Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2023, Az. 9 AZR 456/20

9. Senat | REWIS RS 2023, 3023

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT URLAUB URLAUBSANSPRUCH VERJÄHRUNG

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Gegenstand

Urlaubsabgeltung - Verjährung


Leitsatz

1. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs (§ 7 Abs. 4 BUrlG) unterliegt gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung.

2. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) beginnt im Regelfall mit dem Schluss des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis rechtlich endet. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber zuvor seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei der tatsächlichen Gewährung von Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis genügt hat.

3. Endete das Arbeitsverhältnis vor der Verkündung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 6. November 2018 (- C-684/16 - [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) und war es dem Arbeitnehmer im Hinblick auf die vormalige Rechtsprechung des Senats zum Verfall von Urlaubsansprüchen zuvor nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben, begann die Verjährungsfrist aufgrund des verfassungsrechtlichen Schutzes, den der Abgeltungsanspruch als dem Arbeitnehmer zugeordnete Eigentumsposition genießt (Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG iVm. Art. 20 Abs. 3 GG), nicht vor dem Ende des Jahres 2018.

Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 20. August 2020 - 5 [X.]/20 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen im [X.] und insoweit aufgehoben, als das [X.] die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 11. März 2020 - 9 [X.]/19 - hinsichtlich des Anspruchs gegen die Beklagte zu 1., Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 mit einem Bruttobetrag iHv. 37.416,50 Euro abzugelten, zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des [X.] vom 11. März 2020 - 9 [X.]/19 - auf die Berufung des [X.] teilweise abgeändert.

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger zur Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 einen Bruttobetrag iHv. 37.416,50 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2020 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz hat der Kläger acht Zehntel und die Beklagte zu 1. zwei Zehntel zu tragen. Die Kosten der Revision werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der [X.] zu 1. - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2015.

2

Unter dem 9. Juni 2010 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1. einen „Anstellungsvertrag mit einem leitenden Angestellten“ (Anstellungsvertrag), der [X.]. folgende Bestimmungen vorsieht:

        

§ 1   

Aufgabengebiet und Zuständigkeit

        

…       

        
        

(4)     

([X.]) … wird regelmäßig 40 Stunden/Woche in der [X.] von 09:00 bis 18:00 Uhr incl. eine Stunde Pause seine … Arbeitsleistung erbringen …

        

§ 2     

Vergütung

        

(1)     

Das monatliche Gehalt beträgt 6.100,00 [X.] brutto zum 30. des Monats.

        

…       

        
        

§ 4     

Urlaub

        

(1)     

([X.]) … erhält einen jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen. Der Urlaub ist so rechtzeitig mit der Geschäftsführung abzustimmen, dass die [X.] nicht beeinträchtigt werden.

        

(2)     

Nicht genommener Urlaub verfällt mit dem 31. März des Folgejahres.“

3

Am 19. Oktober 2015 trafen die Parteien eine Vereinbarung, in der die Beklagte zu 1. als Auftraggeber und der Kläger als Auftragnehmer bezeichnet werden. Dort heißt es [X.]. wie folgt:

        

„Die Vertragsparteien nehmen Bezug auf die bisherige Geschäftsbeziehung und stellen hiermit klar, dass beide Vertragsparteien keinerlei Ansprüche aus der bisherigen Geschäftsbeziehung haben und keine der Vertragsparteien Ansprüche für die Vergangenheit herleitet oder geltend macht. Sämtliche Ansprüche aus der bisherigen Tätigkeit des Auftragnehmers sind abgegolten.

        

Die Vertragsparteien stellen weiterhin klar, dass der Auftragnehmer … für den Auftraggeber selbstständig tätig ist …“

4

Die Beklagte zu 1. nahm einen Unfall, an dem der Kläger am 5. August 2019 beim Landeanflug auf den [X.] beteiligt war, zum Anlass, das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 12. August 2019 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. September 2019, zu kündigen.

5

Mit der der [X.] zu 1. am 29. August 2019 zugestellten Klage hat der Kläger [X.]. die Auffassung vertreten, die Beklagte zu 1. sei verpflichtet, den ihm während der gesamten Laufzeit des Vertrags zustehenden, nicht in Anspruch genommenen Urlaub abzugelten. Seit dem 9. Juni 2010 habe aufgrund seiner weisungsgebundenen Tätigkeit im Betrieb ein Arbeitsverhältnis bestanden. Die Urlaubsansprüche bestünden über die in § 7 Abs. 3 [X.] bezeichneten zeitlichen Grenzen fort, da die Beklagte zu 1. ihren Mitwirkungsobliegenheiten bei der Gewährung von Urlaub nicht nachgekommen sei.

6

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, ihm insgesamt 270 Tage Urlaub für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018 bei Fortzahlung der Bezüge in Höhe von 6.100,00 Euro brutto in natura zu gewähren, hilfsweise 74.863,00 Euro brutto abzurechnen und das sich daraus ergebende [X.] auszubezahlen.

7

Die Beklagte zu 1. hat die Abweisung der Klage [X.]. mit der Begründung beantragt, der Kläger sei für sie nicht als Arbeitnehmer, sondern als freier Dienstnehmer tätig gewesen. Ein etwaiger Anspruch auf Abgeltung sei jedenfalls verjährt.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] festgestellt, zwischen den Parteien habe in der [X.] vom 9. Juni 2010 bis zum 19. Oktober 2015 ein Arbeitsverhältnis bestanden. Die Entscheidung des [X.]s ist insoweit rechtskräftig. Im Übrigen hat das [X.] die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision hat der Kläger nach teilweiser Rücknahme der Klage zuletzt beantragt, die Beklagte zu 1. im Wege einer abschließenden Gesamtklage zu verurteilen, an ihn zur Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2015 44.899,80 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2019 zu zahlen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet, soweit der Kläger von der Beklagten zu 1. die Abgeltung von Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 nebst anteiliger Zinsen verlangt. Im Übrigen ist sie unbegründet.

