Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.06.2014, Az. I R 70/12

1. Senat | REWIS RS 2014, 5084

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Gegenstand

Verfassungsmäßigkeit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen


Leitsatz

1. Auch die Mieten und Pachten für weitervermietete oder -verpachtete Immobilien sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 hinzuzurechnen.

2. Die Hinzurechnung von dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, ist verfassungsgemäß.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e des [X.] 2002 i.d.[X.] 2008 vom 14. August 2007 ([X.], 1912, [X.], 630) und des Jahressteuergesetzes 2008 vom 20. Dezember 2007 ([X.], 3150, [X.], 218) --[X.]ewSt[X.] 2002 n.F.-- und die Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine [X.]mbH, die zu den Unternehmen der [X.] gehört. Die Unternehmen dieser [X.]ruppe betreiben hauptsächlich einen [X.]roßhandel mit Einzelhandelsunternehmen, die ebenfalls zum weiteren Bereich der Unternehmensgruppe zählen. Beliefert werden ca. 440 Einzelhandelsunternehmen, die selbstständig in der [X.]esellschaftsform der Offenen Handelsgesellschaft ([X.]) tätig sind. An den [X.] sind zu je 50 % Unternehmer vor Ort und jeweils ein Tochterunternehmen der Unternehmensgruppe beteiligt.

3

Ein großer Teil der Einzelhandelsunternehmen, ca. 300, hat die geschäftlichen Räumlichkeiten nebst Verkaufseinrichtungen zu einem umsatzabhängigen Miet-/Pachtzins von der Klägerin gepachtet. Diese hat ihrerseits die Ladenlokale überwiegend selbst zu einem festen Mietzins angemietet. Daneben vermietet die Klägerin in geringem Umfang eigene Immobilien.

4

Wegen der Anmietung der Immobilien berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) im angegriffenen [X.]ewerbesteuermessbescheid 2008 Hinzurechnungen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]ewSt[X.] 2002 n.F. Dagegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit Einspruch und Klage. Das Urteil des Finanzgerichts (F[X.]) Münster vom 22. August 2012  10 K 4664/10 [X.] ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EF[X.]) 2012, 2231 abgedruckt.

5

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]ewSt[X.] 2002 n.F. sei in Weitervermietungssituationen und damit im Streitfall normspezifisch verengt auszulegen und nicht einschlägig. Die Hinzurechnung habe außerdem zu unterbleiben, weil § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]ewSt[X.] 2002 n.F. verfassungswidrig sei. Die Regelung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des [X.]rundgesetzes ([X.][X.]), den Leistungsfähigkeitsgrundsatz und das objektive Nettoprinzip. Unternehmen mit einem hohen Bedarf an Immobilien würden gegenüber anderen [X.]ewerbetreibenden mit geringerem Immobilienbedarf ohne rechtfertigenden [X.]rund höher besteuert. Dies betreffe insbesondere Einzelhandelsketten, Warenhäuser und Hotelketten, die in großem Umfang Immobilien anmieteten und auf diese Anmietung angewiesen seien.

6

Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den angefochtenen [X.]ewerbesteuermessbescheid 2008 dahin zu ändern, dass keine Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]ewSt[X.] 2002 n.F. in Höhe von 33.567.544 € vorgenommen wird.

7

Das [X.] beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.] rechtsfehlerfrei angewendet. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, da der Senat von der Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnungsregelung nicht überzeugt ist.

9

1. Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst e GewStG 2002 n.[X.] werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb --unter weiteren, hier nicht streitigen [X.] ein Viertel der Summen aus dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder hinzugerechnet.

Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter. Für die Hinzurechnung nach § 8 GewStG 2002 n.[X.] ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre (Senatsurteile vom 29. November 1972 I R 178/70, [X.], 468, [X.] 1973, 148; vom 30. März 1994 I R 123/93, [X.], 554, [X.] 1994, 810).

2. Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Hinzurechnung im Streitfall vor.

a) Nach den bindenden Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) des [X.] standen die von der Klägerin angemieteten Geschäftsräume im Eigentum Dritter. Wäre sie die Eigentümerin der Immobilien, so gehörten diese auch zu ihrem Anlagevermögen. Denn im Streitfall dienen die Immobilien auf Dauer der betrieblichen Tätigkeit der Klägerin. Diese besteht darin, Einzelhändlern Geschäftslokale dauerhaft zur Verfügung zu stellen. In diesem Sinne werden die fraglichen Immobilien nicht, wie das [X.] meint, mittelbar, sondern unmittelbar für die eigenbetriebliche Tätigkeit der Klägerin benutzt. Die Tatsache der "Durchleitung" der Immobilien steht der Hinzurechnung nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Revision lassen sich dem Gesetz keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, Zwischenvermietungen nicht bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen (gl.A. z.B. Blümich/Hofmeister, § 8 GewStG Rz 233 und 217; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 8. Aufl., § 8 Nr. 1 Rz 18). Der Wortlaut ist eindeutig. Danach ist nur auf die Anmietung und Benutzung beim (Erst-)Mieter abzustellen, das weitere Schicksal des angemieteten Wirtschaftsguts ist nicht relevant. Weder der Begriff "Benutzung" noch der ertragsteuerrechtliche Begriff des Anlagevermögens können, wie die Klägerin meint, auf solche [X.] reduziert werden, in denen die angemieteten Wirtschaftsgüter im unmittelbaren (Fremd-) Besitz des (Erst-)Mieters verbleiben (vgl. Senatsurteil in [X.], 468, [X.] 1973, 148 zur An- und Weitervermietung von Containern). Ansonsten würden "[X.]", wie z.B. Hotels oder Mietwagenunternehmen, kein "Anlagevermögen benutzen". Der von der Revision ins Spiel gebrachten normspezifischen Auslegung bedarf es nur insoweit, als die Formulierung "Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens" auf die Verhältnisse von Mietern oder Pächtern übertragen werden muss, d.h. die Frage der Anlagevermögenseigenschaft auf der Grundlage der fingierten Eigentümerstellung des Mieters zu beantworten ist (Senatsurteil in [X.], 468, [X.] 1973, 148). Dass es bei einem anderen Steuersubjekt, dem [X.], gegebenenfalls auch zu einer Hinzurechnung eines Teils des Nutzungsentgelts kommt, ändert an der Tatbestandsverwirklichung beim Zwischenvermieter nichts.

b) Eine teleologische Reduktion der Hinzurechnungsvorschrift ist nicht geboten. Zweck der Hinzurechnungen ist es, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise der für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelte zu bestimmen (BTDrucks 16/4841, 78). Gesetzlicher Orientierungspunkt ist damit ein "typisiertes" Unternehmen, das eigenkapitalfinanziert ist (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2012 I B 128/12, [X.], 452, [X.] 2013, 30). Da auch bei der An- und Weitervermietung von Grundstücken, die im Eigentum eines Dritten stehen, Fremdkapital --anstelle von [X.] im Betrieb des Zwischenvermieters zum Zweck der Erwirtschaftung von Ertrag eingesetzt wird, entspricht es dem Zweck der Hinzurechnungsvorschrift, "durchgeleitete" Immobilien zu erfassen. Die von der Klägerin vertretene These, dass es hierbei nicht zu einer "Wertschöpfung im eigentlichen Sinne" kommt, ist unverständlich. Auch spielt es für die Tatbestandsverwirklichung im Streitfall keine Rolle, welche gewerbesteuerlichen Rechtsfolgen sich für den [X.] und den [X.] ergeben. Das betrifft die Ermittlung der Erträge anderer Gewerbebetriebe. Schließlich ist die Rechtsprechung zu sog. [X.] auf die streitgegenständliche Konstellation nicht übertragbar. Danach war von der Hinzurechnung sogenannter Dauerschuldzinsen gemäß § 8 Nr. 1 GewStG 2002 a.[X.] abzusehen, wenn dem Steuerpflichtigen aus der Kreditaufnahme und der Weitergabe des Kredits kein über die Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwuchs und der Steuerpflichtige den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen hatte (Urteil des [X.] --BFH-- vom 15. Mai 2008 IV R 77/05, [X.], 248, [X.] 2008, 767, m.w.N.). Die Vorinstanz hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Klägerin im Streitfall ein eigenbetriebliches Interesse an der Anmietung der Immobilien zu einem festen Mietzins und deren Weiterverpachtung zu einem umsatzabhängigen Entgelt hatte.

