Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.04.2017, Az. B 6 KA 13/17 B

6. Senat | REWIS RS 2017, 12292

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Voraussetzung für eine Überraschungsentscheidung


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 30. November 2016 wird verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auf 21 268 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger, der als Facharzt für Anästhesiologie und Rettungsmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, wendet sich gegen [X.]en in den [X.] und [X.]/2010 wegen fehlender Fortbildungsnachweise. Die Widersprüche des [X.], mit denen er geltend machte, er habe die erforderlichen Fortbildungszertifikate der [X.] im Original vorgelegt, waren erfolglos. Das [X.] hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2014 abgewiesen. Das L[X.] hat die Berufung mit Urteil vom 30.11.2016 zurückgewiesen. Der Kläger hätte bis zum [X.] 250 Fortbildungspunkte nachweisen müssen. Tatsächlich sei der Nachweis erst im Mai 2011 erbracht worden. Selbst wenn der Kläger, wie er behaupte, die Fortbildungsnachweise im März 2009 an die [X.] übersandt habe, sei dies nicht ausreichend, weil der Nachweis durch ein Fortbildungszertifikat der [X.] erbracht werden müsse. Auf ein etwaiges Verschulden der [X.] könne sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil ihn ein eigenes Verschulden treffe. Angesichts der erstmals für das Quartal III/2009 verhängten [X.] und der Mitteilung im Oktober 2009, dass bislang keine Fortbildungsnachweise vorlägen, hätte sich dem Kläger aufdrängen müssen, dass die [X.] kein Zertifikat ausgestellt und weitergeleitet hatte.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des L[X.] wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) geltend macht.

3

II. Die Beschwerde des [X.] hat keinen Erfolg, weil sie unzulässig ist.

4

1. Ein Verfahrensmangel ist nicht hinreichend dargelegt. Soweit der Kläger geltend macht, er sei "überrumpelt" worden, rügt er eine unzulässige Überraschungsentscheidung. Die Darlegungen hierzu genügen nicht den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G. Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 [X.]G und § 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das L[X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist, § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G iVm § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G. Eine Überraschungsentscheidung liegt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] (vgl [X.]E 84, 188, 190; [X.]E 86, 133, 144 f; [X.]E 98, 218, 263; [X.] , Beschluss vom 7.10.2009 - 1 BvR 178/09 - Juris Rd[X.] 8) wie auch des B[X.] ([X.]-4100 § 103 [X.] 4 S 23; [X.] 4-2500 § 103 [X.] 6 Rd[X.] 17) nicht bereits vor, wenn einer der Beteiligten eine andere Entscheidung des Gerichts erwartet hat. Voraussetzung ist vielmehr, dass das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine [X.] gibt, mit der auch ein gewissenhafter Prozessbeteiligter nach dem bisherigen [X.] selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (B[X.]E 120, 254 = [X.] 4-2500 § 119 [X.] 2, Rd[X.] 24 mwN).

5

Anhaltspunkte dafür, dass sich das L[X.] mit seiner Entscheidung auf einen Gesichtspunkt gestützt hat, mit dem der Kläger nicht rechnen konnte, sind nicht hinreichend geltend gemacht und auch nicht ersichtlich. Ausweislich des [X.], dessen Berichtigung der Kläger nicht beantragt hat, ist das Sach- und Streitverhältnis erörtert worden. Der Vorsitzende hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Nachreichen der Fortbildungsnachweise bis zum [X.] möglich gewesen wäre, und es von Bedeutung sein könnte, dass die Beklagte dem Kläger bereits mit Schreiben vom [X.] mitgeteilt habe, dass ein Fortbildungsnachweis bislang nicht eingegangen sei. Soweit der Kläger meint, es habe ein solcher Hinweis vor der mündlichen Verhandlung erteilt werden müssen, fehlt es an jeder Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung zum Umfang einer gerichtlichen Hinweispflicht (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 11. Aufl 2014, § 62 Rd[X.] 8b mit zahlreichen Nachweisen). Der Kläger hat auch nicht dargelegt, welche erfolglosen Bemühungen er unternommen hat, um sich weiteres Gehör zu verschaffen (vgl zu diesem Erfordernis auch B[X.]E 68, 205, 210 = [X.]-2200 § 667 [X.] 1 S 6; [X.], [X.], 2. Aufl 2010, Rd[X.] 700). Soweit er meint, das L[X.] habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass ihm die Mappe mit den [X.] erst im Jahr 2012 wieder vorgelegen habe, bemängelt er im [X.] die rechtliche Bewertung des L[X.], dass die Nichtvorlage der Nachweise innerhalb der vorgesehenen Frist von ihm zu vertreten sei. Dies vermag einen Verfahrensmangel nicht zu begründen.

6

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm §§ 154 ff VwGO. Als erfolgloser Rechtsmittelführer hat der Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

7

3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der [X.] in den streitbefangenen Quartalen (§ 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

Meta

B 6 KA 13/17 B

20.04.2017

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Hannover, 26. November 2014, Az: S 24 KA 5/12, Gerichtsbescheid

§ 128 Abs 1 S 1 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 20.04.2017, Az. B 6 KA 13/17 B (REWIS RS 2017, 12292)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 12292

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 6 KA 58/16 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - vertragsärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung - Gegenstand der Klage - Bescheid des Beschwerdeausschusses - Vertragsarzt …


B 6 KA 50/15 B (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Kassenärztliche Vereinigung - Plausibilitätsprüfung - Vergleich mit hypothetischer Gemeinschaftspraxis - Berechnungsweise für …


B 6 KA 1/17 B (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Prüfgremien - Begründung der Wirtschaftlichkeitsprüfungsentscheidung - Bestimmung der Auswirkung von Praxisbesonderheiten - …


B 6 KA 10/12 B (Bundessozialgericht)

Sozialgerichtliches Verfahren - Verschulden des Prozessbevollmächtigten selbst bzw der von ihm beschäftigten, zur Rechtsvertretung im …


B 6 KA 9/20 R (Bundessozialgericht)

Vertragsärztliche Versorgung - Fortbildungspflicht - Fachgebietswechsel - Recht der Kassenärztlichen Vereinigung zur Sanktionierung eines Verstoßes …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.