Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.06.2014, Az. 8 AZR 547/13

8. Senat | REWIS RS 2014, 4505

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Gegenstand

Entschädigung wegen Benachteiligung aufgrund einer Schwerbehinderung


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 14. März 2013 - 25 [X.] 2304/12, 25 [X.] 311/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG.

2

[X.]er Kläger ist nach erfolgreichem [X.]sstudium der Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation [X.]iplom-Kommunikationswirt. Zudem hat er an der [X.] studiert. [X.] war er als universitärer Tutor tätig und beriet Studierende über Studieninhalte. [X.] leitete er das Projekt „[X.]“ des [X.], mit dem ein Studierendenwettbewerb für Sozialmarketing durchgeführt wurde. Seit Januar 2009 ist er als freiberuflicher Kommunikationsberater tätig. Wegen einer Gehbehinderung ist er schwerbehindert mit einem Grad der [X.]ehinderung (Gd[X.]) von 100.

3

Ende Oktober 2011 schrieb die beklagte [X.], eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, für ihre Abteilung [X.] die jeweils für die [X.]auer von zwei Jahren befristeten Stellen als Communitymanager/in und Gründungsberater/in aus. Voraussetzung war in beiden Fällen ein erfolgreich abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium oder das Vorhandensein gleichwertiger Fähigkeiten und Erfahrungen, betriebswirtschaftliches Verständnis oder Projektmanagementerfahrung, praktische Erfahrungen in den jeweiligen Aufgabenschwerpunkten sowie [X.]egeisterung für die Förderung von Unternehmertum und Technologietransfer in der [X.]. [X.]eide Stellenausschreibungen enthielten den Hinweis „Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt“. Es war jeweils eine Vergütung nach der [X.] 13 des Tarifvertrags zur Übernahme des [X.] für die Hochschulen im Land [X.]erlin angegeben (mit einem Grundentgelt der ersten Stufe von monatlich jeweils 2.882,00 Euro brutto).

4

[X.]ie [X.]eklagte veröffentlichte die Stellenausschreibungen auf ihrer Webseite und im Onlinemarkt der Wochenzeitung „[X.]“. Sie nahm im Zusammenhang der beiden Stellenausschreibungen keine Verbindung mit der [X.] auf und prüfte nicht die Möglichkeit der [X.]esetzung der Stellen mit bei der [X.] arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen (Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SG[X.] IX). [X.]er frei werdende und neu zu besetzende Arbeitsplatz wurde der [X.] entgegen § 82 Satz 1 SG[X.] IX nicht gemeldet.

5

Mit Schreiben vom 7. November 2011 bewarb sich der Kläger auf beide Ausschreibungen. In seinem Schreiben hieß es ua.:

        

„Meine berufspraktischen Erfahrungen sowie der erfolgreiche Abschluss meines Studiums habe ich mit einer Schwerbehinderung erreicht, die weder meine geistige noch meine [X.] Kompetenz beeinflusst. [X.]abei bin ich weder auf fremde Hilfe noch auf andere Hilfsmittel angewiesen.“

6

Nach einer Vorauswahl anhand der eingegangenen [X.]ewerbungsunterlagen lud die [X.]eklagte den Kläger als einen von acht Kandidat/inn/en für die Stelle als Communitymanager/in und als einen von neun für die Stelle als Gründungsberater/in zu zwei Gesprächsterminen am 25. und 30. November 2011 ein. Im jeweiligen Termin war zunächst ein 25-minütiger schriftlicher Test mit praktischen Fragen zum Aufgabenschwerpunkt zu absolvieren. Zudem fand im Verlauf der ca. 30-minütigen Gespräche je ein kurzes Rollenspiel zur Kommunikationsfähigkeit statt. An den Gesprächen - wie auch an der abschließenden Auswahl - nahmen neben der Leiterin der Abteilung [X.] - Frau M - ua. ein Mitglied der bei der [X.]eklagten gebildeten Schwerbehindertenvertretung teil. Im ersten Termin des [X.] wurde angesprochen, dass der Umzug der Abteilung [X.] in ein Gebäude ohne Fahrstuhl mit Arbeitsräumen im ersten und zweiten Obergeschoss geplant sei.

7

[X.]er Kläger erfuhr von dem für ihn erfolglosen Ausgang des [X.]ewerbungsverfahrens durch eigene Nachfrage im [X.]ezember 2011 (in der 50. [X.]). [X.]ie Stelle als Communitymanager/in erhielt eine Mitbewerberin; für die Tätigkeit als Gründungsberater/in wurden zwei Mitbewerberinnen in Teilzeitarbeit eingestellt, darunter eine mit einer [X.]ehinderung (Gd[X.] von 30). Mit Schreiben vom 10. Januar 2012 machte der Kläger gegenüber der [X.]eklagten, die mit Schreiben vom 23. Januar 2012 antwortete, erfolglos Entschädigungsansprüche iHv. insgesamt [X.] Euro (pro Stelle drei [X.]ruttomonatsentgelte) geltend. Am 14. Februar 2012 reichte er seine Klage beim [X.] ein.

