Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.11.2020, Az. III R 38/17

3. Senat | REWIS RS 2020, 3682

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Gegenstand

Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen bei Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter


Leitsatz

1. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass Miet- oder Pachtaufwendungen, die ohne das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nach § 255 Abs. 2 und 2a HGB Herstellungskosten immaterieller Wirtschaftsgüter wären, die bereits im Jahr der Herstellung aus dem Anlagevermögen ausscheiden, nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und e GewStG hinzugerechnet werden, obwohl eine Hinzurechnung bei der Herstellung materieller Wirtschaftsgüter unterbleiben würde.

2. Zur Zuordnung angemieteter Gegenstände zum fiktiven Anlagevermögen eines Filmherstellers.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 25.10.2017 - 11 K 11196/17 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, stellt Filme, Videofilme und Fernsehprogramme her. Der Schwerpunkt ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit liegt in der Produktion von Kino- und TV-Filmen, jeweils als Einzelprojekt. Die Herstellungskosten finanziert sie mit Fördermitteln, [X.] und Lizenzvergütungen sowie einem Eigenmittelanteil. Die Gewährung öffentlicher Fördergelder erfolgt oft unter der Bedingung, dass ein gewisser Anteil der Herstellungskosten des jeweiligen Filmes in einer bestimmten Region anfallen muss.

2

Jeder Film wird nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) an anderen Drehorten mit unterschiedlicher technischer Ausrüstung, anderen Kostümen und Requisiten gedreht. Dafür mietet die Klägerin die jeweils benötigten Räumlichkeiten und Gegenstände an. Die konkrete Auswahl der anzumietenden Räumlichkeiten und Gegenstände bestimmt sich nach den Wünschen des jeweiligen Filmteams sowie den Vergabebedingungen der Fördergelder. Ein Verschleiß der angemieteten Räumlichkeiten und Gegenstände findet während der in der Regel 30 Tage andauernden Filmproduktion nicht statt. Nach der Filmproduktion gibt die Klägerin die für den einzelnen Film angemieteten Räume und Gegenstände an den jeweiligen Vermieter zurück.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) führte bei der Klägerin für die Jahre 2010 bis 2012 eine Außenprüfung durch, die zu dem Ergebnis kam, dass der Gewerbeertrag der Klägerin in den Streitjahren um die Mietzahlungen zu erhöhen sei. Die Aufwendungen der Klägerin für die Anmietung beweglicher und unbeweglicher Wirtschaftsgüter für Filmprojekte belaufen sich auf 135.960 [X.] 2010, 586.444 [X.] und 120.611 [X.] 2012. Die vorstehend genannten Beträge setzen sich u.a. aus Mietaufwendungen für folgende Positionen zusammen: [X.] (2. Kamera), [X.], [X.], Kran, Playbackanlage, Bürogeräte, Büroräume, Produktionsbüro, sonstige Räume, Hallenmiete, Nachdrehtag, Ausstattung Leih, Basis Aggregat, Aggregat Schweiz, [X.], Beleuchtungsgeräte, Lampen, Kabel, Sprechfunkgeräte.

4

Der Prüfer rechnete diese Aufwendungen dem Gewerbeertrag nach § 8 Nr. 1 Buchst. d des [X.] ([X.]) hinzu, und zwar auch, soweit sie unbewegliche Wirtschaftsgüter betrafen. Das [X.] erließ am 13.07.2015 sowie nochmals am 10.11.2015 entsprechend geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für die Jahre 2010 bis 2012 sowie über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Gewerbesteuer auf den 31.12.2010, den 31.12.2011 und den 31.12.2012 und wies den dagegen gerichteten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 als unbegründet zurück.

