BT-Drucksache 18/10417

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/9200, 18/9202, 18/9824, 18/9825, 18/9826 - Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017 (Haushaltsgesetz 2017)

Vom 21. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10417

18. Wahlperiode 21.11.2016

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Roland Claus, Heidrun Bluhm, Michael Leutert, Dr. Gesine
Lötzsch, Caren Lay, Jan van Aken, Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias
W. Birkwald, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Sevim Dağdelen,
Dr. Diether Dehm, Klaus Ernst, Wolfgang Gehrcke, Nicole Gohlke, Annette
Groth, Dr. Gregor Gysi, Dr. André Hahn, Heike Hänsel, Dr. Rosemarie Hein,
Inge Höger, Andrej Hunko, Sigrid Hupach, Ulla Jelpke, Susanna Karawanskij,
Kerstin Kassner, Katja Kipping, Jan Korte, Jutta Krellmann, Katrin Kunert,
Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Stefan Liebich, Thomas Lutze, Birgit Menz,
Cornelia Möhring, Niema Movassat, Norbert Müller (Potsdam), Dr. Alexander
S. Neu, Thomas Nord, Petra Pau, Harald Petzold (Havelland), Richard Pitterle,
Martina Renner, Michael Schlecht, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Dr. Kirsten
Tackmann, Azize Tank, Frank Tempel, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich,
Kathrin Vogler, Halina Wawzyniak, Harald Weinberg, Katrin Werner, Birgit
Wöllert, Jörn Wunderlich, Hubertus Zdebel, Pia Zimmermann, Sabine
Zimmermann (Zwickau) und der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung

– Drucksachen 18/9200, 18/9202, 18/9824, 18/9825, 18/9826 –

Entwurf eines Gesetzes

über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2017
(Haushaltsgesetz 2017)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Bundeshaushalt für das Jahr 2017 widerspiegelt die zu erwartende Politik der gro-
ßen Koalition im Bundestagswahljahr 2017. In einer Zeit rasanter gesellschaftlicher
Veränderungen setzt diese Regierung vorwiegend auf eine Politik des „weiter so“. Die
notwendige soziale und humanistische Neuausrichtung der Bundespolitik wird nicht
in Angriff genommen, obwohl es starke Erwartungen aus der Gesellschaft gibt. So
werden die Chancen eines sozialökologischen Wandels verspielt.

Drucksache 18/10417 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Bundeshaushalt für das Jahr 2017 verweigert sich der notwendigen Überwindung
von Vermögens- und Einkommensunterschieden. Er ist ein Bundeshaushalt der sozia-
len Ungerechtigkeit. Erneut wird auf eine gerechte Steuerreform und damit auf eine
gravierende Mehreinnahme verzichtet. Investitions- und Infrastrukturpolitik werden
nicht am gesellschaftlichen Bedarf orientiert. Zwar werden die Mittel für Bildung und
Infrastruktur erhöht – aber Deutschland modernisiert sich weit hinter dem realen Be-
darf und auch weit hinter seinen realen Möglichkeiten hinterher.

Diese Regierung hat keinen Plan für ein zukunftsfähiges und liebenswertes Deutsch-
land. Hinzu kommt, dass mit enormen Mehrausgaben für Militär und Rüstung der Kar-
dinalfehler von Außen- und Sicherheitspolitik fortgesetzt wird. Globaler Frieden und
globale Gerechtigkeit brauchen mehr zivile Prävention und nicht mehr Militär.

„Gut leben in Deutschland“ hat die Bundesregierung einen jüngst erschienenen Sozi-
alreport überschrieben. Und im Plenarsaal des Deutschen Bundestages nennt die Bun-
deskanzlerin die Bürgerinnen und Bürger oft „die Menschen da draußen“. Beides ist
Ausdruck von sozialem Zynismus. Das nehmen immer mehr Menschen nicht mehr
hin, mehr als 80 Prozent der Bundesbürgerinnen und -Bürger beklagen die wachsende
soziale Ungleichheit. Dabei macht doch auch ein Übermaß an Reichtum unfrei.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Die Spaltung
wird sichtbarer. Während manche Regionen veröden, schießen in anderen die Luxus-
villen aus dem Boden. Ein Prozent Millionäre besitzt inzwischen ein Drittel des ge-
samten Vermögens. Die untere Hälfte der Gesellschaft – also jeder Zweite – besitzt
fast nichts. Immer mehr Menschen können von ihrer Arbeit oder ihrer Rente nicht
mehr auskömmlich leben. Sogar Vollzeitarbeit zum gegenwärtigen Mindestlohn
macht arm und führt auch nach 45 Rentenbeitragsjahren in die Altersarmut.