A. Der Zulässigkeit der Revision steht nicht entgegen, dass der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz von der Beklagten zu 1. verlangt, auf den [X.] Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu entrichten. Die hierin liegende Erweiterung der Klage ist eine solche in Bezug auf eine Nebenforderung und daher gemäß § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Änderung der Klage anzusehen.

I. Nach § 559 Abs. 1 ZPO können im Revisionsverfahren neue prozessuale Ansprüche grundsätzlich nicht zur gerichtlichen Entscheidung gestellt werden (vgl. [X.] 14. Juli 2015 - 3 [X.] - Rn. 38). Der Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge der Parteien die Entscheidungsgrundlage für das Revisionsgericht. Hiervon hat das [X.] Ausnahmen ua. in den Fällen des § 264 Nr. 2 ZPO sowie aus prozessökonomischen Gründen zugelassen (vgl. [X.] 23. September 2014 - 9 AZR 1025/12 - Rn. 34).

II. Nach § 264 Nr. 2 ZPO, der auch auf das Verfahren in der Revisionsinstanz Anwendung findet (vgl. [X.] 14. Dezember 2010 - 9 [X.] - Rn. 21), ist es nicht als Änderung der Klage anzusehen, wenn ohne Änderung des [X.] der Klageantrag in Bezug auf Nebenforderungen erweitert wird. So liegt der Fall hier. Der Kläger verlangt erstmals in der Revisionsinstanz die Zahlung von [X.] auf die Hauptforderung (§ 291 Satz 1 Halbs. 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Der Klagegrund ändert sich hierdurch nicht.

B. Die Revision ist teilweise begründet. Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen, soweit der Kläger von der Beklagten zu 1. verlangt, Urlaub aus den Jahren 2010 bis 2014 mit einem Bruttobetrag iHv. 37.416,50 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2019 abzugelten. Im Übrigen, dh. hinsichtlich der Abgeltung des Urlaubs aus dem [X.], ist die Revision unbegründet.

I. Das [X.] hat angenommen, zwischen der Beklagten zu 1. und dem Kläger habe vom 9. Juni 2010 bis zum 19. Oktober 2015 ein Arbeitsverhältnis bestanden, in dem der Kläger Urlaubsansprüche erworben habe. Der mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses am 19. Oktober 2015 entstandene und fällige Anspruch auf Abgeltung des aus den Jahren 2010 bis 2015 stammenden Urlaubs sei mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verjährt, so dass die Beklagte zu 1. nach § 214 Abs. 1 [X.] berechtigt sei, die Zahlung des von dem Kläger verlangten Betrages zu verweigern.

II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht in allen Punkten stand. Im Grundsatz zu Recht ist das [X.] davon ausgegangen, der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung unterliege als reiner Geldanspruch der Verjährung. [X.] ist jedoch die Annahme, zum [X.]punkt der [X.] seien die Ansprüche auf Abgeltung für den Urlaub des [X.] aus den Jahren 2010 bis 2014 verjährt gewesen. Die dreijährige Verjährungsfrist begann insoweit nicht bereits Ende des Jahres 2015, in dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, sondern erst Ende des Jahres 2018, nachdem der [X.] mit Urteil vom 6. November 2018 neue Regeln für den Verfall von Urlaub vorgegeben hatte. Zuvor war es dem Kläger nicht zumutbar, Klage auf Abgeltung zu erheben.

1. Gemäß § 194 Abs. 1 [X.] unterliegt das Recht, von einem anderen [X.] oder Unterlassen zu verlangen, der Verjährung. Die regelmäßige Verjährungsfrist, die nach § 195 [X.] drei Jahre beträgt, beginnt dem Grundsatz nach mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist ( § 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.] ) und der Gläubiger von den Umständen, die den Anspruch begründen, und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.]).

2. Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung unterliegt der Verjährung. Die Verpflichtung des Arbeitgebers aus § 7 Abs. 4 [X.] zur Abgeltung des Urlaubs, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, begründet einen Zahlungsanspruch. Dieses Recht ist auf [X.] des Arbeitgebers als Schuldner gerichtet und damit Anspruch iSd. § 194 Abs. 1 [X.]. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 [X.]) beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 199 Abs. 1 [X.]). Die Frist ist allerdings gehemmt, solange der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) und der Anspruch des Arbeitnehmers auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 20 Abs. 3 GG) die Erhebung einer Klage als unzumutbar erscheinen lassen.

a) § 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.] knüpft den Beginn der Verjährungsfrist an die Entstehung des Anspruchs. Ein Anspruch ist entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht und notfalls klageweise durchgesetzt werden kann. Regelmäßig entsteht ein Anspruch im verjährungsrechtlichen Sinne, wenn er nach § 271 [X.] fällig ist, weil der Gläubiger von diesem [X.]punkt an nach § 271 Abs. 2 [X.] mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 30, [X.]E 172, 337). Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Abgeltung nicht gewährten Urlaubs entsteht als solcher mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und wird grundsätzlich zu diesem [X.]punkt fällig (vgl. [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 30 mwN, [X.]E 165, 90).

b) Für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es darauf an, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Die danach geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Der Verjährungsbeginn setzt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist es in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 31, [X.]E 172, 337).

c) Erhebt ein Gläubiger gegen den Schuldner Klage, sind die Zivilgerichte gehalten, bei der Bestimmung des Verjährungsbeginns das Eigentumsrecht des Arbeitnehmers und seinen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz gegen das Interesse an Rechtssicherheit und Rechtsfrieden abzuwägen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend macht.

aa) Die Zivilgerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts die durch die Grundrechte gezogenen Grenzen zu beachten. Sie müssen die im Gesetz zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die die konkurrierenden Grundrechte der verschiedenen Grundrechtsträger beachtet und unverhältnismäßige Grundrechtsbeschränkungen vermeidet. Sind bei der gerichtlichen Auslegung und Anwendung einfachrechtlicher Normen mehrere Deutungen möglich, verdient diejenige den Vorzug, die den Wertentscheidungen der Verfassung entspricht und die Grundrechte der Beteiligten möglichst weitgehend in praktischer Konkordanz zur Geltung bringt. Der Einfluss der Grundrechte auf die Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Normen ist nicht auf Generalklauseln beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle auslegungsfähigen und -bedürftigen Tatbestandsmerkmale der zivilrechtlichen Vorschriften ([X.] 25. Januar 2022 - 9 [X.] - Rn. 13).

