BT-Drucksache 17/1092

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -17/200, 17/201, 17/623, 17/624, 17/625- Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010)

Vom 16. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1092
17. Wahlperiode 16. 03. 2010

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Alexander Bonde, Priska Hinz (Herborn), Sven Kindler, Stephan
Kühn, Fritz Kuhn, Kerstin Andreae, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln),
Ekin Deligöz, Katja Dörner, Hans-Josef Fell, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt,
Britta Haßelmann, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Ingrid Hönlinger,
Dr. Anton Hofreiter, Thilo Hoppe, Katja Keul, Memet Kilic, Ute Koczy, Tom Koenigs,
Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Beate Müller-Gemmeke, Omid Nouripour,
Dr. Hermann Ott, Lisa Paus, Brigitte Pothmer, Tabea Rößner, Claudia Roth
(Augsburg), Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel, Dr. Gerhard Schick,
Dr. Frithjof Schmidt, Dorothea Steiner, Markus Tressel, Daniela Wagner,
Wolfgang Wieland, Dr. Valerie Wilms, Josef Philip Winkler und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/200, 17/201, 17/623, 17/624, 17/625 –

Entwurf eines Gesetzes
über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010
(Haushaltsgesetz 2010)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Bundeshaushalt 2010 ist geprägt von den Auswirkungen der Wirtschafts-
und Finanzkrise und einem unverantwortlichen „Weiter so“ der Koalition. Mas-
sive Einbrüche in den Steuereinnahmen und milliardenschwere Konjunkturpro-
gramme hinterlassen ihre Spuren auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite.
Die Koalition ist sich des dramatischen Ernsts von Rekordverschuldung, globa-
lem Klimawandel und sozialer Schieflage in unserem Land immer noch nicht
bewusst. Überzeugende Sparanstrengungen zur Konsolidierung sind ebenso
wenig zu erkennen wie ein engagiertes Umsteuern, um haushaltspolitisch auf

die veränderten Herausforderungen zu reagieren. So richtig es ist, auch im Jahr
2010 fiskalisch gegenzusteuern, weil ein zu früher Ausstieg aus den Konjunk-
turhilfen zu einem neuerlichen massiven Einbruch der Auftragseingänge führen
könnte, so falsch ist es, diese Ausnahmesituation als Vorwand für eine rein re-
aktive Politik zu nehmen, die den Mut zum Umsteuern nicht aufbringt. Im Ge-
genteil: Wer in der Sackgasse steckt muss wenden, bevor er wieder Gas geben
kann. Angesichts der besorgniserregenden Erhöhung der Schuldenquote muss

Drucksache 17/1092 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

alles getan werden, um konjunktursensibel Einnahmepotentiale zu erschließen
und unproduktive oder schädliche Ausgabenpositionen zu streichen. Qualita-
tive Konsolidierung, also die Verbesserung der Haushaltsstruktur, kann und
muss jederzeit erfolgen, ob Boom oder Rezession.

Die Klimakrise und die Zerstörung der Artenvielfalt zwingen zu konsequenten
Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaftsweise und zum zügigen Abbau
umweltschädlicher Investitionen. Mit einem „Grünen New Deal“ muss die Krise
als Chance für eine Neuausrichtung der deutschen Wirtschaft genutzt werden.
Die zunehmende soziale Spaltung unseres Landes hinzunehmen ist unverant-
wortlich, die Verteilungswirkung des Steuer- und Abgabensystems insgesamt
ist deshalb zu verbessern. Der von der Bundesregierung vorgelegte Haushalt
leistet das nicht.