5

Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg vom 25.10.2017 - 11 K 11196/17, Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 225). Das [X.] entschied, das [X.] habe zu Recht Miet- und Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet. Die jeweils nur einmalige und projektbezogene Anmietung der Gegenstände spreche nicht gegen die fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen, denn es habe sich bei den Räumlichkeiten, der technischen Ausstattung und den Kostümen und Kulissen um mehr oder weniger vergleichbare Gegenstände gehandelt. Es komme nicht darauf an, dass die jeweils angemieteten Räumlichkeiten und Gegenstände wegen der schöpferischen Einzigartigkeit des einzelnen Filmprojektes keinen Wert für andere Filme hätten und eine mehrfache Verwendung durch die Klägerin ausgeschlossen sei. Die Klägerin sei --anders als die [X.] in der vom [X.] ([X.]) durch Urteil vom 25.10.2016 - I R 57/15 ([X.]E 255, 280) entschiedenen Sache-- bei den Anmietungen auch nicht bloß als Dienstleisterin oder Mittlerin aufgetreten, sondern habe unternehmerische Entscheidungen treffen können. Soweit Mietaufwendungen für Räumlichkeiten nach § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] statt nach § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] hinzugerechnet worden seien, könne nicht verbösert werden.

6

Die Klägerin wendet sich gegen das Urteil des [X.] mit der Revision und trägt zur Begründung vor, die angemieteten Wirtschaftsgüter gehörten nicht zu ihrem fiktiven Anlagevermögen. Die Hinzurechnung der Miet- und Pachtaufwendungen sei zudem gleichheitswidrig (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), weil Steuerpflichtige, die wie sie --die [X.] immaterielle Wirtschaftsgüter herstellten, einer höheren Gewerbesteuerbelastung unterlägen als Steuerpflichtige, die mit ihren hergestellten Produkten nicht dem [X.] 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterlägen.

7

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Gewerbesteuermessbescheide für 2010, 2011 und 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 dergestalt zu ändern, dass die nach § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] vorgenommene Hinzurechnung der Mietzahlungen im Umfang von 135.960 € (2010), 586.444 € (2011) und 120.611 € (2012) unterbleibt.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Das [X.] ist dem Rechtsstreit beigetreten. Es unterstützt die Auffassung des [X.] und führt aus, die Requisiten, Gerätschaften und Räumlichkeiten würden zum Anlagevermögen rechnen, wenn der Filmproduzent Eigentümer wäre; das Merkmal der Dauerhaftigkeit des Einsatzes zum Gebrauch werde nach den Grundsätzen des [X.]-Urteils vom [X.] - I R 123/93 ([X.]E 174, 554, [X.] 1994, 810) auch bei sehr kurzfristiger Anmietung erfüllt. Das [X.]-Urteil in [X.]E 255, 280, dessen Bedeutung und Reichweite nicht ganz klar sei, stehe der Annahme fiktiven Anlagevermögens nicht entgegen. Der [X.] gehe insofern von einem Sonderfall aus; falls der II[X.] dies anders sehe und sich auf die Grundsätze des Urteils in [X.]E 255, 280 stützen wolle, müsse er den [X.] anrufen. Das dort verwendete Kriterium der Auftragsgebundenheit habe in der Literatur zu Gestaltungsvorschlägen geführt, wonach z.B. Konzertveranstalter im [X.] tätig werden sollten. Dies zeige, dass die Auftragsbezogenheit des [X.] kein Kriterium für die Hinzurechnung sein könne. Die Hinzurechnung nicht aktivierter Mietaufwendungen sei folgerichtig.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O). Eine Aussetzung des Verfahrens zwecks einer Richtervorlage gemäß Art. 100 Abs. 1 GG kommt nicht in Betracht, da die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen auch in Fällen, in denen Steuerpflichtige immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens herstellen, nach Auffassung des [X.]s nicht verfassungswidrig ist (2. und 3.). Der [X.] kann jedoch aufgrund der Feststellungen des [X.] nicht beurteilen, ob und in welcher Höhe die streitigen Mieten zur Ermittlung des [X.] hinzuzurechnen sind (4.).

1. Nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] werden zur Ermittlung des [X.] (§ 7 Satz 1 [X.]) dem Gewinn aus Gewerbebetrieb unter weiteren hier nicht streitigen Voraussetzungen u.a. ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, sowie der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

a) Der Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] differenziert nicht nach dem Ort der Belegenheit der Wirtschaftsgüter oder der Ansässigkeit des Vermieters. Die Regelung betrifft daher auch Nutzungsentgelte, die an im Ausland ansässige Vermieter/Verpächter oder für eine Nutzungsüberlassung im Ausland gezahlt werden ([X.]surteil vom 25.07.2019 - III R 22/16, [X.], 386, [X.], 51, Rz 19; [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 4; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 2019, § 8 Nr. 1 Buchst. d Rz 39). Da keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das "Aggregat [X.]" mit einer ausländischen Betriebsstätte im Zusammenhang steht (vgl. dazu Blümich/Hofmeister, § 8 [X.] Rz 27), ist unerheblich, ob es --was das [X.] nicht festgestellt hat-- im Inland oder in der [X.] angemietet oder genutzt wurde.