CDU/CSU und SPD vergrößern die soziale Ungleichheit weiter. Aktuelle Beispiele
dafür sind das zögerliche Agieren von Koalition und Bundesregierung im Kampf ge-
gen Steuerbetrug und Steuervermeidung großer Konzerne und der Superreichen, die
geschaffenen Privilegien für milliardenschwere Unternehmenserben im Erbschafts-
steuergesetz, die positive Haltung zum Freihandelsabkommens zwischen der EU und
Kanada (CETA), die Unfähigkeit, eine echte Mietpreisbremse zu beschließen und die
erweiterten Lohndumping-Möglichkeiten durch Leiharbeit und Werkverträge.

Die Politik von Koalition und Bundesregierung hat die Protestpartei AfD etabliert. So
ist die AfD heute die Partei des etablierten Protestes. Die AfD gehört in Wirklichkeit
zum neoliberalen Parteienkartell, fordert weitere Rentenkürzungen und will Vermö-
gens- und Erbschaftssteuern gleich ganz abschaffen. Sie will keine sozialen Verbesse-
rungen gegen die Reichen und Mächtigen durchsetzen, sondern die Menschen im
Kampf um Arbeitsplätze, Wohnungen oder Sozialleistungen gegeneinander ausspie-
len. Die AfD ist das Produkt neoliberaler Politik, die im Interesse einflussreicher Wirt-
schaftslobbys den sozialen Zerfall der Gesellschaft vorangetrieben und so viele Men-
schen von der Demokratie enttäuscht hat. Das Ergebnis sind Ohnmachtsgefühle, Frust
und Wut auf die etablierten Parteien. Die AfD erntet, wo die Neoliberalen gesät haben.
Ihr kann nur durch eine andere Politik, die den Sozialstaat wieder aufbaut und so Un-
sicherheit und Ängste überwindet, die Grundlage entzogen werden.

Die Dauerkrise der Währungsunion erwächst auch aus dem hohen Handelsungleich-
gewicht zwischen ihren Mitgliedsländern. In Deutschland wird viel mehr produziert,
als hier verbraucht wird – der Überschuss wird ans Ausland verkauft.

Gerade für die Kommunen rächt sich die verfehlte Politik der verschiedenen Bundes-
regierungen der letzten Jahre. Denn die Finanzausstattung der Kommunen ist völlig
unzureichend, um die Entwicklung der Ausgaben in ihrem Aufgabenbereich abzude-
cken. Die Folge sind vielerorts ein Investitionsstau, Mängel in der Infrastruktur und in
diesem Zusammenhang auch eine Überforderung bei der Integration von Geflüchteten.
Notwendig sind Investitionen in die kommunale Infrastruktur (Sozialer Wohnungsbau,
Städtebauförderung) im Rahmen eines Integrationszukunftsprogramms sowie die

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Übernahme der Kosten für soziale Aufgaben (Asylbewerberleistungsgesetz, Kosten
der Unterkunft nach SGB II) durch den Bund.

DIE LINKE. fordert, dass endlich eine Bekämpfung der Fluchtursachen stattfindet.
Das bedeutet neben dem Stopp der Beteiligung an Kriegen und dem Verzicht auf Waf-
fenlieferungen insbesondere endlich die selbst auferlegte Verpflichtung zu erfüllen,
0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungszusammenarbeit einzu-
setzen sowie eine deutliche Aufstockung des deutschen Beitrags für das Welternäh-
rungsprogramm.

Die Bundesregierung bewegt sich nur soweit, wie sie von außen bewegt wird. Die
Bundesregierung legt einen Haushaltsentwurf vor, der das alte Deutschland verwalten
will und sich jeder Zukunftsorientierung verweigert. Dem widersetzt sich DIE LINKE.
energisch, auch weil sie wegen ihrer ostdeutschen Wurzeln den Merksatz nicht ver-
gessen wird: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ DIE LINKE. will eine
Haushaltspolitik der Erneuerung, sie will Armut und Unfreiheit bekämpfen, indem die
wachsende Ungleichverteilung des privaten Reichtums überwunden und so gesell-
schaftliche Freiheit aller erreicht wird. Mit einer gerechteren Steuerpolitik sollen für
den Bund, Länder und Kommunen erhebliche Mehreinnahmen erschlossen werden.