3. Über die Revision ist abschließend zu entscheiden, weil die Voraussetzungen für die Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des [X.] ([X.]) nicht vorliegen. Die erforderliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.] vermochte der Senat nicht zu gewinnen.

a) Der Senat hat sich in anderer Sache mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG 2002 n.[X.] in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes befasst und nach summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des auf der genannten Gesetzesbestimmung beruhenden Verwaltungsakts verneint (Senatsbeschluss in [X.], 452, [X.] 2013, 30). Für das vorliegend zur Entscheidung anstehende Revisionsverfahren hält der Senat nach nochmaliger Prüfung an der dort geäußerten Rechtsauffassung uneingeschränkt fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf. Die Revisionsbegründung basiert im Wesentlichen auf den bekannten verfassungsrechtlichen Einwendungen gegen die Gewerbesteuer, die das [X.] indes bis in die jüngste Vergangenheit hinein nicht bewogen haben, die Steuer als solche verfassungsrechtlich zu beanstanden. Aus diesen Gründen ist es auch ermessensgerecht, das Verfahren nicht bis zur Entscheidung des [X.] über die Vorlage des [X.] Hamburg (Beschluss vom 29. Februar 2012  1 K 138/10, E[X.] 2012, 960) gemäß § 74 [X.]O auszusetzen (vgl. Senatsbeschluss in [X.], 452, [X.] 2013, 30 zu den fehlenden Erfolgsaussichten des Normenkontrollersuchens).

aa) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die Gewerbesteuer als solche in ihrer Grundstruktur und herkömmlichen Ausgestaltung als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete [X.] auch neben der die Einkünfteerzielung erfassenden Einkommensteuer verfassungsrechtlich gerechtfertigt. In Kenntnis der bestehenden erheblichen steuersystematischen Unterschiede zwischen Einkommen- und Gewerbesteuer qualifiziert das [X.] die Gewerbesteuer als eine Abgabe, bei der die persönlichen Verhältnisse des Inhabers eines Gewerbebetriebs keine Rolle spielen. Die Bemessungsgrundlage bildet allein der Gewerbeertrag (§ 7 GewStG 2002 n.[X.]), der zwar an den gleichen Gewinn wie das Einkommensteuerrecht anknüpft, diesen aber durch objektsteuertypische Elemente zu einem Gewerbeertrag modifiziert, insbesondere durch Hinzurechnungen und Kürzungen (§§ 8, 9 GewStG 2002 n.[X.]). Dementsprechend konkretisiert sich auch die Leistungsfähigkeit in beiden Steuergegenständen unterschiedlich: Bei der Einkommensteuer zeigt sich die Leistungsfähigkeit in der individuellen Zahlungsfähigkeit des Steuerpflichtigen selbst und bei der Gewerbesteuer in der objektivierten Ertragskraft des Gewerbebetriebs (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 21. Juni 2006  2 BvL 2/99, [X.]E 116, 164, und vom 15. Januar 2008  1 BvL 2/04, [X.]E 120, 1, m.w.N.). Der Gesetzgeber ist allerdings nicht zu einer "reinen" Verwirklichung des so verstandenen [X.]prinzips verpflichtet ([X.]-Beschluss vom 25. Oktober 1977  1 BvR 15/75, [X.]E 46, 224, m.w.N.).

