Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2002, Az. IX ZR 326/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 2344

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:11. Juli 2002Bürk,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja BGB §§ 765, 138 Bb, 242 Cd, 826 H; ZPO § 767; [X.] § 79 Abs. 2a)§ 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] bezieht sich nicht auf Erkenntnisse des [X.], die eine gerichtliche Entscheidung wegen verfassungsrechtli-cher Mängel aufheben, den inhaltlichen Bestand der einschlägigen Rechtsvor-schriften jedoch unberührt lassen.b)Der [X.]uß des [X.] vom 19. Oktober 1993, mit dem eindie Haftung eines finanziell überforderten Bürgen betreffendes [X.]eil des [X.] aufgehoben wurde, bezeichnet nicht eine bestimmte Normausle-gung als mit dem Grundgesetz unvereinbar; daher kann auf diese Entscheidungnicht eine Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Titel gestützt werden, der [X.] aus einem Bürgschaftsvertrag betrifft, welcher nach nunmehr geltenderhöchstrichterlicher Rechtsprechung wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist.c)Die Vollstreckung aus einem vor der Entscheidung des Bundesverfassungsge-richts vom 19. Oktober 1993 erwirkten [X.]eil über die Forderung aus einer Bürg-schaft, die nach nunmehr geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung wegenSittenwidrigkeit nichtig ist, kann im allgemeinen nicht mit der Klage aus § 826BGB abgewehrt [X.] -[X.], [X.]eil vom 11. Juli 2002 - [X.] - OLGKln [X.] 3 -Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mliche [X.] durch den Vorsitzenden [X.] [X.] und die [X.]Kirchhof, [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 15. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Kln vom 24. August 1999 wird auf Kosten der Kle-rin zurckgewiesen.Von Rechts [X.]:Die beklagte Bank hatte dem Ehemann der [X.] in den [X.] [X.] das von ihm betriebene [X.] verschiedene Kredite im Ge-samtvolumen von 180.000 DM gewrt. Im Zusammenhang mit einer Neuord-nung der [X.] die Beklagte der [X.] Ende [X.] 1987 ein Formular r eine Hchstbetragsrgschaft von 200.000 [X.] Absicherung der Forderungen aus der [X.]sverbindung mit derenEhemann. Die [X.], die sich damals ausschließlich der [X.] Kindererziehung widmete und kein nennenswertes Vermsaß, un-terzeichnete die [X.]surkunde am 4. Januar 1988 und leitete sie der [X.] zu. Dieser war als weitere Sicherheit eine Grundschuld in [X.] auf einem den Eltern der [X.]irenden [X.] worden. Im Mrz 1988 verschaffte ihr der Kreditnehmer darr- 4 -hinaus das Pfandrecht an Wertpapieren sowie die Rechte aus zwei Lebensver-sicherungsvertr.Anfang des Jahres 1991 kigte die Beklagte die [X.]sverbindungzum Hauptschuldner wegen Zahlungsverzuges und stellte eine Gesamtforde-rung von 201.497,66 DM fllig. Nach Verwertung der rigen Sicherheitennahm sie die Beklagte in [X.] Restforderung von 70.882,06 DM zuzg-lich Zinsen gerichtlich aus der [X.]. Die Beklagte beauf-tragte einen Rechtsanwalt, der die Klageerwiderung einreichte und die Gewh-rung von [X.] beantragte. Mit [X.] [X.] 13. Juli 1992 lehnte das [X.] den Antrag ab, weil die [X.] der heutigen [X.] keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. [X.] trat der [X.] deshalb nicht [X.] die Kl-gerin auf. Das am 14. Oktober 1992 zugunsten der Beklagten ergangene undder [X.] am 21. Oktober 1992 zugestellte [X.] wurde rechts-krftig.Die [X.] lebte seit 1991 von ihrem Ehemann getrennt. Die Ehe [X.] durch ein am 26. Oktober 1992 rechtskrftig gewordenes [X.]eil geschieden.Die [X.] wendet sich mit der nunmehr eingereichten Klage gegendie Vollstreckung aus dem [X.] sowie dem im [X.] ergan-genen [X.]