Beim Sparen schmückt sich die Koalition mit der Rückführung der Rekordver-
schuldung im Bundeshaushalt um 5,6 Mrd. Euro auf nun 80,2 Mrd. Euro.
Schaut man jedoch genauer hin, wird deutlich, dass der weitaus größte Teil die-
ser Rückführung durch Anpassung von Ausgaben an die weniger schlecht als
erwartet laufende konjunkturelle Entwicklung entsteht. Beispiele dafür sind:

– Der Bundeszuschuss an die Bundesagentur für Arbeit wird um 3,2 Mrd.
Euro reduziert, weil es 2010 im Schnitt 400 000 weniger Arbeitslose geben
soll, als bislang erwartet. Auch die Kosten für das Arbeitslosengeld II wer-
den deshalb um 400 Mio. Euro geringer angesetzt.

– Geringere Zinskosten in Höhe von 1,2 Mrd. Euro wegen der allgemeinen
Zinsentwicklung und

– eine fragwürdige Absenkung von 350 Mio. Euro bei der Risikovorsorge für
Bürgschaftsausfälle wegen angeblich gesunkener Ausfallwahrscheinlichkei-
ten.

Damit haben die Sparanträge der schwarz-gelben Koalition insgesamt nur
einen Umfang von etwa 400 Mio. Euro. Unter dem Strich spart die Koalition
also gerade einmal 0,5 Prozent der Neuverschuldung bzw. 0,12 Prozent des Ge-
samtetats ein.

Neben der Rekordverschuldung von 80,2 Mrd. Euro im Bundeshaushalt ver-
steckt die Regierung beim Investitions- und Tilgungsfonds weitere 15 Mrd.
Euro Verschuldung. Auch beim Bankenrettungsfonds SoFFin steckt ein Schat-
tenhaushalt. Dieser ist momentan mit 36 Mrd. Euro Verschuldung belastet.
Weitere Belastungen für den Bundeshaushalt können bei einer Krisenverschär-
fung beim Deutschlandsfonds auftreten, mit dem die Bundesregierung Unter-
nehmenskredite gewährleistet.

Der schwarz-gelben Koalition fehlt die innere Einigkeit und erst recht der poli-
tische Wille, (ökologisch schädliche) Subventionen abzubauen und Klientel-
geschenke zu beenden. Mit dem Abbau ökologisch schädlicher Subventionen
würde eine doppelte Rendite entstehen: ökologischer Impuls für die Wirtschaft
und fiskalische Konsolidierung. Im Haushalt 2010 liegt hier ein Potential von
9 Mrd. Euro.

Teile des Bundeshaushalts offenbaren eine Selbstbedienungsmentalität der
Koalition, die im harten Widerspruch zum Konsolidierungsversprechen der
Sonntagsreden von Finanzminister und Kanzlerin stehen. In den Bundesminis-
terien wird munter neues Personal eingestellt, nicht zuletzt von der FDP, die
sich konsequent von ihren früheren Sparvorschlägen distanziert hat.

Rechtswidriges Haushaltsverfahren
Der Bundeshaushalt 2010 weist schwere formale Mängel auf: Bis zum Tag der
Bereinigungssitzung wurde der Haushalt ohne die Vorlage einer mittelfristigen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1092

Finanzplanung beraten. Dann wurde im Hau-Ruck-Verfahren noch einmal die
in wesentlichen Konjunkturannahmen völlig überholte Finanzplanung, die vom
ehemaligen Bundesminister der Finanzen Peer Steinbrück vorgelegt worden
war, in das Parlament eingebracht. Die Bundesregierung will vor der Landtags-
wahl in Nordrhein-Westfalen den Bürgerinnen und Bürgern keine Planungen
vorlegen. Dadurch täuscht die Bundesregierung eine heile Welt vor. Denn allein
schon die Vorgaben der Schuldenbremse zwingen zu einem härteren Konso-
lidierungskurs, also zu deutlichen Steuererhöhungen, zu massiven Ausgaben-
kürzungen oder zu beidem.