b) Gegenstand der Hinzurechnung sind Miet- und Pachtzinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts (§§ 535 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs). Der Nutzungsvertrag muss daher seinem wesentlichen rechtlichen Gehalt nach ein Miet- oder Pachtverhältnis i.S. des bürgerlichen Rechts sein (z.B. [X.]-Urteil in [X.], 280). Insoweit bestehen im [X.] als z.B. bei den Reisevorleistungen in der durch [X.]surteil in [X.], 386, [X.], 51 entschiedenen [X.] keine Zweifel.

2. Gegen die Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter bestehen grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Gewerbesteuer, eine in ihrer Grundstruktur und herkömmlichen Ausgestaltung vornehmlich auf den Ertrag des Gewerbebetriebs gerichtete [X.], ist als solche verfassungsgemäß. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insbesondere auch nicht gegen die Hinzurechnung von Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter oder Immobilien nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] ([X.]surteil vom 14.06.2018 - III R 35/15, [X.], 558, [X.] 2018, 662, Rz 19 ff., m.w.N., betreffend angemietete Hotels, dagegen Verfassungsbeschwerde 1 BvR 2150/18; [X.]sbeschluss vom [X.] - III R 33/17, [X.], 781, betreffend Tankstellen; [X.]-Urteile vom 08.12.2016 - IV R 55/10, [X.], 519, [X.] 2017, 722, betreffend Zwischenvermietung von Wohnimmobilien; vom 04.06.2014 - I R 70/12, [X.], 67, [X.] 2015, 289, betreffend Ladenlokale).

3. Die bisher höchstrichterlich nicht erörterte Frage, ob die Hinzurechnung insoweit gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstößt, als Miet- und Pachtzinsen bei Steuerpflichtigen, die immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens herstellen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden, während eine Hinzurechnung unterbleibt, wenn Steuerpflichtige materielle Wirtschaftsgüter herstellen und die Miet- und Pachtzinsen als Teil der Herstellungskosten aktivieren, ist zu verneinen.

a) Miet- oder Pachtaufwendungen können gemäß § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) als Einzelkosten oder als angemessene Teile der Gemeinkosten die Herstellungskosten erhöhen ([X.]surteil vom 30.07.2020 - III R 24/18, [X.], 342; [X.]/[X.], EStG, 39. Aufl., § 6 Rz 195; [X.]/[X.] in [X.] Bil.-Komm., 12. Aufl., § 255 HGB Rz 470) und sind dann nach § 5 Abs. 6 EStG zu aktivieren ([X.]-Urteil vom 21.10.1993 - IV R 87/92, [X.], 462, [X.] 1994, 176; [X.] in [X.], EStG, 19. Aufl., § 5 Rz 7).

Dies gilt indessen nicht für selbst hergestellte immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Diese sind in der Steuerbilanz nicht nach § 255 Abs. 2a HGB zu bewerten; vielmehr ist ein Aktivposten in der Steuerbilanz nur anzusetzen, wenn sie entgeltlich erworben wurden (§ 5 Abs. 2 EStG). Für Umlaufvermögen gilt § 5 Abs. 2 EStG dagegen nicht; insoweit bestehen mithin keine diesbezüglichen Unterschiede zwischen der Aktivierung materieller und immaterieller Wirtschaftsgüter.

b) Miet- oder Pachtaufwendungen, die als Teil der Herstellungskosten eines materiellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens in der Bilanz aktiviert werden, mindern den Gewinn nicht. Sie werden daher nicht hinzugerechnet, weil es an der für § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] erforderlichen Gewinnabsetzung fehlt ([X.]surteil in [X.], 342).