[X.]) Begehrt ein Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub abzugelten, ist bei der Beurteilung, zu welchem [X.]punkt die Verjährungsfrist beginnt, auf Seiten des Arbeitnehmers sowohl die grundrechtliche Gewährleistung des Eigentums als auch der grundrechtsgleiche Anspruch auf effektiven Rechtsschutz betroffen.

(1) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des Urlaubs, den der Arbeitgeber im laufenden Arbeitsverhältnis nicht gewährt hat, genießt als obligatorisches Recht den verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 31, [X.]E 172, 337). In den Schutzbereich des Grundrechts auf Eigentum fallen neben absoluten auch relative Rechte wie die schuldrechtliche Forderung eines Gläubigers gegen einen Schuldner (vgl. hierzu [X.]/[X.]/[X.]/Papier/[X.] 99. EL September 2022 GG Art. 14 Rn. 322). Der auf Zahlung gerichtete [X.] aus § 7 Abs. 4 [X.] ist eine „geldwerte Forderung“ (vgl. [X.] 8. Juli 1976 - 1 [X.], 1 [X.], 2 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 42, 263) und als solcher dem Arbeitnehmer als Anspruchsinhaber ebenso ausschließlich zugewiesen wie das Eigentum an einer Sache (vgl. zum Schutz schuldrechtlicher Positionen [X.] 8. Juni 1977 - 2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75 - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 45, 142).

(2) Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) garantiert den Parteien im Zivilprozess effektiven Rechtsschutz ([X.] 2. November 2020 - 1 BvR 533/20 - Rn. 12). Durch die zeitliche Begrenzung eines Anspruchs wird die Möglichkeit des Inhabers, sein Recht mit Hilfe der staatlichen Gerichte gegebenenfalls zwangsweise dem Gläubiger gegenüber durchzusetzen, eingeschränkt. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beschränkungen, denen das Verjährungsrecht den [X.] unterwirft, ihrer Rechtsfolge nach weniger weitreichend sind als die Beschränkungen aufgrund von Ausschlussfristen. Die Verjährung berührt nach der Konzeption des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwar weder den anspruchsbegründenden Tatbestand noch das Bestehen des Rechts des Gläubigers. Sie führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs, sondern gibt dem Schuldner lediglich eine Einrede, die er geltend machen muss. Erhebt er die Einrede der Verjährung, wird jedoch für den Gläubiger nach Ablauf der Verjährungsfrist ein dauerhaftes Hindernis geschaffen, den bestehenden Anspruch erfolgreich durchzusetzen (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 32, [X.]E 172, 337).

[X.]) In Fällen, in denen zwischen der Entstehung des Anspruchs und dessen Geltendmachung durch den Gläubiger ein erheblicher [X.]raum liegt, steht der grundrechtliche Schutz, den der [X.] genießt, in einem Spannungsverhältnis zum Regelungsziel der Vorschriften über die Verjährung. Die §§ 194 ff. [X.] sind Ausdruck des vom Gesetz verfolgten Ziels, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit herzustellen (vgl. [X.] 5. Juli 2022 - 9 [X.] - Rn. 23). Die Verjährung will nicht nur eine Inanspruchnahme aus unbekannten oder unerwarteten Forderungen vermeiden, sondern bezweckt auch den Schutz vor unbegründeten Forderungen. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verjährung dienen damit zugleich öffentlichen Interessen. Der Rechtsverkehr benötigt klare Verhältnisse und soll deshalb vor einer Verdunkelung der Rechtslage bewahrt bleiben, wie sie bei Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund längst vergangener Tatsachen zu befürchten wäre. Je länger die Entstehung eines angeblichen oder tatsächlichen Anspruchs zurückliegt, desto schwieriger wird es, zuverlässige Feststellungen über jene Tatsachen zu treffen, die für die Rechtsbeziehungen der Parteien maßgebend sind. Der Gläubiger kann sich gegen derartige Beweisnöte durch rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs oder entsprechende Beweissicherung schützen. Der Schuldner hingegen muss regelmäßig warten, bis der Gläubiger tätig wird. Er trägt demzufolge gerade für anspruchshemmende und anspruchsvernichtende Tatsachen in höherem Maße das Risiko zeitablaufbedingter [X.] als der Gläubiger für anspruchsbegründende Tatsachen ([X.] 24. Juni 2015 - 5 [X.] - Rn. 23, [X.]E 152, 75).

[X.]) Im Rahmen eines angemessenen Ausgleichs zwischen dem Interesse des Gläubigers, seine Rechtsposition auch nach dem Verstreichen geraumer [X.] gegenüber dem Schuldner gerichtlich durchsetzen zu können, und dem Interesse des Schuldners, ab einem bestimmten [X.]punkt nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, ist zu beachten, dass dem Gläubiger keine übersteigerten Obliegenheiten auferlegt werden dürfen (vgl. [X.] 24. Juni 2015 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 152, 75). Die Beschreitung des Rechtswegs und die Ausschöpfung prozessualer Möglichkeiten droht insbesondere in den Fällen vereitelt zu werden, in denen das Kostenrisiko zu dem mit dem Verfahren angestrebten Erfolg außer Verhältnis steht, so dass die Inanspruchnahme der Gerichte nicht mehr sinnvoll erscheint (vgl. [X.] 8. September 2021 - 10 [X.] - Rn. 37 unter Hinweis auf [X.] 1. Dezember 2010 - 1 BvR 1682/07 - Rn. 22; 19. März 2014 - 1 BvR 2169/13 ua. - Rn. 10; 12. Februar 1992 - 1 [X.] - zu [X.], [X.]E 85, 337). Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht (vgl. [X.] 29. September 2020 - 9 [X.] (A) - Rn. 31, [X.]E 172, 337). Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Rechtsprechung vorliegt, die eine erfolgreiche Klage aus Sicht des Gläubigers als ausgeschlossen erscheinen lässt, ist der [X.]punkt, in dem der Anspruch entsteht (vgl. [X.] 9. Februar 2022 - 5 [X.] - Rn. 27).

