Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.03.2011, Az. 1 BvL 13/07

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 8677

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Mangels einer den Anforderungen von § 80 Abs 2 S 1 Halbs 2 BVerfGG entsprechenden Darlegung unzulässige Richtervorlage zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 130 Abs 1 S 1 SGB 3 wegen Nichtberücksichtigung von Mutterschutzzeiten bei der Bestimmung des Bemessungsentgelts


Gründe

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Arbeitsförderungsrecht [X.]en, in denen Mütter wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen haben, bei der Bestimmung des [X.], nach dem sich die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet, nicht unmittelbar berücksichtigt werden. Unmittelbarer Gegenstand der Vorlage ist § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] ([X.]) in der Fassung des [X.] am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 ([X.]) und seine Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 4 GG.

I.

2

1. a) [X.] der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz - MuSchG) vom 24. Januar 1952 ([X.]) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 20. Juni 2002 ([X.]) regelt den Schutz von Schwangeren und Müttern nach der Geburt, soweit diese in einem Arbeitsverhältnis stehen (vgl. § 1 Nr. 1 MuSchG). Neben einem Kündigungsverbot für Schwangere und Mütter bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Geburt (§ 9 MuSchG) sieht es insbesondere nach Maßgabe von § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 Satz 1 und 2 MuSchG allgemeine Beschäftigungsverbote vor. Danach steht Arbeitnehmerinnen, die ein Kind zur Welt bringen, eine Mutterschutzzeit von mindestens 14 Wochen zu, die gegen ihren Willen nicht verkürzt werden kann.

3

Während der Schutzfristen nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG sowie für den [X.] erhalten Arbeitnehmerinnen, die Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind, zunächst Mutterschaftsgeld in Höhe des in den letzten drei abgerechneten Kalendermonaten vor Beginn der Schutzfrist durchschnittlich bezogenen Nettolohns, höchstens jedoch 13 Euro pro Kalendertag (vgl. § 13 Abs. 1 MuSchG i.V.m. § 200 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 Reichsversicherungsordnung - RVO). Soweit das durchschnittliche kalendertägliche Nettoarbeitsentgelt 13 Euro übersteigt, erhalten sie darüber hinaus nach Maßgabe von § 14 Abs. 1 MuSchG den Differenzbetrag als Zuschuss zum Mutterschaftsgeld von ihrem Arbeitgeber.

4

Diesen Zuschuss bekommen auch solche Arbeitnehmerinnen, die zum Beispiel wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 und [X.] ([X.]) nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse sind. Zusätzlich steht diesen Arbeitnehmerinnen nach § 13 Abs. 2 MuSchG ein Mutterschaftsgeld zu Lasten des [X.] zu, das jedoch auf einen Gesamtbetrag von 210 Euro beschränkt ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 24. November 1983 - 3 RK 41/82 -, juris, Rn. 12 ff.; Urteil vom 12. März 1985 - 3 [X.] -, juris, Rn. 8 f. und [X.], Beschluss des [X.] vom 16. November 1984 - 1 BvR 142/84 -, [X.] 7830 § 13 MuSchG Nr. 6).

5

Im Arbeitsförderungsrecht werden [X.], vor allem wenn durch sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] unterbrochen wird, für die Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (vgl. hierzu § 123 [X.]) unmittelbar berücksichtigt, das heißt sie wirken unmittelbar anwartschaftsbegründend. Eingeführt durch das Gesetz zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ([X.]) vom 10. Dezember 2001 ([X.]) besteht seit dem 1. Januar 2003 nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (nunmehr gültig in der Fassung des [X.] zur Änderung des [X.] und anderer Gesetze vom 19. November 2004, [X.]) während des Bezugs von Mutterschaftsgeld ein Versicherungspflichtverhältnis im Sinne von § 123 Abs. 1 [X.], während dessen Beiträge zur Arbeitsförderung auf ein Arbeitsentgelt in Höhe des [X.] erhoben und von den Leistungsträgern ([X.]) getragen werden (vgl. § 345 Nr. 7, § 347 Nr. 8 [X.]). Davor stand im Ergebnis seit dem 1. Juli 1979 die [X.] von Mutterschaftsgeld der [X.] einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleich, ohne dass der Bezug von Mutterschaftsgeld selbst Versicherungs- oder Beitragspflicht auslöste (vgl. zum Ganzen [X.]E 115, 259 <261 ff., 275 f.> und § 427a Abs. 1 [X.] in der Fassung des [X.] vom 19. April 2007, [X.]; zur früheren Rechtslage vgl. [X.]E 60, 68 <69 f.>).

6

b) [X.]) Die Höhe des Arbeitslosengeldes ist in den §§ 129 ff. [X.] geregelt. Die Grundsätze der Bemessung des Arbeitslosengeldes enthält § 129 [X.] (seit dem 1. August 2001 gültig in der Fassung des [X.]: Lebenspartnerschaften vom 16. Februar 2001, [X.]). Das Arbeitslosengeld beträgt danach

7

1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuer-gesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter [X.]),

8

2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner [X.])