. Sie ist der Ansicht, die im Jahre 1988 er-teilte [X.] sei [X.] § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die ihr stige Ent-scheidung des [X.]s im Vorprozeû beruhe auf einer Auslegung jenerVorschrift, die das [X.] mit [X.] vom 19. Oktober1993 [X.] verfassungswidrig erklrt habe. Daher sei die weitere [X.] 5 -ausden zugunsten der Beklagten ergangenen Titeln [X.] § 79 Abs. 2 Satz 2[X.] unzulssig. Die [X.] meint weiter, sie kûerdem im Wegeder Vollstreckungsabwehrklage geltend machen, [X.] das ursprliche Siche-rungsinteresse der Bank, das sich nur auf den Schutz vor [X.] bezogen habe, entfallen sei. Hilfsweise hat die [X.] Unterlassungder Vollstreckung sowie Herausgabe des Titels verlangt, weil dessen [X.] in Anbetracht der Rechtslage eine vorstzliche sittenwidrige Sch-digung darstelle. Das Berufungsgericht hat das dem Hauptantrag stattgebende[X.]eil des [X.]s aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der [X.] begehrt die [X.] die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entschei-dung.[X.]:Die Revision hat keinen Erfolg.[X.] Revision macht allerdings zu Recht geltend, [X.] der [X.]s-vertrag vom 4. Januar 1988 auf der Grundlage der heutigen [X.]. und des [X.]. Zivilsenats des [X.] wegen Sittenwidrigkeit(§ 138 Abs. 1 BGB) als nichtig anzusehen sei.- 6 -1. Die [X.] wurde durch die Übernahme einer Haftungsverpflichtungvon 200.000 DM finanziell [X.]; denn im Zeitpunkt des Vertrags-schlusses war davon auszugehen, sie werde bei Eintritt des [X.]sfallesnicht einmal in der Lage sein, die Zinsen der Hauptschuld aufzubringen (vgl.[X.], 37, 42; [X.], [X.]. v. 27. Januar 2000 - [X.], [X.] 2000,410, 411 f). Die anderweitigen Sicherheiten, die das Kreditinstitut [X.], sind bei der Beurteilung der finanziellen Überforderung nicht zu berck-sichtigen, weil sie das Haftungsrisiko des Brgen nicht in rechtlich gesicherterWeise eingeschrkt haben: Die Beklagte hatte die den Brgen [X.] des § 776 BGB formularmûig abbedungen (vgl. [X.]Z 136, 347,352 f; 146, 37, 44). Im rigen wre die [X.] nicht einmal in der Lage ge-wesen, die Zinsen [X.] den durch dirigen Sicherheiten nicht gedeckten [X.] Hauptschuld aufzubringen.2. Nach der Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats spricht in einem solchenFalle bereits ohne Hinzutreten weiterer Umstine widerlegliche tatschli-che Vermutung [X.], [X.] sich der Ehegatte oder nahe Arige bei [X.] nicht von einer rationalen Einsctzung des wirtschaftli-chen Risikos hat leiten lassen und das Kreditinstitut die emotionale Beziehungzwischen Hauptschuldner und Brgen in sittlich anstûiger Weise ausgenutzthat ([X.], 37, 42; [X.]. v. 14. Mai 2002 - [X.] ZR 50/01, [X.] 2002,1347,1349 f; v. 14. Mai 2002 - [X.] ZR 81/01, [X.] 2002, 1350, 1351 f). Tatsachen, diegeeignet sind, eine solche Vermutung zu widerlegen, hat die beklagte [X.] vorgetragen.Zwar verlangt der [X.]