Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.04.2011, Az. B 13 R 323/10 B

13. Senat | REWIS RS 2011, 7387

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - Fremdrentenrecht - Übergangsregelung - Kürzung der Entgeltpunkte nach § 22 Abs 4 FRG - Verfassungsmäßigkeit)


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 2. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt im Zugunstenverfahren eine Neuberechnung ihrer Altersrente für Frauen ohne Kürzung auf dem [X.] beruhender Entgeltpunkte auf [X.] ihres Werts (vgl § 22 Abs 4 [X.]).

2

Die im September 1945 in [X.] geborene Klägerin, die nach eigenen Angaben mit ihrer Familie bis 1956 in der [X.] unter [X.] gestanden habe, siedelte im November 1990 in die [X.] über. Sie wurde als Vertriebene anerkannt und erhielt den Ausweis für Vertriebene und Flüchtlinge "[X.]" samt [X.]erechtigung zur Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen gemäß § 10 Abs 2 [X.] [X.]VFG aF (als Spätheimkehrer aus der [X.] nach dem [X.]). Von August 1994 bis Oktober 1995 war sie in [X.] - wie zuvor langjährig in der [X.] - versicherungspflichtig beschäftigt. Die [X.]eklagte bewilligte ihr mit [X.]escheid vom 18.11.2005 ab 1.1.2006 Altersrente für Frauen auf der Grundlage von zunächst 17,5347 persönlichen Entgeltpunkten (pEP). Auf einen Überprüfungsantrag der Klägerin nach § 44 SG[X.] X hinsichtlich der fremdrentenrechtlichen Zeiten stellte die [X.]eklagte mit [X.]escheiden vom [X.] und vom 7.7.2006 die Rente auf der Grundlage von zuletzt 17,9747 pEP neu fest und wies den gegen die Kürzung der [X.]-Zeiten um [X.] gerichteten Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 25.9.2006).

3

Klage und [X.]erufung sind erfolglos geblieben ([X.]eschluss des [X.] [X.]aden-Württemberg vom [X.]). Das [X.]erufungsgericht hat ausgeführt, die Kürzung der [X.]-Zeiten um [X.] gemäß § 22 Abs 4 [X.] sei nach der Entscheidung des [X.]VerfG vom [X.] ([X.]VerfGE 116, 96 = [X.]-5050 § 22 [X.]) verfassungsgemäß. Die Klägerin falle aufgrund des Rentenbeginns im Januar 2006 auch nicht unter die vom Gesetzgeber nachträglich geschaffene, nach der Rechtsprechung des [X.]SG (vom [X.] - [X.] 13 R 61/09 R - [X.]-5050 § 22 [X.]) und des [X.]VerfG (vom 15.7.2010 - 1 [X.]vR 1201/10 - [X.]-5050 § 22 [X.]) ihrerseits nicht zu beanstandende Übergangsregelung in Art 6 § 4c Abs 2 [X.]. Im Hinblick darauf hat das [X.] der Klägerin zudem Verschuldenskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt.

4

Die Klägerin macht mit ihrer [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem genannten [X.]eschluss die grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache sowie Verfahrensmängel geltend.

5

II. Die [X.]eschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass ihre [X.]eschwerdebegründung vom 8.11.2010 den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG) und an die [X.]ezeichnung eines Verfahrensmangels ([X.] gemäß § 160 Abs 2 [X.] SGG) teilweise nicht genügt (vgl § 160a Abs 2 [X.] SGG), vermag im Übrigen keiner der von ihr geltend gemachten Gründe eine Zulassung der Revision zu rechtfertigen.

6

1. [X.] wegen grundsätzlicher [X.]edeutung setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von [X.]edeutung ist (vgl Senatsbeschluss vom [X.] - [X.]-2600 § 77 [X.] RdNr 6 mwN). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, falls sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung ergibt (zur Verneinung der Klärungsbedürftigkeit im Falle klarer Antwort siehe z[X.] [X.]SG [X.] 3-1500 § 146 [X.] S 6; [X.]SG [X.] 3-1500 § 160a [X.]1 [X.]8; [X.]SG [X.]-1500 § 160a [X.] RdNr 8). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl [X.]VerfG [X.]-1500 § 160a [X.]2 Rd[X.] f, [X.]6 RdNr 4 f).