9

des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat ([X.]).

bb) Durch Art. 1 Nr. 71 und 72 des [X.] am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 ([X.]) ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 (Art. 124 Abs. 3 dieses Gesetzes) das Recht der Bestimmung des [X.] reformiert worden (zum früheren Recht siehe [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. März 2010 - 1 BvL 11/07 -, juris, Rn. 6 ff.).

Die hier maßgebenden Regelungen des [X.] erhielten folgenden Wortlaut:

§ 130

Bemessungszeitraum und Bemessungsrahmen

(1) Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. [X.] umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten [X.] vor der Entstehung des Anspruchs.

(2) Bei der Ermittlung des [X.] bleiben außer Betracht

3. [X.]en, in denen der Arbeitslose Elterngeld bezogen oder Erziehungsgeld bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen nicht bezogen hat oder ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war,

(3) [X.] wird auf zwei Jahre erweitert, wenn

1. der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält oder

§ 131

[X.]

(1) [X.] ist das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Arbeitsentgelte, auf die der Arbeitslose beim Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Anspruch hatte, gelten als erzielt, wenn sie zugeflossen oder nur wegen Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht zugeflossen sind.

§ 132

Fiktive Bemessung

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten [X.] nicht festgestellt werden, ist als [X.] ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die [X.] die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,

2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als [X.] oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,

3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,

4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

Die Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung wird in § 18 [X.] ([X.]) definiert und durch eine auf der Grundlage von § 17 Abs. 2 [X.] erlassene Rechtsverordnung (Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung) im Voraus für jedes Kalenderjahr für die alten [X.]länder einerseits und das Beitrittsgebiet andererseits (Bezugsgröße Ost, § 18 Abs. 2 [X.]) bestimmt.

Ausgangspunkt für die Bestimmung des [X.] ist nach diesen Vorschriften zunächst der allein kalendermäßig festzulegende Bemessungsrahmen, der gemäß § 130 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgehend von dem letzten Tag des letzten [X.] vor der Entstehung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld zunächst für die Dauer eines Jahres zurück zu rechnen ist. Innerhalb dieses [X.]rahmens ist dann der Bemessungszeitraum zu bestimmen, der sich nach § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] nur aus den abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] zusammen setzt. Anders als bei der Bestimmung des [X.]punkts, von dem ab der Bemessungsrahmen zurückzurechnen ist, bleiben sonstige Versicherungspflichtverhältnisse im Sinne von § 26 [X.] bei der Bestimmung des [X.] also unberücksichtigt (vgl. BTDrucks 15/1515, [X.]). Unberücksichtigt bleibt damit auch ein Versicherungspflichtverhältnis wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld gemäß § 26 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Ausgehend von der bisherigen Rechtsprechung des [X.]sozialgerichts liegt während der [X.] auch keine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt im Sinne der Legaldefinition der versicherungspflichtigen Beschäftigung in § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] vor, weil es sich weder beim Mutterschaftsgeld nach § 13 MuSchG noch beim Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG um Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne handelt (vgl. [X.], 177 <182>; BSG, Urteil vom 20. März 1980 - 7 [X.] -, juris, Rn. 14; BSG, [X.] und Vorlagebeschluss vom 20. Juni 2001 - [X.] AL 20/01 R -, juris, Rn. 14).

Aus den abgerechneten Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, die den Bemessungszeitraum bilden, ist dann gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 [X.] das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt pro Tag zu errechnen, indem das gesamte auf den Bemessungszeitraum entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt durch die Summe der Kalendertage in den maßgeblichen Entgeltabrechnungszeiträumen, an denen Arbeitsentgelt erzielt worden ist, geteilt wird (vgl. [X.], in: [X.]/[X.], [X.], § 131 Rn. 23 ).

Wie sich aus § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] ergibt, müssen die abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen allerdings mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthalten. Ist dies nicht der Fall, verlängert sich der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre. Können auch innerhalb dieses erweiterten [X.] nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis festgestellt werden, kommt gemäß § 132 Abs. 1 [X.] ein fiktives [X.] zur Anwendung. Die Bestimmung des [X.] löst sich damit von dem individuellen Bruttoverdienst, den der Arbeitslose zuletzt in seinem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tatsächlich erzielt hat. An seine Stelle tritt ein fiktives Arbeitsentgelt im Sinne eines pauschalen Durchschnittsverdienstes, von dem der Gesetzgeber annimmt, dass ihn der Arbeitslose gegenwärtig erzielen könnte, wenn er in eine Beschäftigung vermittelt würde, auf die sich die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung entsprechend der Qualifikation des Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken haben (vgl. BTDrucks 15/1515, [X.] f.). Der Ansatz eines fiktiven [X.] führt häufig, aber nicht immer zu einem niedrigeren Arbeitslosengeld, als es sich nach dem in der Vergangenheit zuletzt erzielten Lohn ergäbe (vgl. [X.], 295 <306 Rn. 43>; BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.]a/7a [X.] -, juris, Rn. 41; Urteil vom 21. Juli 2009 - [X.] AL 23/08 R -, juris, Rn. 29; siehe auch BSG, Urteil vom 3. Dezember 2009 - [X.] AL 42/08 R -, juris, Rn. 14 ff.; Urteil vom 18. Mai 2010 - [X.] AL 49/08 R -, juris, Rn. 15 ff.).