Wird unter sonst gleichen Umständen ein immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens hergestellt, so mindern die dafür getätigten Miet- oder Pachtaufwendungen wegen des [X.] in § 5 Abs. 2 EStG den Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 [X.]). Sie werden jedoch hinzugerechnet, allerdings gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] nur zu einem Zwanzigstel (Miete beweglicher Wirtschaftsgüter) oder gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. [X.] zu einem Achtel (Miete unbeweglicher Wirtschaftsgüter), soweit die Summe der Hinzurechnungen 100.000 € übersteigt.

Bei ansonsten gleichen Umständen führt mithin die Herstellung eines am Bilanzstichtag noch vorhandenen materiellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens zu einem höheren Gewerbeertrag als die Herstellung eines immateriellen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens. Die Hersteller materiellen Anlagevermögens werden insoweit im Jahr der Herstellung gegenüber Herstellern immateriellen Anlagevermögens durch einen höheren Gewerbeertrag benachteiligt.

Dem Nachteil eines höheren [X.] infolge der Aktivierung der Mietaufwendungen als Herstellungskosten materieller Wirtschaftsgüter steht zwar eine Gewinnminderung in späteren Jahren infolge etwaiger Absetzungen für Abnutzung oder durch Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Betriebsvermögen gegenüber. Dies führt indessen nicht notwendig zu einer entsprechenden Minderung der Gewerbesteuer, wenn z.B. der Gewerbeertrag in jenen Jahren negativ ausfällt oder --bei Einzelunternehmen und [X.] unter dem Freibetrag des § 11 Abs. 1 [X.] liegt; zudem wäre dieser mögliche künftige Vorteil bei wirtschaftlicher Betrachtung abzuzinsen.

c) Die Herstellung materieller Wirtschaftsgüter erweist sich im Hinblick auf die Hinzurechnung von Miet- oder Pachtaufwendungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] indessen als vorteilhaft gegenüber der Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter, wenn es sich um Anlagevermögen handelt, das vor dem Bilanzstichtag aus dem Betriebsvermögen ausscheidet. Denn dann unterbleibt sowohl die Neutralisierung der in die Herstellungskosten einzubeziehenden Miet- und Pachtaufwendungen durch die Aktivierung in der Bilanz als auch deren Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] ([X.]surteil in [X.], 342). Bei Herstellung immaterieller Wirtschaftsgüter mindert sich der Gewinn aus Gewerbebetrieb um die Miet- und Pachtaufwendungen, diese werden dann jedoch nach § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] hinzugerechnet.

Eine Benachteiligung der Klägerin kommt somit nur in Betracht, soweit die von ihr hergestellten Filme, die trotz ihrer Verkörperung auf Datenträgern oder Filmrollen immaterielle Wirtschaftsgüter darstellen, zu ihrem Anlagevermögen gehören (vgl. zur Bilanzierung von Filmen [X.] vom 06.11.2008 - IV B 126/07, [X.], 294, [X.] 2009, 156; [X.]-Urteil vom 20.09.1995 - X R 225/93, [X.], 434, [X.] 1997, 320; Söffing/Schaz, Der Betrieb --[X.]-- 2016, 1838) und trotz ihrer Zugehörigkeit zum Anlagevermögen noch im Wirtschaftsjahr der Herstellung, d.h. vor dem Bilanzstichtag, aus ihrem Betriebsvermögen ausscheiden.

