Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2022, Az. 6 AZR 497/21

6. Senat | REWIS RS 2022, 3470

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Gegenstand

Insolvenzanfechtung - Mindestlohn


Leitsatz

Die Insolvenzanfechtung von Arbeitsentgelt umfasst auch den auf den gesetzlichen Mindestlohn entfallenden Bestandteil.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2021 - 12 Sa 587/21 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 13. April 2021 - 5 Ca 188/20 - abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.280,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29. Dezember 2019 zu zahlen.

3. Die [X.] der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Der Kläger hat die durch die Anrufung des [X.] entstandenen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte Arbeitsentgelt, welches sie durch eine Zahlung über das Konto der Mutter ihres insolventen Arbeitgebers erlangt hat, an die Insolvenzmasse zurückgewähren muss.

2

Die Beklagte stand in einem Arbeitsverhältnis zu [X.] (im Folgenden Schuldner). Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existierte nicht. Am 25. August 2016 und am 26. September 2016 erhielt sie auf ihr Konto Überweisungen vom Konto der Mutter des Schuldners in Höhe von jeweils 1.640,31 Euro. Als Verwendungszweck wurde „Lohn August“ bzw. „Lohn September“ angegeben. Als Zahlende war der Name der Mutter des Schuldners angegeben. Die Höhe der Zahlungen entsprach dem geschuldeten Nettoarbeitsentgelt.

3

Das Konto der Mutter des Schuldners hatte sich am 16. Juli 2016 noch mit 7,87 Euro im Soll befunden. Am 18. Juli 2016 wurde darauf eine Bareinzahlung aus dem Vermögen des Schuldners in Höhe von 4.350,00 Euro geleistet. Bis zum 10. Oktober 2016 erfolgten weitere Bareinzahlungen und Umbuchungen von Seiten des Schuldners auf das Konto seiner Mutter. Zudem nahmen Schuldner des Schuldners Überweisungen auf das Konto der Mutter vor.

4

Am 12. Oktober 2016 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners beantragt. Zu diesem Zeitpunkt betrugen seine Verbindlichkeiten 3.610.889,73 Euro. Bei Auszahlung des Arbeitsentgelts der Beklagten für die Monate August und September 2016 über das Konto seiner Mutter war der Schuldner bereits zahlungsunfähig. Am 12. Juli 2016 hatten sich seine fälligen Verbindlichkeiten noch auf 1.122.551,65 Euro belaufen.

5

Mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 1. Dezember 2016 wurde das Verfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

6

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2019 focht der Kläger die für die Monate August und September 2016 erfolgten [X.] gegenüber der Beklagten an. Diese wies die mit der Anfechtung verbundene Rückzahlungsaufforderung zurück. Gegen den vom Kläger daraufhin erwirkten Mahnbescheid, welcher ihr am 28. Dezember 2019 zugestellt worden ist, hat die Beklagte Widerspruch eingelegt. Das [X.], an das der Rechtsstreit zur Durchführung des streitigen Verfahrens abgegeben worden war, hat den beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Gießen verwiesen.

7

Mit seiner Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung der ihr über das Konto der Mutter des Schuldners insgesamt überwiesenen Summe von 3.280,62 Euro an die Insolvenzmasse begehrt. Die Leistungen seien nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] anfechtbar. Die Beklagte habe innerhalb der danach maßgeblichen Zeiträume vor dem Eröffnungsantrag die angefochtenen Zahlungen abweichend vom vereinbarten bzw. üblichen Erfüllungsweg und damit als inkongruente Leistungen erhalten.

8

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.280,62 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es liege schon keine inkongruente Deckung iSv. § 131 [X.] vor. Die fraglichen [X.] seien aus dem Vermögen der Mutter des Schuldners erfolgt. Es habe sich daher nicht um einen Vermögensbestandteil des Schuldners gehandelt, der im Rahmen der Anfechtung zurückgefordert werden könne. Zudem sei zwischen den Parteien nicht festgelegt worden, auf welchem Zahlungsweg das Entgelt zu entrichten sei. Letztlich handle es sich um ein Bargeschäft iSv. § 142 [X.], welches nicht nach § 131 [X.] anfechtbar sei.

Dessen ungeachtet stehe der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Existenzminimums einer Anfechtung entgegen. Bei pünktlichen [X.], auch wenn sie von [X.] geleistet werden, könne der Arbeitnehmer keine staatliche Hilfe in Anspruch nehmen und sei daher bezogen auf das Existenzminimum schutzbedürftig. Zumindest müsse ihm der gesetzliche Mindestlohn verbleiben. Auch dieser diene der Existenzsicherung des Arbeitnehmers.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] hat das [X.] das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und der Klage in Höhe des den Mindestlohn übersteigenden Anteils des [X.] stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte begehrt mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

[X.]ie zulässige Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] ist die Klage vollumfänglich begründet. [X.]er Kläger hat gemäß § 143 Abs. 1 [X.]tz 1 [X.] gegenüber der Beklagten als [X.]in einen Anspruch auf Rückgewähr der [X.] für die Monate August 2016 und September 2016 zur Insolvenzmasse. [X.]ie Voraussetzungen einer Anfechtung wegen inkongruenter [X.]eckung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] sind erfüllt. [X.]as verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum der Beklagten ist ungeachtet der Anfechtung gesichert. [X.]er [X.] umfasst das erhaltene Arbeitsentgelt einschließlich des auf den gesetzlichen Mindestlohn entfallenden Anteils. [X.]emzufolge ist die zulässig erhobene [X.] unbegründet.

I. [X.]as [X.] hat zutreffend erkannt, dass die streitbefangenen Nettoentgeltzahlungen nach § 129 Abs. 1 iVm. § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] anfechtbar sind. [X.]er Kläger hat demzufolge gemäß § 143 Abs. 1 [X.] einen Anspruch auf Rückgewähr zur Insolvenzmasse ([X.] 27. Febr[X.]r 2014 - 6 [X.] - Rn. 38).

