Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 55/10

4. Senat | REWIS RS 2016, 1149

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Gegenstand

Gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei Zwischenvermietung


Leitsatz

1. Die Hinzurechnung verausgabter Miet- und Pachtzinsen nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG findet auch in Zwischenvermietungsfällen statt.

2. Der Zwischenvermieter kann die Kürzung nach § 9 Nr. 1 GewStG nicht in Anspruch nehmen.

Tenor

Die Revision der Revisionsklägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. Oktober 2010  9 K 1022/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Revisionsklägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Revisionsklägerin --eine GmbH-- ist Rechtsnachfolgerin der [X.] (Klägerin, im Folgenden [X.]). An der [X.] waren ab November 2015 die Revisionsklägerin als alleinige Kommanditistin und die B-GmbH als Komplementärin (Komplementär-GmbH) beteiligt. Mit [X.] wurde die Komplementär-GmbH auf die Revisionsklägerin verschmolzen. Infolge der Verschmelzung ist die [X.] während des Revisionsverfahrens erloschen.

2

Die [X.] war im Streitjahr 2008 Organträgerin der [X.] Die [X.] erbrachte zum einen Serviceleistungen im Bereich der Vermietung von Wohnraum. Zum anderen betrieb sie die Anmietung und Weitervermietung von Wohnraum im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Die erzielten [X.] erfasste die [X.] im Rahmen ihres Jahresabschlusses als Erträge, die an den Eigentümer der Wohnimmobilien gezahlten Mieten als Aufwand für bezogene Leistungen.

3

Bei der Festsetzung des [X.] 2008 für die [X.] rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) dieser einen Gewerbeertrag von Organgesellschaften in Höhe erklärter 623.586 € zu. Mit Bescheid vom 22. Juli 2009 wurde der [X.] unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ... € festgesetzt.

4

Mit Änderungsbescheid vom 28. Januar 2010 erhöhte das [X.] den für die [X.] festgesetzten [X.] 2008 auf ... €. Dies beruhte auf einem zugerechneten Gewerbeertrag von Organgesellschaften in Höhe von 1.311.761 €. Dabei berücksichtigte das [X.] nunmehr, dass die [X.] aus der Vermietung fremder Wohnimmobilien nicht nur Mieteinnahmen in Höhe von ... € erzielt, sondern für deren Anmietung zugleich Mietzinsen in Höhe von ... € entrichtet hatte. Es unterwarf diese Mietzinsen der erstmals ab dem Streitjahr 2008 geltenden Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. e des [X.] i.d.[X.] ([X.]) 2008 vom 14. August 2007 ([X.], 1912), geändert durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 ([X.], 3150) --GewStG-- und ermittelte hieraus --vor Abzug des Freibetrags von 100.000 €-- einen Hinzurechnungsbetrag von ... €. Die Summe aller bei der [X.] vorzunehmenden Hinzurechnungen betrug (nach Abzug des Freibetrags und unter Ansatz eines Viertels) nunmehr 688.227 €.

5

Der Einspruch der [X.] blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 5. März 2010). Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 2010  9 K 1022/10 als unbegründet ab.

6

Die Revisionsklägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG. Außerdem verstoße diese Hinzurechnungsvorschrift gegen Verfassungsrecht.

7

Die Revisionsklägerin beantragt,
das Urteil des [X.] Köln vom 27. Oktober 2010  9 K 1022/10, den [X.] vom 28. Januar 2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 5. März 2010 aufzuheben.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

9

Das Verfahren wurde durch Beschluss des Senats vom 12. Juli 2012 bis zum Abschluss des bei dem [X.] ([X.]) unter dem Aktenzeichen 1 BvL 8/12 anhängigen Normenkontrollverfahrens ausgesetzt. Das [X.] hat diese Vorlage durch Beschluss vom 15. Februar 2016 ([X.], 557) verworfen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Bei der Ermittlung des [X.] der [X.] sind ihrem Gewinn die von ihr entrichteten Mietzinsen --in dem Umfang wie geschehen-- zu Recht nach § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] hinzugerechnet worden. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] überzeugt.