Das Abstellen auf den zuletzt erzielten Bruttolohn kann insbesondere in Fällen zu unbilligen Ergebnissen führen, in denen das Arbeitsentgelt gegenüber dem ursprünglich vertraglich vereinbarten Lohn herabgesetzt wurde, zum Beispiel wenn innerhalb des [X.] wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit von einer Vollzeit- in eine Teilzeittätigkeit gewechselt wurde. Insoweit gilt § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.], wonach [X.]en, in denen der Arbeitslose zum Beispiel ein Kind unter drei Jahren betreut und erzogen hat, bei der Ermittlung des [X.] außer Betracht bleiben, wenn wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes das Arbeitsentgelt oder die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit gemindert war. Es ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] lediglich bewirkt, dass die genannten [X.]en so behandelt werden, als handele es sich nicht um Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Sie können demgegenüber in keinem Fall dazu führen, dass sich auch der Bemessungsrahmen über die maximale Dauer von zwei Jahren (vgl. § 130 Abs. 3 Satz 1, § 132 Abs. 1 [X.]) hinaus verlängert (vgl. [X.], 295 <299 ff. Rn. 22 ff.>; BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.]a/7a [X.] -, juris, Rn. 27 ff.; Urteil vom 6. Mai 2009 - [X.] AL 7/08 R -, juris, Rn. 21 ff.; Urteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] AL 39/08 R -, juris, Rn. 15). Hatte der oder die Arbeitslose auch im erweiterten Bemessungsrahmen von zwei Jahren nicht wenigstens für die Dauer von 150 Tagen Anspruch auf Arbeitsentgelt aus einer Vollzeittätigkeit, kann § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] mithin dazu führen, dass nach § 132 Abs. 1 [X.] ein fiktives Arbeitsentgelt als [X.] zugrunde zu legen ist. Da es sich allerdings bei den Regelungen des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 4 [X.] um Vorschriften handelt, die den Arbeitslosen begünstigen sollen, kann nach überwiegend vertretener Auffassung im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift abweichend vom Gesetzeswortlaut das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt während einer im Bemessungsrahmen ausgeübten Teilzeittätigkeit zugrunde gelegt werden, wenn dies für den Arbeitslosen günstiger ist als der an sich nach § 132 Abs. 1 [X.] vorgegebene Ansatz eines fiktiven [X.] (so [X.], Urteil vom 10. September 2008 - L 3 AL 4581/06 -, juris, Rn. 27; [X.], in: [X.], [X.], § 130 Rn. 43 ; [X.], in: Eicher/[X.], [X.], § 130 Rn. 61 ; in der Tendenz ebenso, aber die Entscheidung letztlich offen lassend auch BSG, Urteil vom 6. Mai 2009 - [X.] AL 7/08 R -, juris, Rn. 18 ff.; Urteil vom 16. Dezember 2009 - [X.] AL 39/08 R -, juris, Rn. 16 f.).

2. Die 1972 geborene, verheiratete Klägerin des Ausgangsverfahrens ist Volljuristin und befand sich seit dem 1. Juli 2000 in einem Arbeitsverhältnis als Unternehmensjuristin. Das arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelt betrug zuletzt 4.700 Euro brutto monatlich. Bis zum 21. März 2004 arbeitete sie Vollzeit (40 Stunden/Woche). Vom 22. März 2004 bis 29. Juni 2004 befand sie sich im Mutterschutz. Am 4. Mai 2004 wurde ihr [X.] geboren. Im [X.] an den Mutterschutz nahm sie Elternzeit in Anspruch. Während der Elternzeit arbeitete sie ab dem 1. August 2004 in Teilzeit (20 Stunden/Woche) mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.431,33 Euro. Zum 31. Dezember 2005 wurde ihr Arbeitsverhältnis wegen Insolvenz des Arbeitgebers aufgelöst, woraufhin sie sich mit Wirkung zum 1. Januar 2006 arbeitslos meldete und Arbeitslosengeld beantragte. Bis zu diesem [X.]punkt war sie privat krankenversichert.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2006 bewilligte die Beklagte des Ausgangsverfahrens Arbeitslosengeld in Höhe von 29,62 Euro/Tag (= 888,60 Euro/Monat) ab dem 1. Januar 2006 für die Dauer von 360 Tagen. Der Berechnung legte sie ein [X.] von 98 Euro/Tag zugrunde, ermittelte hieraus unter Berücksichtigung der für das [X.] eingetragenen [X.] ein Leistungsentgelt von 44,21 Euro/Tag und ging von einem [X.] von 67 % aus.