bb) Diesen Ausführungen des [X.] schließt sich der Senat an, weil nur so dem offenkundig zu Tage getretenen Willen des verfassungsgebenden und des [X.] (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 120, 1), wonach es eine Gewerbesteuer in herkömmlicher Ausprägung auch unter der [X.] geben darf, entsprochen wird. Damit sind der weiteren verfassungsrechtlichen Prüfung die vom [X.] entwickelten Grundsätze zu Grunde zu legen. Weder die Interpretation des [X.] Hamburg (Beschluss in E[X.] 2012, 960), wonach der vom [X.] verwendete Begriff "objektiviert" --ohne eigenständige Bedeutung für eine weitere Differenzierung des [X.] lediglich den Bezug zum Besteuerungsgegenstand "Gewerbebetrieb" herstelle, noch die Bemerkung der Klägerin, das [X.] verkenne offenbar in seinem Gewerbesteuerbeschluss in [X.]E 120, 1 die Weiterentwicklung der Gewerbesteuer und ordne diese weiterhin als Real- und [X.] ein, können daran etwas ändern. Den [X.] des [X.] Hamburg ist die Unmissverständlichkeit der Ausführungen des [X.] entgegenzuhalten, der Kritik der Revision der tatsächliche Gang der Dinge. Denn eine Fortentwicklung der Gewerbesteuer zu einer "reinen" ([X.] hat es so nicht gegeben; die den Steuertypus prägenden Hinzurechnungen wurden beibehalten oder --wie zuletzt mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 ([X.]) geschehen-- strukturell vereinheitlicht und ausgebaut (Senatsbeschluss in [X.], 452, [X.] 2013, 30; BTDrucks 16/4841, 79).

cc) Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Gewerbesteuer als ertragsorientierter [X.] folgt, dass die [X.], die auf die konkrete Steuerzahlungsfähigkeit des einzelnen Grundrechtsträgers abstellt und als deren einfach-rechtliche Ausprägung das objektive Nettoprinzip des Einkommensteuerrechts (§ 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002) zu gelten hat, nicht den Maßstab für die Prüfung der streitigen Hinzurechnungsregelung darstellt (a.A. z.B. Hey, [X.] --DStR-- 2009, Beih. 34, 109; Beschluss des [X.] Hamburg in E[X.] 2012, 960). Vielmehr kommt es darauf an, ob sich diese folgerichtig in das Konzept einer "ertragsorientierten [X.]" einfügen lässt.

b) Dies vorausgeschickt gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Verfassungswidrigkeit der Hinzurechnung eines Teils der gezahlten Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.]

aa) Hinzurechnungen als solche sind nicht zu beanstanden. Sie betreffen nicht die nähere Ausgestaltung des [X.], sondern bilden zusammen mit dem nach ertragsteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnden Gewinn und den Kürzungen (vgl. Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 1 GewStG 2002 n.[X.]) die Grundstruktur der Gewerbesteuer als vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete [X.]. Eine Gewerbesteuer ohne Hinzurechnungen entspricht dem Bild der herkömmlichen Gewerbesteuer nicht mehr. Die von ihnen ausgehenden Belastungen sind damit von der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Legitimität der Gewerbesteuer erfasst und von den betroffenen Grundrechtsträgern im Grundsatz hinzunehmen (vgl. [X.]-Entscheidung vom 13. Mai 1969  1 BvR 25/65, [X.]E 26, 1; [X.]-Beschlüsse vom 3. Juni 1970  1 BvR 333/70, [X.] --[X.]-- 1970, 401; vom 29. August 1974  1 BvR 67/73, [X.] 1974, 498).