DIE LINKE. fordert die größten gesellschaftlichen Veränderungen ein. DIE LINKE.
will Deutschland sozialer, offener, besser gebildet, investiver und friedfertiger ma-
chen. Dringend notwendige Investitionen in Infrastruktur, soziale Sicherung, Bildung
und Forschung sind wichtiger als die schwarze Null.

Wer ein zukunftsfähiges Deutschland will, muss mehr Soziales wagen, Bildungs- und
Investitionspolitik befördern. Politik muss schließlich dazu beitragen, die Würde aller
Menschen zu achten und Angst durch Mut zu überwinden.

1. CDU/CSU und SPD setzen mit der Umverteilung von unten nach oben die Politik
ihrer Vorgängerregierungen entschlossen fort und vertiefen die Spaltung des Lan-
des. Koalition und Bundesregierung höhlen die Einnahmebasis des Staates gezielt
aus, um mit dem Einsatz des Druckmittels Schuldenbremse einen angeblichen
Sachzwang für Sozialabbau zu schaffen. Die Bundesregierungen der vergange-
nen Jahrzehnte haben die Steuern für Unternehmen und Besserverdienende fort-
laufend gesenkt, gleichzeitig über Mehrwertsteuererhöhungen die Belastungen
für Normal- und Geringverdienerinnen und -verdiener erhöht. Dadurch werden
nicht nur die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geschädigt, sondern auch die
Wettbewerbsposition mittelständischer Unternehmen, die sich an dieser Steuer-
vermeidung nicht beteiligen. Die Schulden des Bundes belaufen sich inzwischen
auf fast 1,3 Billionen Euro (Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand: 31.12.2015).
Umverteilt wird zu Lasten der Arbeitenden, Arbeitslosen, Kinder, Rentnerinnen,
Rentner und Kranken. Der Haushaltsentwurf enthält keine Mittel zur Rentenan-
gleichung Ost an West und ignoriert die stark steigende Zahl von Armutsrentnern.
Auch die zusätzlichen Ausgaben der Koalition für die Mütterrente, die soge-
nannte Rente ab 63 und die geplante Pflegereform belasten den Bundeshaushalt
kaum – die Sozialkassen dafür umso mehr. Den Preis zahlen die Versicherten in
Form von notwendigen, aber unterlassenen, systemgerecht aus Beiträgen zu fi-
nanzierenden Leistungsverbesserungen, von Beitragserhöhungen oder entgange-
nen Beitragssenkungen.

2. Die Niedriglohnpolitik hat Deutschland zynischerweise als Sieger aus dem euro-
päischen Sozialabbauwettbewerb hervorgehen lassen. Während Bundesregierung
und Koalition die vermeintlichen Erfolge ihrer exportierten Kaputtsparpolitik fei-
ern, leidet die Bevölkerung der Krisenstaaten. Das in Deutschland gescheiterte
Hartz-IV-System wird als Spardiktat für Europa eingesetzt. Die europäische Fi-
nanzkrise wird von Bundesregierung und Koalition benutzt, um den Krisenstaa-
ten einen angeblichen Mangel an Haushaltsdisziplin vorzuwerfen und ihnen als

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Rezept den Abbau von Sozialleistungen zu verschreiben. Anstatt den Zockern
und Finanzjongleuren mit einer wirksamen Finanztransaktionssteuer und dem
Verbot von Finanzinstrumenten Grenzen zu setzen, haben sich die gegenwärtige
Bundesregierung und die Vorgänger-Regierungen von der Finanzlobby einwi-
ckeln lassen und diese aus ihrer Verantwortung für eine der größten Krisen der
letzten Jahrzehnte entlassen. Bisher wurde nur Zeit gekauft. Koalition und Bun-
desregierung bedienen weiterhin die Interessen der Finanzbranche und organisie-
ren die Vergesellschaftung ihrer Milliardenverluste. Der Bankensektor muss auf
seine Kernfunktionen Zahlungsverkehr, Ersparnisbildung und Finanzierung zu-
rückgeführt und entsprechend geschrumpft werden, damit die Steuerzahlerinnen
und Steuerzahler nicht immer wieder aufs Neue erpresst werden können. Not-
wendig ist eine für alle Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlbare und bun-
desweit angebotene Finanz- und Schuldnerberatung. Das deutsche Lohndumping
muss beendet, der Mindestlohn darf nicht unterlaufen, die Inlandsnachfrage muss
gestärkt, dem Auseinanderdriften der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
in Ost- und Westdeutschland entgegengewirkt werden. Nicht zuletzt muss die
Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt entschlossen bekämpft und frau-
entypische Tätigkeiten wie in den Sozial- und Erziehungsdiensten endlich aufge-
wertet werden.