Mit ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt die Klägerin des Ausgangsverfahrens ein höheres Arbeitslosengeld durch Ansatz eines höheren [X.]. Sie macht mit ihrem Hauptantrag geltend, dass die Elternzeit bei der Bestimmung des [X.] ebenso unberücksichtigt bleiben müsse wie gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] bei der Bestimmung des [X.]. In ihrem Fall müsse der (einjährige) Bemessungsrahmen deshalb auf den [X.]raum vom 29. Juni 2004 (letzter Tag vor Beginn der Elternzeit) bis zum 30. Juni 2003 verschoben werden. In diesem [X.]rahmen seien als Bemessungszeitraum nicht nur die [X.]en der Vollzeittätigkeit mit einem Bruttoarbeitsentgelt von 4.700 Euro, sondern auch die [X.] mit dem vom Arbeitgeber gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG zu berücksichtigen, da es sich auch hierbei um Arbeitsentgelt handele. Hilfsweise (Hilfsantrag zu 1) beantragte sie, das [X.] aus dem im [X.]raum vom 1. Januar 2004 bis zum 29. Juni 2004 bezogenen Arbeitsentgelt und dem Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu ermitteln. Für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sei, dass der Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nicht als Arbeitsentgelt zu berücksichtigen sei, beantragte sie äußerst hilfsweise (Hilfsantrag zu 2), die fehlenden Tage bis zum Erreichen der notwendigen 150 Tage mit dem fiktiven Arbeitsentgelt (98 Euro pro Kalendertag) aufzufüllen.

Nach einer im Auftrag des vorlegenden Gerichts angefertigten Probeberechnung der Beklagten des Ausgangsverfahrens wäre ausgehend von einem monatlichen Bruttogehalt von 4.700 Euro über ein ganzes Jahr (365 Tage) ein [X.] von 154,52 Euro/Tag anzusetzen. Bei Berücksichtigung des während der Elternzeit bezogenen Entgelts aus der Teilzeittätigkeit ergäbe sich demgegenüber ein [X.] von 80,07 Euro/Tag.

3. Mit Beschluss vom 23. Juli 2007 hat die [X.] des [X.] das Verfahren ausgesetzt und dem [X.]verfassungsgericht die Frage zur Entscheidung vorgelegt,

ob § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der Fassung des Artikels 1 Nr. 71 des [X.] am Arbeitsmarkt mit Artikel 6 Abs. 4 Grundgesetz vereinbar ist, soweit der Bemessungszeitraum nicht die [X.] des Mutterschutzes umfasst.

a) Das Sozialgericht hat zunächst dargelegt, dass die Klage vollständig abzuweisen wäre, wenn § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] gültig wäre, weil die Beklagte des Ausgangsverfahrens nach der geltenden Rechtslage das der Klägerin des Ausgangsverfahrens zustehende Arbeitslosengeld zutreffend berechnet habe.

Der zunächst anzusetzende Bemessungsrahmen von einem Jahr umfasse die [X.] vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2005, während dessen die Klägerin des Ausgangsverfahrens in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit einer auf 20 Wochenstunden geminderten Arbeitszeit gestanden habe. Die in diesen [X.]raum fallenden abgerechneten Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt könnten allerdings nicht berücksichtigt werden, da sie nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] bei der Bestimmung des [X.] außer Betracht bleiben müssten. Die Frage, ob eine teleologische Reduktion der Vorschrift in den Fällen zu erfolgen habe, in denen die Anwendung von § 130 Abs. 2 [X.] zu einer für den Arbeitslosen ungünstigen Berechnung führe, könne hier offen bleiben, da das [X.] unter Berücksichtigung des während der Elternzeit erzielten Entgelts niedriger wäre als das von der Beklagten des Ausgangsverfahrens angesetzte fiktive Arbeitsentgelt nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.]. § 130 Abs. 2 [X.] führe auch nicht zu einer Ausdehnung des [X.], der rein kalendermäßig ablaufe.

Weil somit ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 (berücksichtigungsfähigen) Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt nicht vorliege, sei der Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.] auf die [X.] vom 1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2005 zu erweitern. Innerhalb dieses erweiterten [X.] ließen sich aber nur 81 Tage mit zu berücksichtigendem Arbeitsentgelt aus [X.] Beschäftigung feststellen, nämlich der [X.]raum vom 1. Januar 2004 bis zum 21. März 2004, in dem die Klägerin des Ausgangsverfahrens Vollzeit gearbeitet habe. Die [X.] des Mutterschutzes vom 22. März 2004 bis zum 29. Juni 2004 könne nach Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte des § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung bewertet werden.