8

[X.]er Kläger hat die Auffassung vertreten, die Vermutung einer [X.]enachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung ergebe sich bereits aus der Verletzung der Prüf- und Meldepflicht des § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SG[X.] IX. Folglich gehe nach § 22 AGG die [X.]eweislast auf die [X.]eklagte über, die die von ihm vorgebrachten Indizien nicht widerlegt habe. Zudem seien durch Ablauf, Wortwahl und die Art und Weise des Gesprächs im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung [X.] in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl ausreichend Hilfstatsachen vorhanden, die zur Annahme einer [X.]enachteiligung des [X.] wegen der [X.]ehinderung führten. [X.]ie Abteilungsleiterin habe ihn am Gesprächsende nach der Art seiner in den [X.]ewerbungsunterlagen angegebenen Schwerbehinderung und der damit verbundenen Einschränkung gefragt. Er habe erwidert, dass es sich um eine Gehbehinderung handele, die ihn nicht einschränke. Nur beim Treppensteigen habe er Schwierigkeiten. [X.]araufhin sei eine ihn verunsichernde „Totenstille“ eingetreten und er habe ergänzt, dass ein Aufzug für ihn hilfreich sei. [X.]ie Abteilungsleiterin habe sodann gefragt, wie er die im Haus des [X.]ewerbungsgesprächs befindlichen Stufen „gepackt“ habe. Er habe geantwortet, dass er Treppen steigen könne, wenn ein Geländer vorhanden sei. Nachdem daraufhin die Abteilungsleiterin gemeint habe, er brauche dann wohl keinen Aufzug, habe er sich erkundigt, ob seine Gehbehinderung ein Problem darstelle. Erst dann sei der anstehende Umzug der Abteilung einschließlich der zukünftigen Notwendigkeit des Treppensteigens erklärt worden.

9

[X.]er Kläger hat beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung zu zahlen, die in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch einen [X.]etrag iHv. [X.] Euro nicht unterschreiten sollte.

[X.]ie [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt. [X.]ie [X.]ehinderung des [X.] habe keine Rolle im [X.]ewerbungsverfahren gespielt und der Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 SG[X.] IX sei nicht kausal für die Nichteinstellung des [X.], der durch die Einladung zum und Teilnahme am [X.]ewerbungsgespräch die gebotene Chance erhalten habe. Auf beide Stellen seien Personen eingestellt worden, die sich durch mehr Erfahrungen, Kompetenzen, konkrete Ideen in der Umsetzung und durch eine sehr gute Kommunikationsfähigkeit ausgewiesen hätten.

[X.]as [X.] hat die [X.]eklagte zur Zahlung einer Entschädigung iHv. 5.764,00 Euro verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Im Umfang ihres Unterliegens hat die [X.]eklagte dagegen [X.]erufung eingelegt; der Kläger hat mit seiner Anschlussberufung seine Forderung im Hinblick auf weitere 11.528,00 Euro nebst Zinsen verfolgt. [X.]as [X.] hat auf die [X.]erufung der [X.]eklagten hin die Klage insgesamt ab- und die Anschlussberufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe keine ausreichenden Indizien für eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vorgetragen. Weder bei einer Einzel- noch bei einer Gesamtbetrachtung ergebe sich die vom Kläger behauptete Vermutungswirkung iSd. § 22 [X.].

Zwar sei die Verletzung der Prüf- und Meldepflicht nach § 81 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] grundsätzlich als [X.] für einen Zusammenhang zwischen Benachteiligung und Behinderung geeignet. Jedoch liege im Streitfall keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme vor, die Beklagte als Arbeitgeberin sei an einer Bewerbung schwerbehinderter Menschen nicht interessiert gewesen und habe möglichen Bewerbungen von [X.] schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen wollen. Dies zeige sich daran, dass der Kläger, dessen Schwerbehinderung aus dem Bewerbungsschreiben bekannt gewesen sei, mit den Einladungen zu beiden Vorstellungsgesprächen die Möglichkeit erhalten habe, die Beklagte von seiner persönlichen Eignung und Befähigung zu überzeugen. Die Beklagte habe zudem bei den im [X.] der Öffentlichkeit zugänglichen Stellenausschreibungen ausdrücklich den Hinweis auf bei gleicher Eignung bevorzugte Einstellung schwerbehinderter Menschen gegeben und die Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen einbezogen.