. Zivilsenat trotz krasser finanzieller Überforderungzustzlich, [X.] der [X.]svertrag sich in jeder Hinsicht als wirtschaftlich- 7 -sinnlos erweist, was er bei vor dem [X.] abgeschlossenen Vertrverneint, wenn der Gliger [X.]en [X.] hatte, die [X.] zumSchutz vor Vermsverlagerungen zwischen dem Kreditnehmer und dessenLebenspartner hereinzunehmen (vgl. [X.]Z 134, 325, 327 f; [X.], [X.]. v.25. November 1999 - [X.] ZR 40/98, [X.] 2000, 23, 24). Ein entsprechendes In-teresse der kreditgebenden Bank erkennt diese Rechtsprechung jedoch nur an,soweit dieser [X.] ihre Forderungen gegen den Hauptschuldner keine anderwei-tigen Sicherheiten zur [X.]. Die Beklagte hatte hier [X.] im Gesamtwert von mindestens 50.000 DM erhalten. Daher war es unterkeinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar, mit der [X.] einen Brg-schaftsvertrr 200.000 DM abzuschlieûen. Der vertraglich vereinbarteUmfang der [X.] steht daher nicht in einer verftigen Relation zu demvon der Bank geltend gemachten [X.]. Damit verstût die[X.] auch aus diesem Grunde gegen die guten Sitten und ist [X.]§ 138 Abs. 1 BGB nichtig (vgl. [X.]Z 136, 347, 352 f; [X.], [X.]. v. 8. [X.] - [X.] ZR 257/97, [X.] 1998, 2327, 2328; v. 27. Januar 2000 - [X.] ZR198/98, [X.] 2000, 410, 412).II.1. Das im Vorprozeû ergangene, auf der im [X.] vom 13. Juli 1992niedergelegten Rechtsauffassung des [X.]s beruhende Versmnisur-teil vom 14. Oktober 1992 stand indessen damals mit der Rechtsprechung [X.] jener Zeit [X.] das [X.]srecht zustigen [X.]. Zivilsenats des Bundes-gerichtshofs in Einklang (vgl. [X.]Z 106, 269; 107, 92; [X.], [X.]. v. 16. [X.] - [X.] ZR 171/88, [X.], 629; v. 16. Januar 1992 - [X.] ZR 113/91, ZIP- 8 -1992, 233). Eine dem Brstige Änderung dieser Rechtsprechungsetzte [X.] die Öffentlichkeit erkennbar erst nach dem [X.] des Bundes-verfassungsgerichts vom 19. Oktober 1993 ([X.] 89, 214) ein (vgl. zu [X.] der Rechtsentwicklung Fischer/Ganter/Kirchhof, Schutz des [X.], in: 50 Jahre [X.], Festschrift aus [X.] des 50-jrigen Bestehens [X.], [X.] und Rechtsanwaltschaft beim Bundes-gerichtshof, [X.] ff), der das erwte [X.]eil des [X.] vom16. Mrz 1989 (aaO) aufhob, welches der [X.]sklage gegen die finan-ziell [X.]e Tochter des [X.] stattgegeben [X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts - sein [X.]eil ist in [X.] - kann die [X.] sich gleichwohl nicht nach § 79 Abs. 2Satz 3 [X.] i.V.m. § 767 ZPO gegen die Vollstreckung aus dem rechts-krftigen [X.] wenden. Das [X.] habe nichtdie in dem aufgehobenen [X.]eil des [X.] angewandten gesetz-lichen Vorschriften [X.] verfassungswidrig erklrt, sondern lediglich [X.] gemacht, welche Gesichtspunkte bei der Gesetzesauslegung im [X.] grundrechtlichen Gewrleistung der Privatautonomie zu bercksichtigenseien, die im konkreten Fall als nicht zutreffend gewrdigt befunden wordenseien. § 79 Abs. 2 [X.] treffe Anordnungen nur [X.] Entscheidungen, dieauf einer vom [X.] [X.] nichtig erklrten Norm beruhen.Die Vorschrift solle ihrem Sinn und Zweck nach nicht jedes [X.]eil erfassen, daseine rechtliche Wrdigung enthalte, die mlicherweise anders ausgefallenwre, wenn die vom [X.] ster aufgestellten [X.] worden wren. Bei einer analogen Anwendung der Norm aufsolche Flle werde das Institut der Rechtskraft auslt und die Rechtssi-cherheit [X.] -3. Diese Erwsind im [X.] zutreffend. Der [X.] des Bun-desverfassungsgerichts vom 19. Oktober 1993 (aaO) [X.] keine Aussage,die die