Aus diesem Grund sind die auf eine Verletzung der Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1 und 12 Abs. 1 GG gestützten [X.] der Klägerin unbegründet. Dass Betriebe, die mit hohem Fremdkapitaleinsatz arbeiten und nur geringe Gewinne oder gar Verluste erzielen, wegen der Hinzurechnungen mit der Folge einer Substanzbesteuerung zur Gewerbesteuer herangezogen werden, liegt in der Natur einer "ertragsorientierten [X.]". Diese aus der Grundstruktur der herkömmlichen Gewerbesteuer herrührende, allgemein bekannte [X.] als ungerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte auf Eigentum und freie Berufsausübung zu qualifizieren, wie es die Klägerin unternimmt, entzieht der Steuer unmittelbar ihre Legitimität und verkehrt die Aussage des [X.] in das Gegenteil. Da die Hinzurechnung der Grundstücksmieten bei einem Zwischenvermieter unter dem Aspekt einer drohenden Substanzbesteuerung oder einer "Wegbesteuerung" des Gewinns im Vergleich zu den anderen --auch früher bereits geltenden-- [X.] keine für die verfassungsrechtliche Würdigung relevante Besonderheiten aufweist (a.A. wohl [X.]/[X.], [X.], 2106), gibt es keinen Grund, auf die umfangreichen Darlegungen und Berechnungen der Klägerin näher einzugehen. Allerdings kann bei der verfassungsrechtlichen Würdigung nicht unberücksichtigt bleiben, dass die behauptete [X.] im Wesentlichen auch Folge der selbst gewählten Struktur der Unternehmensgruppe ist, die das besonders hinzurechnungsbelastete Geschäftsfeld der "Zwischenvermietung" ausschließlich der einen Gesellschaft zuordnet und das von Hinzurechnungen weniger betroffene Geschäftsfeld des gewinnträchtigen Warenhandels ausschließlich einer anderen.

An der ständigen Rechtsprechung, dass die Hinzurechnungen --oder ertragsunabhängige Komponenten der Gewerbesteuer wie z.B. die frühere Lohnsumme als [X.] keine Verstöße gegen Art. 12 und Art. 14 GG bewirken, ist daher festzuhalten ([X.]-Entscheidungen vom 21. Dezember 1966  1 BvR 33/64, [X.]E 21, 54, betreffend [X.]; in [X.]E 26, 1, betreffend Art. 12 GG; BFH-Urteile vom 5. Juli 1973 IV R 215/71, [X.], 50, [X.] 1973, 739; vom 21. April 1977 IV R 161/75, [X.], 141, [X.] 1977, 512, dort auch zu [X.] im Einzelfall; [X.] vom 5. April 2005 IV B 96/03, [X.], 1564).

bb) Die Hinzurechnung auf Grundstücksmieten und –pachten zu erstrecken, wie durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 mit dem neu geschaffenen Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.] geschehen, ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht angreifbar. Sie ist [X.] Ausdruck der gesetzgeberischen Grundentscheidung, zwecks Verwirklichung des [X.]prinzips grundsätzlich alle Aufwendungen, die ein Finanzierungselement im weitesten Sinne beinhalten, nur noch eingeschränkt bei der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen (vgl. BTDrucks 16/4841, 31 und 78 f.; [X.], [X.], Beih. 40, 2, 11). Dass Mietzinsen oder Leasingentgelte typischerweise einen solchen Finanzierungsanteil enthalten, bestreitet auch die Klägerin nicht. Es ist ferner nicht erkennbar, warum die Tatsache der Weitervermietung Anlass zu verfassungsrechtlich zwingenden Differenzierungen geben sollte. Es spielt für die Hinzurechnungstatbestände generell keine Rolle, zu welchen konkreten betrieblichen Zwecken das Fremdkapital eingesetzt wird und ob und in welcher Höhe es tatsächlich zur Wertschöpfung beiträgt. Schließlich beruht die von der Revision vermisste Folgerichtigkeit der gesetzlichen Regelung auf der Annahme, dass der Gegenstand der Gewerbesteuer in der Orientierung an dem [X.]sprinzip konsequent auszugestalten ist. Diese Grundannahme ist aber, wie oben bereits ausgeführt, unzutreffend.

