Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.02.2018, Az. VI ZR 109/17

6. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13275

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Gegenstand

Kfz-Haftpflichtversicherung: Direktanspruch des Mittäters des Fahrzeugdiebstahls aus Unfallbeteiligung als Beifahrer des entwendeten Fahrzeugs


Leitsatz

Wird nach einem von zwei Mittätern begangenen Fahrzeugdiebstahl (hier: Diebstahl eines Motorrollers) der eine Täter als Beifahrer des entwendeten Fahrzeugs bei einem vom anderen Täter als Fahrer verursachten Verkehrsunfall verletzt, so ist der verletzte Täter nach § 242 BGB (unzulässige Rechtsausübung) daran gehindert, den ihm gegen den fahrenden Mittäter zustehenden Schadensersatzanspruch gemäß § 3 Nr. 1 PflVG aF direkt gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des bestohlenen Halters geltend zu machen.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des [X.] vom 10. Februar 2017 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 17. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, die [X.], verlangt von der [X.], einem Kfz-Haftpflichtversicherer, den Ersatz von Aufwendungen, die sie als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an einen bei einem Verkehrsunfall Geschädigten erbracht hat.

2

Am 8. September 2004 entwendeten der damals 15-jährige [X.] (im Folgenden: Leistungsempfänger) und der damals 16-jährige [X.] (im Folgenden: Schädiger) gemeinsam einen bei der [X.] haftpflichtversicherten Motorroller. Über die für das Führen eines solchen Rollers erforderliche Fahrerlaubnis verfügten beide nicht. Dennoch fuhren sie mit dem Roller herum, wobei sie abwechselnd die Position des Fahrers bzw. Sozius einnahmen. Am Morgen des 9. September 2004 kollidierten sie - der Schädiger in der Position des Fahrers, der Leistungsempfänger in der Position des Sozius - im Bereich einer Kreuzung mit einem von rechts kommenden, vorfahrtsberechtigten Pkw. Der Leistungsempfänger erlitt dabei ein Polytrauma mit schwerem Schädelhirntrauma sowie weitere schwere Verletzungen, die unter anderem zu starken Sehbehinderungen und motorischen Einschränkungen führten.

3

In den Jahren 2012 und 2013 besuchte der Leistungsempfänger eine Werkstatt für behinderte Menschen. Die Klägerin erbrachte hierfür auf der Grundlage bestandskräftiger Leistungsbescheide Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß §§ 112 ff. [X.] iVm §§ 33, 44 [X.]. Insgesamt wendete sie einen Betrag von 29.997,16 € auf. Hiervon verlangt sie mit ihrer Klage unter Zugrundelegung einer hälftigen Haftungsverteilung 14.998,58 € nebst Zinsen. Zudem begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 SGB X 50% jeden weiteren Schadens aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen.

4

Das [X.] hat die - erstinstanzlich auch gegen den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten [X.] gerichtete - Klage abgewiesen. Auf die - ausschließlich die Beklagte betreffende - Berufung der Klägerin hat das [X.] das landgerichtliche Urteil abgeändert und der Klage im von der Berufung erstrebten Umfang stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Klägerin stehe ein auf sie gemäß § 116 Abs. 1 und 3 [X.] übergegangener Anspruch auf Ersatz des Erwerbsschadens des Leistungsempfängers in der geltend gemachten Höhe zu. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Der Leistungsempfänger habe gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch in der nun von der Klägerin geltend gemachten Höhe aus § 18 Abs. 1, § 7 Abs. 1 [X.] iVm § 3 Nr. 1 [X.] in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden [X.] aF). Zwar könne ein Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gegenüber dem nichtberechtigten Fahrer nach § 2b Abs. 1 Buchstabe b [X.] in der zum Unfallzeitpunkt geltenden Fassung (im Folgenden: [X.] aF) Leistungsfreiheit einwenden. Dies habe nach § 3 Nr. 4 [X.] aF aber keine Auswirkungen auf den gemäß § 3 Nr. 1 [X.] aF bestehenden Direktanspruch eines geschädigten [X.]. Auch sei der Anspruch des Leistungsempfängers nicht deshalb ausgeschlossen, weil dieser den Roller zuvor gemeinsam mit dem Schädiger gestohlen und unberechtigt verwendet habe, selbst auch mit dem Roller gefahren sei und gewusst habe, dass der Schädiger keine Fahrerlaubnis gehabt habe. Weder sei der Leistungsempfänger dadurch zum Fahrer oder Halter im Sinne von § 2b Abs. 1 Buchstabe b [X.] aF geworden, noch führe dies dazu, dass sein Anspruch gegen die Beklagte nach § 242 BGB ausgeschlossen sei. Das Mitverschulden des Leistungsempfängers sei mit nicht mehr als 50% zu berücksichtigen.