d) Vor Verkündung der Entscheidung des [X.] vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) war es einem Arbeitnehmer nicht zuzumuten, Ansprüche auf Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Urlaubs gerichtlich durchzusetzen, die nach der bis dahin geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung mit Ablauf der in § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] bezeichneten Fristen jeweils am Ende des jeweiligen Urlaubsjahres oder [X.] als verfallen galten, bzw. ausnahmsweise 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen gehindert war, seine Arbeitsleistung zu erbringen (grundlegend [X.] 7. August 2012 - 9 [X.] - Rn. 32, [X.]E 142, 371).

aa) Eine Änderung der Rechtslage zeichnete sich hinreichend konkret erst mit Verkündung der Entscheidung des [X.] vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) ab. Zu diesem [X.]punkt erkannte der [X.] erstmals, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC nationalen Regelungen wie § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] entgegenstehen, nach denen der dem Arbeitnehmer zustehende Mindesturlaub und entsprechend der Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub am Ende des Bezugszeitraums automatisch verfällt. Angesichts der besonderen Bedeutung des Urlaubs komme ein Verfall nur in Betracht, wenn der Arbeitgeber zuvor konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen habe, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage gewesen sei, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn - erforderlichenfalls förmlich - auffordere, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteile, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nehme, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen [X.] verfallen werde ([X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 45).

[X.]) Mit einer unionsrechtskonformen Umsetzung dieser Vorgaben, die der Senat am 19. Februar 2019 (- 9 [X.] - Rn. 14, [X.]E 165, 376) vollzogen hat, konnten betroffene Arbeitnehmer bereits ab Verkündung des Urteils des [X.]s rechnen. Zu diesem [X.]punkt war das Hindernis einer Geltendmachung von Urlaubsansprüchen aufgrund der vormaligen Rechtsprechung des [X.] beseitigt. Die Verjährungsfristen für diese Ansprüche begannen somit spätestens mit Ablauf des Jahres 2018 zu laufen. Nachdem der [X.] das am gleichen Tage veröffentlichte Urteil verkündet hatte, mussten Arbeitnehmer in Erwägung ziehen, dass nicht erfüllte Ansprüche auf Urlaub nach Ablauf der Fristen des § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] nur dann verfallen würden, wenn der Arbeitgeber zuvor seine Obliegenheiten bei der Verwirklichung des Urlaubs erfüllt hat. Der [X.] stellte klar, Adressaten von Art. 31 Abs. 2 GRC seien nicht allein die Mitgliedsstaaten, sondern auch Privatpersonen, soweit ihre Rechtsbeziehung unionsrechtliche Sachverhalte umfasse. In Fällen, in denen nationale Regelungen nicht im Einklang mit Art. 31 Abs. 2 GRC ausgelegt werden könnten, obliege es dem mit der Entscheidung des Rechtsstreits befassten Gericht, im Rahmen seiner Befugnisse den aus Art. 31 Abs. 2 GRC erwachsenden Rechtsschutz zu gewährleisten und für die volle Wirksamkeit der Bestimmung zu sorgen, indem es erforderlichenfalls die nationale Regelung unangewendet lasse.

e) In diesem Verständnis stehen die Vorschriften über die Verjährung im Einklang auch mit dem Unionsrecht, insbesondere mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC, wie sie der [X.] mit für den Senat nach Art. 267 AEUV verbindlicher Wirkung ausgelegt hat. Eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. zu den Voraussetzungen hierfür [X.] 9. Mai 2018 - 2 BvR 37/18 - Rn. 29; [X.] 23. Mai 2018 - 5 [X.] - Rn. 23 mwN) bedarf es nicht.

aa) Die Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC enthalten keine Vorgaben hinsichtlich der Möglichkeit, den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub ([X.] 25. Juni 2020 - C-762/18 und [X.]/19 - [[X.] kasatsionen sad na Republika Bulgaria] Rn. 83) nach nationalem Recht einer zeitlich befristeten Geltendmachung zu unterwerfen. Fehlt es an einer unionsrechtlichen Regelung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung, ist es nach ständiger Rechtsprechung des [X.] entsprechend dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedsstaaten Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, die Verfahrensmodalitäten auszugestalten, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten (vgl. [X.] 19. Juni 2014 - [X.]/12 bis [X.]/12, [X.]/12 und [X.]/12 - Rn. 112; 8. Juli 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 24 f. mwN). Die getroffenen Regelungen dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. [X.] 19. Juni 2014 - [X.]/12 bis [X.]/12, [X.]/12 und [X.]/12 - Rn. 112).

[X.]) Nach dieser Rechtsprechung des [X.] ist die Anwendung der § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] auf den in Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC verankerten Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs mit Unionsrecht vereinbar, soweit die Verjährung ausnahmsweise erst Ende des Jahres 2018 beginnt, wenn es dem Arbeitnehmer zuvor nicht zumutbar war, seine Rechte dem Arbeitgeber gegenüber gerichtlich geltend zu machen.

(1) Der Grundsatz der Äquivalenz ist gewahrt. § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] unterscheiden nicht zwischen Ansprüchen, die auf Unionsrecht beruhen, und solchen, die einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. [X.] 8. Juli 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 26 mwN) und aus innerstaatlichem Recht resultieren. Der streitgegenständliche auf Abgeltung von Urlaub gerichtete Zahlungsanspruch ist mit sonstigen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber vergleichbar, insbesondere mit Ansprüchen auf Zahlung von Vergütung, für die das Verjährungsrecht in gleicher Weise gilt.