cc) Bei der näheren Ausgestaltung des Hinzurechnungstatbestands, insbesondere bei der Bestimmung der Höhe des [X.], ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung, Typisierung und Pauschalierung zu beachten (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 120, 1).

aaa) Die Grenzen, die ihm dabei gesetzt sind, sind weit zu ziehen. Dies folgt aus der Rechtsprechung des [X.], die an der vergleichbar pauschalen Festlegung der jeweiligen Hinzurechnungsbeträge in früheren Fassungen des § 8 GewStG bislang keinen Anstoß genommen hat ([X.]-Entscheidung in [X.]E 26, 1 und [X.]-Beschluss in [X.] 1974, 498, betreffend die hälftige Hinzurechnung der Mietzinsen für die Überlassung beweglicher Wirtschaftsgüter). Außerdem bedingt die --verfassungsrechtlich zulässige-- grobe Orientierung an einem "fiktiven" eigenkapitalfinanzierten Vergleichsunternehmen beträchtliche Unschärfen, die sich in einer freieren tatbestandlichen Ausgestaltung niederschlagen (dürfen). Eine uneingeschränkt realitätsgetreue Abbildung der "Wirklichkeit" ist damit ebenso wenig geboten ([X.] in [X.], 452, [X.] 2013, 30) wie eine "reine" Verwirklichung des [X.]prinzips ([X.]-Beschluss in [X.]E 46, 224).

