Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2011, Az. X ZR 28/09

10. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7669

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentnichtigkeitsverfahren: Bemessung des Gegenstandswertes - Nichtigkeitsstreitwert


Leitsatz

Nichtigkeitsstreitwert

1. Der Gegenstandswert des Patentnichtigkeitsverfahrens wird durch den gemeinen Wert des Patents bei Klageerhebung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen bestimmt .

2. Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts kann von dem Streitwert eines auf das Streitpatent gestützten Verletzungsprozesses ausgegangen werden, der regelmäßig das Interesse des Nichtigkeitsklägers an der Nichtigerklärung des Patents widerspiegelt. Dem Umstand, dass der gemeine Wert des Patents in der Regel über dieses Individualinteresse hinausgeht, ist bei der Wertfestsetzung mangels anderweitiger Anhaltspunkte dadurch Rechnung zu tragen, dass der Gegenstandswert um ein Viertel höher als der Streitwert des Verletzungsprozesses angenommen wird .

Tenor

Auf die Gegenvorstellung der Beklagten wird unter Abänderung des Beschlusses des Senats vom 14. März 2011 der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 1.667.000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Klägerin hat, nachdem sie ihre Nichtigkeitsklage zurückgenommen hat, den Streitwert für das Berufungsverfahren mit 2 Millionen € angegeben. Auf diesen Betrag hat das [X.] in erster Instanz den Streitwert festgesetzt. Nach Mitteilung der Beklagten ist in dem parallelen Verletzungsverfahren der Streitwert vorläufig ebenfalls auf 2 Millionen € festgesetzt worden. Mit Beschluss vom 14. März 2011 hat der Senat den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 2.500.000 € festgesetzt. Mit ihrer Gegenvorstellung macht die Beklagte geltend, das [X.] habe den Streitwert auf 2 Millionen € festgesetzt und bestimmt, dass von den Kosten des Rechtsstreits die Beklagte zwei Drittel zu tragen habe. Da nur die Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt habe, betrage der Streitwert 1.333.333 €.

2

[X.] ist nach § 51 Abs. 1 GKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dafür im [X.] bei Erhebung der Klage bzw. der Einlegung der Berufung zuzüglich des Betrags der bis dahin entstandenen Schadensersatzforderungen maßgeblich ([X.], Beschluss vom 11. Oktober 1956 - [X.], [X.], 79; Senat, Beschluss vom 7. November 2006 - [X.], [X.], 175 - [X.]; Beschluss vom 28. Juli 2009 - [X.], [X.], 1100 - [X.]). Ist zu diesem Zeitpunkt über die streitige Höhe des wegen Verletzung des [X.] bereits entstandenen Schadens noch keine abschließende gerichtliche Entscheidung ergangen, entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, den bezifferten Betrag der Schadensersatzforderung in voller Höhe in die Wertbestimmung einzustellen (Beschluss vom 28. Juli 2009, aaO). Mangels solcher oder weiterer Anhaltspunkte legt der Senat die (vorläufige) Streitwertfestsetzung im Verletzungsverfahren zugrunde. Diese beziffert regelmäßig das Interesse des [X.] an der erstrebten Vernichtung des [X.], mit der der [X.] die Grundlage entzogen werden soll. Eine Streitwertfestsetzung im [X.] unterhalb dieses Betrages kommt daher regelmäßig nicht in Betracht.

3

Damit ist der in der Regel über das Interesse des [X.] hinausgehende gemeine Wert des Patents jedoch noch nicht in seiner Gesamtheit erfasst; insbesondere ist noch nicht der Eigennutzung des [X.] durch den Patentinhaber Rechnung getragen. Diese berücksichtigt der Senat in seiner neueren Praxis mangels anderer Anhaltspunkte regelmäßig mit einem Zuschlag von 25 % auf den nach den zuvor erörterten Gesichtspunkten ermittelten Streitwert.

4

Von dem sich danach hier ergebenden Betrag von 2.500.000 € ist jedoch, wie die Beklagte zu Recht geltend macht, ein Drittel abzuziehen. Das Patentgericht hat das Streitpatent teilweise für nichtig erklärt und der Klägerin ein Drittel sowie der Beklagten zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Da nur die Beklagte Berufung eingelegt hat, geht in den [X.] nur deren in erster Linie weiter verfolgtes Ziel ein, die vollständige Abweisung der Nichtigkeitsklage zu erreichen. Dem ist durch eine Ermäßigung des Streitwerts um den Anteil Rechnung zu tragen, in dem das erstinstanzliche Urteil nicht angefochten ist ([X.], Beschluss vom 12. Juli 2005 - [X.], [X.], 972 - Streitwert im [X.]). Mangels anderer Anhaltspunkte ist daher im vorliegenden Fall eine Ermäßigung um ein Drittel vorzunehmen.

[X.]

                           [X.]

Meta

X ZR 28/09

12.04.2011

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend BPatG München, 9. September 2008, Az: 1 Ni 28/07 (EU)

§ 51 Abs 1 GKG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.04.2011, Az. X ZR 28/09 (REWIS RS 2011, 7669)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7669

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

X ZR 28/09 (Bundesgerichtshof)


X ZR 23/21 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsverfahren: Bemessung des Streitwerts für ein standardessentielles Patent – Nichtigkeitsstreitwert III


4 Ni 24/12 (EP) (Bundespatentgericht)

Patentnichtigkeitsklageverfahren – "Zwischenwirbelimplantat" – am Verletzungsstreit orientierte Bemessung des Gebührenstreitwerts – Abstellung auf die verfahrenseinleitende …


X ZR 110/13 (Bundesgerichtshof)

Patentnichtigkeitsverfahren: Grundsätze der Streitwertbestimmung


X ZR 68/11 (Bundesgerichtshof)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.