1. Die Revisionsklägerin ist als Gesamtrechtsnachfolgerin der [X.] im Revisionsverfahren klagebefugt und beteiligtenfähig.

a) Aufgrund der Verschmelzung durch Aufnahme (vgl. § 2 Nr. 1 des Umwandlungsgesetzes --[X.]--) ging das Vermögen der Komplementär-GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) auf die Revisionsklägerin über. Hierdurch ist die [X.] liquidationslos erloschen und deren gesamtes Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Revisionsklägerin übergegangen (vgl. MünchKommHGB/[X.], 4. Aufl., § 131 Rz 7). Damit ist die Klagebefugnis und Beteiligtenfähigkeit der [X.] auf die Revisionsklägerin übergegangen. Der dadurch eingetretene [X.] ist keine Klageänderung i.S. des § 67 [X.]O (z.B. Urteil des [X.] --[X.]-- vom 16. Dezember 2009 IV R 48/07, [X.], 408, [X.], 799, unter [X.], zum Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters).

b) Das Revisionsverfahren ist nicht nach § 155 Satz 1 [X.]O i.V.m. § 239 der Zivilprozessordnung analog unterbrochen worden. Die Revisionsklägerin hat das Revisionsverfahren als Rechtsnachfolgerin der [X.] fortgesetzt.

2. Der [X.] (Organträgerin) war im Streitjahr der selbständig nach den §§ 7 ff. [X.] zu ermittelnde Gewerbeertrag der [X.] (Organgesellschaft) zuzurechnen (vgl. dazu allgemein [X.]-Urteile vom 27. September 2006 IV R 50/98, [X.], 239, und vom 18. Mai 2011 [X.], [X.], 539, [X.] 2011, 887). Da dies zwischen den Beteiligten nicht in Streit steht, sieht der Senat insoweit von einer weiteren Begründung ab.

3. Der Gewerbeertrag der [X.] ist zutreffend ermittelt worden. Denn die von der [X.] für die angemieteten Wohnungen entrichteten Mieten unterliegen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.].

a) Nach dieser Vorschrift wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus dreizehn Zwanzigstel (65 %) der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines Anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge [X.] 8 Nr. 1 Buchst. a bis f [X.] 100.000 € übersteigt.

aa) Diese Hinzurechnungsnorm verlangt --wie schon die in § 8 Nr. 7 [X.] a.[X.] geregelte, bis zum Erhebungszeitraum 2007 geltende Hinzurechnung von Mieten und Pachten für bewegliche Wirtschaftsgüter des [X.] eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre ([X.]-Urteile vom 29. November 1972 I R 178/70, [X.], 468, BStBl II 1973, 148; vom 30. März 1994 I R 123/93, [X.], 554, [X.] 1994, 810, und vom 4. Juni 2014 I R 70/12, [X.], 67, [X.] 2015, 289, Rz 10).

bb) Das Tatbestandsmerkmal des Anlagevermögens ist nach allgemeinen ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen. Anlagevermögen sind demnach die Gegenstände, die dazu bestimmt sind, auf Dauer dem Betrieb zu dienen (§ 247 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs). Hierunter fallen die zum Gebrauch im Betrieb und nicht zum Verbrauch oder Verkauf bestimmten Wirtschaftsgüter ([X.]-Urteil in [X.], 67, BStBl II 2015, 289). Die Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen orientiert sich maßgeblich an der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts in dem Betrieb, die einerseits subjektiv vom Willen des Steuerpflichtigen abhängt, sich andererseits aber an objektiven Merkmalen nachvollziehen lassen muss (wie z.B. der Art des Wirtschaftsguts, der Art und Dauer der Verwendung im Betrieb, der Art des Betriebs, ggf. auch der Art der Bilanzierung). Ein Gegenstand, der etwa zum Verkauf bestimmt ist, gehört danach auch dann zum Umlaufvermögen, wenn er bei fehlender Verkaufsmöglichkeit übergangsweise vermietet oder in anderer Weise für den Betrieb genutzt wird. Demgegenüber gehört ein Gegenstand, der zur Vermietung bestimmt ist, zum Anlagevermögen, es sei denn, die Vermietung dient nur dem Zweck, den Gegenstand anschließend dem Mieter zu verkaufen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 408, BStBl II 2010, 799).

cc) Eine "Benutzung" der gemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens [X.] 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] liegt auch dann vor, wenn diese Wirtschaftsgüter zur Erzielung von Einkünften an eine weitere Person vermietet werden (Zwischenvermietung). Die "Durchleitung" der Immobilien steht der Hinzurechnung nicht entgegen. Dem Gesetz lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, Zwischenvermietungen nicht bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen ([X.]-Urteil in [X.], 67, [X.] 2015, 289, Rz 12).

b) [X.] und [X.] haben auf dieser Grundlage zu Recht dem Gewinn der [X.] die von ihr gezahlten Mieten in dem erfolgten Umfang hinzugerechnet.