(2) Die Regelungen in § 194 Abs. 1, §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] verstoßen nicht gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität.

(a) Die Festsetzung von angemessenen Fristen, binnen deren ein Anspruch geltend gemacht werden muss, ist als ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar ([X.]Rspr. des [X.], vgl. nur 21. Dezember 2016 - [X.]/15, C-307/15 und [X.]/15 - [[X.]] Rn. 69; 8. Juli 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 36 mwN; 10. Juli 1997 - [X.]/95 - [[X.]] Rn. 28 mwN). Derartige Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren (vgl. [X.] 24. März 2009 - [X.]/06 - [[X.]] Rn. 48), soweit die Festlegung des [X.]punkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. [X.] 8. Juli 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 41).

(b) Das Verjährungsrecht schränkt die Effektivität der Durchsetzung des unionsrechtlich gewährleisteten Anspruchs auf Urlaubsabgeltung nicht unzulässig ein. Es ist nicht ersichtlich, dass die in § 195 [X.] bestimmte Frist von drei Jahren nach Schluss des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis rechtlich beendet ist, als solche die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich machen oder übermäßig erschweren könnte (vgl. für eine Frist von zwei Monaten [zu § 15 Abs. 4 AGG] [X.] 8. Juli 2010 - [X.]/09 - [[X.]] Rn. 39; 6. Oktober 2009 - [X.]/08 - [[X.]] Rn. 42 ff.). Der ausscheidende Arbeitnehmer ist grundsätzlich in der Lage, seinen [X.] anhand des Bundesurlaubsgesetzes und der übrigen einschlägigen Vorschriften selbst zu berechnen und geltend zu machen. Er ist regelmäßig nicht auf weitere Auskünfte angewiesen, deren Einholung zusätzliche [X.] beanspruchen würde (vgl. [X.] 7. Juli 2020 - 9 [X.] - Rn. 33 mwN). In den Fällen, in denen der Durchsetzung des [X.]s die gegenteilige Rechtsprechung des [X.] zum Verfall von Urlaubsansprüchen entgegenstand, begann die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit dem Ende des Jahres 2018. Erst ab dem 6. November 2018 konnte und musste ein Arbeitnehmer in Anbetracht der Entscheidung des [X.] vom selben Tage (- [X.]/16 - [[X.]]) erkennen, dass der Urlaub entgegen der überkommenen Rechtsprechung des [X.] nicht ohne Weiteres mit Ablauf der in § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] bestimmten Fristen erlischt.

(3) Die Entscheidung des [X.] vom 22. September 2022 (- [X.]/21 -) steht dem nicht entgegen. Sie hat die Verjährung von Urlaub im laufenden Arbeitsverhältnis zum Gegenstand und betrifft nicht Fristen, die der Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Geltendmachung von Abgeltungsansprüchen zu beachten hat.

(a) Auf das Vorabentscheidungsersuchen des [X.] vom 29. September 2020 (- 9 [X.] (A) - [X.]E 172, 337) hat der [X.] durch Urteil vom 22. September 2022 (- [X.]/21 -) entschieden, dass Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] und Art. 31 Abs. 2 GRC einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen. Da der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrags anzusehen sei, dürfe die Aufgabe, für die tatsächliche Wahrnehmung des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub zu sorgen, nicht vollständig auf den Arbeitnehmer verlagert werden. Der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, dürfe nicht dazu führen, dass dem Arbeitgeber aus seinem Versäumnis, seinen [X.] zu genügen, ein Vorteil erwachse, der darin bestehe, dass die Erfüllung des Urlaubsanspruchs in sein Belieben gestellt sei. Wollte man anders entscheiden, führte dies zu einer unrechtmäßigen Bereicherung des Arbeitgebers und liefe dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 GRC, die Gesundheit des Arbeitnehmers zu schützen, zuwider.

(b) Diese Erwägungen lassen sich nicht auf den Streitfall übertragen.

(aa) Zwar wandelt sich nach der neueren [X.]rechtsprechung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der aus Freistellung von der Arbeitspflicht und Bezahlung zusammengesetzte Urlaubsanspruch nach § 1 [X.] in einen Anspruch auf Abgeltung des noch nicht erfüllten Urlaubs gemäß § 7 Abs. 4 [X.] um, ohne dass der finanzielle Aspekt des originären Urlaubsanspruchs zunächst erlischt (vgl. [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 23, [X.]E 165, 90).

([X.]) Trotz des gemeinsamen Ursprungs besteht jedoch zwischen dem Urlaubs- und dem Urlaubsabgeltungsanspruch keine [X.], die es erforderte, den Urlaubsanspruch, der eine bezahlte Freistellung zum Inhalt hat, und den [X.], der einen reinen Geldanspruch darstellt (vgl. [X.] 5. Juli 2022 - 9 [X.] - Rn. 15), gleich zu behandeln. Der Beendigungszeitpunkt bildet eine Zäsur, die nicht nur die gegenseitigen Hauptleistungspflichten, sondern auch den Anspruch auf den bezahlten Jahresurlaub betrifft. Ab der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer nicht mehr zu Erholungszwecken unter Fortzahlung seines Arbeitsentgelts von der Arbeitspflicht freigestellt werden (vgl. zuletzt [X.] 16. August 2022 - 9 [X.] (A) - Rn. 15). Zudem können weder neue Urlaubsansprüche entstehen noch bestehende nach § 7 Abs. 3 [X.] erlöschen. Der innere Zusammenhang zwischen der auf der Grundlage des Arbeitsvertrags tatsächlich geleisteten bzw. zu leistenden Arbeit und dem Urlaub wird durch die Ablösung des [X.] von der [X.] und deren Umwandlung in einen [X.] aufgelöst (vgl. zum Kürzungsrecht des Arbeitgebers gemäß § 17 Abs. 1 BE[X.] [X.] 19. März 2019 - 9 [X.] - Rn. 34, [X.]E 166, 189).