Auch der vom Kläger behauptete Ablauf des ersten Bewerbungsgesprächs - der zu seinen Gunsten als wahr unterstellt werden könne -, insbesondere die von der Beklagten bestrittene Frage nach der Art seiner Schwerbehinderung, begründe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Annahme, dass die Behinderung des [X.] in dem Motivbündel der Auswahlentscheidung eine Rolle gespielt habe. Diese Frage sei vor dem Hintergrund des bevorstehenden Umzugs in ein Gebäude ohne Fahrstuhl offensichtlich auf die Klärung bezogen gewesen, ob und inwieweit seine körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als [X.]ommunitymanager entgegenstehen könne. Die abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin, er brauche dann wohl keinen Aufzug, zeige, dass auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des [X.] seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstehe.

B. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.

I. Der persönliche Anwendungsbereich des [X.] ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber Beschäftigter (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 [X.]) und die Beklagte Arbeitgeberin (§ 6 Abs. 2 Satz 1 [X.]) iSd. [X.] (vgl. [X.]. [X.] 23. Jan[X.]r 2014 - 8 [X.] - Rn. 17).

II. Die zweimonatige [X.] und die im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch maßgebende dreimonatige Klagefrist (§ 15 Abs. 4 Satz 2 [X.], § 61b Abs. 1 ArbGG) sind eingehalten worden.

1. [X.] kann dabei, ob dem Kläger bereits bei seiner eigenen Nachfrage im Dezember 2011 eine „Ablehnung“ iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 [X.] zugegangen ist.

a) Seinen Vortrag, er habe auf Nachfrage erfahren, eine für ihn negative Entscheidung sei getroffen worden, müsse jedoch noch „durch den Personalrat gehen“, haben die Vorinstanzen nicht weiter aufgeklärt oder gewürdigt. Es wurden auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob dem Kläger - wie er ausgeführt hat - tatsächlich keine letztliche Absage zugegangen ist.

b) Unterstellt, die Antwort auf seine telefonische Nachfrage in der 50. Kalenderwoche des Jahres 2011 (also von Montag dem 12. Dezember bis vermutlich Freitag dem 16. Dezember 2011), sei als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 [X.] aufzufassen, so wahrt seine per Telefax und einfacher Post erfolgte schriftliche Geltendmachung vom 10. Jan[X.]r 2012 die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Die am 14. Febr[X.]r 2012 eingereichte Klage, der Beklagten am 23. Febr[X.]r 2012 „demnächst“ iSd. § 167 ZPO zugegangen, wahrt die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

2. Spätestens das Schreiben der Beklagten vom 23. Jan[X.]r 2012 als Antwort auf seine Geltendmachung vom 10. Jan[X.]r 2012 ist als Ablehnung iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 [X.] zu verstehen. Jedenfalls die am 14. Febr[X.]r 2012 eingereichte Klage wahrt sowohl die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 [X.] als auch die Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG.

III. Das [X.] hat den geltend gemachten Entschädigungsanspruch ohne Rechtsfehler verneint. Die weniger günstige Behandlung des [X.] ist nicht wegen seiner Behinderung erfolgt.

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 [X.] ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 [X.] (zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.] - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] - vgl. [X.] 16. Febr[X.]r 2012 - 8 [X.] - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 [X.] 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des [X.] sind Benachteiligungen aus einem in § 1 [X.] genannten Grund (hier: wegen einer Behinderung) in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Eine verbotene (§ 7 [X.]) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 [X.] genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Sit[X.]tion erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

Bei einer Behinderung iSd. § 1 [X.] (zum Begriffsverständnis ausführlich: [X.] 19. Dezember 2013 - 6 [X.]/12 - Rn. 57 ff. [X.]) kommt es auf einen bestimmten GdB nicht an ([X.] 16. Febr[X.]r 2012 - 8 [X.] - Rn. 32 [X.]). Voraussetzung ist also nicht, wie beim Kläger jedoch gegeben, eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 [X.].

2. Der Nachteil des [X.] iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 7 [X.] beim Zugang zu einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) besteht in der Nichteinstellung.

3. Der Kläger hat eine weniger günstige Behandlung erfahren als eine andere Person in einer „vergleichbaren Sit[X.]tion“ (§ 3 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Diese Voraussetzung - deren Erfüllung das [X.] letztlich dahinstehen gelassen hatte - liegt vor.