1. [X.]ie Insolvenzgläubiger wurden durch die angefochtenen Zahlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens iSd. § 129 Abs. 1 [X.] benachteiligt.

a) Wenn eine Zahlung von dem Konto eines [X.] an den [X.] erfolgt, liegt die Rechtshandlung des Schuldners in der an den [X.] gerichteten Anweisung, zugunsten des [X.]s eine Überweisung auszuführen. [X.]ie Gläubigerbenachteiligung äußert sich in der Weggabe der Zahlungsmittel an den [X.], durch die entweder das auf dem Konto des [X.] befindliche Treugut des Schuldners vermindert und zugleich das für seine Verbindlichkeiten haftende Vermögen verkürzt wird oder der [X.]ritte seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Schuldner tilgt und dieser dadurch unter Verkürzung des haftenden Vermögens seine Forderung gegen den [X.] verliert ([X.] 12. April 2018 - [X.]/17 - Rn. 10). [X.]emgegenüber liegt eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bei einer Überweisung von einem Konto eines [X.] nicht vor, wenn dieser auf Veranlassung des Schuldners, ohne dazu diesem gegenüber verpflichtet zu sein, dessen Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln begleicht (Anweisung auf Kredit). Schließlich fehlt es an einer die Gläubiger benachteiligenden Rechtshandlung, sofern der [X.]ritte ohne Veranlassung und nähere Kenntnis des Schuldners im ausschließlichen Interesse der Befriedigung des [X.]s aus eigenem Vermögen die Überweisungen vornimmt ([X.] 12. September 2019 - [X.] - Rn. 17).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] hat der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Konto seiner Mutter mit Bareinzahlungen, Umbuchungen und Überweisungsgutschriften eigener Schuldner finanziell ausgestattet und damit die Zahlung des Entgelts an die Beklagte über dieses Konto ermöglicht. [X.]as [X.] hat unter Bezugnahme auf das arbeitsgerichtliche Urteil dessen Auffassung geteilt, dass sich aus den Kontobewegungen letztlich eine Zahlung aus dem Vermögen des Schuldners und nicht aus dem Vermögen seiner Mutter ergebe. [X.]ie für eine Anfechtung erforderliche Gläubigerbenachteiligung sei wegen Verminderung der Insolvenzmasse gegeben. [X.]iese lebensnahe Würdigung des [X.]chverhalts begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich um die gleichsam klassische Verschiebung von Vermögenswerten auf eine dritte Person, um über diese eine bevorzugte Befriedigung eines Gläubigers zulasten der übrigen Gläubiger zu ermöglichen (vgl. [X.] 18. Oktober 2018 - 6 [X.] - Rn. 23; Spelge RdA 2016, 1, 14 mwN). [X.]er Schuldner hat damit eine mittelbare Zuwendung veranlasst. Solche Zuwendungen sind im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der befriedigte Gläubiger sie unmittelbar vom Schuldner erworben ([X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 869/13 - Rn. 12, [X.]E 150, 22).

2. [X.]ie Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] sind erfüllt.

a) Nach § 131 Abs. 1 [X.] ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der [X.] zu beanspruchen hatte (inkongruente [X.]eckung), anfechtbar. [X.]ie [X.] ist zu dem [X.]punkt zu beurteilen, in dem die Rechtshandlung iSv. § 140 Abs. 1 [X.] vorgenommen wurde. [X.]abei unterscheidet das Recht des Gläubigers, die Leistung zu fordern, kongruente und inkongruente Rechtshandlungen ([X.] 6. [X.]ezember 2018 - [X.]/17 - Rn. 18, [X.]Z 220, 280). Was ein Gläubiger beanspruchen kann und wozu der Schuldner verpflichtet ist, ist keine spezifisch insolvenzrechtliche, sondern eine materiell-rechtliche Frage. Haben die Vertragsparteien nicht alle Fragen rechtsgeschäftlich geregelt, ist auf die entsprechenden gesetzlichen Regeln zurückzugreifen. Soweit rechtsgeschäftliche Regelungen möglich sind, ist immer nur maßgeblich, was die Vertragsparteien tatsächlich - ausdrücklich oder konkludent - vereinbart haben, nicht was sie hätten vereinbaren können. Maßstab ist allein die objektive Rechtslage. Es kommt nicht darauf an, welche Vorstellungen die Parteien hatten, insbesondere müssen sie die [X.] weder erkannt noch fahrlässig nicht erkannt haben. [X.]aher spielt auch der gute Glaube beider Parteien, dass die [X.]eckung in vollem Umfang dem Schuldverhältnis entspreche, keine Rolle. Nicht in der Art geschuldet sind sämtliche Befriedigungen, die mit dem geschuldeten Leistungsprogramm nicht im Einklang stehen, also nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses von der tatsächlich geschuldeten Leistung abweichen ([X.] 12. September 2019 - [X.] - Rn. 21; ebenso [X.] 22. Oktober 2015 - 6 [X.] 758/14 - Rn. 18 ff.).

b) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] und des [X.] sind nicht geschuldete [X.]irektzahlungen, die ein [X.]ritter auf Anweisung des Schuldners erbringt und die die Insolvenzgläubiger benachteiligen, dem Empfänger gegenüber als inkongruente [X.]eckung anfechtbar ([X.] 22. Oktober 2015 - 6 [X.] 758/14 - Rn. 18 ff.; 13. November 2014 - 6 [X.] 632/13 - Rn. 13; 13. November 2014 - 6 [X.] 869/13 - Rn. 15 ff., [X.]E 150, 22; 21. November 2013 - 6 [X.] 159/12  - Rn. 13 , [X.]E 146, 323 ; [X.] 9. November 2017 -  [X.]/16  - Rn. 8 ; 17. [X.]ezember 2015 -  [X.]  - Rn. 16 , [X.]Z 208, 243 ). Hat der Gläubiger keinen Anspruch darauf, dass seine Forderung in der gewählten Art durch einen [X.] erfüllt wird, liegt darin regelmäßig eine nicht unerhebliche Abweichung vom vereinbarten Erfüllungsweg (zur Konstellation einer dreiseitigen Abrede vgl. [X.] 22. Oktober 2015 - 6 [X.] 538/14 - Rn. 14, [X.]E 153, 163; 21. November 2013 - 6 [X.] 159/12 - Rn. 14, [X.]E 146, 323). Eine mittelbare Zahlung ist nicht nur dann inkongruent, wenn eine durch den Schuldner selbst vorgenommene Zahlung anfechtbar wäre. [X.]arum ist unerheblich, dass keine Anfechtung nach § 131 [X.] möglich gewesen wäre, wenn das Entgelt vom Schuldner über dessen Geschäftskonto zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt worden wäre, weil dann nach § 142 [X.] das [X.] gegriffen hätte ([X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 869/13 - Rn. 24, aaO). Ebensowenig kommt es darauf an, ob eine Zahlung von einem eigenen Reservekonto des Schuldners kongruent gewesen wäre, wie die Beklagte annimmt.

c) [X.]ie Kongruenz zwischen Anspruch und [X.]eckungsleistung ist im Interesse der Gläubigergleichbehandlung nach strengen Maßstäben zu beurteilen. [X.]och schaden lediglich geringfügige Abweichungen von der nach dem Inhalt des Anspruchs typischen und gesetzmäßigen Erfüllung, die der Verkehrssitte (§§ 157, 242 BGB) oder Handelsbräuchen (§ 346 HGB) entsprechen, nicht ([X.] 12. September 2019 - [X.] - Rn. 24; vgl. auch [X.] 21. November 2013 - 6 [X.] 159/12 - Rn. 11 mwN, [X.]E 146, 323 ). Ist das der Fall, ist die Befriedigung ungeachtet der Abweichung kongruent. Ist die Abweichung dagegen mehr als geringfügig, liegt eine inkongruente [X.]eckung vor ([X.] 22. Oktober 2015 - 6 [X.] 538/14 - Rn. 14, [X.]E 153, 163).

d) Nach diesen Voraussetzungen sind die über das Konto der Mutter des Schuldners erhaltenen [X.] nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] als inkongruente [X.]eckung anfechtbar.

aa) [X.]ie Beklagte konnte die Befriedigung der Entgeltforderung nicht in dieser Art beanspruchen. [X.]abei kann zugunsten der Beklagten davon ausgegangen werden, dass mit dem Schuldner keine Vereinbarung bzgl. der Art der Erfüllung der Entgeltforderungen getroffen war. [X.]ies führt jedoch nicht zur Annahme, dass die Arbeitsvertragsparteien eine Erfüllung über das Konto der Mutter des Schuldners vorgesehen hätten. Mangels vertraglicher Regelung gilt vielmehr der gesetzliche Normalfall, wonach die Entgeltforderung unmittelbar durch den Arbeitgeber erfüllt wird (vgl. § 611 Abs. 1 BGB, seit 1. April 2017 § 611a Abs. 2 BGB). [X.]er vom Schuldner gewählte Erfüllungsweg weicht hiervon nicht nur geringfügig ab. [X.]urch die Einschaltung seiner Mutter als Zahlungsmittlerin hat er eine dritte Person einbezogen. [X.]ies entspricht nicht der Verkehrssitte, sondern stellt im Gegenteil einen ungewöhnlichen Erfüllungsweg dar, welcher keine Veranlassung im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis findet.

bb) Soweit die Rechtsprechung verlangt, dass der Gläubiger erkennen konnte, dass es sich um eine Leistung des Schuldners handelt ([X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 869/13 - Rn. 15, [X.]E 150, 22), muss auf die hiergegen gerichtete Kritik (vgl. [X.] 6. März 2015 - 4 [X.] 726/14 - zu [X.] 1 der Gründe) nicht eingegangen werden. [X.]ie Erkennbarkeit ist hier schon wegen der Nennung des Namens der Mutter des Schuldners als derjenigen, von der die Zahlung herrührte, sowie der Angabe des Verwendungszwecks der Überweisung („Lohn September“) gegeben. Unerheblich ist, ob der Beklagten die Abweichung vom üblichen Zahlungsweg „verdächtig“ vorkam. § 131 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] enthalten ein derartiges ungeschriebenes subjektives Tatbestandsmerkmal nicht ([X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 869/13 - Rn. 28, aaO).

cc) [X.]er zeitliche Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 [X.] ist gewahrt.

(1) Nach § 140 Abs. 1 [X.] ist für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung grundsätzlich der [X.]punkt maßgeblich, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Es kommt darauf an, wann eine Rechtsposition begründet worden ist, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste. Bei mittelbaren Zuwendungen ist auf die Weiterleitung der Gelder abzustellen. Erfolgt diese durch Überweisung, ist die maßgebliche Rechtsposition begründet, wenn der Anspruch des Leistungsempfängers gegen seine Bank auf Gutschrift des für ihn bestimmten Geldbetrags entsteht. [X.]as entspricht dem [X.] ([X.] 28. Jan[X.]r 2021 - [X.]/20 - Rn. 28; vgl. auch [X.] 20. September 2017 - 6 [X.] 58/16 - Rn. 11 ff., [X.]E 160, 182; 3. Juli 2014 - 6 [X.] 451/12 - Rn. 16; HK-[X.]/[X.] 10. Aufl. § 140 Rn. 4).