7

Nach diesen Maßstäben kommt den von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen keine grundsätzliche [X.]edeutung zu.

8

a) Sie bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam zunächst die Frage,

        

"ob die [X.]-Zeiten mit dem Faktor 0,6 auch dann gekürzt werden dürfen, wenn Versicherungszeiten innerhalb der [X.] zurückgelegt und [X.]eiträge geleistet worden sind",

denn diese Frage sei durch die [X.]eschlüsse des [X.]VerfG vom [X.] ("1 [X.]vL 9/00 ff") und vom [X.] ("1 [X.]vL 11/06 ff") noch nicht geklärt.

9

Die Klägerin lässt dabei außer [X.], dass das [X.]VerfG in der von ihr selbst angeführten Entscheidung vom [X.] die genannte Rechtsfrage bereits mit deutlichen Worten geklärt hat: Die Vorlagen machten keine Entscheidung der Frage erforderlich, ob die aus dem [X.] abgeleiteten Anwartschaften dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 S 1 GG dann unterlägen, wenn sie sich zusammen mit den in der gesetzlichen Rentenversicherung der [X.] erworbenen Rentenanwartschaften zu einer rentenrechtlichen [X.] verbänden. "Selbst wenn man die Gesamtheit der erworbenen Anwartschaften als rentenrechtliche Einheit dem Eigentumsschutz des Art 14 Abs 1 GG unterstellen würde …, hätte der Gesetzgeber durch § 22 Abs 4 [X.] 1996 von seiner [X.]efugnis zur [X.]estimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums (Art 14 Abs 1 [X.] GG) - vorbehaltlich des noch zu prüfenden Gesichtspunkts des Vertrauensschutzes … - einen verfassungsgemäßen Gebrauch gemacht. Das Ergebnis ist daher kein anderes als wenn im vorliegenden Fall der Eigentumsschutz auf die Anteile der rentenrechtlichen Position beschränkt wäre, denen in der [X.] zurückgelegte [X.]eitragszeiten zugrunde liegen" ([X.]VerfGE 116, 96, 124 = [X.]-5050 § 22 [X.] RdNr 84; dies jüngst erneut bekräftigend [X.]VerfG vom 15.7.2010 - 1 [X.]vR 1201/10 - [X.]-5050 § 22 [X.] Rd[X.]9).

Damit steht fest, dass die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs 4 [X.] bei Zugrundelegung einer "rentenrechtlichen Gesamtposition" bereits höchstrichterlich geklärt (bejaht) ist. Die diesbezüglichen Ausführungen des [X.]VerfG sind nicht bloß "obiter dicta", welche nicht ohne Weiteres zur Klärung der Rechtslage führen. Vielmehr waren in vier von fünf Fällen, die der Entscheidung des [X.]VerfG vom [X.] zugrunde lagen, die Versicherten sowohl im Ausland ([X.]) als auch - nach Übersiedlung - in [X.] versicherungspflichtig beschäftigt, ehe sie Altersrente bezogen (vgl [X.]VerfGE 116, 96, 103, 108, 109, 110 f = [X.]-5050 § 22 [X.] Rd[X.]9, 40, 46, 49). Die Klägerin muss hiernach die Kürzung der ihr nach dem [X.] aus Gründen besonderer staatlicher Fürsorge zuerkannten pEP für in der [X.] zurückgelegte [X.]eschäftigungszeiten um [X.] hinnehmen.

b) Zudem benennt die Klägerin als klärungsbedürftig die Frage,

        

"ob die rückwirkende Schlechterbewertung von Zeiten nach dem [X.] (§ 16 und § 15 [X.]) für Vertriebene, die vor dem 01.01.1991 in das [X.]undesgebiet zurückgekehrt sind, mit Art 3 GG zu vereinbaren ist".