a) Die Feststellung einer unmittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzt voraus, dass die gegeneinander abzuwägenden Sit[X.]tionen vergleichbar sind. Dabei müssen die Sit[X.]tionen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt, sondern muss spezifisch und konkret erfolgen (zur Auslegung der übereinstimmenden Maßgabe in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/[X.] [X.]. [X.] 12. Dezember 2013 - [X.]-267/12 - [[X.]] Rn. 32 f. [X.]; 10. Mai 2011 - [X.]-147/08 - [[X.]] Rn. 41 ff., Slg. 2011, [X.]; 1. April 2008 - [X.]-267/06 - [[X.]] Rn. 67 ff., Slg. 2008, [X.]; ebenfalls [X.] 7. Juni 2011 - 1 [X.] - Rn. 29, [X.]E 138, 107). Der Vergleich der jeweiligen Sit[X.]tionen ist fallbezogen im Zusammenhang der jeweils streitgegenständlichen Benachteiligung zu bestimmen: Bezugspunkt kann das Ziel einer eine Ungleichbehandlung festsetzenden Regelung ([X.] 12. September 2013 - [X.]-614/11 - [[X.]] Rn. 45 [X.]), einer Leistung ([X.] 12. Dezember 2013 - [X.]-267/12 - [[X.]] Rn. 33 [X.]) oder einer sonstigen Maßnahme ([X.] 30. September 2010 - [X.]-104/09 - [[X.]] Rn. 24 f., Slg. 2010, [X.]) sein. In jedem Fall darf die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte (hier bezogen auf die Richtlinie 2000/78/[X.]) nicht durch einen zu eng gefassten Vergleichsmaßstab praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert (Grundsatz der Effektivität) werden ([X.]. [X.] 16. Jan[X.]r 2014 - [X.]-429/12 - [[X.]] Rn. 23).

b) Vorliegend ist es nicht erforderlich, die Voraussetzungen der „vergleichbaren Sit[X.]tion“ bezogen auf Bewerbungsverfahren und Auswahlentscheidungen im Hinblick auf den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] näher zu benennen. Nach Wortlaut, Eigenart und Ziel dieses Entschädigungsanspruchs werden auch Personen erfasst, die „bei [X.] nicht eingestellt worden“ wären. Für den Fall, dass der Bewerber auch bei [X.] nicht eingestellt worden wäre, wird nicht der Anspruch ausgeschlossen, sondern lediglich die Entschädigungshöhe begrenzt ([X.] 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 29). Es muss nicht entschieden werden, wie weit oder eng damit die Anforderung einer vergleichbaren Sit[X.]tion im Zusammenhang des § 15 Abs. 2 Satz 2 [X.] zu verstehen ist. Selbst bei einem auf Erfüllung einzelner Anforderungen der Stellenausschreibung bezogenem Verständnis der Maßgabe der „vergleichbaren Sit[X.]tion“ iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] liegt diese hier vor. Die Beklagte hat den Kläger in die engere Wahl einbezogen und ihn zu beiden Bewerbungsgesprächsrunden eingeladen. Damit ist sie davon ausgegangen, dass er die in den beiden veröffentlichten Stellenausschreibungen formulierten Anforderungen (jedenfalls iSv. § 82 Satz 3 [X.]) erfüllt.

4. Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden.

a) Nach § 22 Halbs. 1 [X.] iVm. Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/[X.] genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien (Richtlinie 2000/78/[X.]: Tatsachen) vorträgt, die ihre - hier unmittelbare - Benachteiligung wegen eines in § 1 [X.] genannten Grundes vermuten lassen ([X.]. [X.] 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 26; gleichbedeutend [X.]. [X.] 19. April 2012 - [X.]-415/10 - [[X.]] Rn. 37). Im Hinblick auf diesen Kausalzusammenhang ([X.] 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 25 [X.]) sind alle Umstände des Rechtsstreits in einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. [X.] 25. April 2013 - [X.]-81/12 - [Asociatia A[X.][X.]EPT] Rn. 50; 19. April 2012 - [X.]-415/10 - [[X.]] Rn. 42, 44 f.; [X.] 21. Juni 2012 - 8 [X.] - Rn. 33, [X.]E 142, 158; 24. April 2008 - 8 [X.] - Rn. 44).

b) Innerhalb der damit vorzunehmenden Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts kommt es nach der Rechtsprechung des Senats auf Vorgaben des nationalen [X.]rechts zum „Bestandteil eines Motivbündels“ an. Die Beweiswürdigung ist nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des Beweismaßes des § 22 [X.] vorzunehmen.

[X.]) Für die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 [X.] ist es ausreichend, dass ein in § 1 [X.] genannter Grund (oder mehrere) ein „Bestandteil eines Motivbündels“ ist (sind), das die Entscheidung beeinflusst hat.

(1) Nach der Rechtsprechung des [X.] dürfen die in Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 GG genannten „Merkmale“ ([X.]. Geschlecht, Rasse, Behinderung) - bzw. in der Begrifflichkeit von § 1 [X.] „Gründe“ - nicht als Anknüpfungspunkt für eine (benachteiligende) rechtliche Ungleichbehandlung herangezogen werden ([X.] 28. Jan[X.]r 1992 - 1 BvR 1025/82, 1 [X.], 1 [X.] - zu [X.] I 1 der Gründe, [X.]E 85, 191). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende „Grund“ das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt ([X.] 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 25).