([X.]) Ist das Arbeitsverhältnis beendet, trifft den Arbeitgeber nicht mehr die Obliegenheit, daran mitzuwirken, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub tatsächlich in Anspruch nimmt. Die Erfüllung der [X.] ist davon abhängig, dass es dem Arbeitgeber objektiv möglich ist, den Arbeitnehmer durch Mitwirkung in die Lage zu versetzen, den Urlaubsanspruch zu realisieren ([X.] 7. September 2021 - 9 [X.] (A) - Rn. 28). Da die Verpflichtung zur Arbeitsleistung mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlischt, ist es dem Arbeitgeber nicht nur unmöglich, den Arbeitnehmer zu [X.] von der Arbeitspflicht zu befreien, sondern auch, ihm mitzuteilen, welcher Urlaub zu welchem [X.]punkt zu verfallen droht, und ihn aufzufordern, den Urlaub rechtzeitig vor diesem [X.]punkt zu nehmen.

([X.]) Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber, aus der der [X.] die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableitet (vgl. [X.] 6. November 2018 - [X.]/16 - [[X.]] Rn. 41), endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Spätestens ab diesem [X.]punkt besteht nicht mehr die Gefahr, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer „eine Beschränkung seiner Rechte auferlegen kann“. Der Arbeitnehmer kann nicht mehr „aufgrund dieser schwächeren Position … davon abgeschreckt werden, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da insbesondere die Einforderung dieser Rechte ihn Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen könnte, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken können.“

3. Danach war es dem Kläger bis zur Verkündung der Entscheidung des [X.] vom 6. November 2018 (- [X.]/16 - [[X.]]) nicht zuzumuten, seine Ansprüche auf Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 gerichtlich durchzusetzen. Hätte der Kläger die Beklagte zu 1. nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis im [X.] auf Abgeltung seines Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 in Anspruch genommen, wäre seine Klage auf der Grundlage der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung abgewiesen worden.

III. Das Urteil des [X.]s, das diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt hat, stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Die aus den Jahren 2010 bis 2014 stammenden Urlaubsansprüche, die der Kläger abgegolten verlangt, sind nicht gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] verfallen. Dies gilt sowohl für die Ansprüche auf den gesetzlichen Mindesturlaub als auch für den Anspruch auf den vertraglichen Mehrurlaub (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Anstellungsvertrag).

a) Die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 [X.] setzt bei einer mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/[X.] konformen Auslegung von § 7 [X.] grundsätzlich voraus, dass der Arbeitgeber konkret und in völliger Transparenz dafür Sorge trägt, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen (siehe Rn. 28). Dazu muss er den Arbeitnehmer - erforderlichenfalls förmlich - auffordern, seinen Urlaub zu nehmen, und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder [X.] verfällt, wenn er ihn nicht beantragt. In richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] trifft den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Die Erfüllung der hieraus abgeleiteten [X.] des Arbeitgebers ist grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes (vgl. [X.] 26. April 2022 - 9 [X.] - Rn. 11). Hat der Arbeitgeber diesen [X.] nicht entsprochen, tritt der am 31. Dezember des Urlaubsjahres nicht verfallene Urlaub zu dem Urlaubsanspruch hinzu, der am 1. Januar des Folgejahres entsteht. Für ihn gelten, wie für den neu entstandenen Urlaubsanspruch, die Regelungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 [X.] (vgl. [X.] 26. April 2022 - 9 [X.] - Rn. 12).

b) Die Beklagte zu 1. hat dem Kläger weder mitgeteilt, auf wie viele Arbeitstage Urlaub er Anspruch hat, noch, dass dieser Urlaubsanspruch am Ende des Kalenderjahres verfällt, wenn er nicht rechtzeitig genommen wird, noch hat sie ihn aufgefordert, den Urlaub rechtzeitig zu nehmen.

c) Die für den gesetzlichen Urlaubsanspruch geltenden Grundsätze sind auch auf den vertraglichen Mehrurlaub anzuwenden, den der Kläger und die Beklagte zu 1. unter § 4 Anstellungsvertrag geregelt haben. Die Parteien des [X.] haben ihre jeweiligen [X.] bei der Verwirklichung des vertraglichen Mehrurlaubs und die Voraussetzungen seiner Befristung nicht abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt.

aa) Während der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub arbeitsvertraglichen Dispositionen entzogen ist, die sich zuungunsten des Arbeitnehmers auswirken (§ 13 Abs. 1 Satz 3 [X.]), können die Arbeitsvertragsparteien Urlaubsansprüche, die den von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/[X.] gewährleisteten und von §§ 1, 3 Abs. 1 [X.] begründeten Anspruch auf [X.] von vier Wochen übersteigen, frei regeln. Für einen Regelungswillen der Arbeitsvertragsparteien, dem zufolge der vertragliche Mehrurlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder am Ende des [X.] unabhängig davon verfallen soll, ob der Arbeitgeber seinen [X.] entsprochen hat, müssen deutliche Anhaltspunkte vorliegen. Fehlen solche, ist von einem diesbezüglichen Gleichlauf des gesetzlichen Urlaubsanspruchs und des Anspruchs auf vertraglichen Mehrurlaub auszugehen (vgl. [X.] 19. Februar 2019 - 9 [X.] - Rn. 52).

[X.]) Die Parteien haben im Anstellungsvertrag vom 9. Juni 2010 zwar die Dauer der Verfallfrist (31. März des Folgejahres anstatt Ende des Kalenderjahres) abweichend von den gesetzlichen Vorgaben geregelt, nicht jedoch die hier allein in Rede stehenden [X.] bei der Verwirklichung des vertraglichen Mehrurlaubs sowie die Voraussetzungen seiner Befristung und seines Verfalls. § 4 Abs. 1 Satz 2 des [X.], dem zufolge Urlaub so rechtzeitig mit der Geschäftsführung abzustimmen ist, dass die [X.] nicht beeinträchtigt werden, verlagert nicht Initiativlast, die gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] bei der Beklagten zu 1. als Arbeitgeberin lag, auf den Kläger. Vielmehr ist insoweit von einem Gleichlauf des gesetzlichen und des diesen übersteigenden vertraglichen Urlaubsanspruchs auszugehen.