Gleichzeitig unterlässt es die Bundesregierung auch, einen Pfad für den Ausstieg
aus den Konjunkturhilfen zu skizzieren, der die Erwartungen der wirtschaftlich
Handelnden stabilisiert. Die Antwort auf die entscheidende Frage, wie die Exit-
Strategie in Deutschland aussehen wird, bleibt die Bundesregierung schuldig.
Das kann nicht damit entschuldigt werden, dass die weitere wirtschaftliche Ent-
wicklung unsicher sei. Darzustellen wäre, ab wann ein Ausstieg aus den Kon-
junkturhilfen nach heutiger Kenntnis der wirtschaftlichen Lage begonnen werden
sollte. Eine unkontrollierte Fortführung der schuldenfinanzierten Konjunktur-
politik würde zu einer unverantwortlichen Steigerung der Schuldenquote führen.
Daher sind mit dem Haushaltsjahr 2011 die kreditfinanzierten Konjunkturpro-
grammen zurückzuführen und die gegebenenfalls weiterhin nötige wirtschafts-
politische Stimulierung zunehmend aufkommensneutral darzustellen.

Nach den Verpflichtungen der Schuldenbremse besteht im Jahr 2011 ein Kon-
solidierungsbedarf von rund 10 Mrd. Euro. Hierzu müssen die geplanten Steu-
ersenkungen der Koalition ab dem Jahr 2011 addiert werden, weshalb auf Sei-
ten der Koalition von einem Konsolidierungsbedarf in 2011 in Höhe von rund
25 Mrd. Euro ausgegangen wird. Sowohl Koalition als auch Bundesfinanz-
minister Dr. Wolfgang Schäuble weigern sich jedoch hartnäckig, ihre inhalt-
lichen Vorstellungen und Überlegungen zur Konsolidierung in dieser Größen-
ordnung auch nur im Ansatz zu offenbaren. Der Grund für diese intransparente
und unehrliche Politik ist schnell gefunden: die Landtagswahlen im Mai 2010
in Nordrhein-Westfalen. Diese Klippe will Schwarz-Gelb umschiffen, um erst
nach der Wahl mit einer „Giftliste“ die Einsparungen und Mehrbelastungen der
Bürger diskutieren zu müssen. Mit den Grundprinzipien klarer und wahrer
Haushaltspolitik hat dies nichts zu tun.

Gemäß § 9 Absatz 1 des Stabilitätsgesetzes ist der Haushaltwirtschaft des Bun-
des eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. Der Hintergrund dieses
Auftrags besteht darin, die Haushaltsberatung unter einem größeren Planungs-
horizont zu führen. Gleichzeitig werden mit der Finanzplanung die finanziellen
Absichten in (naher) Zukunft öffentlich. Dies ist der demokratische Grundsatz
der Klarheit und Wahrheit bei den Haushaltsberatungen und dem dann zu be-
schließenden Haushaltsgesetz. Die Finanzplanung soll die Haushaltsberatungen
auf eine rationale und verlässliche Grundlage stellen. Wenn sich nun die Rahmen-
daten seit letztem Sommer so grundlegend geändert haben (Wirtschaftswachs-
tum, Kosten der Arbeitslosigkeit und Steuereinnahmen – um nur die zentralen
Blöcke zu nennen), ist eine erneute angepasste Finanzplanung vorzusehen, so die
herrschende Kommentierung. Auch die akzessorische Aufgabenplanung inner-
halb der Bundesregierung ist mit einem nicht mehr aktuellen Finanzplan kaum
mehr möglich.

Falsche Entwicklung in der Personalpolitik

Mit der geplanten Neuschaffung von über tausend Stellen in den Bundesminis-
terien konterkariert die Bundesregierung die Konsolidierung des Bundeshaus-
halts. Diese Pläne passen nicht in die Zeit einer Rekordverschuldung. Sicher-

lich gibt es Bereiche, in denen das bestehende Personal verstärkt werden sollte.

Drucksache 17/1092 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Dies könnte allerdings auch durch Umschichtungen im bestehenden Personal-
haushalt erreicht werden.

