BT-Drucksache 17/13916

Transnationale Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft ziehen

Vom 12. Juni 2013


Deutscher Bundestag Drucksache 17/13916
17. Wahlperiode 12. 06. 2013

Antrag
der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Tom Koenigs, Uwe Kekeritz, Ute Koczy,
Ingrid Hönlinger, Kerstin Andreae, Marieluise Beck (Bremen), Agnes Brugger,
Viola von Cramon-Taubadel, Dr. Thomas Gambke, Thilo Hoppe, Katja Keul,
Susanne Kieckbusch, Memet Kilic, Sven-Christian Kindler, Markus Kurth, Kerstin
Müller (Köln), Dr. Konstantin von Notz, Omid Nouripour, Lisa Paus, Brigitte
Pothmer, Claudia Roth (Augsburg), Manuel Sarrazin, Dr. Gerhard Schick,
Dr. Frithjof Schmidt, Hans-Christian Ströbele, Josef Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Transnationale Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft
ziehen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

International ist mittlerweile anerkannt, dass menschenrechtliche Verpflichtun-
gen nicht nur für staatliche Akteure gelten, sondern auch für transnationale Un-
ternehmen als private Akteure. So hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Na-
tionen die Guiding Principles on Business and Human Rights: Implementing the
United Nations „Protect, Respect and Remedy“ Framework des UN-Sonder-
beauftragten für Menschenrechte und transnationale Unternehmen, John Ruggie,
angenommen. Doch viel zu selten werden diese für von ihnen begangene Men-
schenrechtsverletzungen tatsächlich auch belangt, insbesondere, wenn diese
nicht vom Mutterkonzern begangen werden, sondern von einem Tochter- oder
Zulieferunternehmen.

In den Guiding Principles on Business and Human Rights werden die Mitglied-
staaten aufgefordert, den Opfern von Menschenrechtsverletzungen durch Unter-
nehmen effektive Rechtsmittel für die Durchsetzung von Entschädigungsansprü-
chen im Heimatstaat des Unternehmens zu gewähren. In Deutschland bestehen
solche effektiven Klagemöglichkeiten bei Verletzungen durch Tochter- und Zu-
lieferunternehmen derzeit nicht. Hinzu kommen hohe prozessuale Hindernisse
wie etwa hinsichtlich des Gerichtsstandes oder der Verjährungsfristen.

Zur Umsetzung der Guiding Principles on Business and Human Rights sind daher
gesetzliche Verbesserungen erforderlich, um einen klaren rechtlichen Rahmen
für die Aktivitäten transnationaler Unternehmen zu schaffen, in dem transnatio-

nale Unternehmen agieren müssen. Bestehende Grauzonen, die eine effektive
Haftung von transnationalen Unternehmen für von ihnen begangene Menschen-
rechtsverletzungen erschweren, müssen beseitigt werden.

Drucksache 17/13916 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die international anerkannten Menschenrechtsabkommen, die Kernarbeits-
normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und die Kernbestand-
teile der internationalen Umweltabkommen auch für Unternehmen verbind-
lich zu machen, so dass bei Verstößen die Opfer über das nationale Delikts-
recht Entschädigungsansprüche geltend machen können;

2. sich auf europäischer Ebene für eine Überarbeitung der Brüssel-I-Verordnung
(Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die
gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-
scheidungen in Zivil- und Handelssachen, EuGVVO) einzusetzen, so dass
Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die transnationale Unternehmen mit
Sitz in der Europäischen Union begangen haben, ihre Rechte auch in dem
Heimatstaat des Konzerns oder des Mutterunternehmens einklagen können;

3. sich auf europäischer Ebene für eine Überarbeitung der Rom-II-Verordnung
(Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse an-
zuwendende Recht) einzusetzen, so dass Opfer von Menschenrechtsverlet-
zungen, die transnationale Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union
begangen haben, ihre Rechte auch nach dem in den Mitgliedstaaten der EU
geltenden Recht einklagen können;

4. zu prüfen, wie Verjährungsvorschriften im nationalen Recht sowie im Inter-
nationalen Privatrecht so ausgestaltet werden können, dass die Verjährung so
lange gehemmt bleibt, wie es den Opfern faktisch unmöglich ist, ihre Ansprü-
che gerichtlich einzufordern, ohne dabei unverhältnismäßig hohe bürokra-
tische Anforderungen an Unternehmen aufzubauen;

5. die Unternehmensstrafbarkeit von transnationalen Unternehmen mit Sitz in
Deutschland im Straf- und Strafprozessrecht einzuführen.

Berlin, den 12. Juni 2013

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Transnationale Unternehmen sind mächtige Akteure. Einige von ihnen haben
einen höheren Umsatz als die Nationalstaaten, die sie beherbergen. Trotz ihrer
enormen Wirtschaftskraft missachten transnationale Unternehmen häufig ihre
menschenrechtlichen Verpflichtungen.