So darf bei einer Entscheidung über eine Stellenbesetzung kein in § 1 [X.] genannter Grund zu Lasten des Bewerbers/der Bewerberin berücksichtigt werden. Eine unzulässige Berücksichtigung wäre bereits dann gegeben, wenn in dem Motivbündel, das die Entscheidung des (potentiellen) Arbeitgebers beeinflusst hat, ein in § 1 [X.] genannter Grund als negatives oder (sein Fehlen) als positives Kriterium enthalten ist (vgl. zu Art. 3 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3 GG bzw. dem früheren § 611a Abs. 1 BGB: [X.] 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - zu II 1 a der Gründe, [X.]K 9, 218; 16. November 1993 - 1 [X.] - zu [X.] I 2 d der Gründe, [X.]E 89, 276; [X.] 21. Juni 2012 - 8 [X.] - Rn. 32, [X.]E 142, 158; 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 31; 5. Febr[X.]r 2004 - 8 [X.] - zu II 2 b [X.] der Gründe, [X.]E 109, 265; [X.] 23. April 2012 - II [X.] - Rn. 37, [X.]Z 193, 110).

(2) Der von [X.] wegen zu beachtende Maßstab zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist auch unionsrechtskonform.

(a) Nach den betroffenen Richtlinien des Unionsrechts (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/[X.], 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/[X.], 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/[X.]; vgl. auch Art. 19 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54/[X.]) steht es den Mitgliedst[X.]ten frei, abweichend von den jeweiligen Richtlinienvorgaben für die [X.] günstigere (Beweislast-)Vorschriften (wozu auch eine günstigere Auslegung von § 22 [X.] gehört) einzuführen oder beizubehalten. Zudem ist teilweise eine Absenkung des in den Mitgliedst[X.]ten bereits bestehenden Schutzniveaus ausdrücklich untersagt (25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43/[X.], 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78/[X.]). Weiterhin sind die Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, im Einklang mit den innerst[X.]tlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten zu bewerten (15. Erwägungsgrund der [X.][X.] und 2000/78/[X.] sowie 30. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/[X.]; [X.] 19. April 2012 - [X.]-415/10 - [[X.]] Rn. 37; 21. Juli 2011 - [X.]-104/10 - [[X.]] Rn. 31, Slg. 2011, I-6813).

(b) Die Rechtsprechung zum „Bestandteil eines Motivbündels“ ist für die [X.] mindestens gleich im Schutzniveau wie die genannten Vorgaben des Unionsrechts. Demgegenüber enthält das Unionsrecht kaum nähere Vorgaben zum „wie“ der vorzunehmenden Gesamtwürdigung. In älterer Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] wurde für den Kausalzusammenhang auf einen „wesentlichen Grund“ ([X.] 5. Mai 1994 - [X.]-421/92 - [[X.]] Rn. 14, Slg. 1994, [X.]; 8. November 1990 - [X.]-177/88 - [[X.]] Rn. 10 und 17, Slg. 1990, [X.]) abgestellt. Zudem kommt es auf ein „stichhaltiges Indiz“ ([X.] 25. April 2013 - [X.]-81/12 - [Asociatia A[X.][X.]EPT] - Rn. 51) an.

[X.]) Nach dem 15. Erwägungsgrund der hier maßgebenden Richtlinie 2000/78/[X.] sind bei der Beurteilung von Tatbeständen, die [X.]. auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung schließen lassen, die einzelst[X.]tlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten maßgebend. Die Beweiskraft der vorgelegten Beweismittel ist nach den Regeln des innerst[X.]tlichen Rechts zu beurteilen ([X.] 21. Juli 2011 - [X.]-159/10 und [X.]-160/10 - [[X.] und [X.]] Rn. 79, 82, Slg. 2011, I - 6919; vgl. auch [X.] 25. April 2013 - [X.]-81/12 - [Asociatia A[X.][X.]EPT] Rn. 42 [X.]). Maßgebend für die Beweiswürdigung ist daher die freie Überzeugung des Tatsachengerichts gemäß § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung des abgesenkten Beweismaßes des § 22 [X.]. Es reicht aus, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit die Benachteiligung wegen eines in § 1 [X.] genannten Grundes vermuten lässt (vgl. [X.]. [X.] 15. März 2012 - 8 [X.] - Rn. 63; 17. Dezember 2009 - 8 [X.] - Rn. 19). Dabei haben die Gerichte darüber zu wachen, dass im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen, die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/[X.] verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird ([X.] 19. April 2012 - [X.]-415/10 - [[X.]] Rn. 42).

c) Besteht eine Benachteiligungsvermutung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist ([X.]. [X.] 25. April 2013 - [X.]-81/12 - [Asociatia A[X.][X.]EPT] Rn. 55 [X.]; 10. Juli 2008 - [X.]-54/07 - [[X.]] Rn. 32, Slg. 2008, [X.]; [X.] 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 27). Auch dafür gilt § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO, allerdings mit dem Beweismaß des sog. Vollbeweises.