Umsteuern und Konsolidieren

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihren Haushaltsvorschlägen
gezeigt, dass sich mit klarem Gestaltungswillen eine zusätzliche Reduzierung
der Nettokreditaufnahme in Höhe von 7,55 Mrd. Euro erreichen lässt (Netto-
kreditaufnahme auf 72,6 Mrd. Euro) und gleichzeitig Investitionen in die Zu-
kunftsbereiche Klimaschutz und soziale Teilhabegerechtigkeit in Milliarden-
höhe machbar sind. Ein solcher Wille zum Gestalten heraus aus der Finanz-
und Wirtschaftskrise ist bei der Koalition nicht zu erkennen. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Vorschläge für Sparmaßnahmen in Höhe von
über 4 Mrd. Euro vorgelegt. Durch den Abbau umweltschädlicher Subven-
tionen könnte der Bundeshaushalt um 9 Mrd. Euro entlastet werden. So könnte
der Haushalt konsolidiert werden und gleichzeitig Fehlsteuerungen und Fehl-
anreize vermieden werden. Aber wir brauchen auch gerechte Mehreinnahmen.
Ohne diese gibt es keinen Weg aus der Rekordverschuldung. So können durch
eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes die Lasten reduziert werden, die sonst
zukünftige Generationen tragen müssen. Durch die Einführung einer europäi-
schen Finanzumsatzsteuer würden Finanzmärkte stabiler werden und gleichzei-
tig über sinkende Beiträge an den EU-Haushalt im Bundeshaushalt Mittel frei,
um den notwendigen sozialen und ökologischen Umbau unserer Volkswirt-
schaft voranzutreiben. Um die riesige Verschuldung in den Schattenhaushalten
abzubauen, muss eine Vermögensabgabe eingeführt werden.

Nachhaltige Politik setzt auf Investitionen in Soziales, Klimaschutz und
Bildung. Und im internationalen Bereich müssen wir mehr für die Entwick-
lungszusammenarbeit tun. Mit der Erhöhung des Regelsatzes des Arbeitslosen-
geldes II und einer Anhebung der Regelsätze für Kinder wollen wir in mehr
soziale Gerechtigkeit investieren. Mit 3 Mrd. Euro wollen wir einen Energie-
sparfonds ausrüsten, mit dem ernsthaft der Klimawandel bekämpft werden
kann.

Bildung ist die Voraussetzung für individuellen Aufstieg und gerechte
Startchancen. Statt durch Steuersenkungen Ländern und Kommunen die finan-
zielle Basis für gute Bildungsangebote zu entziehen, müssen alle staatlichen
Ebenen ihre Investitionen in die Bildungsinfrastruktur erhöhen. Gleichzeitig
muss die Weiterbildungsbeteiligung gerade bei Geringverdienenden und Ge-
ringqualifizierten durch ein Erwachsenen-BAföG und überproportionale För-
derung beim Bildungssparen gesteigert werden.

In der Entwicklungszusammenarbeit wollen wir 2,2 Mrd. Euro mehr aufbrin-
gen als die Regierung. Nur so ist der deutsche Beitrag zu den internationalen
Verpflichtungen gegenüber den Entwicklungsländern gewährleistet.

II. Der Deutsche Bundestag beschließt:

Nachhaltig investieren und umweltschädliche Anreize abbauen

Es werden Programme für einen ökologischen Umbau im Gesamtumfang von
5,4 Mrd. Euro aufgelegt und aufgestockt. Bis zum Jahr 2013 wachsen die Pro-
gramme auf einen Umfang von mindestens 12,9 Mrd. Euro an.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1092

Finanziert werden die Maßnahmen über den Abbau von ökologisch schäd-
lichen Subventionen und Steuervergünstigungen im Umfang von 8,5 Mrd. Euro
im laufenden Haushaltsjahr. Die Listen der größten Steuervergünstigungen und
Finanzhilfen werden noch immer von ökologisch schädlichen Ausgaben ange-
führt. So subventioniert der Staat den Absatz von Steinkohle, begünstigt Unter-
nehmen bei der Stromsteuer, befreit Mineralölhersteller von Steuern und erlässt
bei grenzüberschreitenden Flügen die Mehrwertsteuer. Wer ernst gemeinten
Klimaschutz betreiben will, muss hier umsteuern.