2. Die Vereinbarung des [X.] und der Beklagten zu 1. vom 19. Oktober 2015, dass beide Vertragsparteien keinerlei Ansprüche aus der bisherigen Geschäftsbeziehung haben, keine der Vertragsparteien Ansprüche für die Vergangenheit herleitet oder geltend macht und sämtliche Ansprüche aus der bisherigen Tätigkeit des Auftragnehmers abgegolten seien, hat den [X.] des [X.] nicht entfallen lassen. Die Abgeltungsklausel ist ein negatives Schuldanerkenntnis, das deklaratorisch die Rechtsauffassung der Vertragsparteien wiedergibt, ohne die Rechtslage mit konstitutiver Wirkung zu gestalten.

a) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine vertragliche Abrede hat, der zufolge die Parteien keine Ansprüche gegeneinander erheben, ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. [X.] 9. August 2011 - 9 [X.] - Rn. 45). Der Wille der Parteien, ihre Rechtsbeziehung zu bereinigen, kann insbesondere durch Erlassvertrag, konstitutives oder deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ausgedrückt werden (vgl. [X.] 21. Juni 2011 - 9 [X.] - Rn. 20, [X.]E 138, 136). Ein Erlassvertrag liegt vor, wenn die Parteien vom Bestehen einer bestimmten Schuld ausgehen, diese aber übereinstimmend als nicht mehr zu erfüllen betrachten (vgl. [X.] 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.]E 146, 217). In einem konstitutiven negativen Schuldanerkenntnis wird der Wille der Parteien zum Ausdruck gebracht, alle oder eine bestimmte Gruppe von bekannten oder unbekannten Ansprüchen zum Erlöschen zu bringen (vgl. [X.] 28. Oktober 2021 - 8 [X.] - Rn. 32). Ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis ist anzunehmen, wenn die Parteien nur die von ihnen angenommene Rechtslage eindeutig dokumentieren und damit fixieren wollen ([X.] 28. Oktober 2021 - 8 [X.] - aaO). Ein solches Anerkenntnis hindert den Gläubiger nicht, Ansprüche gegenüber dem Schuldner geltend zu machen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass ihm ungeachtet der abgegebenen Erklärung Ansprüche zustehen (vgl. [X.] 24. Mai 2017 - 5 [X.] - Rn. 59).

b) Die Vereinbarung der Parteien vom 19. Oktober 2015 stellt eine atypische Willenserklärung dar. Die Auslegung solcher Erklärungen ist grundsätzlich den [X.] vorbehalten. Sie kann in der Revision in der Regel nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (vgl. [X.] 20. August 2019 - 9 [X.] - Rn. 15). Hat das [X.] die Erklärung - wie vorliegend - nicht ausgelegt, darf das Revisionsgericht sie selbst auslegen, wenn das [X.] den erforderlichen Sachverhalt - wie im Streitfall - vollständig festgestellt hat und kein weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien zu erwarten ist (vgl. [X.] 7. September 2021 - 9 [X.] - Rn. 16, [X.]E 175, 351).

c) Nach diesen Grundsätzen stellt sich die Vereinbarung vom 19. Oktober 2015 als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis dar, das den Kläger nicht daran hindert, seinen [X.] gegenüber der Beklagten zu 1. mit der vorliegenden Klage geltend zu machen.

aa) Die Beklagte zu 1. konnte angesichts des Wortlauts „die Vertragsparteien nehmen Bezug auf die bisherige Geschäftsbeziehung und stellen hiermit klar“ nicht davon ausgehen, der Kläger wolle den Bestand seiner Rechte verändern und damit auf seine Ansprüche verzichten. Mit der Formulierung „stellen klar“ bringen die Parteien vielmehr ihr Interesse an einer Dokumentation und Fixierung der von ihnen am 19. Oktober 2015 angenommenen Rechtslage zum Ausdruck, wie sie für ein deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis kennzeichnend ist. Von einem Verzicht ist in der Vereinbarung vom 19. Oktober 2015 nicht die Rede.

[X.]) Nichts anderes folgt aus der Erklärung „Sämtliche Ansprüche aus der bisherigen Tätigkeit des Auftragnehmers sind abgegolten“. Eine solche Abgeltungsklausel ist - anders als in Fällen eines bereits zwischen den Parteien bestehenden Rechtsstreits (vgl. zu einer Ausgleichsklausel im gerichtlichen Vergleich [X.] 27. Mai 2015 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 151, 382) - bei objektiver Auslegung als deklaratorisches negatives Schuldanerkenntnis aufzufassen (vgl. [X.] 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 146, 217). Mit der Verwendung „abgegolten“ fixieren die Vertragsparteien typischerweise die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentieren das, wovon sie zum [X.]punkt der Vereinbarung ausgingen (vgl. [X.] 27. Januar 2016 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.]E 154, 93). Dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Parteien ihre Rechtsbeziehung auf eine neue vertragliche Grundlage stellen. Eine Abgeltungsklausel in dem Vertrag, der an die Stelle der vorherigen Vereinbarung tritt, ist im Regelfall dahingehend zu verstehen, dass die Parteien lediglich ihre Rechtsauffassung festhalten, der zufolge keine Ansprüche aus dem „alten“ Rechtsverhältnis bestehen (vgl. [X.] 28. Januar 2015 - 5 [X.] - Rn. 21). Eine Regelung, mittels deren eine Seite mit konstitutiver Wirkung auf bestehende Rechte verzichtet, liegt hierin - wie im Streitfall - nicht.