Die dafür von [X.] wegen zu beachtende Rechtsprechung zum „Motivbündel“ (vgl. oben Rn. 34 f.) ist für die [X.] nicht ungünstiger als die des Gerichtshofs der [X.] zu den einschlägigen Richtlinien. Nach Letzterer kann der (potentielle) Arbeitgeber im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung den Anschein einer Diskriminierung grundsätzlich mit einem Bündel übereinstimmender Indizien widerlegen ([X.] 25. April 2013 - [X.]-81/12 - [Asociatia A[X.][X.]EPT] Rn. 58). Gemäß der Rechtsprechung zum „Motivbündel“ sind Tatsachen und Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als [X.]. die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (grundlegend zu Art. 3 Abs. 2 GG und dem früheren § 611a Abs. 1 BGB bereits: [X.] 16. November 1993 - 1 [X.] - zu [X.] I 2 e der Gründe, [X.]E 89, 276). In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund - hier die Behinderung - weder als negatives noch - die fehlende Behinderung - als positives Kriterium enthalten gewesen sein ([X.] 24. Jan[X.]r 2013 - 8 [X.] - Rn. 41; 16. Febr[X.]r 2012 - 8 [X.] - Rn. 58).

d) Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das [X.] entsprechend diesem gesetzlichen Gebot mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. [X.]. [X.] 27. März 2014 - 6 [X.] - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 28).

e) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des [X.]s stand. Die Würdigung, dass der Kläger die ihm obliegende erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 [X.] nicht erfüllt hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

[X.]) Es ist nicht zu beanstanden, dass das [X.] nicht bereits allein wegen der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des [X.] eine Benachteiligung wegen des in § 1 [X.] genannten Grundes der Behinderung vermutet hat.

(1) Grundsätzlich kann aus der Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des [X.] die Vermutungswirkung des § 22 Halbs. 1 [X.] abgeleitet werden ([X.]. [X.] 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 29; 21. Febr[X.]r 2013 - 8 [X.] - Rn. 37 ff., [X.]E 144, 275; 13. Oktober 2011 - 8 [X.] - Rn. 45; 17. August 2010 - 9 [X.] - Rn. 35). Diese Pflichtverletzung ist geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein und sogar möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von [X.] schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen ([X.] 13. Oktober 2011 - 8 [X.] - Rn. 47; 12. September 2006 - 9 [X.] - Rn. 22, [X.]E 119, 262).

(2) Allerdings sind entgegen der Auffassung des [X.] bei der Klärung der Frage, ob (genügend) Indizien vorliegen, um eine Benachteiligung iSd. [X.] vermuten zu lassen, alle und nicht nur einzelne Umstände zu berücksichtigen. Für eine Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten des [X.] gilt diesbezüglich keine Ausnahme im Sinne eines „Automatismus“. Das schließt nicht aus, dass bei anders gelagerten Gesamtumständen deren Würdigung dazu führen kann, dass allein eine solche Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des [X.] zu einem Entschädigungsanspruch iSv. § 15 Abs. 2 [X.] führen kann.

[X.]) [X.] ist die Auffassung des [X.], das [X.] habe die Beweislastregelung des § 22 [X.] nicht richtig angewandt, weil es eine „Kompensation“ bzw. „positive Überlagerung“ des [X.] (Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen des [X.]) angenommen habe. Die erforderliche und vom [X.] vorgenommene Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts darf nicht mit einer - nicht möglichen - nachträglichen „Heilung“ oder „Beseitigung“ eines Verstoßes beispielsweise gegen § 82 Satz 2 [X.] (vgl. [X.] 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 53 zu einer „Nacheinladung“ nach bereits zuvor erfolgter Absage) verwechselt werden.

[X.]) Ebenfalls hält die weitere Würdigung des [X.]s einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Auch in der Gesamtbetrachtung aller Umstände - der Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des [X.] und des zu Gunsten des [X.] als wahr unterstellten [X.] im Zusammenhang mit dem geplanten Umzug der Abteilung [X.] in Obergeschosse eines Gebäudes ohne Fahrstuhl - konnte es die erste Stufe der Darlegungs- und Beweislastverteilung des § 22 [X.] als nicht erfüllt ansehen.

(1) Das trifft für die Würdigung zu, dass aus der erfolgten Verletzung der Verfahrens- und Förderpflichten des [X.] in diesem Fall unter Einbeziehung aller Umstände nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geschlossen werden könne, die Beklagte wolle Bewerbungen von arbeitssuchenden (schwer)behinderten Menschen aus dem Wege gehen.