Regelmäßig auftretende Brände und zusammenstürzende Fabrikgebäude zeigen,
dass transnationale Unternehmen Sicherheitsaspekte ignorieren und so grob fahr-
lässig Menschenrechtsverletzungen in Kauf nehmen. Ein Beispiel dafür ist der
jüngste Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes in Bangladesch mit (bislang) über
1 100 Toten und 2 500 Verletzten. Andere Beispiele sind menschenverachtende
Arbeitsbedingungen oder Umweltverschmutzungen bzw. Zerstörung von Le-
bensgrundlagen im großen Maßstab, wie beispielsweise durch den Shell-Kon-
zern im nigerianischen Nigerdelta Anfang der 1990er-Jahre.

Diese Menschenrechtsverletzungen bleiben meist ohne relevante Konsequenzen.
Die Umsetzung der aufgestellten fünf Forderungen würde wesentlich zu einer
Verbesserung der Situation beitragen, da die Übernahme gesellschaftlicher Ver-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/13916

antwortung allein aufgrund freiwilliger Regelungen (Corporate Social Respon-
sibility) dafür nicht ausreicht.

Dennoch ist es wichtig, auch sogenannte Soft-law-Verfahren zu unterstützen. Die
Überarbeitung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen war dabei
ein positiver Schritt, wobei die Bundesregierung nach wie vor in der Pflicht ist,
ihre nationalen Beschwerdemechanismen zu verbessern (vgl. dazu Antrag der
Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Menschenrechtsschutz bei
den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen stärken“, Bundestags-
drucksache 17/4196). Die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung aufgrund
freiwilliger Regelungen ist daher begrüßenswert, jedoch können diese sogenann-
ten Soft-law-Verfahren notwendige klare rechtliche Regelungen nur unterstüt-
zen, nicht ersetzen.

Grundsätzlich ist es wünschenswert, dass Opfer von Menschenrechtsverletzun-
gen ihre Ansprüche in ihren Heimatstaaten geltend machen können. Doch zu-
weilen sind die Gerichtssysteme in weniger stark entwickelten Ländern überfor-
dert, wenn Prozesse gegen große Unternehmen geführt werden sollen, die nicht
selten enormen wirtschaftlichen und politischen Einfluss besitzen. Daher bedür-
fen Bemühungen für mehr Rechtsstaatlichkeit in jenen Ländern unserer Unter-
stützung. Wenn die dortigen Gerichte jedoch nicht willens oder in der Lage sind,
derartige Prozesse zu führen, muss den dort lebenden Menschen die Möglichkeit
geboten werden, ihre Rechte auch in den Heimatstaaten der Mutterunternehmen
geltend zu machen.

Zu Nummer 1

Häufig verletzen in Deutschland ansässige Mutterunternehmen nicht direkt Men-
schenrechte, sondern ihre Tochter- oder Zulieferunternehmen in den Ländern des
globalen Südens. In den Mutterunternehmen wird dies geduldet, es wird wegge-
schaut, Zulieferunternehmer werden oftmals nicht oder nur pro forma kontrol-
liert: Solange es nur wenig öffentlichen Druck gibt und juristische Konsequenzen
fast nie zu befürchten sind, will man sich nicht der günstigen Zulieferer berauben.
An Schadenersatzforderungen gegen das betreffende transnationale Unterneh-
men fehlt es insbesondere deshalb, weil im deutschen Zivilrecht das Tun oder Un-
terlassen der Tochter- und Zulieferunternehmen dem Mutterunternehmen in der
Regel nicht zugerechnet werden kann.

Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass das deutsche Deliktsrecht in
angemessener Weise Schadensersatzklagen wegen Menschenrechtsverletzungen
zulasse (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Bundes-
tagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 17/9867,
Antwort zu Frage 10c). Im Fall Kiobel ./. Shell äußerte sie in einem amicus curiae
brief an den Supreme Court der Vereinigten Staaten die Auffassung, dass aus-
ländische Opfer etwaiger Menschenrechtsverletzungen deutscher Unternehmen
im Ausland gemäß § 823 BGB i. V. m. den §§ 13, 17 und 32 ZPO vor deutschen
Gerichten auf Schadensersatz klagen könnten.

Diese Annahme ist erstaunlich, weil die zivilrechtliche Zurechnung des Tuns
eines Tochterunternehmens oder eines Zulieferers derzeit weder über § 31 BGB
noch über § 831 BGB erfolgen kann. So kann die Bundesregierung diese Be-
hauptung auch durch keinerlei juristischen oder empirischen Befund belegen
(vgl. Bundestagsdrucksache 17/9867, Antwort zu den Fragen 10a und 10b). Bis
dato gab es kein einziges derartiges Verfahren vor einem deutschen Gericht.

