hat auf die sofortige Beschwerde der Beklagten den Aussetzungsbeschluss unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels aufgehoben, soweit der Rechtsstreit im Hinblick auf [X.] ausgesetzt worden ist, die nicht Gegenstand des [X.]s sind, und das Verfahren insoweit zur erneuten Entscheidung an das [X.] Braunschweig zurückverwiesen. Hiergegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Klägerin zu 1.

3

II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und vollständigen Zurückweisung der Beschwerde der Beklagten.

4

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, das Verfahren sei (teilweise) auszusetzen, weil die Entscheidung des Rechtsstreits von den [X.]n des [X.] abhänge, soweit die Frage der örtlichen Zuständigkeit des [X.]s Braunschweig betroffen sei.

5

Ob eine weitergehende Aussetzung auch im Hinblick auf die [X.] zum materiellen Recht erfolgen solle, habe das [X.] nach erneuter Prüfung zu entscheiden. Eine beschränkte Aussetzung hinsichtlich der [X.], die nur die Zuständigkeit des Prozessgerichts betreffen, sei möglich. Das Gericht, bei dem die Klage erhoben worden sei, habe zunächst seine Zuständigkeit zu prüfen, bevor es darüber entscheide, ob ein [X.] vorgreiflich für das Klageverfahren sei. Sei die örtliche Zuständigkeit der Ausgangsgerichte selbst Gegenstand eines [X.]s, habe das Prozessgericht den Rechtsstreit grundsätzlich zunächst nur auf diese [X.] hin auszusetzen, da vor einer Klärung der [X.] keine Aussetzung auf die das materielle Recht betreffenden [X.] des [X.] möglich sei. Solange über die [X.], die die Zuständigkeit betreffen, noch nicht rechtskräftig entschieden sei, stehe nicht fest, welches Gericht die Abhängigkeit der Entscheidung des Rechtsstreits von den übrigen [X.]n, mit denen anspruchsbegründende oder anspruchsausschließende Voraussetzungen geklärt werden sollen, zu prüfen habe. Die teilweise Aussetzung des Rechtsstreits rechtfertige sich bereits aus der Notwendigkeit, die Prüfung der Abhängigkeit des Rechtsstreits im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] dem zuständigen Gericht vorzubehalten. Anderenfalls müsse ein gegebenenfalls unzuständiges Gericht in diese Prüfung einsteigen und unter Umständen eine Beweisaufnahme durchführen.

6

Im vorliegenden Fall sei über die [X.] zur Auslegung des § 32b ZPO durch [X.] bereits entschieden. Diese Entscheidung sei zwar noch nicht rechtskräftig, entspreche aber einem Zwischenurteil in den Ausgangsverfahren, sodass das [X.] in analoger Anwendung des § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO das Verfahren fortsetzen und prüfen könne, ob das Ausgangsverfahren von den übrigen [X.]n des [X.] abhänge, um es gegebenenfalls insgesamt auszusetzen.

7

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass eine Teilaussetzung eines Ausgangsverfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfolgen kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Entscheidung über [X.] abhängt, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, und ein [X.] über die streitigen Zulässigkeitsfragen ergangen ist. Die Fortsetzung des Verfahrens mit einer Verhandlung über die Hauptsache entsprechend § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt in diesem Fall nicht in Betracht.

8

a) Das Beschwerdegericht hat die Aussetzung des Verfahrens nicht beanstandet, soweit diese im Hinblick auf die [X.] erfolgt ist, die Gegenstand des [X.]s vom 12. August 2019 wurden. Insoweit ist die Aussetzungsentscheidung von den [X.]en nicht angegriffen und rechtskräftig geworden (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2227 Rn. 12), so dass sie gemäß § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht der Prüfung des [X.] unterliegt.