Wirkungen des § 79 Abs. 2 Satz 2 und 3 [X.] auslst.a) § 79 [X.] bestimmt, [X.] unanfechtbare Entscheidungen, die aufeiner [X.] § 78 [X.] [X.] nichtig erklrten Norm beruhen - mit [X.] - in ihrem Bestand [X.] bleiben. Jedoch ist die [X.] aus einer solchen Entscheidung unzulssig, was in entsprechender An-wendung des § 767 ZPO geltend gemacht werden kann (§ 79 Abs. 2 Satz 2und 3 [X.]). § 79 [X.] bezieht sich unmittelbar nur auf Entscheidun-gen im Normenkontrollverfahren, ist jedoch entsprechend anwendbar, wenneine Verfassungsbeschwerde Erfolg hat (§ 95 Abs. 3 Satz 2 und 3 [X.]).Nach § 79 Abs. 1 [X.] ist die Wiederaufnahme des Verfahrens ge-gen ein rechtskrftiges Strafurteil nicht nur im Falle einer [X.] § 78 [X.][X.] nichtig erklrten Norm - Alternative 2 -, sondern auch dann zulssig, wenndas [X.] lediglich die Unvereinbarkeit einer gesetzlichenBestimmung mit dem Grundgesetz festgestellt - Alternative 1 - oder eine be-stimmte Auslegung einer Norm [X.] mit dem Grundgesetz unvereinbar erklrt hat- Alternative 3 -. Die beiden zuletzt genannten [X.] § 79 Abs. 2[X.] nicht. Die Frage, ob bei allen Entscheidungen auûerhalb von [X.] die [X.] nur nach Nichtigerklrung einer Norm (§ 78[X.]) greift oder die Bestimmung gleichwohl in ebenso umfassendem Sin-ne zu verstehen ist, die Regel des Absatzes 2 Satz 3 sich also auf alle in § 79Abs. 1 [X.] enthaltenen Alternativen bezieht, wird in Rechtsprechung [X.] unterschiedlich beurteilt. Nach wohl rwiegender Meinung [X.]- 10 -§ 79 Abs. 2 [X.] nur die Entscheidungen, die auf einer [X.] nichtig erklrtenNorm beruhen (vgl. [X.], 567, 572 ff; 91, 1, 10 f; 110, 53, 58;[X.]/[X.], § 767 Rn. 70; Musielak/[X.], ZPO [X.] 767 Rn. 26 Stichwort "Verfassungswidrigkeit"; [X.], [X.]. § 20 Rn. 77; [X.]/Gaul/Schilken, [X.]., S. 623 f, 648 f; [X.]/Walker, Vollstreckung [X.] Rechtsschutz, [X.] Aufl. § 767 ZPO Rn. 23 f, 46;Stein/[X.]/[X.], ZPO 21. Aufl. § 767 Rn. 15, 24; Wieczo-rek/Sctze/[X.], ZPO 3. Aufl. § 767 Rn. 19 [X.]. 72; Hau JA 1996, 830,832; [X.] EWiR 1999, 741, 742). Im Gegensatz dazu wird in den Kom-mentaren zum [X.]gesetz praktisch durcig [X.] vertreten, die weitere Vollstreckung aus einem hoheitlichen Akt sei[X.] § 79 Abs. 2 Satz 3 [X.] auch dann unzulssig, wenn das Bundes-verfassungsgericht lediglich eine Norm oder eine bestimmte Auslegung als mitdem Grundgesetz unvereinbar bezeichnet habe ([X.]/[X.], [X.]4. Aufl. § 79 Rn. 8; [X.]/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.]/[X.]/Winter,[X.] § 79 Rn. 25; [X.]/[X.], Lehrbuch des [X.]. 1192, 1198; vgl. auch [X.], in: [X.] und [X.], Festgabe aus [X.] des 25-jrigen Bestehens des Bundesverfassungs-gerichts, S. 628, 630 f, 647 f).b) Diese letztere Meirfte mit der aus der Rechtsprechung des[X.] erkennbaren Tendenz reinstimmen. Dieses hatausdrcklich entschieden, [X.] eine Norm, deren Verfassungswidrigkeit ledig-lich festgestellt wird, ebenso wie im Falle der Nichtigerklrung vom Zeitpunktder Entscheidung des [X.] an nicht mehr angewandtwerden darf. Das [X.] § 79 Abs. 2 Satz 2 [X.] geltende Vollstreckungs-- 11 -verbot ist insoweit entsprechend anzuwenden. Die Durchsetzung von hoheitli-chen Akten, die auf einer Vorschrift beruhen, deren Unvereinbarkeit mit [X.] in allgemeinverbindlicher Weise (§ 31 Abs. 1 [X.]) ausge-sprochen worden ist, soll [X.] die Zukunft ausgeschlossen sein ([X.] 37,217, 262 f; 81, 363, 384). Gilt danach § 79 Abs. 2 [X.] [X.] die in Abs. [X.] 1 genannten Flle, so liegt es nahe, die Regelung auch auf Ent-scheidungen anzuwenden, die eine bestimmte Normauslegung als verfas-sungswidrig bezeichnen. Das wre auch deshalb sach- und interessegerecht,weil eine vom [X.] vorgegebene, die bisherige Ausle-gung einer Norm aus verfassungsrechtlichen Grrnde [X.] in ihrer Wirkung der - teilweisen - Nichtigerklrung einer Norm we-sentlicr steht als einer bloûen Änderung der Rechtsprechung (ebenso[X.], [X.]. v. 12. Juli 1990 - [X.]I ZR 85/89, NJW 1990, 3020, 3022). Eine solcheEntscheidung ist in gleicher Weise wie die Nichtigerklrung einer Norm [X.]§ 31 Abs. 1 [X.] von allen Gerichten zu beachten ([X.] 40, 88, 94;72, 119, 121).c) Selbst wenn man die Vorschrift des § 79 Abs. 2 [X.] in diesemweiteren Sinne versteht, [X.] die Regelung nicht die Entscheidungen des[X.], die [X.]eile oder [X.] lediglich wegen ver-fassungswidriger Anwendung einer Rechtsnorm aufheben. § 79 Abs. 2[X.] bezieht sich in jedem Falle nur auf Entscheidungen des [X.], die Rechtsnormen [X.] nichtig erklren, deren Unvereinbarkeitmit dem Grundgesetz feststellen oder den Geltungsbereich einer Vorschrift [X.], [X.] sie eine bestimmte Auslegung - die nach Wortlaut,Inhalt und Zweck an sich mlich wre, - als verfassungswidrig ausschlieûen.Der [X.] hat bei Auslegung und Anwendung aller gesetzlichen Vorschriften- 12 -das verfassungsrechtliche Wertsystem als interpretationsleitend zu berck-sichtigen (vgl. [X.] 7, 198, 205 ff; 99, 185, 196). Weist die gerichtlicheEntscheidung in dieser Hinsicht erhebliche Ml auf, handelt es sich [X.] um verfassungsrechtlich bedeutsame Subsumtionsfehler, die vom Bundes-verfassungsgericht im Einzelfall korrigiert werden k. Solche Entschei-dungen lassen in der Regel den inhaltlichen Bestand der einschligenRechtsvorschriften [X.]. § 79 Abs. 2 [X.] setzt [X.] norm-bezogene Erkenntnisse des [X.] voraus und verbietet daherdie Vollstreckung nur aus solchen Entscheidungen, die auf einem Inhalt [X.] beruhen, den das [X.] im Wege der verfas-sungskonformen Auslegung ausgeschlossen hat (generell-abstraktes [X.]; zutreffend [X.] NJW 2001, 475, 477 ff; im Ergebnis ebenso [X.] 1997, 621, 623; vgl. auch [X.] NJW 1995, 3085, 3088).d) Der [X.] des [X.] vom 19. Oktober 1993([X.] 89, 214 ff) [X.] keine einschrkende verfassungskonforme Aus-legung von Rechtsnormen, die die Rechtsprechung des [X.]zum [X.]srecht zuvor angewandt hatte. Vielmehr betont die Entschei-dung, [X.] dem [X.] [X.] die verfassungsrechtlich gebotene Inhaltskontrollesolcher Vertrmit den zivilrechtlichen Generalklauseln in der durch diechstrichterliche Rechtsprechung vorgenommenen Ausgestaltung, insbeson-dere den §§ 138, 242 BGB, ein Regelwerk zur Verfstehe, das es ermg-liche, auf strukturelle Strungen der [X.], die geeignet sind, dieverfassungsrechtlich gesctzte Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) zu verlet-zen, angemessen zu reagieren. Die Entscheidung liefert demzufolge keineVorgaben dazu, wie die Bestimmung des § 765 BGB zu verstehen oder in wel-chem Sinne §§ 138, 242 BGB auszulegen sind, sondern beanstandet, [X.] sich- 13 -das [X.]eil des [X.] vom 19. Mrz 1989 (aaO) mit der ausgeprten Unterle-genheit der Brgin im konkreten Fall sowie der von ihr geltend gemachten