Daher bedarf es dringend der Anpassung des deutschen Deliktsrechts, beispiels-
weise durch veränderte Zurechnungsregeln oder die sogenannte Durchgriffshaf-
tung.
Zu präferieren wäre aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine
Ausweitung bereits bestehender Sorgfaltspflichten der deutschen Unternehmen

Drucksache 17/13916 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

(etwa im Hinblick auf Verkehrssicherungspflichten oder Organisationspflichten)
auf menschenrechtliche Belange; die international anerkannten Menschenrechts-
abkommen, die Kernarbeitsnormen der ILO und die Kernbestandteile der inter-
nationalen Umweltabkommen. Hierdurch könnten auch die Zulieferbetriebe in
den Herstellungsländern und die gesamten Zulieferketten erfasst werden, ohne
den Grundsatz des Trennungsprinzips durchbrechen zu müssen.

Daneben böte die Normierung gesetzlicher Sorgfaltspflichten weiterhin den Vor-
teil der Anwendung des Rechts des Staates, in dem der Schaden verursacht wurde
(sogenannter Handlungsort) gemäß Artikel 17 der Rom-II-Verordnung (Verord-
nung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli
2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht),
vgl. dazu auch Begründung zu Nummer 2.

Das Konzept der Sorgfaltspflichten ist im Deliktsrecht bekannt. Unternehmen
haben bereits jetzt Verkehrssicherungspflichten, das heißt, sie müssen Gefahren-
quellen kontrollieren und ihren Betrieb so organisieren, dass eine Verletzung
Dritter ausgeschlossen ist. Insbesondere hinsichtlich eines Schadens beim End-
verbraucher besteht eine sehr weitgehende Unternehmensverantwortung. Im
Produkthaftungsgesetz ist genau aufgeschlüsselt, wer als Hersteller für Produkt-
fehler haftet. Auch Importeure haften für Produktfehler, wenn sie sich nicht durch
Offenlegung ihrer Lieferkette entlasten können.

Entsprechend könnte gesetzlich festgelegt werden, welche Pflichten für das Mut-
terunternehmen bestehen, um Schäden bei der Herstellung zu verhindern. Der
Schutz, den Verbraucherinnen und Verbraucher etwa durch das Produkthaftungs-
gesetz – auch in Bezug auf Schadensersatzforderungen – genießen, sollte auch für
die Herstellerinnen und Hersteller der von deutschen Unternehmen verkauften
Waren gelten. Anhaltspunkte, welche Einzelaspekte solche Sorgfaltspflichten
umfassen müssten, bieten die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirt-
schaft und Menschenrechte und die OECD-Leitsätze für multinationale Unter-
nehmen.

Zu Nummer 2

Für Schadensersatzklagen von Opfern von Menschenrechtsverletzungen durch
ausländische Tochter- oder Zulieferunternehmen von in Europa ansässigen Mut-
terunternehmen sind in der Regel nach Artikel 2 in Verbindung mit Artikel 60
EuGVVO die Gerichte des Heimatstaates des Tochterunternehmens zuständig.
Dies sollte dahingehend geändert werden, dass für Tochter- oder Zulieferunter-
nehmen eines europäischen Unternehmens zusätzlich der Gerichtsstand des Mut-
terunternehmens eröffnet und für die Klägerinnen und Kläger wählbar sein sollte.

Zu Nummer 3

Nach Artikel 4 Absatz 1 Rom-II-VO ist auf Schadensersatzansprüche aus im
Ausland begangenen deliktischen Handlungen das Recht des Staates anzuwen-
den, in dem der Schaden eintritt (sogenannter Erfolgsort, nicht aber nach dem
Recht des Staates, in dem er verursacht wurde (sogenannter Handlungsort). De
facto bedeutet dies eine Schlechterstellung der Opfer: So kann beispielsweise ein
chinesischer Arbeiter gegen unmenschliche Arbeitsbedingungen nur nach chi-
nesischem Recht klagen, welches wesentlich niedrigere arbeitsrechtliche Stan-
dards als das deutsche Recht hat. Und dies, obwohl die für die unmenschlichen
Arbeitsbedingungen ursächlichen Managemententscheidungen in Deutschland ge-
troffen wurden. Eine Ausnahme stellt hierbei Artikel 7 Rom-II-VO dar, der für
Umweltschädigungen ein Wahlrecht des Geschädigten zwischen dem Recht des
Erfolgsortes und des Handlungsortes vorsieht. Dieses Wahlrecht sollte auf men-
schenrechtliche und soziale Standards erweitert werden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/13916

Daher muss sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für ein Wahlrecht
der Klägerinnen und Kläger zwischen Erfolgs- und Handlungsort (wie z. B. im
deutschen Recht in Artikel 40 EGBGB vorgesehen) einsetzen.