(2) [X.]ie Entgeltzahlung für den Monat September ist am 26. September 2016 und damit gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 [X.] im letzten Monat vor dem am 12. Oktober 2016 gestellten Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf dem Konto der Beklagten eingegangen. [X.]ie Entgeltzahlung für den Monat August erfolgte am 25. August 2016 und damit innerhalb der Frist des § 131 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Nach den Feststellungen des [X.] war der Schuldner zu diesem [X.]punkt bereits zahlungsunfähig.

dd) [X.]ie Anwendbarkeit des § 131 [X.] wird nicht durch § 142 [X.] in der bis zum 4. April 2017 geltenden, hier noch maßgeblichen Fassung ausgeschlossen. [X.]as sog. [X.] greift nicht bei inkongruenten [X.]eckungen (vgl. [X.] 13. November 2014 - 6 [X.] 868/13 - Rn. 17 ff.; [X.] 17. [X.]ezember 2015 - [X.] - Rn. 21 mwN, [X.]Z 208, 243). Auf § 142 Abs. 2 [X.]tz 3 [X.] in der ab dem 5. April 2017 geltenden Fassung (nF) kommt es nicht an (vgl. hierzu [X.] 10. März 2022 - [X.] - Rn. 13 ff.). Erst durch diese Vorschrift wird ein Bargeschäft fingiert, wenn ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Arbeitnehmers als Empfänger nicht erkennen konnte, dass ein [X.]ritter die Leistung bewirkt hat ([X.] 10. März 2022 - [X.] - Rn. 29). [X.]arum verfängt der Hinweis der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] auf diese Rechtsprechung nicht. [X.]ie hier streitbefangene Anfechtung unterfällt nach Art. 103j Abs. 1 [X.][X.] noch dem bis zum 4. April 2017 geltenden Anfechtungsrecht, weil das Insolvenzverfahren am 1. [X.]ezember 2016 und damit vor dem 5. April 2017 eröffnet wurde. Ohnehin sind auch im Anwendungsbereich des § 142 Abs. 2 [X.]tz 3 [X.] nF die Anforderungen an die Erkennbarkeit nicht zu hoch anzusetzen, so dass es genügt, wenn aus [X.] erkennbar ist, dass nicht der Arbeitgeber gezahlt hat. [X.]as gilt unabhängig davon, dass es für den Arbeitnehmer bedeutungslos sein mag, wer das geschuldete Arbeitsentgelt zahlt (vgl. [X.] 10. März 2022 - [X.] - Rn. 31).

3. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehen dem aus § 143 Abs. 1 [X.] folgenden [X.] verfassungsrechtliche Vorgaben nicht entgegen.

a) § 131 Abs. 1 [X.] verletzt weder Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem durch Art. 20 Abs. 1 GG gewährleisteten Sozialstaatsprinzip noch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. zu Fällen inkongruenter [X.]eckung durch Zwangsvollstreckung [X.] 8. Mai 2014 - 6 [X.] 722/12 - Rn. 23 ff.; 27. Febr[X.]r 2014 - 6 [X.] - Rn. 19 ff., 27 ff.). [X.]ie von der [X.] bzgl. Art. 3 Abs. 1 GG bei pünktlichen [X.] vorgebrachten Bedenken verfangen nicht. Eine unzulässige Gleichbehandlung mit anderen Gläubigergruppen ist nicht erkennbar. [X.]er Verweis auf die Möglichkeit anderer Gläubiger, bei ausbleibender oder verspäteter Entgeltzahlung Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, lässt außer [X.], dass Arbeitnehmer bei pünktlichen Lohnzahlungen zunächst keinen Bedarf für solche Leistungen haben. Entsteht der Bedarf später, entstehen auch sozialrechtliche Ansprüche zu seiner Befriedigung. [X.]er Umstand, dass andere Gläubiger über andere Sicherungsmöglichkeiten als Arbeitnehmer, wie zB einen Eigentumsvorbehalt verfügen, ist auf die unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse mit dem Schuldner zurückzuführen. [X.] Vorteilen stehen dabei auch Nachteile, wie der fehlende Anspruch auf Insolvenzgeld, gegenüber. [X.]er Gesetzgeber durfte bei Vornahme einer Gesamtschau im bis zum 4. April 2017 geltenden Anfechtungsrecht daher von einer unterschiedlichen Behandlung der Gläubigergruppen absehen. [X.]as stand im Einklang mit dem von ihm bei Schaffung der [X.] verfolgten Ziel der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung, dem [X.]. die Abschaffung des [X.] des § 59 KO dient. [X.]as bedingt grundsätzlich die einheitliche Anwendung der anfechtungsrechtlichen Vorschriften der [X.] auf alle betroffenen Gläubigergruppen einschließlich der Arbeitnehmer ([X.] 8. Mai 2014 - 6 [X.] 722/12 - Rn. 11; vgl. zu § 130 [X.] [X.] 6. Oktober 2011 - 6 [X.] 262/10 - Rn. 11, [X.]E 139, 235).

b) [X.]ie verfassungsrechtlich gebotene Absicherung des Existenzminimums ist nicht durch eine Einschränkung der Insolvenzanfechtung, sondern durch die im Falle der [X.]urchsetzung des [X.]s eingreifenden Pfändungsschutzbestimmungen der Zivilprozessordnung sowie durch das Sozialrecht gewährleistet.