3. Während sich die Wirtschaftsexpertinnen und -experten einig sind, dass es zu in-
vestieren und nicht nur zu sparen gilt, hält die Bundesregierung an der schwarzen
Null als Selbstzweck fest. Die öffentliche Infrastruktur verfällt – die Investitionen
reichen nicht einmal für den Erhalt der öffentlichen Bauten und Verkehrsnetze,
die Energiewende als ein Kernprojekt der ökologischen Erneuerung droht unter
die Räder zu kommen. Über sogenannte öffentlich-private Partnerschaften orga-
nisieren Bundesregierung und Koalition überteuerte private Finanzierung von
Infrastrukturprojekten, um Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Konzernen
über viele Jahre hinweg hohe Gewinne zu verschaffen – auf Kosten der Steuer-
zahlerinnen und Steuerzahler. Die den Bundesländern aufgezwungene Infrastruk-
turgesellschaft des Bundes für die Autobahnen wird sich als Einstieg in eine neue
Dimension der Privatisierung öffentlicher Infrastruktur erweisen. Große Fonds
kassieren Gewinne, Steuerbürgerinnen und -bürger zahlen für Verluste.

Bundesregierung und Koalition bereiten durch das von ihnen zu Gunsten von
Großinvestoren geplante Freihandelsabkommen die weitere Schleifung von sozi-
aler Verantwortung, Umweltschutz, Kündigungsschutz, Verbraucherschutz und
Datenschutz vor. Statt öffentliche Unternehmen zu privatisieren und öffentliche
Ausgaben zu kürzen, bedarf es öffentlicher Investitionen in gesellschaftlich sinn-
volle Bereiche. Es besteht ein großer Investitionsstau beim öffentlichen Verkehr,
bei der Energie- und Wasserversorgung, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der
Pflege und Kinderbetreuung, bei Bildung und Kultur. Großer Investitionsstau be-
steht auch beim sozialen Wohnungsneubau, bei der energetischen Gebäudesanie-
rung sowie der barrierefreien Umgestaltung von Wohnungen und dem Wohnum-
feld.

Der Schutz von Gewalt betroffener Frauen und Kinder muss dringend besser fi-
nanziert werden. DIE LINKE. fordert ein europaweites Zukunftsinvestitionspro-
gramm, gerichtet auf den Ausbau der gesellschaftlichen Infrastruktur und sozialer
Sicherung, auf den sozial-ökologischen Umbau der Industrie, auf die Unterstüt-
zung der Energiewende in Richtung regenerativer Energien und mit Schwerpunk-
ten in den Bereichen Bildung, Kultur und Gesundheit. Zu finanzieren ist dieses
Programm über eine EU-weit koordinierte Erhöhung der Besteuerung von Ver-
mögen und hohen Einkommen sowie durch den Abbau klimaschädigender
Fehlsubventionen. Notwendig ist dafür auch eine Koordination von Wirtschafts-
und Sozialpolitik.

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4. Das Staatsversagen im Zusammenhang mit der NSU Mord- und Anschlagsserie
muss Konsequenzen auch für den Bundeshaushalt haben. Die Notwendigkeit ei-
ner dauerhaften und ausreichenden finanziellen Absicherung der Bundespro-
gramme gegen Rechtsextremismus gehört zu den zentralen Schlussfolgerungen
des NSU-Untersuchungsausschusses. Die seit vielen Jahren professionell und er-
folgreich in den Bundesländern arbeitenden Projekte brauchen endlich eine aus-
reichende und dauerhaft gesicherte Finanzierung.

5. Während der Bundesfinanzminister fasst allen Ressorts Sparzwänge auferlegt,
wird dem Militäretat ein entfesselter Aufwuchs für 2017 und die Folgejahre zu-
gesagt. Bundesregierung und Koalition wollen auf diese Weise die Truppen näher
an Russland rücken, ein gigantisches Gefechtsübungszentrum nördlich von Mag-
deburg aufbauen und Rüstungsvorhaben freien Lauf lassen. Das ist der Weg in
eine neue Form des kalten Krieges. DIE LINKE. steht für eine Politik der Abrüs-
tung und der zivilen Konfliktprävention. Im Militäretat sollen 2017 mindestens 6
Mrd. Euro eingespart und ein Teil davon in einen Konversionsfonds des Bundes
eingestellt werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. ein Zukunftsprogramm aufzulegen, das zur Integration der Benachteiligten in
Deutschland und der zu uns Geflüchteten gleichermaßen beiträgt;