Mithin habe nach § 132 Abs. 1 [X.] ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt werden müssen. Im Hinblick auf die von der Klägerin des Ausgangsverfahrens absolvierte Hochschulausbildung habe die Beklagte des Ausgangsverfahrens nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] zutreffend ein [X.] von 98 Euro/Tag ermittelt. Hieraus ergebe sich unter Berücksichtigung der maßgeblichen Lohnsteuerklasse zu Beginn des Jahres 2006 ein Leistungsentgelt von 44,21 Euro. Der erhöhte [X.] von 67 % betrage dann 29,62 Euro.

b) Dieses Ergebnis - eine fiktive Bemessung des Arbeitsentgelts allein wegen des Mutterschutzes bei vorausgehender [X.] Beschäftigung - verstößt nach Auffassung des [X.] gegen Art. 6 Abs. 4 GG. Zur Begründung führt es unter Bezugnahme und Wiedergabe des Beschlusses des [X.]verfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 1 BvL 10/01 -, [X.]E 115, 259 <271 f.>, aus:

Nach Art. 6 Abs. 4 GG habe jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge des St[X.]tes. Daraus ergebe sich der bindende Auftrag an den Gesetzgeber, jeder Mutter Schutz und Fürsorge der [X.] zukommen zu lassen. Er verpflichte den Gesetzgeber grundsätzlich auch, wirtschaftliche Belastungen der Mutter, die im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen. Insoweit schütze Art. 6 Abs. 4 GG die Mutter in vergleichbarer Weise wie Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie. Dies gelte auch für das Gebiet der [X.] Sicherheit. Der Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG bedeute zwar nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, dem Förderungsgebot ohne Rücksicht auf sonstige Belange nachzukommen. [X.] er aber, wie in § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG, der Frau für eine bestimmte [X.] vor und nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, so sei er gehalten, die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich auszugleichen. Dazu gehöre auch der sozialversicherungsrechtliche Schutz im Falle der Arbeitslosigkeit. Grundsätzlich könne der Gesetzgeber frei entscheiden, wie er die ihm durch Art. 6 Abs. 4 GG auferlegte Förderung ausgestalten wolle. Sei er zum Schutz der Mutter gesetzgeberisch tätig geworden, indem er durch Beschäftigungsverbote der werdenden Mutter und dem Kind Schutz biete, so habe er damit jedoch eine Vorfestlegung getroffen und seinen weiteren Handlungsspielraum eingeschränkt. Der mit den [X.] angestrebte Schutz bleibe, gemessen an Art. 6 Abs. 4 GG, unvollständig, wenn er nicht von Maßnahmen begleitet werde, die die sich daraus ergebende Benachteiligung der Mutter soweit wie möglich ausglichen.

Diesen Anforderungen entspreche der Gesetzgeber mit § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] insoweit nicht, als im Bemessungszeitraum die [X.] des Mutterschutzes bei Frauen, bei denen der Mutterschutz eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbreche, nicht berücksichtigt werden könne. Hierin liege ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 GG, denn dadurch erlitten Mütter einen sozialrechtlichen Nachteil, der Nichtmüttern nicht entstehe. Diesen sei es weiterhin möglich, ein Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu erzielen, während dies für Mütter aufgrund des [X.] ausgeschlossen sei. Damit würden Mütter gegenüber Arbeitnehmerinnen benachteiligt, für die kein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 MuSchG bestehe. Diese Benachteiligung führe auch zu einem sozialrechtlichen Nachteil, sofern sich allein dadurch ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinn von "abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen der versicherungspflichtigen Beschäftigung" nicht feststellen lasse, es deshalb zu einer fiktiven Bemessung des Arbeitsentgelts komme und sich daraus ein niedrigeres [X.] ergebe als dies bei Berücksichtigung des vor dem Mutterschutz erzielten Arbeitsentgelts aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung der Fall gewesen wäre. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] sei in Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Gesamtzusammenhang der Norm und deren historischer Entwicklung nicht möglich.

c) Zur Entscheidungserheblichkeit des seiner Auffassung nach vorliegenden Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 4 GG führt das Sozialgericht sodann aus, erweise sich § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] als verfassungswidrig, soweit bei Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die sich anschließende [X.] des Mutterschutzes bei der Ermittlung des [X.] nicht berücksichtigt werden könne, sei der Kammer eine abschließende Entscheidung über den Hilfsantrag zu 1) nicht möglich. Denn mit diesem Antrag solle gerade die nach § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] von der Ermittlung des [X.] ausgeschlossene [X.] des Mutterschutzes einbezogen werden. Das Verfahren wäre deshalb bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber auszusetzen. Um den Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG zu erfüllen, werde der Gesetzgeber zwar gehalten sein, die [X.] des Mutterschutzes bei vorausgehender Beschäftigung im Rahmen der Ermittlung des [X.] zu berücksichtigen. Dies könne jedoch in unterschiedlicher Weise geschehen. Möglich wäre eine Regelung dahingehend, dass im Bemessungszeitraum auch [X.]en des Mutterschutzes bei vorausgehender [X.] Beschäftigung berücksichtigt werden können. Dann bedürfte es auch einer Regelung dazu, welches Entgelt für diese [X.] zugrunde zu legen wäre. Denkbar wäre auch, die Regelung hinsichtlich des [X.] zu belassen und stattdessen den zweijährigen Bemessungsrahmen um die [X.] des Mutterschutzes noch weiter zu verlängern. Es könnte aber auch eine Sonderregelung dahingehend getroffen werden, dass ein fiktives Arbeitsentgelt der Bemessung auch dann nicht zugrunde zu legen ist, wenn die [X.] des Mutterschutzes zusammen mit einer vorausgehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung 150 Tage im Bemessungszeitraum ergebe.