aa) [X.]er [X.] hat erstmals in seiner Entscheidung vom 29. Jan[X.]r 2014 (- 6 [X.] 345/12 - Rn. 17 ff., [X.]E 147, 172) die Frage aufgeworfen, ob zumindest bei kongruenten [X.]eckungen das aus Art. 1 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 1 GG folgende Grundrecht auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums iVm. Art. 12 Abs. 1 GG zu einer verfassungskonformen Einschränkung der Insolvenzanfechtung in dem Sinne führen könnte, dass das sich aus der Tabelle des § 850c ZPO ergebende Existenzminimum anfechtungsfrei zu stellen wäre. [X.]ies wurde damit begründet, dass bei pünktlicher Zahlung des Arbeitsentgelts sozialversicherungsrechtliche Schutzlücken bestünden und der Arbeitnehmer dem Risiko einer Insolvenzanfechtung nicht vorbeugen könne. Es handelte sich um eine Aufforderung zur [X.]iskussion (vgl. [X.] Z[X.] 2015, 1237, 1241). In Rechtsprechung und Literatur sind diese Überlegungen mehrheitlich auf Kritik gestoßen (zB [X.] 10. Juli 2014 - [X.]/13 - Rn. 29, [X.]Z 202, 59; [X.] NZA 2016, 1123, 1125 f.; [X.], 23, 24; Windel ZIP 2014, 2167, 2171 f.; [X.]. [X.] [X.] § 133 Nr. 2; zustimmend [X.] in [X.]/[X.] [X.]as Insolvenzhandbuch für die Praxis 5. Aufl. Teil 1 Rn. 77; [X.] 2014, 2391, 2394; offen [X.] EWiR 2014, 291, 292).

bb) [X.]er [X.] hatte bislang keine Veranlassung, tragend zu beurteilen, ob er das Existenzminimum in verfassungsrechtlich ausreichender Weise durch die Vorschriften zur Insolvenzanfechtung in der bis zum 4. Juli 2017 maßgeblichen Fassung als ausreichend gewährleistet ansieht. In den von ihm zu entscheidenden Fällen kam eine etwaige [X.] schon deshalb nicht in Betracht, weil jeweils inkongruente [X.]eckungen vorlagen (Erhalt des Entgelts erst durch Zwangsvollstreckung bzw. entsprechender [X.]rohung). Eine Absicherung des Existenzminimums durch Sozialleistungen wäre deshalb möglich gewesen (vgl. [X.] 18. Oktober 2018 - 6 [X.] - Rn. 37; 26. Oktober 2017 - 6 [X.] 511/16 - Rn. 26 ff., [X.]E 161, 21; 8. Mai 2014 - 6 [X.] 722/12 - Rn. 21; kritisch [X.] 6. März 2015 - 4 [X.] 726/14 - juris-Rn. 53). Nach Prüfung der vorgebrachten Argumente hält der [X.] an der Überlegung, das im Entgelt enthaltene Existenzminimum anfechtungsfrei zu stellen, nicht fest. [X.]ieses Minimum war bereits nach der bis zum 4. Juli 2017 geltenden Rechtslage ausreichend gewährleistet.

(1) [X.]er [X.] hat bereits in seiner Entscheidung vom 29. Jan[X.]r 2014 (- 6 [X.] 345/12 - Rn. 27 ff., [X.]E 147, 172) darauf hingewiesen, dass der Insolvenzverwalter bei der [X.]urchsetzung des insolvenzrechtlichen [X.]s den Beschränkungen des Zwangsvollstreckungsrechts unterfällt und das „aktuelle“ Existenzminimum insbesondere bei [X.] durch §§ 850 ff. ZPO gesichert ist. Es erscheine jedoch fraglich, ob für die verfassungsrechtliche Beurteilung danach zu differenzieren sei, ob der Zugriff des Staates bzw. der vom Staat durch seine Rechtsvorschriften vermittelte und von den staatlichen Gerichten sowie dem staatlichen Zwangsapparat durchzusetzende Zugriff der Gläubiger auf das Existenzminimum „sofort oder nachgelagert“ erfolgt. 

(2) Nach Auffassung des [X.]s reicht es zum Schutz des Existenzminimums aus, wenn dieses im Rahmen einer etwaigen Zwangsvollstreckung und damit „nachgelagert“ vor dem Zugriff des Insolvenzverwalters gesichert ist ([X.] auch HK-[X.]/[X.] 10. Aufl. § 133 Rn. 24; [X.] 2014, 2455, 2462; [X.], 350, 351). [X.]as Existenzminimum ist auch bei pünktlicher Entgeltzahlung im Vollstreckungsverfahren, nicht aber bereits im Erkenntnisverfahren, in dem über die Insolvenzanfechtung gestritten wird, zu gewährleisten und gewährleistet. [X.]ie [X.] dienen gerade der Sicherung der Existenzgrundlage des Arbeitnehmers und damit des Existenzminimums (vgl. [X.] 29. Jan[X.]r 2014 - 6 [X.] 345/12 - Rn. 21, [X.]E 147, 172; [X.] 11. Mai 2006 - [X.]/03 - Rn. 22, [X.]Z 167, 363). Hinzu treten ggf. sozialrechtliche Ansprüche.

(a) [X.]ie Erhebung des Anspruchs aus § 143 Abs. 1 [X.], gleich auf welchen Anfechtungstatbestand er gestützt wird, bedroht die Existenz des Arbeitnehmers als [X.] noch nicht, sondern zwingt ihn allenfalls zur Führung eines Prozesses, falls er vom Insolvenzverwalter auf Zahlung verklagt wird und sich verteidigen will. [X.]afür kann er ggf. nach §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe erhalten. Während des [X.] hat er hinsichtlich der Klageforderung noch keinen Vermögensabfluss hinzunehmen. Erst wenn der Arbeitnehmer zur Zahlung verurteilt wird, stellt sich bezogen auf seine dann aktuelle finanzielle Sit[X.]tion die Frage, ob er die Forderung des Insolvenzverwalters unproblematisch erfüllen kann oder ob eine Existenzgefährdung eintreten könnte. Beim Empfang unentgeltlicher Leistungen, zu denen es insbesondere in der Insolvenz des das Arbeitsentgelt zahlenden [X.] kommen kann, wird eine solche Gefährdung typischerweise schon deshalb nicht zu befürchten sein, weil sich der Arbeitnehmer ggf. auf Entreicherung berufen kann (§ 143 Abs. 2 [X.]). Bei Anfechtungen nach §§ 130 bis 133 [X.] besteht bei ausreichenden finanziellen Reserven ebenfalls keine besondere Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers. Eine Privilegierung gegenüber anderen Gläubigern ist dann nicht verfassungsrechtlich zu rechtfertigen, weil deren Rechte (ebenfalls) von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt sind und die gemeinschaftliche Befriedigung den Interessen aller Gläubiger dient (vgl. [X.] 23. Mai 2006 - 1 [X.] - Rn. 34, [X.]E 116, 1). [X.]roht hingegen eine Existenzgefährdung, wird der Arbeitnehmer durch die Schutzbestimmungen der Zivilprozessordnung vor einem Verlust des Existenzminimums bewahrt (vgl. [X.]. [X.] [X.] § 133 Nr. 2; [X.] 14/2021 [X.]. 2 zu [X.] und [X.]). [X.]ieser Schutz differenziert nach dem Vollstreckungsobjekt und berücksichtigt im Falle der Pfändung von Arbeitseinkommen auch etwaige Unterhaltsverpflichtungen (§ 850c Abs. 2 ZPO). [X.]amit ist sichergestellt, dass das Existenzminimum des Arbeitnehmers stets gedeckt ist, auch wenn erfolgreich angefochtenes Arbeitsentgelt - im Ergebnis ratenweise - der Masse zurückgewährt werden muss.