IV. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. Der Kläger hat zu Beginn eines jeden Kalenderjahres Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub erworben (§ 4 Abs. 1 Anstellungsvertrag). Die Beklagte zu 1. hat diese Ansprüche weder erfüllt (§ 361 Abs. 1 [X.]) noch sind diese in der Folgezeit gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 [X.] verfallen (vgl. [X.]I 1). Der Anspruch auf Abgeltung des aus den Jahren 2010 bis 2014 stammenden Urlaubs im Umfang von insgesamt 150 Tagen ist mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 19. Oktober 2015 entstanden (vgl. [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 30 mwN, [X.]E 165, 90). Da es dem Kläger aufgrund der gegenläufigen Rechtsprechung des [X.] bis Ende 2018 nicht zumutbar war, den [X.] gerichtlich zu verfolgen, ist bis zum [X.]punkt der Klageerhebung am 29. August 2019 die Verjährung nicht eingetreten.

2. Auf der Grundlage eines Bruttomonatsgehalts iHv. 6.100,00 Euro (§ 2 Abs. 1 Anstellungsvertrag) hat die Beklagte zu 1. jeden Urlaubstag mit einem Bruttobetrag iHv. 281,54 Euro (6.100,00 Euro mal drei Monate geteilt durch 65 Arbeitstage in der Fünftagewoche und einer gleichmäßigen täglichen Arbeitszeit von acht Stunden) abzugelten. Von dem Gesamtbetrag iHv. 42.230,77 Euro macht der Kläger für die Jahre 2010 bis 2014 im Wege der abschließenden Gesamtklage einen Bruttobetrag iHv. 37.416,50 Euro geltend.

3. Der von dem Kläger erhobene Anspruch auf [X.] findet seine Rechtfertigung in den gesetzlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug (§ 291 Satz 1 Halbs. 1, § 288 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO).

C. Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Die Beklagte zu 1. ist nicht verpflichtet, Urlaub aus dem [X.] mit einem Bruttobetrag iHv. 7.483,30 Euro abzugelten und hierauf Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. August 2019 zu entrichten. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 19. Oktober 2015 konnte der Kläger zwar Abgeltung des Urlaubs aus dem [X.] beanspruchen. Die Beklagte zu 1. ist allerdings gemäß § 214 Abs. 1 [X.] berechtigt, die Erfüllung der mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verjährten Forderung zu verweigern. Anders als hinsichtlich der Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2010 bis 2014 begann die dreijährige Verjährungsfrist für die Abgeltung des Urlaubs aus dem [X.] mit dem Ende des Jahres 2015.

I. Bei der Abgeltung des Urlaubs, den der Kläger zu Beginn des Jahres 2015 erwarb, handelt es sich um einen eigenen Streitgegenstand. Begehrt ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub abzugelten, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, bildet das Abgeltungsverlangen hinsichtlich eines jeden einzelnen Urlaubsjahres einen eigenen Streitgegenstand. Anknüpfungspunkt für den Anspruch auf Erholungsurlaub ist gemäß § 1 [X.] das Kalenderjahr. § 7 Abs. 3 [X.] unterwirft den Urlaub einem Fristenregime, dem das Kalenderjahr als Referenzzeitraum zugrunde liegt. Der durch das Gericht zu beurteilende Lebenssachverhalt ist demnach das jeweilige Kalenderjahr, aus dem der Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch gegen den Arbeitgeber herleitet. Nimmt der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auf Abgeltung von Urlaub in Anspruch, der aus mehreren Kalenderjahren stammt, ist demnach der Urlaub eines jeden Kalenderjahres ein gesonderter Streitgegenstand ([X.] 23. Januar 2018 - 9 [X.] - Rn. 26 ff., [X.]E 161, 347).

II. Die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 [X.]) begann mit Ende des Jahres 2015 (§ 199 Abs. 1 [X.]) und nicht erst mit Ende des Jahres 2018. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs aus dem [X.] entstand mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 19. Oktober 2015 (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.], vgl. zum Entstehungszeitpunkt [X.] 22. Januar 2019 - 9 [X.] - Rn. 30 mwN, [X.]E 165, 90). Dem Kläger war es zu diesem [X.]punkt auch zuzumuten, Klage auf Abgeltung des aus dem [X.] stammenden Urlaubs zu erheben. Ohne Rücksicht darauf, dass der Senat zu dieser [X.] noch davon ausging, Urlaubsansprüche verfielen mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen [X.] unabhängig von der Erfüllung von [X.], war der Urlaub aus dem [X.] am 19. Oktober 2015 nicht verfallen und - auch auf der Grundlage der damaligen Rechtsprechung - von der Beklagten zu 1. abzugelten. Der Kläger hatte zu diesem [X.]punkt sowohl Kenntnis von der Beklagten zu 1. als Schuldnerin des [X.]s als auch von den seinen Anspruch begründenden Tatsachen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) und der Urlaubsregelung unter § 4 Abs. 1 des [X.].

D. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz hat der Kläger acht Zehntel und die Beklagte zu 1. zwei Zehntel zu tragen. Die Kosten der Revision sind gegeneinander aufzuheben. Diese Quote entspricht dem Verhältnis, in dem die Parteien mit ihren Klageanträgen unterlegen sind (§ 92 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

        

    Kiel    

        

    Zimmermann    

        

    Suckow    

        

        

        

    Gell    

        

    Sucher    

                 

Meta

9 AZR 456/20

31.01.2023

Bundesarbeitsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hannover, 11. März 2020, Az: 9 Ca 188/19, Urteil

§ 7 Abs 4 BUrlG, § 194 Abs 1 BGB, § 195 BGB, Art 2 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 S 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 7 EGRL 88/2003, § 199 Abs 1 BGB, § 1 BUrlG, § 2 BUrlG, § 3 Abs 1 BUrlG, § 7 Abs 3 BUrlG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2023, Az. 9 AZR 456/20 (REWIS RS 2023, 3023)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3023

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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