9

b) Ein Rechtsstreit kann nicht nur teilweise nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Hinblick auf [X.] ausgesetzt werden, die die Zulässigkeit der Klage betreffen.

aa) Obwohl § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] hierzu keine Regelung enthält, ist im Schrifttum allgemein anerkannt, dass sich die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] auf einen Teil des Rechtsstreits beziehen kann, insbesondere, wenn in den Fällen einer objektiven und/oder subjektiven Klagehäufung das Musterverfahren nicht für alle Klageanträge bzw. Prozessrechtsverhältnisse vorgreiflich ist (KK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 47 f.; Reuschle in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 8 [X.] Rn. 31 f.; [X.] in Vorwerk/[X.], [X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 23; [X.]/[X.], 6. Aufl., § 43 Rn. 54; [X.], [X.], 795, 797 f.). Dem ist für diejenigen Fälle zuzustimmen, in denen über den Teil des Rechtsstreits, der von der Aussetzung nicht betroffen ist, durch Teilurteil (§ 301 Abs. 1 ZPO) entschieden werden kann oder über den gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 ZPO in einem getrennten Prozess verhandelt werden kann ([X.], [X.], 436, 438; vgl. [X.], Beschluss vom 23. November 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 456 Rn. 10). Die Fortführung von abtrennbaren Teilen des Rechtsstreits, deren Entscheidung nicht von den Feststellungen des [X.] abhängig ist, entspricht regelmäßig der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes, Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG (vgl. [X.], Beschluss vom 30. April 2019 - [X.], [X.]Z 222, 15 Rn. 24 f. für die Auslegung des Merkmals der Abhängigkeit von den geltend gemachten [X.]n; KK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 8 Rn. 48).

bb) Ein Rechtsstreit kann dagegen nicht beschränkt auf die Klärung einer Zulässigkeitsvoraussetzung in einem Musterverfahren ausgesetzt werden. Es ist grundsätzlich nicht möglich, die Frage der Zulässigkeit einer Klage nicht zu beantworten und in der Sache zu entscheiden. Schon wegen der Auswirkungen auf die Rechtskraft ergibt sich ein Vorrang der Zulässigkeits- vor der Begründetheitsprüfung ([X.], Urteil vom 19. Juni 2000 - [X.], [X.], 2315, 2317; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 280 Rn. 1, 16).

c) Eine Verhandlung in der Hauptsache kann nach einer Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf ein die Zulässigkeit der Klage betreffendes [X.] und der Entscheidung über dieses [X.] durch einen [X.] auch nicht entsprechend § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO erfolgen.

aa) Eine Analogie ist zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige oder ungewollte Regelungslücke enthält, die sich aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten Gesetzgebungsverfahren zugrunde liegenden Regelungsplan ergibt, und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen ([X.], Urteil vom 21. Januar 2010 - [X.], [X.]Z 184, 101 Rn. 32; Beschluss vom 18. Dezember 2012 - [X.], [X.], 430 Rn. 21; Urteil vom 1. Juli 2014 - [X.], [X.]Z 201, 380 Rn. 14; Beschluss vom 23. September 2014 - [X.], [X.], 2344 Rn. 12; Urteil vom 26. Februar 2015 - [X.], [X.], 684 Rn. 31; Beschluss vom 25. August 2015 - [X.], [X.], 1253 Rn. 19 - Festsetzung der Patentanwaltsvergütung; Urteil vom 18. September 2018 - [X.], [X.]Z 219 Rn. 58; Urteil vom 8. Januar 2019 - [X.]/18, [X.]Z 220, 354 Rn. 14; Urteil vom 19. November 2019 - [X.], [X.], 318 Rn. 19).

bb) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es fehlt an der Vergleichbarkeit des hier zu beurteilenden mit dem durch § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO geregelten Sachverhalt und es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber, hätte er die Klärung von Zulässigkeitsvoraussetzungen im Musterverfahren vor Augen gehabt, die Möglichkeit einer Fortsetzung des Rechtsstreits in der Hauptsache nach Erlass eines Musterentscheids vorgesehen hätte.