(b) Zudem ist der existenzielle Schutz des Arbeitnehmers nicht durch eine Beschränkung der Insolvenzanfechtung, sondern durch das Sozialrecht zu gewährleisten (vgl. [X.] NZA 2016, 1123, 1125 f.). [X.]ementsprechend steht dem Arbeitnehmer nach Erfüllung des [X.] nicht nur ein Anspruch auf quotale Befriedigung des dann nach § 144 Abs. 1 [X.] wiederauflebenden Anspruchs auf Arbeitsentgelt zu. [X.]. kann er zusätzlich staatliche Unterstützungsleistungen beantragen. So besteht uU noch ein Anspruch auf Insolvenzgeld (vgl. hierzu [X.] 26. Oktober 2017 - 6 [X.] 511/16 - Rn. 36 ff., [X.]E 161, 21). Sollte der Arbeitnehmer dennoch durch die (teilweise) Erfüllung des [X.] in eine finanzielle Schieflage geraten, kann er Sozialhilfe beanspruchen.

(c) Angesichts dieser vollstreckungsrechtlichen und [X.] Absicherung ist es in der Gesamtschau zur Sicherung des Existenzminimums verfassungsrechtlich nicht geboten, den Arbeitnehmer grundsätzlich vor einer insolvenzrechtlichen Anfechtung des Entgelts in Höhe der Tabellenwerte des § 850c ZPO zu bewahren. [X.]ies wäre auch nicht systemkonform, denn damit würde eine auf die konkrete Existenzsicherung zum [X.]punkt einer bestimmten Zahlungsverpflichtung zugeschnittene Regelung des Zwangsvollstreckungsrechts zu einem abstrakten Maßstab des [X.] umgewandelt. Ein solcher Ansatz stünde außerdem im Widerspruch zu der auf Gläubigergleichbehandlung ausgerichteten Konzeption der [X.] und zum Schutzmechanismus des Sozialversicherungsrechts. [X.]ie Existenzsicherung eines Gläubigers obliegt nicht in erster Linie der [X.], sondern der Solidargemeinschaft. [X.]ie Schaffung eines anderen Schutzkonzepts bliebe dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. zur Grundsicherung [X.] 9. Febr[X.]r 2010 - 1 [X.][X.]. - Rn. 133, [X.]E 125, 175). [X.]ies gilt auch angesichts des Umstands, dass der Arbeitnehmer trotz staatlicher Unterstützungsleistungen im Einzelfall gezwungen sein könnte, selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen (§§ 305 ff. [X.]). [X.]er Gesetzgeber hat in Kenntnis der [X.]iskussion um die Sicherung des Existenzminimums der Arbeitnehmer (vgl. BT-[X.]rs. 18/7054 S. 14) bei der zum 5. April 2017 in [X.] getretenen Reform des Insolvenzanfechtungsrechts keinen Ausschluss des Arbeitsentgelts von der Insolvenzanfechtung angeordnet. [X.]ies hat die Rechtsprechung zu akzeptieren. [X.]ie von der [X.] angeführten [X.]chverständigenaussagen im Gesetzgebungsprozess, welche sich für eine solche Beschränkung der Insolvenzanfechtung ausgesprochen hatten, können die gesetzgeberische Entscheidung nicht in Frage stellen. Ob das Arbeitsentgelt insgesamt anfechtungsfrei zu stellen ist, ist entgegen der Annahme der Beklagten keine Frage des Verfassungsrechts, sondern eine rechtspolitische Entscheidung, die allein vom Gesetzgeber getroffen werden könnte.

4. Hinsichtlich der Höhe des [X.]s ist die Anfechtung entgegen der Auffassung des [X.] auch bzgl. des auf den gesetzlichen Mindestlohn entfallenden Anteils des [X.] nicht ausgeschlossen. [X.]er Gesetzgeber hat den Mindestlohn nicht vor Anfechtbarkeit geschützt.

a) [X.]er Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 [X.] ist ein gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt ([X.] 21. [X.]ezember 2016 - 5 [X.] 374/16 - Rn. 16, [X.]E 157, 356). Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB tritt beim Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn - wie in jedem Schuldverhältnis - ein, wenn die geschuldete Leistung bewirkt wird. Bei einer Geldschuld wird die geschuldete Leistung mangels anderer Vereinbarung nur dann bewirkt, wenn der Gläubiger den Geldbetrag, den er beanspruchen kann, endgültig zur freien Verfügung übereignet oder überwiesen erhält. [X.]arf er den Betrag nicht behalten, tritt der [X.] nicht ein. [X.]aher erfüllt der Arbeitgeber den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten [X.] nur, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] 135/16 - Rn. 27 ff., [X.]E 155, 202).