Be-eintrchtigung ihrer Entscheidungs[X.]eiheit nicht bzw. in untauglicher Weiseauseinandergesetzt habe (aaO, 234 f). Die [X.]s aufge-hobenen [X.]eils hatten die Bestimmungen der §§ 138, 242 BGB nicht einmalerwt und schon damit den Eindruck hervorgerufen, die Bedeutung der [X.] als Grundrecht sowie die Notwendigkeit, die Vertrags[X.]eiheitverfassungskonform zu praktizieren, nicht bercksichtigt zu haben (vgl. auchDieterich [X.] 2000, 11, 13). Das [X.] hat damit aus-schlieûlich einen verfassungsrechtlichen Fehler allgemeiner Art bei der dem[X.] im konkreten Fall obliegenden rechtlichen Subsumtion beanstandet unddarauf hingewiesen, die Gerichte mûten in solchen Fllen klren, ob die ver-tragliche Regelung eine Folge strukturell ungleicher Verhandlungsstrke [X.] gegebenenfalls im Rahmen der Generalklauseln des geltenden [X.] eingreifen. Wie sie dabei zu verfahren haben und zu welchem Er-gebnis sie gelangen mssen, ist in erster Linie eine Frage des einfachenRechts, dem die Verfassung einen weiten Spielraum lût" ([X.] 89, 214,234).Der [X.] vom 19. Oktober 1993 (aaO) besagt mithin nichts darr,ob und unter welchen Voraussetzungen [X.]en wegen finanzieller ber-forderung des Verpflichteten als nichtig anzusehen ist. Die entsprechendenKriterien herauszuarbeiten, war allein Aufgabe der Zivilgerichte. Die erforderli-chen Maûstwurden erst in der nach Zurckverweisung ergangenen zwei-ten Revisionsentscheidung ([X.], [X.]. v. 24. Februar 1994 - [X.] ZR 227/93, [X.]1994, 680), einem am selben Tage ergangenen weiteren [X.]eil ([X.]Z 125,206) sowie der nachfolgenden Rechtsprechung erarbeitet. Dem [X.] des- 14 -[X.] vom 19. Oktober 1993 fehlt damit eine normbezo-gene Aussage im Sinne des § 79 Abs. 2 [X.].Diese Wertung wird durch die Entscheidung des [X.] die Verfassungsbeschwerde gegen das [X.]eil des [X.] vom 18. Januar 1996 ([X.] ZR 171/95, [X.] 1996, 519) besttigt. Der Bun-desgerichtshof hatte in jener Entscheidung einen [X.]svertrag als wirk-sam angesehen, obwohl die Brgin im Sinne der heute geltenden Rechtspre-chung des [X.]. und [X.]. Zivilsenats finanziell [X.] war und lediglichmittelbare Vorteile aus dem Kredit an den Ehemann erwarten konnte. Das[X.] hat die Annahme der dagegen erhobenen Verfas-sungsbeschwerde mit der Begrlehnt, die angegriffene Entschei-dung habe das Problem gestrter [X.] umfassend behandelt. Da dergesicherte Kredit dem Handwerksbetrieb des Ehemannes der Brgen gedienthabe, sei es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, [X.] der [X.] sie selbst als unmittelbar interessiert an der Verlrung des [X.] angesehen habe. [X.] sei auch ein sctzenswertes Eigeninteres-se des Darlehensgebers zu bejahen, weil beide Eheleute gemeinsam in derLage seien, nicht unerhebliche Tilgungsleistungen zu erbringen ([X.],[X.]. v. 2. Mai 1996 - 1 BvR 696/96, [X.] 1996, 948). Diese Begrmacht besonders deutlich, [X.] die [X.] Sittenwidrigkeit von [X.]en finanziell rforderter, dem [X.] emotional eng verbundener Personen nicht auf verfassungsgerichtli-chen Vorgaben zur Auslegung bestimmter Rechtsnormen beruht.