d) Falls der Klägerin --was das [X.] nicht festgestellt hat-- Miet- oder Pachtaufwendungen für Filme entstanden sind, die bereits im Jahr der Herstellung aus ihrem Anlagevermögen ausschieden, und die ohne das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG nach § 255 Abs. 2 und 2a HGB als Herstellungskosten dieser unterjährig ausgeschiedenen Filme zu behandeln gewesen wären, würde dies der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Klägerin wäre auch dann nicht gegenüber einer Herstellerin materieller Wirtschaftsgüter unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG benachteiligt. Insoweit hat der [X.] im Urteil vom 17.01.2019 - III R 35/17 ([X.], 32, [X.] 2019, 407, betreffend Hinzurechnung bei Hotels) ausgeführt, dass dem Gesetzgeber nach dem vom [X.] ([X.]) zu Art. 3 Abs. 1 GG entwickelten Maßstab zur Verfassungskonformität von Steuergesetzen bei der Auswahl eines [X.] sowie bei der Bestimmung des Steuersatzes ein weitreichender Entscheidungsspielraum zusteht ([X.]-Beschluss vom 15.02.2016 - 1 BvL 8/12, [X.] 2016, 557, Rz 25, m.w.N.; [X.]-Urteil vom 10.04.2018 - 1 BvR 1236/11, [X.] 2018, 303, Rz 105). Danach wird der Gleichheitssatz nicht verletzt, wenn der Gesetzgeber einen Sachgrund für die Wahl des [X.] vorbringen kann, die Berücksichtigung sachwidriger, willkürlicher Erwägung ausgeschlossen ist und die konkrete Belastungsentscheidung für ein Steuerobjekt nicht mit anderen Verfassungsnormen in Konflikt gerät. Selbst wenn der Gesetzgeber bei der gesetzlichen Konkretisierung der Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften nur einen eingeschränkten Gestaltungsspielraum haben sollte, unterliegt seine Entscheidung keiner strengen [X.], wie sie das [X.] z.B. im Urteil vom 09.12.2008 - 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08 ([X.]E 122, 210) zur sog. Pendlerpauschale angestellt hat. Vielmehr genügt es, wenn sich die [X.] folgerichtig in das Konzept einer ertragsorientierten [X.] einfügen lassen ([X.]-Beschluss in [X.] 2016, 557, Rz 33; [X.]-Urteile in [X.], 67, [X.] 2015, 289, Rz 18 ff.; in [X.], 519, [X.] 2017, 722). So muss z.B. die der Höhe nach unterschiedliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nicht einem strikten Folgerichtigkeitsmaßstab genügen ([X.]surteil in [X.], 781, Rz 18 bis 22). Danach ist es im Hinblick auf Art. 3 GG unbedenklich, wenn Miet- und Pachtzahlungen nur dann hinzugerechnet werden, wenn sie nicht zuvor in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts eingingen. Es handelt sich insoweit um eine den Steuerpflichtigen nicht gleichheitswidrig belastende konsequente Folge des grundsätzlich steuerlich vorteilhaften Aktivierungsverbots in § 5 Abs. 2 EStG.

4. Das [X.] hat indessen auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen zu Unrecht erkannt, dass die Entgelte i.S. von § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] für die Benutzung der "unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen", geleistet wurden. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif.

a) Der Begriff des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind danach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 HGB). Das sind die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter.

Für die Hinzurechnung nach § 8 [X.] ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters gehörten, wenn er ihr Eigentümer wäre. Diese Fiktion ist auf den Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. d und [X.] zurückzuführen, durch die Hinzurechnung i.S. einer Finanzierungsneutralität einen objektivierten Ertrag des Gewerbebetriebs zu ermitteln (z.B. [X.]surteil in [X.], 386, [X.], 51, Rz 22, m.w.N.).

Die Frage, ob das fiktiv im Eigentum des Steuerpflichtigen stehende Wirtschaftsgut zu dessen Anlagevermögen gehören würde, orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung im Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (z.B. Art des Wirtschaftsguts, Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung; siehe [X.]-Urteil in [X.], 526, Rz 18; Mohr, Inkongruenzen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung, 2016, S. 271; [X.], [X.], 1568, 1573). Gemeint ist, dass es sich bei dem überlassenen Wirtschaftsgut der Art nach um Anlagevermögen handeln muss, wobei es ausreicht, wenn es dazu gewidmet ist, auf Dauer eine Nutzung im Geschäftsbetrieb zu ermöglichen ([X.], [X.] 2014, 1762, 1763 f.). Insoweit spricht insbesondere die Verwendung des Wirtschaftsguts als Produktionsmittel für die Zuordnung zum Anlagevermögen, während eine Verwendung als zu veräußerndes Produkt eine Zuordnung zum Umlaufvermögen nahe legt ([X.]-Urteil vom 05.06.2008 - IV R 67/05, [X.], 265, [X.] 2008, 960, unter [X.]; [X.]surteil in [X.], 386, [X.], 51, Rz 22).