II.

Die Vorlage ist unzulässig.

1. [X.] kann eine Entscheidung des [X.]verfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Vorschrift nach Art. 100 Abs. 1 GG nur einholen, wenn es zuvor sowohl die Entscheidungserheblichkeit der Vorschrift als auch ihre Verfassungsmäßigkeit sorgfältig geprüft hat (vgl. [X.]E 86, 71 <76>). Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 [X.]G muss das vorlegende Gericht in den Gründen seiner Entscheidung ausführen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts genügt ein Vorlagebeschluss dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 Satz 1 [X.]G nur, wenn ihm zum Einen mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (vgl. [X.]E 7, 171 <173 f.>; 105, 61 <67>; stRspr). Zum Anderen muss das vorlegende Gericht die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. [X.]E 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <78>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>). Es muss deutlich machen, mit welchem verfassungsrechtlichen Grundsatz die zur Prüfung gestellte Regelung seiner Ansicht nach nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen es zu dieser Auffassung gelangt ist. Dabei muss es sich intensiv mit der einfachen Rechtslage auseinandersetzen, auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte eingehen und die in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen ebenso verarbeiten wie die Entstehungsgeschichte der betreffenden Norm (vgl. [X.]E 76, 100 <104>; 79, 240 <243 f.>; 80, 96 <100>; 86, 52 <57>; 86, 71 <77 f.>; 89, 329 <337>; 92, 277 <312>; 105, 48 <56>).

2. Diesen Anforderungen genügt die Vorlage nicht. Obwohl das vorlegende Gericht die vom [X.]verfassungsgericht insbesondere in dem Beschluss des [X.] vom 28. März 2006 - 1 BvL 10/01 -, [X.]E 115, 259 <271 f.>, entwickelten Grundsätze zutreffend wiedergegeben hat, hat es seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der allein vorgelegten Vorschrift des § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht den Anforderungen von § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz [X.]G entsprechend dargelegt.

a) Das tragende Argument, mit dem das vorlegende Gericht einen Verstoß des § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegen Art. 6 Abs. 4 GG begründet, ist nicht schlüssig.

[X.]) Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts verstößt § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] deshalb gegen Art. 6 Abs. 4 GG, weil der Bemessungszeitraum nicht auch [X.] umfasse und es deshalb, wie auch im vorliegenden Fall, "allein wegen des Mutterschutzes" zu einer fiktiven Bemessung komme. Diese Erwägung ist in der Argumentation des vorlegenden Gerichts tragend. So stellt es bereits eingangs seiner verfassungsrechtlichen Erörterungen fest, die "fiktive Bemessung des Arbeitsentgelts allein wegen des Mutterschutzes bei vorausgehender [X.] Beschäftigung" verstoße gegen Art. 6 Abs. 4 GG. An späterer Stelle führt es aus, die Benachteiligung von Müttern, die während der [X.] kein Arbeitsentgelt erzielen könnten, gegenüber anderen Arbeitnehmern führe auch zu einem sozialrechtlichen Nachteil, sofern sich "allein dadurch" ein Bemessungszeitraum von 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinne von abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträumen der versicherungspflichtigen Beschäftigung nicht feststellen lasse, es deshalb zu einer fiktiven Bemessung des Arbeitsentgelts komme und sich daraus ein niedrigeres [X.] ergebe, als dies bei Berücksichtigung des vor dem Mutterschutz erzielten Arbeitsentgelts aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung der Fall gewesen wäre.

bb) Diese Argumentation ist bezogen auf den Ausgangsfall nicht schlüssig. Die im vorliegenden Fall einen [X.]raum von 100 Tagen umfassenden [X.] nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG sind keinesfalls die alleinige und auch nicht die überwiegende Ursache dafür, dass für die Klägerin des Ausgangsverfahrens ein fiktives Arbeitsentgelt als [X.] anzusetzen ist. Vielmehr führen mehrere Faktoren zu diesem Ergebnis. Das vor dem Mutterschutz bezogene Arbeitsentgelt kann vor allem deshalb nicht als [X.] zugrunde gelegt werden, weil die Klägerin des Ausgangsverfahrens im [X.] an den gesetzlichen Mutterschutz Elternzeit in Anspruch genommen hat und vom 1. August 2004 bis zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2005 lediglich in Teilzeit beschäftigt war. Diese 1 Jahr und 5 Monate umfassende [X.] einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bleibt nach § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] bei der Ermittlung des [X.] grundsätzlich außer Betracht, mit der Folge, dass das erzielte Arbeitsentgelt grundsätzlich nicht als [X.] berücksichtigt wird, ohne dass sich zugleich der Bemessungsrahmen verlängert. Eine teleologische Reduktion des § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] kommt vorliegend nicht in Betracht, weil das während der Teilzeitbeschäftigung tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt niedriger war als das fiktive [X.] nach § 132 [X.]. Hätte die Klägerin nach Ablauf der Mutterschutzzeit zumindest für die Dauer von 69 Tagen wieder eine Vollzeittätigkeit ausgeübt oder ihre Arbeitszeit in einem geringeren Maße reduziert und deshalb ein Bruttogehalt von mehr als 98 Euro/Tag erzielt, wäre es nicht zum Ansatz eines fiktiven [X.] gekommen.