2. Hartz IV insbesondere durch die Förderung und Schaffung neuer Arbeitsplätze,
eine gute und nachhaltige Arbeitsmarktpolitik sowie die Einführung einer sozia-
len, sanktionsfreien Mindestsicherung zu überwinden sowie Minijobs in die So-
zialversicherungspflicht zu überführen. Ab 2017 ist von einem SGB-II-Regelsatz
in Höhe von 560 Euro monatlich auszugehen;

3. die Rüstungsausgaben endlich deutlich zu senken, auf neue Rüstungsprojekte zu
verzichten, Waffenexporte drastisch einzuschränken sowie sämtliche Auslands-
einsätze der Bundeswehr zu beenden. Die frei werdenden Gelder werden für so-
ziale und bildungspolitische Projekte, die Entwicklungszusammenarbeit und ei-
nen Konversionsfonds genutzt;

4. Umverteilungen im Bundeshaushalt für 2017 für folgende Vorhaben umzusetzen
(angegeben ist jeweils der Änderungsbetrag im Vergleich zum Regierungsent-
wurf):

Integrationszukunftsprogramm

5 Mrd. € für den sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau

1,375 Mrd. € für Zuweisungen an die Bundesländer zur Förderung städte-
baulicher Maßnahmen (Städtebauförderung)

456 Mio. € für den Kitaausbau

340 Mio. € für die Sprachförderung von Flüchtlingen

312 Mio. € für ein gutes und ausreichendes Integrationskursangebot, für
die Förderung von Integrationsprojekten und die Migrations-
beratung

200 Mio. € für die Förderung der ländlichen Entwicklung innerhalb der
Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur
und des Küstenschutzes;

Drucksache 18/10417 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Maßnahmen zur Bekämpfung von Fluchtursachen

1,7 Mrd. € für die Verstärkung der entwicklungsfördernden und struk-
turbildenden Übergangshilfe, für Flüchtlingshilfe, die auf die
besonderen Belange von Frauen und Kindern Rücksicht
nimmt, für humanitäre Hilfsmaßnahmen, für Friedenserhal-
tung und Konfliktbewältigung, für Demokratisierung und
Menschenrechte, für den Ausbau des zivilen Friedensdiens-
tes, für Abrüstungsinitiativen, für Krankheitsbekämpfung,
für Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen der Entwicklungs-
zusammenarbeit

402 Mio. € für technische Entwicklungszusammenarbeit

400 Mio. € für Krisenbewältigung

220 Mio. € für finanzielle Entwicklungszusammenarbeit;

Zukunftsprogramm

bis zu 20 Mrd. € für die Anhebung des Kindergeldes auf 328 € monatlich als
Einstiegsmaßnahme zur Prävention von Kinderarmut

5,9 Mrd. € für eine große BAföG-Reform und ein Sonderprogramm zur
Bekämpfung der Ausbildungslosigkeit

2,5 Mrd. € für die Beseitigung des Investitionsstaus bei den Kranken-
häusern

2,5 Mrd. € für den Hochschulpakt

2 Mrd. € für eine bundesweit flächendeckende beitragsfreie Verpfle-
gung in Schulen und Kindertageseinrichtungen

1,06 Mrd. € mehr Mittel für die energetische Gebäudesanierung im Ener-
gie- und Klimafonds

600 Mio. € für die gesundheitliche Versorgung Nichtversicherter sichern

500 Mio. € für nichtkommerzielle Pharmaforschung

480 Mio. € für mehr Unterhaltsvorschuss

417,6 Mio. € für höheres Wohngeld einschließlich Heizkosten

200 Mio. € für ein Investitionsförderprogramm Pflege-WG

200 Mio. € für Aufbau kommunaler Behandlungseinrichtungen zur Si-
cherung der ambulanten Versorgung

40 Mio. € für den kostenlosen Eintritt in die Dauerausstellungen der
Staatlichen Museen zu Berlin

30 Mio. € für ein Sonderprogramm für die Ausbildung von Erzieherin-
nen und Erziehern

20 Mio. € für die Stärkung der Filmproduktion in Deutschland

15 Mio. € für besseren Umweltschutz (Partikelfilter)

15 Mio. € für eine bundesweite Finanz- und Schuldnerberatung

9 Mio. € für die Schaffung eines Sonderprogramms zur „Digitalisie-
rung des Filmerbes“

8 Mio. € für die Stärkung des ökologischen Landbaus

7 Mio. € für die Etablierung eines verbraucherorientierten „Markt-
wächter Finanzmarkt“

1,3 Mio. € für die Erforschung medizinischer Anwendungen von Can-
nabis, für die Evaluation des Betäubungsmittelrechts und für
Drugchecking;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10417