Die Ausführungen der [X.]eschwerdebegründung hierzu erfüllen jedoch schon nicht die Anforderungen an eine schlüssige und nachvollziehbare Darlegung grundsätzlich bedeutsamer, im konkreten Fall klärungsfähiger und im Lichte der bisherigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung weiter klärungsbedürftiger Rechtsfragen (§ 160a Abs 2 [X.] iVm § 160 Abs 2 [X.] SGG). Soweit ihnen entnommen werden kann, die Klägerin halte es für einen Verstoß gegen Art 3 GG, dass Ersatzzeiten, die gemäß § 250 SG[X.] VI aufgrund Vertreibung bzw Flucht anerkannt sind, nur zu [X.] rentenwirksam würden, hat sie schon nicht aufgezeigt, inwiefern dies für die [X.]erechnung der Höhe ihrer Altersrente entscheidungserheblich ist. Aus der [X.]eschwerdebegründung (5. Abs auf [X.]) ergibt sich lediglich, dass die "Entgeltpunkte für [X.]eitragszeiten … der Klägerin mit dem Faktor 0,6 multipliziert worden" seien; in welcher Höhe die zu ihren Gunsten anerkannten Ersatzzeiten wegen Vertreibung bzw Flucht (gemäß den Angaben auf [X.] der [X.]eschwerdebegründung "zwischen dem 28.11.1990 und dem 31.10.1990") bei der [X.]erechnung ihrer Altersrente tatsächlich bewertet wurden, lässt sich ihren Ausführungen jedoch nicht entnehmen (vgl hierzu aber Anlage 4 S 6 des Rentenbescheids vom 7.7.2006, wonach die Ersatzzeiten wegen Vertreibung/Flucht, welche die Klägerin insgesamt erst nach ihrer Übersiedlung nach [X.] zurückgelegt hat, mit dem Gesamtleistungswert "in voller Höhe" bewertet worden sind). Im Übrigen fehlt jegliche Darlegung, weshalb im Lichte der Rechtsprechung von [X.]VerfG und [X.]SG zur Anwendung des Art 3 Abs 1 GG ein Gleichheitsverstoß darin liegen könnte, dass im Rahmen der [X.]ewertung von Ersatzzeiten wegen Vertreibung bzw Flucht mit Entgeltpunkten gemäß der Systematik der [X.] (vgl § 71 Abs 1 SG[X.] VI) bei allen Versicherten die im [X.] zurückgelegten [X.]eitragszeiten aufgrund der Regelung in § 22 Abs 4 [X.] nur mit 60 % ihres Werts einfließen, die nach Übersiedlung in [X.] zurückgelegten [X.]eitragszeiten jedoch zu 100 %. Ein Vortrag, der sich in der pauschalen [X.]ehauptung erschöpft, dies sei "mit Art 3 GG nicht mehr in Einklang zu bringen", ist hierfür nicht ausreichend.

Soweit die Klägerin einen weiteren Gleichheitsverstoß bzw eine Diskriminierung wegen ihres Alters darin begründet sieht, dass die von ihr in der [X.] zurückgelegten Kindererziehungszeiten "nur zu 60 % angerechnet" würden, während sie bei (älteren) Vertriebenen, die gleichzeitig mit ihr nach [X.] gekommen, aber früher in Rente gegangen seien, noch höher bewertet worden seien, hat sie sich weder mit der hierfür maßgeblichen Vorschrift (vgl § 22 Abs 1 S 9 [X.], der zum 1.7.1998 durch Art 12 Rentenreformgesetz 1999 eingefügt wurde) noch mit der Rechtsprechung des [X.]VerfG zur Zulässigkeit von Stichtagsregelungen auseinandergesetzt. Allein aus dem Umstand, dass es für die Klägerin "nicht nachvollziehbar" ist, "weshalb die Zeiten des einen, der älter ist, höher bewertet werden und die Zeiten des anderen, der jünger ist, niedriger", ergibt sich noch keine grundsätzliche [X.]edeutung in verfassungs- oder europarechtlicher Hinsicht.