[X.] -Die Vollstreckungsabwehrklage hat auch nicht aus anderen [X.]; denn der [X.] steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einenach § 767 ZPO zulssige Einwendung zu.1. Es braucht nicht errtert zu werden, unter welchen Voraussetzungenbei [X.]en finanziell rforderter Ehe[X.]auen [X.] Kreditschulden [X.] die Scheidung der Ehe zum Erlschen der Haftungsverpflichtung[X.]en kann (vgl. dazu [X.]Z 128, 230; 132, 328; 134, 325). Wie das [X.] zutreffend angenommen hat, kann dieser Einwand hier schondeshalb nicht erhoben werden, weil sich die Klage gegen ein rechtskrftiges[X.] richtet und dieser Umstand vor Ablauf der Einspruchs[X.]isteingetreten ist (vgl. [X.], [X.]. v. 21. April 1982 - [X.], [X.]). Als das Scheidungsurteil am 26. Oktober 1992 rechtskrftig wurde, wardas [X.] dem [X.]n der [X.] erst ff [X.] zugestellt worden.2. Ein Wandel der chstrichterlichen Rechtsprechung kann zwar [X.] der Vertragsgrundlage [X.]en, die nach den Regeln des Wegfallsder [X.]sgrundlage zu behandeln sind (vgl. [X.]Z 25, 390, 392 ff; 58, 355,362 f; [X.], [X.]. v. 26. Januar 1983 - [X.], NJW 1983, 1548, 1552).Er [X.] jedoch keine Einwendung im Sinne des § 767 ZPO gegen dentitulierten Anspruch ([X.]/[X.], 2. Aufl. § 767 Rn. 70m.w.[X.]). Eine Einschrkung der Vollstreckung kommt lediglich noch unter [X.] des § 826 BGB in Frage.- 16 -IV.Die [X.] verlangt hilfsweise Unterlassung der Vollstreckung undHerausgabe des Titels mit der Begr, dessen weitere Ausnutzung [X.] sittenwidrige Scigung (§ 826 BGB) dar.1. Das Berufungsgericht hat auch diesem Begehren den Erfolg versagt.Die Beklagte habe den Titel in einem gerichtlichen Verfahren erlangt, in [X.] anwaltlich vertretene [X.] ihren Standpunkt umfassend habe darlegenk. Ein [X.] sei nur deshalb ergangen, weil die jetzige Kle-rin die ihren [X.]antrag mit aus[X.]licher Begrzurckwei-sende Entscheidung des [X.]s hingenommen habe. Die Benutzung ei-nes in solcher Weise erlangten [X.]eils, dessen Unrichtigkeit erst ster [X.] sei, verdiene das [X.] der Sittenwidrigkeit nur in eng begrenz-ten Ausnahmefllen. Solche besonderen Umstie [X.] nichtdargelegt. Der Beklagten sei insbesondere nicht schon ein so hoher Betragzugeflossen, [X.] deshalb jede weitere Vollstreckung das Rechtsgefl in [X.] Weise verletze.2. Diese Erwlten der rechtlichen Nachprfung stand.a) Nach [X.] chstrichterlicher Rechtsprechung hat die [X.] eines gerichtlichen Titels zurckzutreten, wenn dessen Ausnutzung unterMiûachtung der materiellen Rechtslage nach den [X.]. § 826 BGB anzusehen ist. Einesolche Durchbrechung der Rechtskraft [X.] sich jedoch auf besondersschwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmeflle, in denen es mit dem Gerech-- 17 -tigkeitsgedanken schlechterdings unvereinbar wre, dem Titelgliger seineformelle Rechtsstellung zu belassen. Jede Erweiterung dieses Rechtsinstitutswrde die Rechtskraft auslen und die Rechtssicherheit beeintrchtigen([X.]Z 101, 380, 383; 103, 44, 46; 112, 54, 58; [X.], [X.]. v. 9. Februar 1999- [X.], [X.] 1999, 919, 920). Deshalb mssen auûer der Kenntnis [X.] von der materiellen Unrichtigkeit des Titels noch weitere Umsthinzukommen, die die Art der Erlangung des Titels oder die Ausnutzung [X.] betreffen und es geboten erscheinen lassen, [X.] der [X.] ihm nach materiellem Recht unverdient zugefallene Rechtsposition aufgibt([X.]Z 101, 380, 385; [X.], [X.]