(1) Besteht Streit zwischen den [X.]en über das Vorliegen von Zulässigkeitsvoraussetzungen, kann es der [X.] dienen, durch ein rechtsmittelfähiges Zwischenurteil nach § 280 Abs. 1 Satz 1 ZPO zunächst die vorgreiflichen Zulässigkeitsfragen abschließend zu klären ([X.], Urteil vom 9. Juli 2009 - [X.], [X.]Z 182, 10 Rn. 18; Beschluss vom 19. Januar 2011 - [X.] 326/10, NJW 2011, 1739 Rn. 18). § 280 Abs. 2 Satz 2 ZPO erlaubt dem Gericht nach Erlass eines die Zulässigkeit bejahenden Zwischenurteils die Anordnung, in der Hauptsache zu verhandeln, wenn ein hierauf gerichteter Antrag gestellt wurde (Hk-ZPO/[X.], 9. Aufl., § 280 Rn. 7; [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 280 Rn. 22; [X.], 6. Aufl., § 280 Rn. 10). Die Vorschrift knüpft damit an den durch den Erlass des Zwischenurteils bewirkten tatsächlichen Stillstand des Verfahrens und ermöglicht die Fortsetzung des [X.] auf Antrag einer [X.] nur unter der Voraussetzung, dass das Gericht von der Zulässigkeit der Klage ausgeht.

(2) Eine vergleichbare Situation liegt bei einer Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Hinblick auf ein die Zulässigkeit der Klage betreffendes [X.] nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn über das die Zulässigkeit der Klage betreffende [X.] durch einen [X.] entschieden wurde und danach von der Zulässigkeit der Klage auszugehen ist.

Die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] muss unabhängig davon, wie das Prozessgericht die Frage der Zulässigkeit der Klage beantworten möchte, zwingend erfolgen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten [X.]n abhängt und zwar bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine rechtskräftige Entscheidung über die [X.] vorliegt (vgl. [X.], Beschluss vom 16. Juni 2020 - [X.]/19, [X.], 1518 Rn. 20).

Mit dem Erlass eines [X.]s entsteht für das aussetzende Gericht keine Prozesslage, die mit derjenigen nach Erlass eines die Zulässigkeit der Klage bejahenden Zwischenurteils nach § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO vergleichbar ist. Die Pflicht zur Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht auch nach diesem Zeitpunkt fort. Im Übrigen ist die Zulässigkeit der Klage mit dem Erlass eines Musterentscheids noch nicht verbindlich beantwortet, weil dessen Bindungswirkung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] vom Eintritt der Rechtskraft abhängig ist (Vorwerk/[X.] in Vorwerk/[X.], [X.], 2. Aufl., § 22 Rn. 23; KK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 22 Rn. 1).

(3) Es liegen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Gesetzgeber die Möglichkeit der Fortsetzung des Ausgangsverfahrens nach Erlass eines Musterentscheids über die Zulässigkeit der Klage betreffende [X.] für regelungsbedürftig gehalten hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Regelfall zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein Musterentscheid noch nicht vorliegt und die Möglichkeit einer Entscheidung über die Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache nicht besteht. Die Möglichkeit, über eine Fortsetzung der Ausgangsverfahren zu entscheiden, bestünde nur für den Zeitraum der rechtlichen Prüfung des Musterentscheids im Rechtsbeschwerdeverfahren. Dass die erneute Befassung des Gerichts vor Eintritt der Rechtskraft eines [X.]s wesentliche Vorteile mit sich bringen würde, die den Gesetzgeber zu einer dahingehenden Regelung veranlasst hätte, ist nicht ersichtlich. In der Regierungsbegründung zum Kapitalanleger-[X.]gesetz kommt vielmehr das Ziel einer Entlastung der Justiz zum Ausdruck ([X.] eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, S. 17; [X.] eines Gesetzes zur Reform des Kapitalanleger-[X.]gesetzes, BT-Drucks. 17/8799, [X.]), welche gerade durch die Bündelung der allgemein klärbaren Tatsachen- und Rechtsfragen im Musterverfahren und Pflicht zur Aussetzung der Ausgangsverfahren bis zur verbindlichen Klärung dieser Fragen erreicht werden soll. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn das Prozessgericht schon im Hinblick auf vorläufige Ergebnisse des [X.] erneut mit der Sache befasst werden könnte, ohne dass damit ein wesentlicher Effekt für die Beschleunigung des Verfahrens verbunden wäre.