bbb) Zureichende Anhaltspunkte für einen Verfassungsverstoß gibt es danach entgegen der Auffassung der Revision, des [X.] Hamburg (Beschluss in E[X.] 2012, 960) und Teilen der Literatur (z.B. [X.]/[X.], Der Betrieb 2012, 1169; [X.]/ Karrenbrock, [X.], 2046) nicht. Dem § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.] liegt die Vorstellung zugrunde, dass der in Mieten und Pachten enthaltene Finanzierungsanteil im Wesentlichen vom Umfang des berücksichtigten [X.] für das überlassene Wirtschaftsgut abhängig ist, der bei Immobilien niedriger ist als bei beweglichen Wirtschaftsgütern. Umgekehrt ist der Finanzierungsanteil bei Grundstücksmieten höher (BTDrucks 16/4841, 80). Der Gesetzgeber hat ihn --für das Streitjahr 2008-- pauschal mit dreizehn Zwanzigstel, also 65 %, angesetzt. Die Pauschalierung als solche begegnet keinen Bedenken. Die Regelung in § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 n.[X.] ist angesichts der weiten Verbreitung gewerblicher Grundstücksmietverhältnisse zur Bewältigung von Massenvorgängen bestimmt und daher in besonderer Weise auf Vereinfachung angewiesen. Zudem ist die jeweils individuelle Bestimmung des [X.] einer einzelnen Grundstücksüberlassung mit ganz erheblichem Aufwand für die Finanzverwaltung, den Steuerpflichtigen und ggf. den Vermieter verbunden, da zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen sind und der Finanzierungsanteil während der Vertragslaufzeit Änderungen unterliegen kann (vgl. zum [X.] Schreiben des [X.] vom 23. März 2007, [X.] 16/56, S. 248 ff.; [X.]/Wohl, Zur gewerbesteuerlichen Behandlung des Leasing im Unternehmensteuerreformgesetz 2008, [X.] 16/56, S. 264 ff.). Wenn es einen --verfassungsrechtlich [X.] Bedarf an Typisierung und Pauschalierung gibt, dann sieht der Senat ihn hier. Deswegen war insbesondere auch eine "Dynamisierung" der Quote, also deren Ankopplung an einen sich ständig ändernden Referenzzinssatz (so [X.]/Karrenbrock, [X.], 2046), verfassungsrechtlich nicht vonnöten (vgl. Senatsbeschluss in [X.], 452, [X.] 2013, 30). Im Gesetzgebungsverfahren haben denn auch die angehörten Verbände und Sachverständigen durchweg die Pauschalierung nicht nur nicht beanstandet, sondern teilweise als geboten angesehen ([X.] 16/56, S. 188, 276). Die Höhe des vom Gesetzgeber pauschal mit 65 % angenommenen [X.] beruht auf fundierten Schätzungen der branchenkundigen Verbände, deren Sachverstand sich der Gesetzgeber im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nutzbar gemacht hat (vgl. z.B. [X.]e Nr. 16/56, S. 53, 251 ff., 263 ff., und 16/59, S. 42). Je schwieriger es für den Gesetzgeber ist, ein Bild von der vielgestaltigen Realität zu gewinnen, desto größer werden seine Typisierungsspielräume, jedenfalls dann, wenn die Eingriffsintensität, wie vorliegend, wegen der geringen [X.] von einem Viertel und dem Freibetrag von 100.000 € im Regelfall eher gering ist. Daraus folgt, dass der Gesetzgeber zu einer groben Schätzung berechtigt war. Denn in tatsächlicher Hinsicht variieren die Finanzierungsanteile von Vertragstyp zu Vertragstyp (z.B. "klassischer" Gewerbemietraumvertrag, Voll- und [X.]) in erheblichem Ausmaß. In Abhängigkeit unterschiedlicher Faktoren (z.B. Laufzeit, Finanzierungszins, Wertverhältnis Grundstück zu Gebäude, [X.], Umfang der Nebenleistungen u.a.) und verschiedener Berechnungsmethoden lassen sich beim Leasing Werte in einer großen Bandbreite von bis zu über 60 % ermitteln, die am Beginn der Vertragslaufzeit noch deutlich höher liegen können. Im Bereich der "klassischen" Immobilienvermietung gehen die Schätzungen von geringeren Quoten aus (vgl. [X.] 16/56, S. 248 ff. und S. 264 ff.; Stellungnahme des [X.] zum Referentenentwurf zur Unternehmensteuerreform vom 23. Februar 2007, abrufbar unter www.bdl.leasingverband.de/presse/statements).

ccc) Dass der Gesetzgeber den Finanzierungsanteil schließlich mit 65 % angesetzt hat, ist angesichts der erheblichen tatsächlichen Unsicherheiten, des großen Typisierungs- und Pauschalierungsspielraums und der ohnehin nur im Umfang von einem Viertel des [X.] erfolgenden Hinzurechnung deshalb hinzunehmen. Dass er den Anteil mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2010 auf 50 % abgesenkt hat (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG 2002 i.d.[X.] des Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums vom 22. Dezember 2009, [X.], 3950, [X.], 2) setzt die früher getroffene Entscheidung angesichts eines allgemein sinkenden Zinsniveaus und der nach wie vor bestehenden Bandbreite von "richtigen" Werten nicht ins Unrecht. Der von der Klägerin und in der Literatur (z.B. [X.]/[X.], Der Betrieb 2012, 1169) erhobene Vorwurf der willkürlichen Festsetzung des [X.] ist nach alledem unberechtigt.

Meta

I R 70/12

04.06.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 22. August 2012, Az: 10 K 4664/10 G, Urteil

§ 8 Nr 1 Buchst e GewStG 2002 vom 14.08.2007, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, § 8 Nr 1 Buchst e GewStG 2002 vom 20.12.2007, GewStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.06.2014, Az. I R 70/12 (REWIS RS 2014, 5084)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5084


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 2836/14

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2836/14, 26.02.2016.


Az. I R 70/12

Bundesfinanzhof, I R 70/12, 04.06.2014.


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7 K 3250/12

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