7

Der Anspruch des Leistungsempfängers sei gemäß § 116 [X.] auf die Klägerin übergegangen, weil die von der Klägerin erbrachten Leistungen zum Erwerbsschaden des [X.] kongruent seien. Schließlich seien die Ansprüche der Klägerin auch nicht verjährt.

II.

8

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung steht der Klägerin der im Revisionsverfahren noch streitgegenständliche Anspruch nicht zu.

9

1. Bereits der Leistungsempfänger hatte keinen durchsetzbaren Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte.

a) Im Ergebnis noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass dem Leistungsempfänger dem Grunde nach ein entsprechender Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger zustand.

Fraglich ist allerdings, ob sich dieser Anspruch - wie das Berufungsgericht meint - aus § 18 Abs. 1, § 7 Abs. 1 [X.] ergibt. Denn es ist jedenfalls zweifelhaft, ob der Leistungsempfänger aus § 18 Abs. 1 [X.] einen Anspruch für sich herleiten kann. Ganz überwiegend wird davon ausgegangen, dass die Fahrerhaftung aus § 18 [X.] nicht gegenüber dem Halter besteht, der Halter den Fahrer also nicht aus § 18 Abs. 1 [X.] in Anspruch nehmen kann ([X.], NJW-RR 2016, 281 Rn. 14; [X.]/[X.], 1.11.2017, [X.] § 18 Rn. 4; [X.]/Zwickel in [X.]/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 4 Rn. 34; [X.] in Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., [X.] § 115 Rn. 29; [X.] in [X.]/[X.]/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., [X.] § 18 Rn. 3; Laws/[X.][X.] in [X.][X.], jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl., § 18 Rn. 44; [X.], [X.], 1000, 1001). Begründet wird dies damit, dass § 18 [X.] auf § 7 [X.] Bezug nehme (so etwa [X.]/Zwickel aaO; [X.] aaO). Entsprechendes könnte im Falle einer sogenannten "[X.]" gelten, wenn es sich beim Geschädigten zwar nicht um den Halter, wohl aber um den dem Halter im Rahmen von § 7 [X.] durch § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] gleichgestellten unberechtigten Benutzer handelt.

Im Streitfall kann dies aber schon deshalb offen bleiben, weil jedenfalls die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB und des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 229 StGB erfüllt sind. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Schädiger den Verkehrsunfall und damit auch die beim Leistungsempfänger eingetretene Körper- und Gesundheitsverletzung nämlich zumindest dadurch schuldhaft verursacht, dass er die Vorfahrt des Unfallgegners nicht beachtet hat. Aus § 828 Abs. 3 BGB folgt nichts anderes. Zwar hatte der damals 16-jährige Schädiger zum Unfallzeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet. Die Revision zeigt aber nicht auf, dass die insoweit darlegungsbelastete (vgl. Senatsurteil vom 30. November 2004 - [X.], [X.], 180, 187) Beklagte in den Vorinstanzen vorgetragen hätte, dass der Schädiger im Unfallzeitpunkt nicht über die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht verfügte.

b) [X.] unbedenklich und deshalb im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist auch die Würdigung des Berufungsgerichts, das Mitverschulden des Leistungsempfängers im Verhältnis zum Schädiger sei mit nicht mehr als 50% zu berücksichtigen. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - [X.], [X.], 1175 Rn. 7, mwN) ist die Entscheidung über die Haftungsverteilung Sache des Tatrichters und im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind. Entsprechende Fehler zeigt die Revision weder auf, noch sind solche unabhängig davon ersichtlich. Insbesondere legt die Revision nicht dar, dass das Berufungsgericht im Rahmen der von ihm vorgenommenen Abwägung zu Lasten des Leistungsempfängers und zu Gunsten des Schädigers zu berücksichtigende Umstände unberücksichtigt gelassen hätte.

c) [X.] ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, dieser Anspruch könne auch direkt gegenüber der [X.] als dem Kfz-Haftpflichtversicherer des vom Schädiger gelenkten [X.] geltend gemacht werden.

aa) Die Voraussetzungen für einen Direktanspruch des Leistungsempfängers gegen die Beklagte gemäß § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] aF sind im Streitfall allerdings grundsätzlich erfüllt. Nach dieser Vorschrift kann der geschädigte Dritte seine Ansprüche auf Ersatz seines Schadens im Rahmen der Leistungspflicht des [X.] aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen von § 3 Nr. 4 bis 6 [X.] aF auch gegen den Versicherer geltend machen.