(a) Aus dem Text der Stellenanzeigen, der Einladung des nach den selbst eingereichten Bewerbungsunterlagen offensichtlich behinderten [X.] für beide Bewerbungsrunden und der Einbindung der Schwerbehindertenvertretung durfte das [X.] ohne Weiteres den Schluss ziehen, dass eine Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht ausreichend dargelegt ist.

(b) Soweit der Kläger meint, das [X.] sei unzutreffend von einer „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen ausgegangen, während die Beklagte selbst nur eine Auswahlentscheidung „im Beisein“ der Schwerbehindertenvertretung vorgetragen habe, ergibt sich nichts anderes. Das [X.] hat zur „Einbeziehung“ der Schwerbehindertenvertretung in den Prozess der Auswahlentscheidungen zwar verschiedene Begriffe benutzt („im Beisein“, „anwesend war“ und „mit einbezogen“), diese jedoch erkennbar gleichbedeutend verstanden und verwendet: Es ging immer um den Gegensatz zu „nicht erst … nachträglich“.

(2) Auch das Gespräch zum Umzug in ein Gebäude ohne Fahrstuhl einschließlich des zu Gunsten des [X.] als wahr unterstellten [X.] mit Nachfragen zu seiner Gehbehinderung zwang nicht zu einer anderen Bewertung.

(a) In der Bewerbungssit[X.]tion nachzufragen, welche Einschränkungen sich aus einer in den Bewerbungsunterlagen angegebenen Behinderung ergeben, ist unter der Voraussetzung unbedenklich, dass damit die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (Art. 5 der Richtlinie 2000/78/[X.] iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 des [X.] vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen [UN-Behindertenrechtskonvention - [X.]]; zur mangelnden ausdrücklichen Umsetzung im [X.], zur Einbeziehung in § 8 Abs. 1 [X.] und in der unionsrechtskonformen Auslegung von § 241 Abs. 2 BGB vgl. [X.] 22. Mai 2014 - 8 [X.] - Rn. 42; 19. Dezember 2013 - 6 [X.]/12 - Rn. 53) zum Tragen kommt. Eine solche, besonderen Umständen geschuldete Nachfrage im Bewerbungsgespräch bezogen auf eine vom Bewerber selbst angeführte Schwerbehinderung ist nicht zu verwechseln mit der „Frage nach der (Schwer)behinderung“ (dazu [X.] 16. Febr[X.]r 2012 - 6 [X.] - Rn. 11 ff., [X.]E 141, 1) oder der Anerkennung als Schwerbehinderte(r) (dazu [X.] 7. Juli 2011 - 2 [X.] - Rn. 17).

([X.]) Die Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ ist im Zusammenhang der Richtlinie 2000/78/[X.] auf die Beseitigung der verschiedenen Barrieren gerichtet, die die volle und wirksame Teilhabe der Menschen mit Behinderung am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, behindern. Diese Verpflichtung wird dadurch begrenzt, dass keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung des (potentiellen) Arbeitgebers verlangt wird (vgl. [X.] 11. April 2013 - [X.]-335/11 und [X.]-337/11 - [[X.], auch genannt „Ring, [X.]“] Rn. 49 ff., 66, 68; 11. Juli 2006 - [X.]-13/05 - [[X.]hacón Navas] Rn. 50, Slg. 2006, [X.]; [X.] 19. Dezember 2013 - 6 [X.]/12 - Rn. 50 ff.). Dabei können im Rahmen des [X.] auch Verpflichtungen aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB IX (zu einer Frage im Bewerbungsgespräch bezogen darauf vgl. [X.] 21. Febr[X.]r 2013 - 8 [X.] - Rn. 54, [X.]E 144, 275) und zur Gleichstellung und Barrierefreiheit nach dem Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen (Behindertengleichstellungsgesetz - [X.]) von Bedeutung sein.

([X.]) Bei der Beurteilung einer solchen Nachfrage im Zusammenhang mit einer Behinderung ist sicherzustellen, dass die Verwirklichung des mit der Richtlinie 2000/78/[X.] verfolgten Ziels nicht beeinträchtigt wird (insoweit übertragbar [X.]. [X.] 19. April 2012 - [X.]-415/10 - [[X.]] Rn. 40). Die Frage muss deshalb einen objektiven - und wünschenswerterweise zu Beginn der Nachfrage darzulegenden - Anlass haben. Beispielsweise kann es um die Klärung gehen, ob ergänzende Maßnahmen der Herstellung von Barrierefreiheit dienen können, um die tatsächliche Arbeitsaufnahme zu ermöglichen, etwa der Einbau von weiteren Handläufen im Treppenhaus oder die Bereitstellung eines ebenerdigen Arbeitsraums außerhalb der Abteilung. Dabei ist es von der Würdigung der Umstände im Einzelfall abhängig, ob eine Frage im Hinblick auf einen Bedarf an Hilfsmitteln oder baulichen Maßnahmen ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung darstellt (vgl. zu einer vergleichbaren Frage im Zusammenhang von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 [X.] ebenso [X.] 21. Febr[X.]r 2013 - 8 [X.] - Rn. 54, [X.]E 144, 275).