Steuerausnahmen und Abgabenbefreiung darf es für umweltschädliches Ver-
halten nicht mehr geben – die Preise müssen ökologisch gerecht die externen
Effekte des Wirtschaftens abbilden. Deshalb werden die ökologische Finanz-
reform fortgeführt und eine Vielzahl ökologisch kontraproduktiver Subventio-
nen abgebaut. Sie sind nicht nur ökologisch schädlich, sondern auch fiskalisch
falsch, ökonomisch fragwürdig und wettbewerbsverzerrend. Für eine nachhal-
tige Umwelt- und Haushaltspolitik ist der Abbau umweltschädlicher Subven-
tionen auf allen Ebenen unverzichtbar.

Die Subventionierung der Steinkohle muss deshalb ebenso abgeschafft werden
wie die Nichtbesteuerung von Kernbrennstoffen, die Mineralölsteuerbefreiung
für Luftfahrtbetriebsstoffe und die Mehrwertbesteuerung für grenzüberschrei-
tende Flüge. Auch die Begünstigungen der Unternehmen bei der Strom-,
Mineralöl- und Energiesteuer gehören hierzu. Der Abbau dieser ökologisch
schädlichen Subventionen und Steuervergünstigungen führt für 2010 zu Min-
derausgaben bzw. Steuermehreinnahmen von rund 8,5 Mrd. Euro, die wir in
den nächsten vier Jahren auf rund 13,7 Mrd. Euro aufwachsen lassen wollen.

2010 2011 2012 2013 Summe

Ausgaben
Energiesparfonds 3,00 3,00 3,00 3,00 12,00
Marktanreizprogramm&Klimaschutzinitiative 0,07 0,30 0,30 0,30 0,97
Forschung&Entwicklung Erneuerbare Energien 0,04 0,30 0,40 0,50 1,24
Ausbau Stromnetze 0,10 0,10 0,20 0,30 0,70
Programm biologische Vielfalt 0,30 0,30 0,30 0,30 1,20
Maßnahmen CO2-Gebäudesanierung 0,08 0,19 0,30 0,41 0,97
(VE CO2-Gebäudesanierung) (1,10) (1,10) (1,10) (1,10) (4,40)
Infrastruktur/Schiene/Radwege 0,82 0,82 0,82 0,82 3,29
weitere Maßnahmen Verkehrbereich 0,31 0,31 0,31 0,31 1,24
Internationaler Klimaschutz 0,65 1,50 3,00 7,00 12,15
Summe 5,38 6,82 8,63 12,94 33,77

Einnahmen durch Abbau von Subventionen
Vorzeitiges Auslaufen Steinkohlesubventionen
Rückzahlung Steinkohlesubv. wegen Angleichung an Weltmarktpreis 0,26 0,26 0,26 0,26 1,03
Abschaffung Privilegien Braunkohlewirtschaft 0,10 0,20 0,20 0,20 0,70
Abschaffung Dienstwagenprivileg 0,45 0,90 0,90 0,90 3,15