(1) Der Leistungsempfänger ist "Dritter" im Sinne von § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] aF. Ob er selbst zum Kreis der im Rahmen des Haftpflichtversicherungsverhältnisses mitversicherten Personen gehört, ist dabei unerheblich. Denn in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch der durch den Fahrer eines Kraftfahrzeugs verletzte Halter "Dritter" im Sinne dieser Vorschrift sein und ihm hinsichtlich seines (Personen-) Schadens deshalb - wie einem am [X.] unbeteiligten [X.] - ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer aus § 3 Nr. 1 [X.] aF zustehen kann (Senatsurteil vom 10. Juni 1986 - [X.], NJW-RR 1986, 1402, 1403; [X.], Urteil vom 4. Oktober 1995 - [X.], NJW-RR 1996, 149; ferner Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl. 2000, [X.] § 3 Rn. 25; Langheid in [X.]/Langheid, 2. Aufl. 2003, [X.] § 3 Rn. 3; zu § 115 [X.] vgl. [X.] in Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., [X.] § 115 Rn. 28 f.). Für andere Versicherte gilt nichts anderes.

(2) Der Schädiger ist als - wenn auch unberechtigter (vgl. nur Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl. 2000, [X.] § 10 Rn. 41; ferner bereits Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter, BT-Drucks. IV/2252, [X.] rechte Spalte; zu den aktuellen [X.] vgl. [X.] in Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., [X.] A.1 Rn. 148) - Fahrer des [X.] im Unfallzeitpunkt nach § 10 Abs. 2 Buchstabe c [X.] aF, § 2 Abs. 2 Nr. 3 KfzPflVV auch "mitversicherte Person".

(3) Dass der Schädiger über die für das Führen des [X.] erforderliche Fahrerlaubnis nicht verfügte, er das Fahrzeug als unberechtigter Fahrer verwendete und es zudem noch durch eine strafbare Handlung erlangt hatte, ist für das Bestehen eines Direktanspruchs des Leistungsempfängers aus § 3 Nr. 1 Satz 1 [X.] aF für sich gesehen ohne Bedeutung. Zwar mag die Beklagte aufgrund der darin liegenden Obliegenheitsverletzungen des Schädigers diesem gegenüber gemäß § 2b Abs. 1 Buchstaben b und c, Abs. 2 Satz 3 [X.] aF leistungsfrei geworden sein. Dem Leistungsempfänger als geschädigtem [X.] kann sie dies gemäß § 3 Nr. 4 [X.] aber grundsätzlich nicht entgegenhalten (vgl. nur Stiefel/[X.], Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage 2000, § 3 Nr. 4 Rn. 3).

bb) Einem Direktanspruch des Leistungsempfängers steht aber unter den besonderen Umständen des Streitfalls der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen (§ 242 BGB).

(1) Die gegen § 242 BGB verstoßende Ausübung einer formalen Rechtsstellung ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig (vgl. nur [X.], Urteil vom 27. Januar 1954 - [X.], [X.]Z 12, 154, 157; [X.]/[X.], aaO). Treu und Glauben bilden eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung ([X.]/[X.], 77. Aufl., § 242 Rn. 38; ferner [X.], Urteil vom 29. April 1959 - [X.], [X.]Z 30, 140, 145). Welche Anforderungen sich im konkreten Fall aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden ([X.]/[X.], aaO). In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass eine unzulässige Rechtsausübung unter anderem dann vorliegen kann, wenn sich ein Berechtigter auf eine formale Rechtsposition beruft, die er durch ein gesetz-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erlangt hat (vgl. [X.], Urteile vom 20. März 2013 - [X.], [X.], 1676 Rn. 18; vom 6. Oktober 1971 - [X.], [X.]Z 57, 108, 111; [X.]/[X.], 77. Aufl., § 242 Rn. 43). Von einem solchen Fall ist vorliegend auszugehen.