Es sind also nicht allein die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG, die dazu führen, dass im Falle der Klägerin des Ausgangsverfahrens ein fiktives [X.] zugrunde zu legen ist. Diese sind für dieses Ergebnis allenfalls mitursächlich. Es trifft zwar zu, dass der vom vorlegenden Gericht festgestellte sozialrechtliche Nachteil (Ansatz eines gegenüber dem Arbeitsentgelt vor dem Mutterschutz geringeren fiktiven [X.]) vermieden würde, wenn durch die vom vorlegenden Gericht für notwendig erachteten ergänzenden Regelungen sichergestellt würde, dass als [X.] das vor dem Mutterschutz erzielte Arbeitsentgelt zugrunde zu legen wäre. Ausgehend von der Argumentation des vorlegenden Gerichts ist jedoch nicht plausibel, warum dies aufgrund von Art. 6 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich geboten sein soll, denn die Klägerin des Ausgangsverfahrens hätte den sozialrechtlichen Nachteil, wie bereits ausgeführt, selbst dadurch vermeiden können, dass sie auf die (freiwillige) Inanspruchnahme von Elternzeit verzichtet oder ihre Arbeitszeit in einem geringeren Umfang reduziert hätte. Dass und warum es verfassungsrechtlich geboten sein könnte, aus der Inanspruchnahme von Elternzeit resultierende Nachteile hinsichtlich der Höhe des Arbeitslosengeldes zu kompensieren (siehe dazu [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 10. März 2010 - 1 BvL 11/07 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 11. März 2010 - 1 BvR 2909/08 -, juris), hat das vorlegende Gericht nicht diskutiert.

b) Das vorlegende Gericht hat auch nicht erörtert, ob und inwieweit die in dem Beschluss des [X.] vom 28. März 2006 - 1 BvL 10/01 -, [X.]E 115, 259 <271 f.> aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall übertragbar sind. Eine solche Erörterung wäre jedoch naheliegend gewesen, weil die genannte Entscheidung offensichtlich eine andere rechtliche Problematik zum Gegenstand hatte.

In dem [X.]E 115, 259 ff. zugrunde liegenden Verfahren erlitt die Klägerin des Ausgangsverfahrens alleine durch die mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote einen sozialrechtlichen Nachteil: Wegen einer vorangegangenen Arbeitslosigkeit standen ihr bis zur erneuten Arbeitslosigkeit lediglich 13 Monate in einem Arbeitsverhältnis zur Verfügung, um die Anwartschaftszeit für einen erneuten Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erfüllen (vgl. [X.]E 115, 259 <263 f.>). Dies scheiterte nach dem im [X.]raum von 1998 bis 2002 zunächst geltenden Recht allein daran, dass sie für die Dauer der Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand und die [X.] einem solchen auch nicht gleichstanden oder selbst ein Versicherungspflichtverhältnis aus sonstigem Grund begründeten. Der sozialrechtliche Nachteil war deshalb anders als im vorliegenden Ausgangsfall nicht zusätzlich oder sogar überwiegend auf die Inanspruchnahme von Elternzeit zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund hätte sich das vorlegende Gericht die Frage stellen müssen, ob es in seinem Fall auch um einen sich "unmittelbar" aus den mutterschutzrechtlichen [X.] ergebenden sozialrechtlichen Nachteil ging. Nur solche sind nach der genannten Entscheidung des [X.]verfassungsgerichts "soweit wie möglich" auszugleichen (vgl. [X.]E 115, 259 <271>).

Die [X.] und ihre fehlende Berücksichtigung bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bewirkten zudem in dem [X.]E 115, 259 ff. zugrunde liegenden Verfahren einen schweren und irreparablen sozialrechtlichen Nachteil: Weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hatte, konnte die Klägerin des dortigen Ausgangsverfahrens wegen des gesetzlichen Mutterschutzes noch nicht einmal einen Anspruch auf Arbeitslosengeld dem Grunde nach erwerben; allein wegen der [X.] wurde der Zugang zum Arbeitslosengeld vereitelt. Sie hätte allenfalls, wenn sie bedürftig gewesen wäre, Sozialhilfe nach dem [X.]sozialhilfegesetz beantragen können. Im vorliegenden Ausgangsverfahren geht es demgegenüber nur um die Höhe des Arbeitslosengeldes.