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] hat die [X.] Wohnimmobilien, die im Eigentum Dritter stehen, angemietet und sodann selbst weitervermietet. Danach unterliegen die hierfür von der [X.] aufgewendeten Mietzinsen in Höhe von ... € der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]. Ebenso bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der vom [X.] und [X.] --unter Berücksichtigung weiterer, nicht streitiger [X.] ermittelte [X.] in Höhe von insgesamt 688.227 € der Höhe nach unzutreffend ist.

4. Der Senat hat keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und die Rechtssache dem [X.] nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) vorzulegen. Denn er ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] überzeugt.

a) Soweit der [X.] des [X.] bereits entschieden hat, dass sich § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] folgerichtig in das Konzept einer "ertragsorientierten Objektsteuer" einfügt ([X.]-Urteil in [X.], 67, [X.] 2015, 289, Rz 18 ff.), schließt sich der Senat den dort gemachten Ausführungen an. Die vom Gesetzgeber --erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2008-- normierte Hinzurechnung von 65 % der Miet- und Pachtzinsen für unbewegliche Wirtschaftsgüter ist weder dem Grunde noch der Höhe nach verfassungsrechtlich zu beanstanden. Insoweit liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG vor.

b) § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] fügt sich folgerichtig im Sinne einer Belastungsgleichheit in das vom Gesetzgeber der Gewerbesteuer konkret zugrunde gelegte Objektsteuerprinzip ein. Insbesondere verstößt es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, dass dem [X.] ([X.]) --hier der [X.]-- anders als einem [X.] keine gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 [X.] zusteht (anderer Ansicht [X.], [X.] 2015, 341, 346; kritisch auch [X.] in [X.]/[X.], [X.], § 8 Nr. 1 Buchst. e Rz 5b).

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des [X.] und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird u.a. durch das Gebot der Folgerichtigkeit begrenzt. Bei der Ausgestaltung des [X.] muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Beschlüsse vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, [X.]E 126, 268, Rz 36, m.w.N.; vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, [X.]E 127, 224, Rz 50 f., m.w.N.).

bb) § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] selbst schafft keine Ungleichbehandlung. Vielmehr unterwirft die Regelung den [X.] --ausgehend von der mit dem [X.] angestrebten Besteuerung des sog. objektivierten [X.] einer vergleichbaren Belastung wie den [X.].

Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen des [X.] 2008 für eine Ausweitung der Hinzurechnungen auf alle Fremdkapitalzinsen und deren Substitute entschieden (BTDrucks 16/4841, S. 31). Diese Hinzurechnung bezweckt, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise des für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelts zu bestimmen (BTDrucks 16/4841, S. 78); es soll der sog. objektivierte Gewerbeertrag unabhängig von der Art der Unternehmensfinanzierung erfasst werden. [X.] wird ein in den Entgelten enthaltener, vom Gesetzgeber pauschal ermittelter Finanzierungsanteil (BTDrucks 16/4841, [X.]). Danach ist § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] [X.] Ausdruck der gesetzgeberischen Grundentscheidung, zwecks Verwirklichung des Objektsteuerprinzips grundsätzlich alle Aufwendungen, die ein Finanzierungselement im weitesten Sinne beinhalten, nur noch eingeschränkt bei der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen (vgl. [X.], [X.], Beihefter zu Heft 40, 2, 11).

cc) Eine verfassungswidrige Belastungsungleichheit ist nicht dadurch entstanden, dass der Gesetzgeber die einfache Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] --trotz Einfügung des § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]-- nicht auf den [X.] erstreckt hat.

(1) Die einfache Kürzung kommt zwar nur [X.]n zugute.

Nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes zu kürzen. Zu dem "Grundbesitz" im Sinne dieser Vorschrift zählt entsprechend den Vorgaben des § 2 Nr. 2 des [X.] und der §§ 68, 70 des Bewertungsgesetzes nur das Grundvermögen (vgl. [X.]-Urteil vom 20. September 2007 IV R 19/05, [X.]E 219, 190, [X.], 985). Eine Berechtigung auf Grundlage obligatorischer Rechte --wie Miete und [X.] reicht hierfür nicht aus (vgl. [X.]-Beschluss vom 12. November 2009 IV B 8/09, [X.]/NV 2010, 464). Daher steht im Streitfall außer Frage, dass die [X.] als Nicht-Eigentümerbetrieb die Voraussetzungen einer einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] nicht erfüllt.