c) Zudem hält die Klägerin für grundsätzlich bedeutsam die Frage,

        

"ob § 100 Abs 1 [X.]VFG, der sich über § 90 [X.]VFG idF vor dem 01.01.1993 auch auf die Ansprüche aus Rentenversicherungen für Vertriebene bezieht, Anwendung findet und wie weit die Anwendung dieser Vorschrift für Personen, die vor dem 01.01.1993 in das [X.]undesgebiet heimgekehrt, zurückgekehrt oder ausgesiedelt worden sind, reicht".

Diese Frage zur Reichweite des § 100 Abs 1 [X.]VFG bedarf jedoch keiner weiteren höchstrichterlichen Klärung in einem Revisionsverfahren, weil die Antwort zweifelsfrei auf der Hand liegt.

§ 100 [X.]VFG, dessen heutige Regelung mit Wirkung vom [X.] durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz ([X.] - vom 21.12.1992, [X.]G[X.]l I 2094) nach der neu eingefügten Überschrift "[X.]er Abschnitt - Übergangs- und Schlussvorschriften" erstmals normiert wurde, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Für Personen im Sinne der §§ 1 bis 3 finden die vor dem 1. Januar 1993 geltenden Vorschriften nach Maßgabe der Absätze 2 bis 8 Anwendung.

(2) … 

(7) § 90a Abs. 2 ist bis zum 30. Juni 1993 in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe für einen Zeitraum im Dezember 1992 bestanden haben.

 (8) § 90a Abs. 1, 3 und 4 ist in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Die Klägerin meint, dem Wortlaut dieser Vorschrift sei der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, dass alle Personen, die bis zum 31.12.1992 in das [X.]undesgebiet übergesiedelt sind, die bis zu diesem Stichtag erworbenen Rechte nach allen gesetzlichen Normen, die Rechte und Vergünstigungen für Vertriebene vorsahen, behalten sollten. Dies umfasse auch die durch das Sozialversicherungsrecht eingeräumten Rechtspositionen und schließe eine Anwendung des erst im [X.] eingeführten Abschlags auf rentenrechtliche Zeiten nach § 22 Abs 4 [X.] nF zu Lasten der bereits bis zum 31.12.1992 nach [X.] übergesiedelten Personen aus.

Dass diese Rechtsmeinung der Klägerin unzutreffend ist, ergibt sich bereits aus dem vollständigen Inhalt der Regelungen des § 100 [X.]VFG [X.] Wäre ihre Interpretation von § 100 Abs 1 [X.]VFG nF richtig, hätte es der ausdrücklichen Anordnung in § 100 Abs 8 [X.]VFG nF zur Fortgeltung der Regelungen des § 90a [X.]VFG in der bis zum 31.12.1992 geltenden Fassung (aF) zum Anspruch auf Arbeitslosenhilfe nicht bedurft; sie wäre vollständig überflüssig. Der Gesetzgeber hat jedoch ausweislich der Materialien zum Gesetzgebungsverfahren in der Übergangsregelung des § 100 Abs 1 [X.]VFG nF "die weitere Anwendung des [X.]VFG in seiner bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fassung für Vertriebene und Flüchtlinge" angeordnet, damit für Personen im Sinne der §§ 1 bis 3 [X.]VFG "auch künftig das bisherige [X.] … uneingeschränkt weiterhin anzuwenden ist" (vgl Gesetzentwurf der [X.]undesregierung zum [X.], [X.]T-Drucks 12/3212 [X.]7 - Zu § 100). Die Norm regelt mithin lediglich die weitere Geltung der Vorschriften des [X.]VFG (sowie daran anknüpfender Gesetze wie z[X.] § 9 Abs 1 des [X.] vom [X.], [X.]G[X.]l I 65 - vgl OVG Münster vom 26.10.2009 - 12 A 3219/08 - Juris Rd[X.]5 ff, 51) im Hinblick auf die den besonderen Status als Vertriebener, Emigrant, Um- oder Aussiedler begründenden Tatbestände, befasst sich jedoch nicht mit den gemäß § 90 Abs 3 [X.]VFG aF ohnehin in einem eigenen [X.]undesgesetz gesondert zu regelnden sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen dieser Personengruppe.

