BT-Drucksache 17/9066

Unverzügliche Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation

Vom 20. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9066
17. Wahlperiode 21. 03. 2012

Antrag
der Abgeordneten Herbert Behrens, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Dietmar Bartsch,
Karin Binder, Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Dr. Martina
Bunge, Roland Claus, Heidrun Dittrich, Klaus Ernst, Diana Golze, Katja Kipping,
Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Caren Lay, Sabine Leidig, Michael Leutert,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Kornelia Möller, Jens Petermann, Yvonne
Ploetz, Ingrid Remmers, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Kersten Steinke,
Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Kathrin Vogler, Harald Weinberg, Jörn
Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Unverzügliche Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens
der Internationalen Arbeitsorganisation

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Seearbeitsübereinkommen wurde am 23. Februar 2006 durch die Interna-
tionale Arbeitsorganisation (ILO) nach fünfjährigen Verhandlungen ohne Ge-
genstimme verabschiedet. Durch das Seearbeitsübereinkommen, eine Art
Grundrechtekatalog für die Arbeitnehmerrechte von Seeleuten, werden mehr als
60 bestehende Übereinkommen und Empfehlungen der ILO in einem Regel-
werk zusammengefasst. Ziel des Übereinkommens ist es, weltweit gültige Min-
deststandards für die Arbeits- und Lebensbedingungen der über 1,2 Millionen
Seeleute und einheitliche Wettbewerbsbedingungen in der Schifffahrt zu schaf-
fen.

Das Übereinkommen gilt grundsätzlich für alle Seeleute sowie für alle Schiffe,
gleich ob in öffentlichem oder privatem Eigentum, die zu gewerblichen Tätig-
keiten eingesetzt werden (ausgenommen hiervon sind Fischereifahrzeuge, Tra-
ditionsschiffe und Kriegs- oder Flottenhilfsschiffe).

Das Seearbeitsübereinkommen wurde vor über sechs Jahren beschlossen, ist
aber bis heute nicht in Kraft getreten.

International tritt es erst in Kraft, wenn es durch mindestens 30 Staaten ratifiziert
worden ist, welche zusammen über eine Bruttoraumzahl von mindestens 33 Pro-
zent der Welthandelsflotte verfügen. Momentan haben 23 Staaten das Abkom-
men ratifiziert, die gemeinsam über 56 Prozent der Welthandelsflotte verfügen.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

• umgehend einen Gesetzentwurf zur Ratifizierung des Seearbeitsübereinkom-
mens der ILO vom 23. Februar 2006 vorzulegen;

• umgehend, spätestens aber bis zum 30. Juni 2012, einen Gesetzentwurf für
ein neues Seearbeitsgesetz vorzulegen, das das Seemannsgesetz ablöst, in-

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dem es das Seearbeitsübereinkommen in nationales Recht umsetzt und in
enger Abstimmung mit den Sozialpartnern die Arbeits- und Lebensbedingun-
gen der Seeleute auf Schiffen unter deutscher Flagge regelt;

• sich gegenüber Drittstaaten, die das Seearbeitsübereinkommen noch nicht
ratifiziert haben, für eine umgehende Ratifizierung und Umsetzung einzuset-
zen.

Berlin, den 21. März 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Die seit sechs Jahren ausstehende Ratifizierung des Seearbeitsübereinkommens
ist untragbar. Im Jahr 2011 ist eine starke Dynamik in die Ratifizierung gekom-
men. Über die Hälfte der unterzeichnenden Staaten haben das Abkommen erst
seit dem letzten Jahr ratifiziert, zuletzt in diesem Jahr Russland am 10. Februar
2012 und St. Kitts und Nevis am 21. Februar 2012. Deutschland hat das Ab-
kommen bislang nicht ratifiziert, verfügt aber mit ca. 3 768 Schiffen über die
größte Handelsflotte der Welt (Stand: November 2011), wovon jedoch lediglich
542 Schiffe im Deutschen Schiffsregister eingetragen sind. Die Europäische
Union (EU) hat ihre Mitgliedstaaten 2007 aufgefordert, die Konvention bis
Ende 2010 zu ratifizieren. Dies ist innerhalb der EU bislang von Spanien,
Bulgarien, Dänemark, Lettland, Luxemburg und den Niederlanden erfolgt. Jede
weitere Verzögerung verschiebt das weltweite Inkrafttreten des Übereinkom-
mens.

In Deutschland soll das neue Seearbeitsgesetz anstelle des Seemannsgesetzes
künftig die Arbeits- und Lebensbedingungen für Seeleute an Bord und die ent-
sprechenden Anforderungen an die Reeder von deutschen Schiffen regeln. Die-
ses Gesetz soll die wesentlichen Anforderungen aus dem Übereinkommen so-
wie notwendige Regeln aus dem derzeit noch gültigen Seemannsgesetz beinhal-
ten. Gleichzeitig sollen bestehende Verordnungen an die Bestimmungen des
Übereinkommens angepasst werden. Dazu zählen z. B. die Krankenfürsorgever-
ordnung, Seemannsamtverordnung, Wohnraumverordnung, Seediensttauglich-
keitsverordnung. Grundsätzlich sollen alle Schiffe, auf die das Seearbeitsüber-
einkommen Anwendung findet, regelmäßigen Überprüfungen der Arbeits- und
Lebensbedingungen der Seeleute unterliegen.

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