([X.]) Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 [X.] setzt kein Verschulden oder gar eine Benachteiligungsabsicht voraus ([X.]. [X.] 22. August 2013 - 8 [X.] - Rn. 37 [X.]). Deshalb kann bereits ein lediglich „unglücklicher“ Gesprächsverlauf einen Anspruch auf Entschädigung begründen.

(b) Danach ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] in der Nachfrage zu der Gehbehinderung des [X.] - den Vortrag des [X.] als zutreffend unterstellt - kein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung gesehen hat. Dabei hat das Gericht den gesamten Vortrag des [X.] berücksichtigt und umfassend und widerspruchsfrei gewürdigt.

([X.]) Zwar entspricht die vom [X.] der Beklagten unterstellte „Fragerichtung“ (ob und inwieweit die körperliche Beeinträchtigung einem etwaigen Einsatz als [X.]ommunitymanager entgegenstehe) nicht den oben genannten Vorgaben von Art. 5 der Richtlinie 2000/78/[X.] iVm. Art. 27 Abs. 1 Satz 2 Buchst. i, Art. 2 Unterabs. 4 [X.] und auch nicht den ähnlich gelagerten Vorgaben von § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 5 [X.]. Danach steht „ermöglichen“ im Fokus, nicht „entgegenstehen“. Es ist gleichwohl nicht zu beanstanden, dass das [X.] unter Zugrundelegung des gesamten vom Kläger geschilderten [X.] kein Indiz gesehen hat, das eine Benachteiligung wegen einer Behinderung vermuten lässt. Es hat dabei besonders bedacht, dass am Schluss des Gesprächs eine abschließende Feststellung der Abteilungsleiterin erfolgt sein soll, dass der Kläger „trotz seiner Gehbehinderung wohl keinen Aufzug benötige“, um in die im Obergeschoss gelegenen Büroräume zu gelangen. Das [X.] hat dies dahin gehend gewertet, dass „auch aus Sicht der Beklagten die Gehbehinderung des [X.] seinem Einsatz auf den ausgeschriebenen Stellen nicht entgegenstand“. Diese Bewertung ist vertretbar und somit im Rahmen von § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht zu beanstanden.

([X.]) Soweit der Kläger meint, sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sei verletzt (vgl. zu den Anforderungen der Darlegung: [X.] 2. Mai 2014 - 2 [X.] - Rn. 26), weil das [X.] seinen Sachvortrag zu Nachfragen zu seiner Schwerbehinderung übergangen habe, ist dies unbegründet. Dabei kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass sich seine [X.] nicht gegen tatbestandliche Feststellungen des [X.]s, sondern gegen den Weg richten, auf dem dieses seine Überzeugung gewonnen hat. Der Kläger übersieht bereits, dass das [X.] ihm gestellte Fragen des zu seinen Gunsten unterstellten [X.] nicht übergangen hat. So ist die Frage „was haben Sie genau?“ in der Frage „nach der Art seiner Schwerbehinderung“ enthalten. Auch die Nachfrage, wie er die Stufen „gepackt“ habe, hat das [X.] ausdrücklich wiedergegeben, nur mit dem Wort „bewältigt“. Tatsächlich setzt der Kläger lediglich seine eigene Würdigung der Sit[X.]tion an die Stelle derer des [X.]s, ohne Verstöße gegen Erfahrungs- und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung darzulegen. Das reicht nicht aus (vgl. auch [X.] 2. Mai 2014 - 2 [X.] - Rn. 31; 13. Febr[X.]r 2003 - 8 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 104, 358).

[X.]. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Winter    

        

    [X.]    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    Volz    

                 

Meta

8 AZR 547/13

26.06.2014

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 30. August 2012, Az: 59 Ca 2570/12, Urteil

§ 1 AGG, § 2 Abs 1 Nr 1 AGG, § 3 Abs 1 S 1 AGG, § 7 Abs 1 AGG, § 15 Abs 2 AGG, § 15 Abs 4 S 2 AGG, § 22 AGG, § 61b Abs 1 ArbGG, Art 3 Abs 2 GG, Art 3 Abs 3 GG, § 81 Abs 1 S 1 SGB 9, § 81 Abs 1 S 2 SGB 9, § 82 S 1 SGB 9, § 286 Abs 1 S 1 ZPO, Art 5 EGRL 78/2000, Art 10 Abs 1 EGRL 78/2000, Art 27 Abs 1 S 2 Buchst i UNBehRÜbk, Art 2 UAbs 4 UNBehRÜbk

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.06.2014, Az. 8 AZR 547/13 (REWIS RS 2014, 4505)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4505

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