Zu Nummer 4

Die Verjährungsregelungen im deutschen und europäischen Zivilrecht stehen ei-
ner effektiven Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen entgegen. Maß-
geblich beim Verjährungsbeginn ist derzeit das Bekanntwerden des schadens-
begründenden Ereignisses. Dies ist problematisch. Denn Menschenrechtsverlet-
zungen, ihre Ursachen und Täter werden oftmals zwar bekannt, wodurch die
Verjährung zu laufen beginnt. Gleichzeitig haben die Opfer, wenn diese Men-
schenrechtsverletzungen nicht in funktionierenden Rechtsstaaten begangen wur-
den, nicht die Möglichkeit, sich an ein funktionierendes Rechtssystem zu wen-
den. Es sollte daher insbesondere geprüft werden, die Verjährung bei Menschen-
rechtsverletzungen im Ausland zumindest so lange zu hemmen, wie es den
Opfern faktisch unmöglich war, ihre Ansprüche gerichtlich einzufordern.

Beispielhaft sei hierzu die Klage von Opfern des Apartheid-Regime in Südafrika
vor dem Bezirksgericht New York gegen fünf Unternehmen (darunter Daimler
und Rheinmetall) genannt, die mit dem dortigen Regime zusammengearbeitet
haben sollen. Die behaupteten Menschenrechtsverletzungen, an denen die Be-
klagten mitgewirkt haben sollen, fanden zu Beginn der 1980er Jahre statt. Bis zur
vollständigen Auflösung des Apartheid-Regimes im Jahre 1994 hatten die Opfer
jedoch faktisch keine Möglichkeit, sich an ein funktionierendes Rechtssystem zu
wenden.

Der zivilrechtlichen Verjährung liegt grundsätzlich der Gedanke zugrunde, dass
tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben,
im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit als zu Recht bestehend
anerkannt werden (BGH NJW-RR 1993, 1059, 1060). Der Vorrang des Schuld-
ner- gegenüber dem Gläubigerinteresse ist gerechtfertigt, weil der Gläubiger
durch die verspätete Geltendmachung eines im Regelfall bekannten Anspruchs
gegen eigene Interessen verstoßen hat.

Diese grundsätzlichen Erwägungen können nicht gelten, wenn die Geltendma-
chung eines Anspruchs faktisch nicht möglich war. Der Rechtszustand war im
Beispielfall des südafrikanischen Regimes nur deshalb unangefochten, weil die
späteren Klägerinnen und Kläger von der Einreichung einer Klage abgehalten
wurden. Der Zweck der Verjährung, die Schaffung des Rechtsfriedens und der
Rechtssicherheit, kann daher in diesem Zeitrahmen nicht eintreten. Eine Hem-
mung der Verjährung könnte hier Abhilfe schaffen. Dabei sollte berücksichtigt
werden, dass den betroffenen Unternehmen dabei keine unverhältnismäßig ho-
hen bürokratische Anforderungen auferlegt werden.

Zu Nummer 5

Anders als in 19 europäischen Ländern, darunter Großbritannien, Frankreich, die
Niederlande, Österreich, die Schweiz, Spanien, Finnland, Dänemark und Polen,
können in Deutschland Unternehmen als solche nicht strafrechtlich verantwort-
lich gemacht werden. Es ist leicht ersichtlich, dass die bereits heute mögliche
Sanktionierung nach Ordnungswidrigkeitenrecht nicht dem Umfang und der
Schwere der begangenen Taten entspricht und kaum abschreckende Wirkung hat.

Es bedarf daher der Normierung der Unternehmensstrafbarkeit im materiellen
Strafrecht wie im Strafprozessrecht.

Außerdem ist eine rechtlich verbindliche Regelung der soziale und ökologische
Offenlegungspflichten für Unternehmen vonnöten, so dass sich Verbraucherin-

nen und Verbraucher transparent über Lieferketten und Produktionsbedingungen
informieren können (vgl. dazu den Antrag der Bundestagsfraktion BÜNDNIS

Drucksache 17/13916 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

90/DIE GRÜNEN „Soziale und ökologische Offenlegungspflichten für Unter-
nehmen regeln“, Bundestagsdrucksache 17/9567).

Schließlich müssen paradoxe Regelungen wie im deutschen Aktiengesetz, wo-
nach ein Vorstand einer Aktiengesellschaft sich gegenüber dem Unternehmen
haftbar macht, wenn er menschenrechtliche Standards einhält und dadurch mög-
licherweise den Gewinn der Firma verringert, geändert werden (vgl. dazu Ent-
wurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes der Bundestagsfraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundestagsdrucksache 17/11686).

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