BT-Drucksache 18/6056

UN-Nachhaltigkeitsziel 12 in Deutschland schon jetzt umsetzen - Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen

Vom 22. September 2015


Deutscher Bundestag Drucksache 18/6056
18. Wahlperiode 22.09.2015
Antrag
der Abgeordneten Nicole Maisch, Dr. Valerie Wilms, Luise Amtsberg, Annalena
Baerbock, Volker Beck (Köln), Dr. Franziska Brantner, Katharina Dröge, Anja
Hajduk, Harald Ebner, Dr. Thomas Gambke, Matthias Gastel, Dieter Janecek, Uwe
Kekeritz, Katja Keul, Tom Koenigs, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen),
Renate Künast, Markus Kurth, Monika Lazar, Steffi Lemke, Dr. Tobias Lindner,
Peter Meiwald, Irene Mihalic, Özcan Mutlu, Dr. Konstantin von Notz, Omid Nouri-
pour, Friedrich Ostendorff, Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Claudia Roth (Augsburg),
Dr. Wolfgang Strengmann Kuhn, Markus Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Frithjof
Schmidt, Kordula Schulz-Asche, Hans-Christian Ströbele, Dr. Julia Verlinden
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

UN-Nachhaltigkeitsziel 12 in Deutschland schon jetzt umsetzen –
Für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sorgen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Gipfeljahr 2015 haben wir die Chance, einen echten Durchbruch für Klimaschutz
und globale Gerechtigkeit zu erreichen. In einer Zeit, in der weltweit Millionen von
Menschen gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, hängen Hunger, gewaltsame
Konflikte, Verlust der Biodiversität, Klimakrise, Armuts- und Ressourcenkrisen eng
zusammen, globale Gerechtigkeit und Klimaschutz lassen sich nicht getrennt vonei-
nander erreichen. Die Ergebnisse der Verhandlungen bei den Vereinten Nationen in
New York für globale Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) wer-
den zusammen mit den Verhandlungen um ein neues Klimaabkommen in Paris für
die kommenden Jahrzehnte die internationale, europäische und deutsche Politik prä-
gen. Sie sind entscheidend für die Frage, ob wir endlich die Chance für eine nach-
haltige und gute Zukunft für alle nutzen wollen.

Eine nachhaltige Entwicklung, der Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und
echter Klimaschutz können global nur dann erreicht werden, wenn alle damit bei
sich zu Hause anfangen. Deutschland ist von echter Nachhaltigkeit noch weit ent-
fernt und hat zugleich als führendes Industrieland in der EU eine besondere Verant-
wortung. Für einen Aufbruch in nachhaltiges Leben und Wirtschaften fordert der
Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für Politikkohärenz im Sinne von
Frieden, Demokratie und einer menschenrechtsbasierten nachhaltigen Entwicklung
einzusetzen, wofür es eine bessere ressortübergreifende Abstimmung braucht. Zu-
dem muss die Bundesregierung für jedes der von den Vereinten Nationen vorgeleg-
ten 17 Nachhaltigkeitsziele entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung gerade auch
in Deutschland und innerhalb der EU ergreifen.

Drucksache 18/6056 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

UN-Nachhaltigkeitsziel 12 in Deutschland umsetzen

Vom Ziel des flächendeckenden nachhaltigen Konsums sind wir weit entfernt, denn
der private Konsum und die Nutzung von Produkten und Dienstleistungen in
Deutschland gehen mit enormem Ressourcen- und Energieverbrauch zu Lasten von
Mensch und Natur einher. Zudem herrschen in den globalen Wertschöpfungsketten
häufig inakzeptable Arbeits- und klimaschädliche Produktionsbedingungen.

Nachhaltiger Konsum erfordert umwelt- und sozialverträgliche Produktalternativen.
Hierfür müssen nicht nur Konsum-, sondern auch Produktionsmuster geändert wer-
den. Doch die Bundesregierung setzt einseitig auf die Nachfrageseite und schiebt
den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Verantwortung für die Förderung nach-
haltiger Produktionsweisen zu, anstatt auch Hersteller und Anbieter in die Pflicht zu
nehmen. Gegen den bestehenden Labeldschungel hilft Aufklärung alleine nicht, son-
dern die Bundesregierung muss sich aktiv für die Verdichtung und den Ausbau der
verlässlichen und bekannten Siegel einsetzen. Gegenüber der Wirtschaft setzt die
Bundesregierung auf wirkungslose freiwillige Initiativen wie das Textilbündnis. Ge-
setzliche Maßnahmen im Bereich der Unternehmensverantwortung lehnt sie ab. Sie
verpasst es, durch Anreizprogramme, Reduktionsziele oder Nachhaltigkeitskriterien
bei der öffentlichen Beschaffung den Wandel hin zu einer nachhaltigen Produktions-
weise zu schaffen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. den nachhaltigen Konsum durch bessere Transparenz und Kennzeichnungsre-
gelungen zu stärken, indem insbesondere verbindliche, verlässliche Standards
und Siegel weiterentwickelt sowie gesetzlich verbindliche, weitestgehend ein-
heitliche Offenlegungspflichten für die gesamte Lieferkette verankert werden;

2. die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation sowie die inter-
national anerkannten Menschenrechtsabkommen und die Kernbestandteile der
internationalen Umweltabkommen auch für Unternehmen verbindlich zu ma-
chen, so dass die Opfer bei Verstößen Entschädigungsansprüche geltend ma-
chen können;

3. eine Vorbildfunktion einzunehmen und als bedeutender Konsument die Nach-
haltigkeitskriterien in der öffentlichen Beschaffung konsequent zu berücksich-
tigen. Die Produktbandbreite für eine ökologische und faire Beschaffung ist bis
2020 stetig zu erweitern, so dass eine ökologische und faire Beschaffung er-
reicht wird;

4. die Kreislaufwirtschaft in Deutschland und Europa hin zu einer Zukunft ohne
Müll weiterzuentwickeln und so die Beschlüsse der G7 zur Bekämpfung des
Mülls im Meer und zur Verringerung des Gebrauchs von Einwegprodukten um-
zusetzen;

5. die Entwicklung weg vom Öl einzuleiten durch eine stufenweise Abschaffung
der Steuerbefreiung für die stoffliche Nutzung von Erdöl, um so Anreize für die
Produktion von Farben, Lacken oder Kunststoffen auf Basis nachwachsender
Rohstoffe zu schaffen und im Zuge dieser Rohstoffumstellung auch die Ver-
wendung von Rest- und Abfallstoffen zu fördern.

Berlin, den 22. September 2015

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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