Die Prüfung muss daher den Geschäftsgegenstand des Unternehmens in den Blick nehmen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren ([X.]-Urteile in [X.], 526, Rz 19, mit Hinweis auf das [X.]-Urteil in [X.], 280, Rz 21); die Fiktion darf nicht weiter reichen, als es die Vorstellung eines das Miet- oder Pachtverhältnis ersetzenden Eigentums gebietet.

Ein Gegenstand kann zwar auch dann dem Anlagevermögen zuzuordnen sein, wenn er nur kurzfristig gemietet oder gepachtet wird; dies gilt selbst dann, wenn sich das Miet- oder Pachtverhältnis lediglich auf Tage oder Stunden erstreckt ([X.]surteil in [X.], 386, [X.], 51). Insoweit darf für die Einordnung als Anlagevermögen die Zeitkomponente "dauernd" nicht als reiner Zeitbegriff im Sinne von "immer" oder "für alle Zeiten" verstanden werden ([X.]-Urteil in [X.], 265, [X.] 2008, 960, unter [X.], m.w.N., betreffend Baumbestand eines Forstbetriebs). Das setzt indessen voraus, dass der Steuerpflichtige derartige Wirtschaftsgüter ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb benötigt. Dies hat der [X.] etwa bejaht, wenn der Steuerpflichtige wiederholt gleichartige Container zur Weitervermietung ([X.]-Urteil vom 29.11.1972 - I R 178/70, [X.]E 107, 468, [X.] 1973, 148, unter 2.) oder gleichartige Bestuhlungen und Beschallungsanlagen zur eigenen Nutzung in Sälen und Stadien ([X.]-Urteil in [X.]E 174, 554, [X.] 1994, 810, unter 1.) angemietet hat (vgl. auch [X.]-Urteil in [X.], 67, [X.] 2015, 289, betreffend Vermietung angemieteter Einzelhandelsgeschäfte durch Großhändler).

Eine Zuordnung zum (fiktiven) Anlagevermögen scheidet danach aus, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen ([X.]-Urteil in [X.], 526, Rz 26), sondern sie jeweils nur im Zusammenhang mit einem konkreten Produkt und daher "flüchtig" benötigt; sie würden dann nicht zu seinem dem Betrieb auf Dauer gewidmeten Betriebskapital gehören ([X.]-Urteil in [X.]E 174, 554, [X.] 1994, 810, unter II.1.c).

b) Das [X.] hat --gemessen an den vorstehenden [X.] den Geschäftsgegenstand des Unternehmens der Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt und sich nicht so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen der Klägerin orientiert. Es hat zwar die [X.] und dabei die Funktion der benötigten Räumlichkeiten, Technik und Ausstattungsgegenstände gewürdigt, dabei aber zu Unrecht die von ihm angenommene wiederholte einmalige Verwendung gleichartiger Gegenstände für die Zuordnung zum (fiktiven) Anlagevermögen genügen lassen.

aa) Der [X.] hat dementsprechend in seinem Urteil in [X.], 386, [X.], 51 die von einem Reiseveranstalter angemieteten [X.] nicht als fiktives Anlagevermögen beurteilt, obwohl ein Reiseveranstalter zur Durchführung von Reisen immer wieder ("gleichartige") Hotelzimmer benötigt. Maßgeblich war dabei insbesondere die Erwägung, dass die Hotelzimmer nicht wie bei einem Hotelier der dauerhaften und langfristigen Schaffung möglichst vieler Produkte dienen (Übernachtungen, Verpflegungen, Veranstaltungen), sondern als [X.] in das Produktbündel "Pauschalreise" einfließen.

bb) Im Streitfall hat sich die Abgrenzung zwischen fiktivem Anlage- oder Umlaufvermögen daher daran zu orientieren, ob das zeitlich begrenzte (fiktive) Eigentum an den angemieteten beweglichen und unbeweglichen Sachen nach den betrieblichen Verhältnissen der Klägerin dazu bestimmt ist, der dauerhaften Herstellung neuer Produkte zu dienen, oder ob die Nutzung sich mit der Herstellung eines Produktes --d.h. hier: eines [X.] gleichsam verbraucht. Zum Zwecke der Würdigung könnte mithin erwogen werden, ob das jeweils angemietete Wirtschaftsgut --ähnlich wie z.B. die Werkzeuge eines Handwerkers, der Maschinenpark eines Fabrikanten, das Hotel eines Hoteliers, die Kanzleiräume und die Büroausstattung eines Rechtsanwalts oder Ausstellungsräume und Vorführwagen eines [X.] zur Erzeugung von Leistungen und Produkten eingesetzt wird, oder ob es --wie Beton, Heizungsanlagen und Badezimmerobjekte bei einem Bauunternehmen oder von einem Reiseveranstalter bezogene [X.] gleichsam Bestandteil des "Produktes Film" wird.