Soziale Ausgrenzung überwinden und Arbeitslosigkeit bekämpfen

14,95 Mrd. € Erhöhung der Regelsätze der Grundsicherung für Arbeitssu-
chende nach dem SGB II und im Alter auf 560 € pro Monat,
Zahlung kostendeckender Krankenkassenbeiträge und die
Aufhebung der Anrechnung des Elterngeldes auf die Arbeits-
losengeld-II-Beziehenden

7,9 Mrd. € Bundesleistungen für Unterkunft und Heizung

1,7 Mrd. € Aufstockung der Gelder für aktive Arbeitsmarktpolitik und
Ermöglichung der Umwandlung von passiven in aktive Leis-
tungen, um so den Ausbau öffentlich geförderter Beschäfti-
gungsverhältnisse voranzutreiben (Deckungsfähigkeit des
Arbeitslosengeld II und der Bundesleistungen für Unterkunft
und Heizung mit den Leistungen zur Eingliederung in Ar-
beit)

0,78 Mrd. € Erhöhung der Verwaltungsmittel der Jobcenter;

Rentengerechtigkeit herstellen

11,1 Mrd. € zur Umsetzung des Prinzips gleiche Rente für gleiche Leis-
tung – erste Schritte zu einer Angleichung der Ostrenten an
das Westniveau, Entfristung der Rente nach Mindestentgelt-
punkten entsprechend § 262 SGB VI, Finanzierung der soge-
nannten „Mütterrente“ als gesamtgesellschaftliche Ausgabe
aus Steuermitteln;

Rechte für Menschen mit Behinderungen

1 Mrd. € für die Realisierung Maßnahmen zur Umsetzung der UN-
Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderun-
gen, unter anderem für Maßnahmen zur Schaffung umfas-
sender Barrierefreiheit;

Maßnahmen der aktiven Friedenspolitik

2,5 Mrd. € für die Schaffung eines Konversionsfonds zur Unterstützung
für die betroffenen Kommunen bei der Entwicklung von zi-
vilen Nachnutzungskonzepten der Bundeswehrstandorte und
Unternehmen bzw. Sparten der Rüstungsindustrie;

Einnahmen des Bundes stärken

53 Mrd. € durch stärkere Beteiligung der wirtschaftlich Leistungsfähi-
gen an den Kosten des Gemeinwesens durch Erhöhung des
Spitzensteuersatzes der Einkommensteuer, Sonderabgabe
auf Boni in der Finanzbranche, Einführung einer Millionär-
steuer, Einführung einer Finanztransaktionssteuer, Besteue-
rung von Gewinnen beim Verkauf von Anteilen an Kapital-
gesellschaften, Rücknahme der Senkung des Körperschaft-
steuersatzes von 25 % auf 15 %, Kapitalerträge wieder zum
persönlichen Steuersatz versteuern, Abschöpfung der leis-
tungslos erzielten Sondergewinne der Stromversorgungsun-
ternehmen aus dem Emissionshandel, Ausbau der Steuer-
fahndung bei Großunternehmen und Banken

Drucksache 18/10417 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

8,5 Mrd. € durch den Abbau von Fehlsubventionen unter anderem bei
der steuerlichen Begünstigung von Dieselkraftstoff gegen-
über Benzin und der Bevorzugung der energieintensiven In-
dustrie; die Kernbrennstoffsteuer soll auch weiterhin erho-
ben werden

6,9 Mrd. € durch die Beendigung sämtlicher Auslandseinsätze sowie
den Verzicht auf militärische Offensivmittel, insbesondere
auf die Resttranchen des Kampfflugzeugs Eurofighter, auf
das Transportflugzeug A400M, auf den Schützenpanzer
Puma sowie durch weitere Einsparungen im investiven Be-
reich des Einzelplans 14

3,4 Mrd. € durch den Abschluss des Schiedsgerichtsverfahrens wegen
der Verzögerung bei der Einführung und der anfänglichen
Mängel beim Aufbau des Lkw-Mautsystems.

Berlin, den 21. November 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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