b) In der Literatur wird vor diesem Hintergrund angenommen, die bundesgesetzlich und damit gleichrangig neben der [X.] geregelte Sicherung des durch Arbeitsleistung erworbenen Existenzminimums durch den Mindestlohn gelte auch im Insolvenzverfahren des Arbeitgebers und schließe die Insolvenzanfechtung hinsichtlich der in der Leistung des Arbeitsentgelts enthaltenen Erfüllung des gesetzlichen Mindestlohnanspruchs aus ([X.]/Müller-Glöge 22. Aufl. Einführung [X.] Rn. 24e; vgl. auch [X.]/Franzen [X.] § 1 Rn. 3).

c) [X.]ieser Auffassung folgt der [X.] nicht. Es gelten auch bzgl. des gesetzlichen Mindestlohns uneingeschränkt die allgemeinen Grundsätze bzgl. der Anfechtbarkeit von [X.] (noch offengelassen von [X.] 26. Oktober 2017 - 6 [X.] 511/16 - Rn. 25).

aa) [X.]er „endgültige Verbleib“ des Mindestlohns beim Arbeitnehmer ist nur eine Voraussetzung für die Erfüllung iSv. § 362 Abs. 1 BGB und beinhaltet diesbezüglich die Abgrenzung zur Leistung unter Vorbehalt ([X.]/[X.] Stand 1. März 2022 BGB § 362 Rn. 40; vgl. auch [X.], 865, 868). Wurde der Mindestlohnanspruch in diesem Sinne nach § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, endet die Rechtswirkung des [X.]es, weil die Forderung dann erloschen ist. [X.]er erhaltene Mindestlohn wird Bestandteil des Vermögens des Arbeitnehmers, aus dem heraus ggf. ein [X.] nach § 143 Abs. 1 [X.] zu erfüllen ist. [X.]er [X.] ist ein eigenständiger gesetzlicher Anspruch (vgl. [X.] 24. Oktober 2013 - 6 [X.] 466/12 - Rn. 16 ff.), welcher bereits erfüllte Forderungen aus dem Vermögen des Gläubigers wieder zur Insolvenzmasse ziehen kann. [X.]as ist das Wesen des Insolvenzanfechtungsrechts. [X.]er Gesetzgeber hat weder in der [X.] noch im [X.] eine anderweitige Regelung bzgl. der Anfechtbarkeit des Mindestlohns getroffen, obwohl das [X.] am 16. August 2014 in [X.] getreten ist ([X.]I S. 1348) und deshalb während des Gesetzgebungsverfahrens bzgl. der Änderungen des [X.] durch das Gesetz zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der [X.] und nach dem Anfechtungsgesetz vom 29. März 2017 ([X.]I S. 654) bereits geltendes Recht war (vgl. Henning [X.]. [X.], 776, 779). [X.]er Mindestlohn hat auch im Zwangsvollstreckungsrecht keinen besonderen Schutz erfahren. Hieraus folgt, dass die Insolvenzanfechtung nach dem Willen des Gesetzgebers bezogen auf den Mindestlohn keinen Einschränkungen unterliegt (ebenso [X.] 14/2021 [X.]. 2 zu [X.] VI).

bb) [X.]ies widerspricht nicht dem Sinn und Zweck des gesetzlichen Mindestlohns. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll der allgemeine Mindestlohn lediglich verhindern, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu [X.] beschäftigt werden, die jedenfalls unangemessen sind und den in Art. 2 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommenden elementaren Gerechtigkeitsanforderungen nicht genügen. Zudem sollen die [X.] Sicherungssysteme entlastet werden (vgl. BT-[X.]rs. 18/1558 S. 28; zu weitergehenden Zielsetzungen vgl. [X.]/[X.] Stand 1. März 2022 [X.] § 1 Rn. 1; HK-[X.]/[X.] Aufl. Einleitung Rn. 46; [X.] in [X.] [X.]/[X.] 2. Aufl. Einleitung Rn. 37). Letztere sind zur umfassenden Existenzsicherung des Arbeitnehmers einschließlich seiner etwaigen Unterhaltsverpflichtungen berufen (vgl. [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. Einführung Rn. 103). [X.]er Gesetzgeber hat sich bzgl. der ursprünglichen Höhe des Mindestlohns nur an der Pfändungsfreigrenze für einen alleinstehenden Vollzeitbeschäftigten bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit orientiert und wollte diese übertreffen (vgl. BT-[X.]rs. 18/1558 S. 28). [X.]as [X.] soll daher nicht umfassend die gesamte Existenz des Arbeitnehmers auf [X.]auer absichern, sondern nur die Mindesthöhe des Entgelts bestimmen. [X.]ies dient letztlich zwar auch der Existenzsicherung, beinhaltet aber keine Sicherung gegen eine Insolvenzanfechtung, deren Folgen durch den Vollstreckungsschutz und sozialrechtliche Ansprüche abgemildert werden.

5. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist daher ohne Belang, ob in ihrem Fall durch die Pfändungsfreigrenzen ein höherer Betrag als der Mindestlohn geschützt wurde. [X.]ies wäre nur von Bedeutung, falls die Anfechtung von Arbeitsentgelt bzgl. des Existenzminimums grundsätzlich unzulässig wäre und deshalb die Höhe des anfechtungsfreien Betrags bestimmt werden müsste. Wie dargelegt, ist dies nicht der Fall.