3. Die Anordnung einer Verhandlung zur Hauptsache entsprechend § 280 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann vorliegend auch deswegen nicht mehr ergehen, weil der [X.] des [X.] vom 12. August 2019 zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist ([X.], Beschluss vom 21. Juli 2020 - [X.], [X.], 1879). Diese nach dem Erlass der Entscheidung des [X.] entstandene Tatsache betrifft ausschließlich das Verfahren und kann vom Senat ungeachtet der Beschränkungen des § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 ZPO berücksichtigt werden ([X.], Urteil vom 2. Dezember 1974 - [X.], NJW 1975, 442, 443; MünchKommZPO/[X.], 6. Aufl., § 559 Rn. 28).

4. Das Rechtsmittel der Klägerin zu 1 ist weder durch den Eintritt der Rechtskraft des [X.]s noch durch andere Umstände gegenstandslos geworden.

a) Die Wirkung der Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] fällt nicht ohne Weiteres durch den Eintritt der Rechtskraft eines [X.]s weg (Halfmeier in [X.]/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 22 [X.] Rn. 9). Es kommt daher nicht darauf an, ob der Grund für die Aussetzung des Verfahrens nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] durch die rechtskräftige Entscheidung über die [X.] im [X.] vom 12. August 2009 entfallen ist.

b) Die Wirkung der Aussetzung ist auch nicht auf Grund anderer Umstände weggefallen. Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt nach § 22 Abs. 4 [X.], § 250 ZPO durch Einreichung des rechtskräftigen Musterentscheids und Zustellung eines Schriftsatzes, aus dem sich der Wille zur Fortführung des Rechtsstreits ergibt ([X.], Beschluss vom 9. Mai 1995 - [X.], NJW 1995, 2171, 2172; Beschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2227 Rn. 12; Beschluss vom 8. April 2014 - [X.], [X.], 1045 Rn. 10; [X.], [X.], 91, 93; Vollkommer, NJW 2015, 3004, 3005; Halfmeier in [X.]/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 22 [X.] Rn. 9;KK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 22 Rn. 28 [mit Verweis auf § 156 ZPO]). Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist auch dann eröffnet, wenn über einen Teil der [X.] des [X.] rechtskräftig entschieden wurde und hierdurch der [X.] nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] entfallen ist ([X.], [X.], 91, 92; Vollkommer, NJW 2015, 3004; Halfmeier in [X.]/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 22 [X.] Rn. 9). Daneben kann das Verfahren auch vom aussetzenden Gericht gemäß § 150 Satz 1 ZPO durch Aufhebung des [X.] wieder aufgenommen werden (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2012 - [X.], [X.], 2227 Rn. 12; Beschluss vom 8. April 2014 - [X.], [X.], 1045 Rn. 10; Beschluss vom 16. Juni 2020 - [X.]/19, [X.], 1518 Rn. 26). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Klägerin zu 1 hat vielmehr mitgeteilt, von der Vorlage des [X.]s gemäß § 22 Abs. 4 [X.], § 250 ZPO abgesehen zu haben.

5. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach Letzterem die Sache zur Entscheidung reif ist (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).

III. [X.] ist nicht veranlasst. Die Klägerin wendet sich gegen eine Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Die Kosten des [X.] bilden einen Teil der Kosten des Ausgangsrechtsstreits, welche die in der Sache unterliegende [X.] unabhängig vom Ausgang des Beschwerde- und [X.] nach §§ 91 ff. ZPO zu tragen hat ([X.], Beschluss vom 16. Juni 2020 - [X.]/19, [X.], 1518 Rn. 28 mwN).

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Bernau     

      

V. Sander     

      

Berichtigungsbeschluss vom 24. Juni 2021

Der Beschluss vom 4. Mai 2021 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 319 Abs. 1 ZPO im Tenor dahingehend berichtigt, dass es im 2. Absatz anstatt

"Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.]s Braunschweig vom 11. Juli 2019 …"

richtig

"Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des [X.]s Braunschweig vom 20. November 2018 - in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 9. August 2019 - …"

lauten muss.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Bernau     

      

V. Sander     

      

Meta

II ZB 30/20

04.05.2021

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Braunschweig, 10. Juni 2020, Az: 3 W 6/18, Beschluss

§ 8 Abs 1 S 1 KapMuG, § 32b ZPO, § 280 Abs 2 S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 04.05.2021, Az. II ZB 30/20 (REWIS RS 2021, 6231)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 1153-1154 WM2021,1373 REWIS RS 2021, 6231

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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