(2) Die Beschränkung des § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] auf [X.] ist aber gleichfalls folgerichtig. Denn der von dieser Vorschrift u.a. angestrebte Zweck, eigen- und fremdfinanzierte Betriebe gleich zu behandeln, ist durch die Einfügung des § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] nicht obsolet geworden.

§ 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] bezweckt ein Zweifaches. Zum einen gewährt die Vorschrift den Gewerbebetrieben, zu deren Betriebsvermögen Grundeigentum gehört, eine Kürzung bei der Gewerbesteuer, die die Wirkungen einer Doppelbelastung mit Gewerbesteuer und der den Grundstückseigentümer treffenden Grundsteuer abmildern oder vermeiden soll (vgl. [X.]-Urteile vom 5. Oktober 1967 I 258/64, [X.]E 90, 299, [X.] 1968, 65; in [X.]E 219, 190, [X.], 985, und in [X.], 539, [X.] 2011, 887). Zum anderen soll sie dem Umstand Rechnung tragen, dass Gewerbebetriebe in gemieteten oder gepachteten Räumlichkeiten die gezahlte Miete oder Pacht als Betriebsausgaben --anders als der Gewerbebetrieb mit eigenem Grund und [X.] abziehen können ([X.]-Urteil vom 15. Mai 2002 I R 63/01, [X.]/NV 2003, 82). Der Kürzungsbetrag stellt den pauschalierten Reinertrag des Grundbesitzes oder --mit anderen [X.] den um die ersparte [X.] erhöhten gewerblichen Gewinn dar. Durch die Kürzung sollen daher Betriebe, die ihr Gewerbe in eigenen Geschäftsräumen betreiben, den Gewerbebetrieben mit gemietetem Grundbesitz [X.] gleichgestellt werden ([X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 9 Nr. 1 Rz 16).

(3) Auch der letztgenannte Zweck begründet eine folgerichtige Belastungsentscheidung.

Bei einem [X.] reduzieren Grundstücksmieten oder -pachten weiterhin den Gewerbeertrag, soweit sie nicht den pauschalierten Finanzierungsanteil, sondern den Gebrauchswert betreffen. Während nämlich der Miet- oder Pachtzins vollständig bei der Ermittlung des Gewinns als Betriebsausgabe (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) berücksichtigt wird, wird nach § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.] lediglich der in den Miet- oder Pachtzahlungen enthaltene --vom Gesetz pauschal ermittelte-- Finanzierungsanteil hinzugerechnet.

Beim vermietenden [X.] können zwar auch die Aufwendungen für die eigenbetrieblich genutzten Räume und der Wertverzehr für das Gebäude im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (§ 7 Abs. 4 und Abs. 5 EStG) als Betriebsausgaben abgezogen werden. Es besteht aber keine Abzugsmöglichkeit bezüglich des in einer Miet- oder Pachtzinszahlung enthaltenen Gebrauchswerts einer Immobilie. Für diese dem [X.] nicht zustehende "Kürzungsmöglichkeit" schafft § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.] nach wie vor einen folgerichtigen Ausgleich.

dd) Ein Gleichheitsverstoß ergibt sich schließlich im Streitfall auch nicht daraus, dass der [X.] (auch) die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] versagt bleibt.

(1) Die erweiterte Kürzung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] erfasst den Teil des [X.], der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt. Sie ist bei Unternehmen anzuwenden, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten oder veräußern.

(2) Die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 [X.] ist verfassungsrechtlich --in Ergänzung des § 8 Nr. 1 Buchst. e [X.]-- ebenso wenig geboten wie die Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 1 [X.]. Darüber hinaus würde die [X.] die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung auch nicht erfüllen. Denn nach den Feststellungen des [X.] hat sie neben der Anmietung und Weitervermietung von Wohnraum auch Serviceleistungen im Bereich der Wohnraumvermietung erbracht und war mit ihrem Personal auch noch für andere Tochtergesellschaften der Immobiliengruppe der [X.] tätig.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

IV R 55/10

08.12.2016

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 27. Oktober 2010, Az: 9 K 1022/10, Urteil

§ 8 Nr 1 Buchst e GewStG 2002 vom 14.08.2007, § 9 Nr 1 GewStG 2002, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, GewStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 55/10 (REWIS RS 2016, 1149)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 1149

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(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 14.06.2018 - III R 35/15 - Verfassungskonformität gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnungen)


III R 35/15 (Bundesfinanzhof)

Verfassungskonformität gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnungen


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