Abschöpfung Zusatzgewinne durch kostenfreie Zuteilung CO2-Zertifikate 1,00 2,00 2,00
Voll-

versteigerung 5,00
Abschaffen Ausnahmen Ökosteuer
Strom- u. Energiesteuer-Ermäßigungen 1,21 2,42 2,42 2,42 8,47
Spitzenausgleich 0,98 1,96 1,96 1,96 6,86
Besteuerung Erdöl bei stofflicher Nutzung 0,80 1,60 1,60 1,60 5,60
Abschaffung Herstellerprivileg 0,14 0,27 0,27 0,27 0,95
Steuerentlastung für bestimmte energieintensive Prozesse 0,45 0,90 0,90 0,90 3,15
Einnahmen durch Steuern und Abgaben
Kernbrennstoffsteuer 2,00 3,70 3,40 3,00 12,10
Erhöhung LKW-Maut 0,75 1,50 1,50 1,50 5,25
Kerosinbesteuerung Inland 0,34 0,68 0,68 0,68 2,38
Summe 8,47 16,39 16,09 13,69 54,64

Klimaschutzhaushalt 2010 und Klimaschutzfinanzplan 2013

nicht quantifizierbar

in Mrd. Euro

(Einnahmen aus einer Flugticketabgabe auf internationalen Flugverkehr werden zur Erhöhung der ((Einnahmen aus einer Flugticketabgabe auf internationalen Flugverkehr werden zur Erhöhung der ODA-Quote verwendet.)

Drucksache 17/1092 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Soziale Teilhabegerechtigkeit fair und nachhaltig finanzieren

Der zentrale Grundsatz zukunftsorientierter Haushaltspolitik ist Nachhaltigkeit.
Daher sind genügend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Kluft
zwischen Arm und Reich zu begrenzen. Der Regelsatz für das Arbeitslosen-
geld II ist auf 420 Euro anzuheben. Die Regelsätze für Kinder und Jugendliche
sind angelehnt an die Empfehlungen des Deutschen Paritätischen Wohlsfahrts-
verbandes zu gestalten. Die Lohnnebenkosten für Geringverdienende sind zu
senken (Progressivmodell). Gleichzeitig muss kommenden Generationen ein
finanz- und haushaltspolitischer Gestaltungsspielraum vererbt werden. Schul-
den begrenzen und zurückführen ist das Gebot der Stunde.

Aus diesem Grund werden im Einzelplan 60 nachfolgende Einnahmeverbesse-
rungen veranschlagt. Angeführt sind jeweils die Bundesanteile bei Einführung
der Maßnahmen zum 1. Juli 2010.

Internationale Zusage zur Entwicklungszusammenarbeit einhalten

Zusätzliche Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit werden dringend ge-
braucht, um die Millenniumsentwicklungsziele (u. a. Halbierung des Anteils
der Hungernden, Eindämmung von AIDS, Verbesserung der Grundbildung und
Trinkwasserversorgung in den Entwicklungsländern) zu erreichen. Die Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht zur internationalen Zusage Deutsch-
lands und hat in den Haushaltsberatungen aufgezeigt, wie das 0,51-Prozent-
Ziel trotz schwieriger Ausgangslage 2010 eingehalten werden kann.

Die eingebrachten Änderungsanträge umfassen insgesamt eine Erhöhung der
Barmittel um 1,631 Mrd. Euro (BMZ: 1,25 Mrd. Euro, AA: 281 Mio. Euro,

Maßnahme

Haushalt 2010
(Angaben in

TEuro) Erläuterung

Einführung einer europäischen Finanzum-
satzsteuer 6 900 000

Zugrunde gelegt werden als Annahme
ein Steuersatz von 0,01 Prozent und mit-
telstarke Reduktion des Transaktionsvo-
lumens. Einführung zum 1. Juli 2010.

Abschmelzung Ehegattensplitting 1 250 000

Überführung des Ehegattensplittings in
eine Individualbesteuerung zum 1. Juli
2010.

Flugticketabgabe 1 150 000

Orientierung an den Sätzen bestehender
Abgabesysteme in Großbritannien,
Frankreich und den Niederlanden. Ein-
führung zum 1. Juli 2010.

Spitzensteuersatz 45 Prozent 500 000
Lineare Tarifverlängerung Einkommen-
steuer auf 45 Prozent zum 1. Juli 2010.