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]verfassungsgerichts ist der Gesetzgeber aufgrund von Art. 6 Abs. 4 GG nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen (vgl. [X.]E 60, 68 <74>; 115, 259 <271>). Vor diesem Hintergrund drängt sich die Frage auf, ob die Klägerin des Ausgangsverfahrens einen "sozialrechtlichen Nachteil" erleidet, der nach [X.]E 115, 259 <271> soweit wie möglich auszugleichen ist, oder ob nicht vielmehr eine "einfache", mit der Mutterschaft im weiteren Sinne zusammenhängende, aber vor allem auf die Inanspruchnahme von Elternzeit zurückzuführende wirtschaftliche Belastung vorliegt, deren vollständigen Ausgleich Art. 6 Abs. 4 GG nicht zwingend gebietet.

c) Das vorlegende Gericht hat sich auch nicht hinreichend mit früheren Regelungen befasst, so dass seinen Ausführungen nicht entnommen werden kann, dass sich die Rechtslage - so wie in [X.]E 115, 259 <272, 274> konstatiert -, zu Lasten von Müttern nicht unerheblich verschlechtert hat. Aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts ergibt sich deshalb auch nicht hinreichend, warum gerade die vorgelegte Vorschrift des § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegen Art. 6 Abs. 4 GG verstoßen soll.

Was die Auswirkungen von [X.] auf die Bestimmung des [X.] betrifft, hat sich nach dem seit dem 1. Januar 2005 geltenden Recht im Prinzip nichts geändert. Dadurch, dass [X.] nicht vom Bemessungszeitraum umfasst werden, wird grundsätzlich ermöglicht, dass das vor dem Mutterschutz bezogene Arbeitsentgelt in den Bemessungszeitraum nach § 130 Abs. 1 Satz 1 [X.] einbezogen und zur Grundlage der Bemessung des Arbeitslosengeldes gemacht wird. Allerdings ist dies nunmehr nur bis zur Grenze des maximal auf zwei Jahre erweiterten [X.] möglich. Gegen die Verkürzung des [X.] erhebt das vorlegende Gericht jedoch keine verfassungsrechtlichen Einwände.

Was die alleinigen Folgen der Beschäftigungsverbote nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG - unabhängig von der Inanspruchnahme von Elternzeit - für die Bemessung des Arbeitslosengeldes betrifft, ist es auch nicht offensichtlich, dass sich die Rechtslage zu Lasten von Müttern verschlechtert hat. Der Verkürzung des [X.] von drei auf zwei Jahren steht gegenüber, dass sich der Umfang der für eine Bemessung auf der Grundlage des zuletzt bezogenen Arbeitsentgelts erforderlichen Entgeltabrechnungszeiträume gegenüber dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Recht in etwa halbiert hat (150 Tage gegenüber 39 Wochen, vgl. insoweit auch [X.], 295 <302 Rn. 32>). Hierauf geht das vorlegende Gericht nicht ein.

Es setzt sich schließlich auch nicht damit auseinander, dass das seit dem 1. Januar 2005 geltende Recht Abweichungen vom Versicherungsprinzip, dem eine strenge Anknüpfung der Höhe des Arbeitslosengeldes an die Höhe des versicherungspflichtigen Entgelts und damit an die Höhe der entrichteten Beiträge entsprechen würde (vgl. hierzu [X.], in: [X.]/Eicher, [X.] Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 11 Rn. 19 f., sowie [X.]E 92, 53 <69 ff.>; 102, 127 <143 ff.>), enthält, die gerade auch Müttern zugute kommen (vgl. insoweit auch [X.]E 60, 68 <75 f.>). So hat der Gesetzgeber gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1, § 131 Abs. 1 Satz 1 [X.] darauf verzichtet, die beitragspflichtigen Einnahmen während der [X.], das heißt nach § 345 Nr. 7 [X.] ein Arbeitsentgelt in Höhe des [X.], bei der Bestimmung des [X.] heranzuziehen. Da das Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs. 1 MuSchG in Verbindung mit § 200 RVO und § 13 Abs. 2 MuSchG nur eine geringe Höhe aufweist, wird so auch einer Schlechterstellung von Müttern entgegengewirkt. Darüber hinaus wirkt es sich gerade auch zugunsten der Klägerin des Ausgangsverfahrens aus, dass das während der Teilzeittätigkeit, die der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgegangen ist, erzielte Arbeitsentgelt gemäß § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 [X.] nicht berücksichtigt und ein diesem gegenüber höheres fiktives Arbeitsentgelt als [X.] herangezogen wird. Gegen die Höhe des fiktiven [X.] nach § 132 Abs. 2 [X.] als solche macht das vorlegende Gericht ebenfalls keine verfassungsrechtlichen Einwände geltend (vgl. insoweit auch [X.], 295 <308 ff. Rn. 49 ff.>; BSG, Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.]a/7a [X.] -, juris, Rn. 47 ff.; Urteil vom 21. Juli 2009 - [X.] AL 23/08 R -, juris, Rn. 18 ff.).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvL 13/07

14.03.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Beschluss

Sachgebiet: BvL

vorgehend SG Aachen, 23. Juli 2007, Az: S 21 AL 38/06, Vorlagebeschluss

Art 100 Abs 1 GG, Art 6 Abs 4 GG, § 80 Abs 2 S 1 Halbs 2 BVerfGG, § 14 Abs 1 MuSchG, § 3 Abs 2 MuSchG, § 6 Abs 1 MuSchG, § 130 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 23.12.2003

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14.03.2011, Az. 1 BvL 13/07 (REWIS RS 2011, 8677)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 8677

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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