Danach könnte sich beispielsweise ergeben, dass die Miete für einige bewegliche Wirtschaftsgüter wie Kameras und Beleuchtungssysteme sowie für Produktionsräume trotz nur [X.] Anmietung hinzuzurechnen ist, weil diese wie Werkzeuge eines Warenfabrikanten der Herstellung von Produkten --der [X.] dienen, angemietete [X.] oder Ausstattungsgegenstände jedoch gewissermaßen in das "Produkt Film" eingehen, weil sie voraussichtlich nur einmal in einen einzelnen Film gezeigt werden.

Dabei wäre auch zu berücksichtigen, ob ein Eigentumserwerb an den angemieteten unbeweglichen oder beweglichen Wirtschaftsgütern dem betrieblichen Gebrauch der Klägerin auf Dauer dienlich sein könnte, was --wie in dem eine Messedurchführungsgesellschaft betreffenden [X.]-Urteil in [X.], 280-- hier wegen der Herstellung von Filmen als Einzelprojekten ohne Verbindung zu anderen Filmen der Klägerin zweifelhaft erscheinen kann.

c) Der [X.] ist als Revisionsgericht gehindert, die im Hinblick auf die vorgenannten Kriterien zur Abgrenzung des fiktiven [X.] vom fiktiven Anlagevermögen erforderliche weitere Aufklärung des Sachverhalts und die anschließende Würdigung vorzunehmen.

5. Der [X.] weist für den zweiten Rechtsgang auf Folgendes hin:

Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Verböserung im finanzgerichtlichen Verfahren ausgeschlossen ist (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O). Dessen ungeachtet können etwaige Fehler zu Lasten der Klägerin grundsätzlich mit Fehlern zu ihren Gunsten saldiert werden. Sollte sich z.B. ergeben, dass Mietzahlungen für einige Wirtschaftsgüter zu Unrecht hinzugerechnet wurden, wird zu prüfen sein, inwieweit dem Grunde nach zu Recht hinzugerechnete Mietzahlungen für unbewegliche Wirtschaftsgüter geleistet wurden, die nach § 8 Nr. 1 Buchst. [X.] zu einem Achtel und nicht --wie geschehen-- lediglich nach § 8 Nr. 1 Buchst. d [X.] zu einem Zwanzigstel zu berücksichtigen sind.

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] folgt aus § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

III R 38/17

12.11.2020

Bundesfinanzhof 3. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 25. Oktober 2017, Az: 11 K 11196/17, Urteil

§ 8 Nr 1 Buchst d GewStG 2002 vom 14.08.2007, § 8 Nr 1 Buchst e GewStG 2002 vom 22.12.2009, § 5 Abs 2 EStG 2009, § 255 HGB, § 247 Abs 2 HGB, Art 3 Abs 1 GG, GewStG VZ 2010, GewStG VZ 2011, GewStG VZ 2012

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.11.2020, Az. III R 38/17 (REWIS RS 2020, 3682)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3682

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mietzinsen, die zu den Herstellungskosten unterjährig ausgeschiedenen Umlaufvermögens gehören


III R 24/18 (Bundesfinanzhof)

Keine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mietzinsen, die zu den Herstellungskosten unterjährig ausgeschiedenen Umlaufvermögens gehören


III R 22/20 (Bundesfinanzhof)

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mietaufwendungen bei Messe-, Ausstellungs- und Kongressveranstalterbetrieben


III R 22/16 (Bundesfinanzhof)

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietzinsen; Entgelte der Reiseveranstalter für Überlassung von Hotelzimmern und beweglichen Wirtschaftsgütern


III R 39/21 (Bundesfinanzhof)

Gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Mieten für Standflächen bei Imbissbetrieben im Reisegewerbe


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