Abschaffung Abgeltungsteuer 185 000

Wiedereinführung der Besteuerung von
Zinseinkünften nach der progressiven
Einkommensteuer zum 1. Juli 2010.

Rücknahme Hotelförderung 250 000

Rücknahme der Regelung im Wachs-
tumsbeschleunigungsgesetz zum 1. Juli
2010.

Begrenzung der steuerlichen Abzugs-
fähigkeit von Gehältern über 500 000 Euro 45 000 Einführung zum 1. Juli 2010.

Summe 10 280 000
BMVg: 100 Mio. Euro). Die durch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/1092

beantragte Erhöhung des Hochschulpaktes im Bundesministerium für Bildung
und Forschung um 623 Mio. Euro ist zu 4 Prozent ODA-anrechnungsfähig
(ODA: Official Development Assistance). Dadurch kommen weitere 25 Millio-
nen ODA-Barmittel hinzu. Des Weiteren umfasst der ODA-Plan der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 540 Mio. Euro zusätzliche zinssubventionierte
KfW-Kredite, die aus der Hälfte des beantragten Aufwuchses der Verpflich-
tungsermächtigung für die Bilaterale Finanzielle Zusammenarbeit realisiert
werden.

In der Summe ist es möglich, mindestens 2,2 Mrd. Euro mehr ODA-Mittel
2010 zu verausgaben, als von der Bundesregierung geplant, sogar ohne dabei
zusätzlich notwendige Mittel für Klimaschutz in Entwicklungsländern auf ODA
anzurechnen. Wenn die EU (ein Teil des EU-Haushalts ist für die deutsche
ODA-Quote anrechnungsfähig) und die Bundesländer ihre Anstrengungen für
die Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls verstärken, kann Deutschland 2010
das 0,51-Prozent-Ziel erreichen und damit seine internationale Zusage einhal-
ten und seiner globalen Verantwortung gerecht werden.

Gegenfinanziert werden die notwendigen Mehrausgaben durch die Einführung
einer Flugticketabgabe nach französischem Vorbild und einen Abbau umwelt-
schädlicher Subventionen.

Mit Bildungs- und Forschungspolitik die Quellen künftigen Wohlstands er-
schließen

Gute Bildung ist die Grundlage für soziale Teilhabe, für qualifizierte Fachkräfte
und damit Voraussetzung für eine innovative nachhaltige Wirtschaft mit siche-
ren zukunftsfähigen Jobs.

Deshalb müssen Bildungsangebote und strukturelle Verbesserungen gefördert
werden, die für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen statt bereits Privilegierte zu
unterstützen, wie es die Bundesregierung vorhat. Im Haushalt 2010 sind dafür
eine Erhöhung der Ausgaben für Bildung und Forschung um 750 Mio. Euro
vorzusehen sowie Mittel in erheblichem Umfang umzuschichten.

Die Zahl der Studienberechtigten steigt in den kommenden Jahren um über
20 Prozent.

Im Zuge des Bologna-Prozesses sind darüber hinaus qualitative Verbesserun-
gen notwendig. Daher muss der Hochschulpakt mit 623 Mio. Euro deutlich ver-
stärkt werden, um zusätzliche qualitativ hochwertige Studienplätze zu schaffen.

Jeder muss unabhängig vom Einkommen der Eltern ein Studium aufnehmen
können. Auf das von Schwarz-Gelb geplante sozial unausgewogene nationale
Stipendienprogramm wird daher verzichtet, die BAföG-Sätze und -Freibeträge
stattdessen um 5 Prozent erhöht.

Durch Umschichtungen im Haushalt wird die Umsetzung des Konzeptes Dual-
Plus ermöglicht. Durch Ausbildungsbausteine und den Ausbau von überbe-
trieblichen Ausbildungsstätten können auch kleinere Betriebe mehr ausbilden
und das Recht auf Ausbildung für alle Jugendlichen endlich umgesetzt werden.

