Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.04.2016, Az. 1 StR 579/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2016, 13411

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Strafverfahren wegen Betrugs: Vortragserfordernis bei Rüge, die Wirtschaftsstrafkammer sei funktionell zuständig; Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] i.d. OPf. vom 17. April 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 [X.]).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

1. [X.] der funktionellen Unzuständigkeit erweist sich bereits als unzulässig.

Zwar ist der Revision darin zuzustimmen, dass die Anklageschrift nicht vorgetragen werden muss, da diese von Amts wegen vom Revisionsgericht zur Kenntnis zu nehmen ist ([X.], Beschlüsse vom 6. Mai 2014 – 3 [X.]; vom 2. Dezember 2008 – 3 [X.], [X.], 115 und vom 23. April 2002 – 3 [X.], [X.], 588, 589). Dass entsprechende Ausführungen im Einzelfall geeignet sein könnten, dem Revisionsgericht das Verständnis der Rüge zu erleichtern, ändert hieran nichts ([X.], Beschluss vom 27. November 2012 – 3 [X.]/12).

Die Nichteinhaltung der [X.] des § 344 Abs. 2 Satz 2 [X.] ergibt sich jedoch aus Folgendem: Dem [X.] beider Verteidiger, das sich insoweit jeweils auf den Vortrag des [X.] beschränkt, lässt sich – auch im Zusammenspiel mit der Anklage – das Eingreifen des [X.] des § 74c Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 [X.] nicht entnehmen. Denn daraus ergibt sich nicht, dass das dem Angeklagten vorgeworfene Verhalten an sich zumindest geeignet war, den Tatbestand des § 265b Abs. 1 StGB zu erfüllen (vgl. hierzu OLG Celle wistra 1991, 359 mit Anmerkung  [X.]; [X.]/[X.], [X.], 58. Aufl., § 74c [X.] Rn. 4a;  Löwe/[X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 74c [X.] Rn. 6; enger [X.], 236). Der Anwendungsbereich des § 265b StGB erfordert, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung der Kreditnehmer ein Unternehmen sein muss, das einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb hat ([X.], Beschluss vom 16. November 2010 – 1 [X.], [X.], 279). Nach den der Schilderung der einzelnen Fälle vorweggestellten allgemeinen Ausführungen im konkreten Anklagesatz als auch nach dem wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen stellt sich der Vorwurf jedoch so dar, dass der Angeklagte die jeweiligen Zahlungen für sich forderte, um sein aus verschiedenen Geschäften resultierendes persönliches Eigenkapital aktivieren zu können. Mithin dienten die Darlehen rein privaten Zwecken, was dem jeweiligen Darlehensgeber bewusst war. Auch wenn in einzelnen Fällen die Zahlungen als in einen „Darlehensvertrag“ zwischen einem Unternehmen des Angeklagten und der Firma eines Darlehensgebers „gekleidet“ geschildert werden, hätte es vor dem Hintergrund dieser alle Taten umfassenden privaten Zwecksetzung näherer Darlegungen bedurft, weshalb der Tatbestand des [X.] einschlägig sein sollte. Hieran fehlt es. Der Verweis auf Aktenbestandteile, die nicht Gegenstand des Vortrags sind, genügt nicht.

2. [X.] der Verletzung der Vorschriften über die Öffentlichkeit (§ 338 Nr. 6 [X.]) hat ebenfalls keinen Erfolg.

Nach dem [X.] befand sich vor dem [X.], in dem gewöhnlich verhandelt wurde, ein Aushang, der einen Saal im [X.] als neuen Verhandlungsort benannte; an dem tatsächlich genutzten Sitzungssaal im [X.] befand sich ebenfalls ein Aushang. Soweit die Revision beanstandet, dass in dem Aushang am [X.] der Sitzungssaal 112 des [X.] benannt worden ist, die Sitzung tatsächlich aber in dem in einem Anbau gelegenen Saal 021 stattfand, folgt daraus wegen der im Übrigen unbekannten örtlichen Verhältnisse im [X.], zu denen die Revision nichts weiter vorträgt, noch kein Verstoß gegen den [X.]. Nicht nur angesichts des Umstands, dass sämtliche Verfahrensbeteiligte den tatsächlichen Sitzungssaal im Amtsgericht ohne weiteres gefunden haben, hätte es hier vielmehr näherer Darlegung bedurft, warum die unzutreffende Angabe des konkreten [X.] zu einer faktischen Beschränkung der Öffentlichkeit geführt haben könnte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Juli 1979 – 3 [X.]; NJW 1980, 249 und vom 28. September 2011 – 5 StR 245/11, [X.], 173). Das liegt für ein kleines, leicht überschaubares Gerichtsgebäude eher fern (vgl. hierzu [X.]/[X.] aaO § 169 [X.] Rn. 4a mwN).

[X.] wäre jedoch auch deshalb unbegründet, weil nicht ersichtlich ist, dass das Gericht etwaige tatsächliche Hindernisse, die eine Teilnahme der Öffentlichkeit an der Hauptverhandlung beeinträchtigt haben könnten, bemerkt hat oder bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt und Umsicht hätte bemerken müssen ([X.], Beschluss vom 28. September 2011 – 5 StR 245/11, [X.], 173; Urteile vom 18. Dezember 1968 – 3 [X.], [X.]St 22, 297, 301 und vom 10. Juni 1966 – 4 [X.], [X.]St 21, 72, 74; vgl. zu diesem Erfordernis Löwe/[X.]/[X.], [X.], 26. Aufl., § 338 Rn. 113 mwN). Besondere Umstände (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 1. Oktober 1980 – 2 [X.], [X.] 1981, 3 f.: Verhandlung an einem Freitagnachmittag in einem Amtsgebäude einer Kommunalbehörde), die dazu hätten führen müssen, dass der Vorsitzende sich persönlich von der zutreffenden Angabe des [X.] im [X.] auf dem Aushang im [X.] Weiden hätte überzeugen müssen, sind weder dargetan noch sonst zu Tage getreten.

Raum                                 Jäger                         Cirener
               [X.]

Meta

1 StR 579/15

07.04.2016

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Weiden, 17. April 2015, Az: 1 KLs 12 Js 8385/12

§ 74c Abs 1 S 1 Nr 5 GVG, § 169 GVG, § 263 StGB, § 265b StGB, § 338 Nr 6 StPO, § 344 Abs 2 S 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.04.2016, Az. 1 StR 579/15 (REWIS RS 2016, 13411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13411


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 StR 579/15

Bundesgerichtshof, 1 StR 579/15, 22.07.2016.

Bundesgerichtshof, 1 StR 579/15, 07.04.2016.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 579/15 (Bundesgerichtshof)


2 Ss OWi 828/08 (Oberlandesgericht Hamm)


6 AZN 376/16 (Bundesarbeitsgericht)

Grundsatz der Öffentlichkeit - Verlegung der Verhandlung in das Dienstzimmer des Vorsitzenden


3 Ss 426/01 (Oberlandesgericht Hamm)


3 StR 193/21 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.: Strafzumessung bei Eindringen mit einer Sache; Wahrung …


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.