6. Unionsrechtliche Vorgaben gebieten keine auf das Existenzminimum bezogene [X.]. [X.]ie Richtlinie 2008/94/[X.] bezweckt zwar einen Schutz des Arbeitnehmers bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. [X.]ieser Schutz soll aber nicht durch Beschränkung des [X.], sondern durch Garantieeinrichtungen erfolgen, welche die Befriedigung gar nicht erst erfüllter Ansprüche sicherstellen (vgl. Art. 3 [X.] 2008/94/[X.]). [X.]abei können die Mitgliedstaaten nach Art. 4 [X.] 2008/94/[X.] die Zahlungspflicht der Garantieeinrichtungen begrenzen. [X.]ie Vorgaben der Richtlinie hat der [X.] Gesetzgeber durch die Vorschriften über den Insolvenzgeldanspruch in §§ 165 ff. [X.] umgesetzt ([X.] 6. September 2018 - 6 [X.] 367/17 - Rn. 31, [X.]E 163, 271). [X.]er Anspruch auf Insolvenzgeld wird durch Anfechtung nicht reduziert, sondern nur dahingehend beeinflusst, dass er erst durch die Rückgewähr des [X.] zur Masse entsteht ([X.] 26. Oktober 2017 - 6 [X.] 511/16 - Rn. 36, [X.]E 161, 21). [X.]em Arbeitnehmer verbleibt damit auch bei einer erfolgreichen Anfechtung der durch die Richtlinie gewährleistete Schutz. [X.]ie Problematik des [X.] 3 [X.]tz 2 [X.] (vgl. hierzu [X.] 26. Oktober 2017 - 6 [X.] 511/16 - Rn. 37, aaO; 29. Jan[X.]r 2014 - 6 [X.] 345/12 - Rn. 34, [X.]E 147, 172) begründet keinen Entfall der Anfechtbarkeit. Bei Ablehnung einer Insolvenzgeldzahlung wegen Fristversäumnis wäre vielmehr zu prüfen, ob das Erfordernis der Fristwahrung mit der Richtlinie vereinbar ist (vgl. zum Streitstand [X.]/[X.] 4. Aufl. [X.] 2008/94/[X.] Art. 4 Rn. 15; [X.]/Peters-Lange [X.] § 165 Stand [X.]ezember 2021 Rn. 4a ff.).

7. [X.]ie Berufung der Beklagten auf Art. 4 Ziff. 1 der [X.] (ES[X.]) führt zu keinem anderen Ergebnis.

a) Um die wirksame Ausübung des Rechts auf ein gerechtes Arbeitsentgelt zu gewährleisten, verpflichten sich in dieser Regelung die Vertragsparteien der [X.]harta, das Recht der Arbeitnehmer auf ein Arbeitsentgelt anzuerkennen, welches ausreicht, um ihnen und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard zu sichern. Unabhängig davon, wie das Arbeitsentgelt zu bemessen ist, welches den Arbeitnehmern und ihren Familien einen angemessenen Lebensstandard sichern soll, kommt Art. 4 ES[X.] für die in den Mitgliedsländern tätigen Arbeitnehmer kein verbindlicher Rechtscharakter zu. [X.]iese Vorschrift hat keine unmittelbare Wirkung für den einzelnen Bürger ([X.] 24. März 2004 - 5 [X.] 303/03 - zu I 4 der Gründe, [X.]E 110, 79; vgl. zur RES[X.] [X.]/[X.] 4. Aufl. RES[X.] Einl. Rn. 33 mwN; [X.] in Schlachter/[X.]/Ulber Arbeitsvölkerrecht § 13 Rn. 51). Art. 4 Ziff. 1 ES[X.] weist zudem keinen Bezug zu insolvenzrechtlichen Verteilungsgrundsätzen auf, sondern bezieht sich allein auf die Höhe des geschuldeten Arbeitsentgelts.

b) [X.]emgegenüber sieht Art. 25 der revidierten und für die Bundesrepublik [X.]eutschland zum 1. Mai 2021 in [X.] getretenen ES[X.] (RES[X.]) die Verpflichtung der Vertragsparteien vor, bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers die Forderungen der Arbeitnehmer „aus Arbeitsverträgen oder Arbeitsverhältnissen durch eine Garantieeinrichtung oder durch jede andere wirksame Form des Schutzes“ zu sichern. [X.]ie Regelung orientiert sich [X.]. an der Insolvenzschutzrichtlinie der [X.] ([X.]/[X.] 4. Aufl. RES[X.] Art. 25 Rn. 1 mwN). [X.]ies spricht für ein gleichlaufendes Verständnis. Mangels Anwendbarkeit im vorliegenden Fall, dem ein Anfechtungstatbestand aus dem [X.] zu Grunde liegt, bedarf es hierzu jedoch keiner Entscheidung.

8. [X.]er Rückforderungsbetrag ist mit Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 [X.]tz 2, § 187 Abs. 1 BGB seit dem Folgetag der Rechtshängigkeit zu verzinsen (vgl. [X.] 19. Mai 2021 - 5 [X.] 378/20 - Rn. 30). [X.]ies ist hier der 29. [X.]ezember 2019, da der Mahnbescheid am 28. [X.]ezember 2019 zugestellt wurde (§ 696 Abs. 3 ZPO).

II. [X.]er Kläger hat die Kosten, die durch die Verweisung des Rechtsstreits entstanden sind, nach § 17b Abs. 2 [X.]tz 2 GVG zu tragen. [X.]ie übrigen Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte aufgrund ihres vollumfänglichen Unterliegens nach § 91 Abs. 1 [X.]tz 1, § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Spelge    

        

    Wemheuer    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Steinbrück     

        

    [X.]     

                 

Meta

6 AZR 497/21

25.05.2022

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Gießen, 13. April 2021, Az: 5 Ca 188/20, Urteil

§ 131 Abs 1 Nr 1 InsO, § 131 Abs 1 Nr 2 InsO, § 143 Abs 1 S 1 InsO, § 129 Abs 1 InsO, Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, § 362 Abs 1 BGB, § 1 Abs 1 MiLoG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.05.2022, Az. 6 AZR 497/21 (REWIS RS 2022, 3470)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3470 NJW 2022, 2561 REWIS RS 2022, 3470 MDR 2022, 1223-1224 REWIS RS 2022, 3470

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