Lebenslanges Lernen ist zukünftig nicht mehr nur eine Floskel: Ein umfassen-
des Weiterbildungskonzept muss berufliche Weiterbildung für jedermann mög-
lich machen. Die Aufstiegsfortbildungsförderung wird zu einem Erwachsenen-
bildung-Förderungsgesetz weiterentwickelt mit einem Volumen von 281 Mio.
Euro. Mit Hilfe einer Bildungssparzulage gelingt der Einstieg ins Bildungs-
sparen. Hierfür werden Bundesmittel von 100 Mio. Euro zur Verfügung ge-
stellt.
Die Forschungspolitik wird konsequent auf die großen ökologischen Heraus-
forderungen ausgerichtet. Im Haushaltsentwurf vorgesehene Forschungsmittel

Drucksache 17/1092 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
für Agro-Gentechnik und Fusionsforschung werden zu ökologischem Landbau
und erneuerbaren Energien und Energieeffizienz umgeschichtet. Die sozialwis-
senschaftliche Dimension in der Forschung wird konsequent gestärkt und die
Risikoforschung und Technikfolgenabschätzung werden ausgebaut.

Kinderbetreuung deutlich verbessern

Der qualitative und quantitative Ausbau von Erziehung, Bildung und Betreu-
ung in den Kindertagesstätten ist eine wichtige und nachhaltige Investition in
die Zukunft. Frühkindliche Bildung und Förderung sind zentrale Schlüssel zu
mehr Chancengerechtigkeit und sozialer Teilhabe. Deutschland hat auf diesem
Feld weiterhin dringenden Nachholbedarf. Am Rechtsanspruch für Kinder ab
dem 1. Lebensjahr ist festzuhalten. Dieser Rechtsanspruch kommt im Jahr 2013
schon reichlich spät. Nun muss sichergestellt sein, dass er tatsächlich 2013 in
Kraft tritt.

Bund, Länder und Kommunen müssen in einer gemeinsamen Anstrengung
dafür sorgen, dass ein breites Angebot an qualitativ hochwertigen Betreuungs-
plätzen entsteht. Viele Kommunen agieren bereits jetzt auch und gerade im Be-
reich der Jugendhilfe an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und dürfen mit
dieser Aufgabe nicht allein gelassen werden. Insbesondere die Bundesländer
sind in der Pflicht, die Finanzmittel des Bundes an die Träger und Kommunen
in vollem Umfang weiterzuleiten und den eigenen Finanzierungsverpflichtun-
gen in Höhe eines Drittels der Kosten nachzukommen. Deshalb brauchen wir
dringend eine fundierte aktualisierte Bedarfsermittlung auch mit Blick auf
Ganztagsplätze.

Der Deutsche Bundestag betont mit Nachdruck, dass zusätzlich zur Schaffung
zusätzlicher Kitaplätze auch vielfältige Anstrengungen zur Stärkung von päda-
gogischer und Bildungsqualität der Angebote notwendig sind. Die Bundes-
regierung darf deshalb ihre Anstrengungen nicht allein auf den Platzausbau im
Krippenbereich beschränken, sondern muss mit Ländern und Kommunen über-
fällige, verbindliche Maßnahmen zur Qualitätssteigerung auf den Weg bringen.
Unter Berücksichtigung des Ausbauziels sowie des relativ hohen Durchschnitts-
alters des tätigen Personals fehlen bis 2013 rund 100 000 Erzieherinnen und
Erzieher. Bundesweit verbindliche Mindeststandards bei der Strukturqualität
und Personalausbildung sind daher wichtige Voraussetzung für frühkindliche
Bildung und Betreuung. Der Bund ist genau wie die Länder in der Pflicht, seine
finanziellen Anstrengungen im Bereich der Kindertagesstätten deutlich zu
intensivieren, um die selbst gesteckten qualitativen und quantitativen Ziele zu
erreichen.

Berlin, den 16. März 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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