. v. 9. Februar 1999, [X.]) Solche besonderen Umstt dichstrichterliche Rechtspre-chung bejaht, wenn der Gliger [X.] die [X.] aus einem [X.] einen Vollstreckungsbescheid erwirkt hatte, obwohl er tteerkennen k, [X.] er bei Wahl des Klageverfahrens mit seinem [X.] deshalb gescheitert wre, weil die gerichtliche Schlssigkeitsprfung [X.] des Vertrages offenbart tte (vgl. [X.]Z 101, 380, 387), [X.] hinaus der Schuldner damals aus Unerfahrenheit oder Ungewandtheitden Vollstreckungsbescheid hatte rechtskrftig werden lassen, sich also gegenden Anspruch nicht verteidigt hatte. Hat der jetzige [X.] sich bereits [X.] vor Erlaû des Titels anwaltlich beraten und vertreten lassen, so ist in [X.] aus dem materiell unrichtigen Titel grundstzlich kein den [X.] aus § 826 BGB begrs Verhalten zu sehen ([X.], [X.]. [X.] September 1987 - [X.], [X.], 1309, 1310).Im Streitfall stand das [X.] des [X.] in Einklang mit derdamaligen Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats des [X.] zu- 18 -[X.]en finanziell rforderter Personen. Die Brgin hatte zuvor durcheinen Rechtsanwalt aus ihrer Sicht zur Sach- und Rechtslage eingehend Stel-lung genommen. Ob es dem Gliger als besonders belastender Umstandzuzurechnen wre, wenn die Brgin den [X.] nur infolge der Verweige-rung von [X.] verlortte, kann dahingestellt bleiben; dennentsprechende Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Die [X.]hat auch nicht behauptet, die Beklagte habe bei [X.] des [X.]sver-trages ihre Entscheidungs[X.]eiheit in verwerflicher Weise beeintrchtigt oderentsprechendes Handeln eines [X.] ausgenutzt. Solche [X.] die [X.] 24. Februar 1994 ([X.]Z 125, 206; [X.] ZR 227/93, [X.] 1994, 680) maû-geblichen [X.] hier. Vielmehr handelt es sich um einen Fall soge-nannter einfacher krasser berforderung, der dem Sachverhalt vergleichbar ist,r den der Senat im [X.]eil vom 18. Januar 1996 (aaO) zu Ungunsten [X.] entschieden hat. Damit liegen hier unter keinem Gesichtspunkt Grvor, die den [X.] in der Vergangenheit veranlaût haben, [X.] gegen einen Vollstreckungsbescheid, der [X.] aus einem sitten-widrigen Rechtsgescft titulierte, [X.]) Der [X.] hat bisher nicht abschlieûend entschieden, obvon dem Erfordernis zustzlicher besonderer Umstin Extremfllen abge-sehen werden kann. Dies kommt allenfalls dann in Betracht, wenn die [X.] Unrichtigkeit des Titels aufgrund der Sittenwidrigkeit des [X.] so eindeutig und schwerwiegend ist, [X.] allein schon deswegen [X.] das Rechtsgefl in schlechthin unertrlicher Weise verletzenwrde ([X.]Z 101, 380, 386). Daran fehlt es jedenfalls deshalb, weil das [X.] Kreditinstitut nicht in rechtlich zu miûbilligender Weise an einer Beein-trchtigung der Entscheidungs[X.]eiheit der klagenden Brgin mitgewirkt [X.] -d) [X.] hat die Beklagte von der [X.] bisher auch nicht in ei-nem Umfang Leistungen erhalten, die es geboten erscheinen lassen, die [X.] im Hinblick auf die kontinuierlich weiterlaufenden Zinsen einzu-schrken. Die [X.] behauptet selbst nicht, nach der letzten [X.]smaûnahme der Beklagten aus dem Jahre 1993 Zahlungen an diese ge-leistet zu haben. Daher braucht nicht errtert zu werden, ob die Mlichkeit derRestschuldbe[X.]eiung nach §§ 286 ff [X.] zu einer Einschrkung des Anwen-dungsbereichs der Klage aus § 826 BGB [X.]en kann.KreftKirchhofFischerGanterKayser

Meta

IX ZR 326/99

11.07.2002

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.07.2002, Az. IX ZR 326/99 (REWIS RS 2002, 2344)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 2344

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