(2) Der Leistungsempfänger hatte den Motorroller, mit dem er verunglückte, durch den mit dem Schädiger zeitnah vor dem Unfall begangenen Diebstahl erlangt. Die sich im weiteren Verlauf realisierte Gefahr, sich beim unberechtigten Umherfahren mit dem gestohlenen Roller zu verletzen, war damit unmittelbare Folge einer vom Leistungsempfänger selbst begangenen Straftat. Dem verletzten Dieb in einem solchen Fall hinsichtlich seines gegen einen Mittäter gerichteten Schadensersatzanspruchs einen Direktanspruch aus der vom bestohlenen Halter unterhaltenen Haftpflichtversicherung gegen den Versicherer zu gewähren, bedeutete, die mit dem Diebstahl einhergehende ungerechtfertigte Vermögensverschiebung weiter zu vertiefen; denn dem Dieb flössen dann nicht nur die ([X.] des gestohlenen Fahrzeugs, sondern - worauf die Revision zutreffend hinweist - auch noch die Vorteile der vom bestohlenen Halter, der nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] regelmäßig selbst nicht haftet, für andere Zwecke aufgewendeten Versicherungsprämien zu. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Geltendmachung des streitgegenständlichen ([X.] durch den Leistungsempfänger als grob anstößiger und damit über § 242 BGB auch rechtlich zu missbilligender Versuch dar, sich nach den ([X.]n des entwendeten Fahrzeugs auch noch die Vorteile der vom bestohlenen Halter aufgewendeten Versicherungsprämien einzuverleiben.

(3) Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsauffassung ist der [X.] der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung auch nicht deshalb verwehrt, weil den gesetzlichen Vorschriften eine gegensätzliche Wertung des Gesetzgebers zu entnehmen wäre. Zwar trifft es - wie gezeigt - zu, dass § 3 Nr. 1 [X.] aF im Außenverhältnis einen § 2b Abs. 2 [X.] aF, § 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 KfzPflVV entsprechenden [X.]" nicht kennt. Dies hat aber nicht zur Konsequenz, dass der (nationale) Gesetzgeber dem Versicherer eine Berufung auf § 242 BGB auch in dem ([X.] hätte versagen wollen, dass der fahrende [X.] seinen mitfahrenden Mittäter verletzt. Denn der Umstand, dass der Verletzte Mittäter des Diebstahls war und er die für ihn schadensursächliche [X.] damit durch eine Straftat ermöglichte, ist ein zusätzlicher, vom Gesetzgeber im Rahmen des § 3 Nr. 1 [X.] aF nicht berücksichtigter Umstand.

Der [X.] Gesetzgeber hat die jedenfalls geringere Schutzbedürftigkeit des Verletzten in dieser besonderen Fallkonstellation im Übrigen sogar ausdrücklich in den Blick genommen. So brauchen - als einzige Ausnahme von der Einstandspflicht des Versicherers im Falle der [X.] (vgl. [X.], [X.], 139 Rn. 54) - nach Art. 2 Abs. 1 Unterabschnitt 2 der [X.]/EWG des Rates vom 30. Dezember 1983 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ([X.]; jetzt: Art. 13 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht [Sechste KH-Richtlinie]) Personen, die das Fahrzeug, das den Schaden verursacht hat, freiwillig bestiegen haben, vom Haftpflichtversicherer (schon) dann nicht entschädigt zu werden, wenn sie wussten, dass das Fahrzeug gestohlen ist ([X.] aaO). Daraus ergibt sich zugleich in offensichtlicher Weise (acte claire), dass die Annahme, die Geltendmachung des Direktanspruchs gegen Versicherer verstoße unter den im Streitfall gegebenen Umständen gegen § 242 BGB, nicht in Widerspruch zu den maßgeblichen Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Richtlinien, also insbesondere der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24. April 1972 betreffend die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und der Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht ([X.]), der [X.] und der [X.] Richtlinie 90/232/EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung ([X.]), steht.

2. Stand der [X.] aber gegenüber dem Leistungsempfänger die Einrede der unzulässigen Rechtsausübung zu, so kann sie diese Einrede gemäß §§ 412, 404 BGB nach einem Anspruchsübergang auf die Klägerin auch dieser entgegenhalten (vgl. Senatsurteil vom 17. Oktober 2017 - [X.], [X.], 120 Rn. 29; [X.], [X.], 498, 500; [X.]/[X.], 77. Aufl., § 404 Rn. 2). Ob der streitgegenständliche Anspruch - wie vom Berufungsgericht angenommen und von der Revision in Frage gestellt - tatsächlich gemäß § 116 Abs. 1, Abs. 10 [X.] auf die Klägerin übergangen ist, kann damit ebenso offenbleiben wie die Frage, ob er - wie die Revision meint - verjährt ist.

[X.]     

      

Offenloch     

      

[X.]

      

Müller     

      

Allgayer     

      

Meta

VI ZR 109/17

27.02.2018

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 10. Februar 2017, Az: 14 U 175/14

§ 242 BGB, § 823 Abs 1 BGB, § 7 Abs 1 StVG, § 3 Nr 1 PflVG vom 26.11.2001, § 242 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.02.2018, Az. VI ZR 109/17 (REWIS RS 2018, 13275)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 591-592 REWIS RS 2018, 13275

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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