Aber selbst wenn - was nicht der Fall ist - § 100 Abs 1 [X.]VFG in der ab [X.] geltenden Fassung in dem von der Klägerin reklamierten Sinne zu verstehen wäre, könnte daraus keinesfalls abgeleitet werden, dass diese Regelung der von ihr angegriffenen Änderung des [X.] durch das Wachstums- und [X.]eschäftigungsförderungsgesetz ([X.] - vom 25.9.1996, [X.]G[X.]l I 1461) entgegensteht. Denn bereits nach der allgemeinen Rechtsregel, dass eine später erlassene themenidentische Norm die frühere verdrängt ("lex posterior derogat legi priori"), hat § 22 Abs 4 [X.] (idF des [X.]) iVm Art 6 § 4c [X.] (idF von Art 16 [X.] RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.4.2007, [X.]G[X.]l I 554) zur Folge, dass jedenfalls ab 1.10.1996 aus der allgemeinen Übergangsvorschrift des § 100 Abs 1 [X.]VFG nF keine weitergehenden Rechte mehr hergeleitet werden können.

d) Soweit die Klägerin schließlich unter [X.]ezugnahme auf nicht näher erläuterte "Regelungen zu den Vertriebenen im [X.]eitrittsgebiet" die Frage aufwirft,

        

"ob unter [X.]erücksichtigung dieser Gesichtspunkte die Ungleichbehandlung dieser Personen alleine aufgrund ihres Wohnsitzes in der [X.] gegenüber denen, die im [X.]eitrittsgebiet oder in [X.] Wohnsitz genommen haben, gerechtfertigt ist",

hat sie weder eine Rechtsfrage zur Auslegung, zur Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten Norm des [X.]undesrechts mit höherrangigem Recht nachvollziehbar bezeichnet noch aufgezeigt, inwiefern diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits von [X.]edeutung sein könnte. Mithin sind insoweit bereits die [X.] für eine Grundsatzrüge nicht erfüllt (vgl § 160a Abs 2 [X.] iVm § 160 Abs 2 [X.] SGG).

2. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel sind zum Teil nicht hinreichend bezeichnet und liegen im Übrigen tatsächlich nicht vor.

a) Sie beanstandet zunächst, das [X.] habe zu Unrecht ohne mündliche Verhandlung durch [X.]eschluss gemäß § 153 Abs 4 S 1 SGG entschieden; eine solche Verfahrensweise sei aufgrund der Darlegungen ihres Prozessbevollmächtigten, dass die Sache von besonderer grundsätzlicher [X.]edeutung sei und europarechtliche Probleme aufwerfe, nicht zulässig gewesen. Eine Verletzung des § 153 Abs 4 S 1 SGG bzw des Prozessgrundrechts der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) kann vorliegend jedoch nicht festgestellt werden.

Die Entscheidung, die [X.]erufung ohne mündliche Verhandlung durch [X.]eschluss zurückzuweisen, steht gemäß § 153 Abs 4 S 1 SGG im pflichtgemäßen Ermessen des [X.]erufungsgerichts; sie kann vom Revisionsgericht nur auf fehlerhaften Gebrauch dieses Ermessens, dh daraufhin überprüft werden, ob der [X.]eurteilung sachwidrige Erwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen ([X.]SG [X.] 3-1500 § 153 [X.]3 [X.]8; [X.]SG [X.]-1500 § 153 [X.] Rd[X.]7). Ein derartiger Ermessensfehlgebrauch ist hier jedoch nicht erkennbar. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits vor dem [X.] durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, der sich umfangreich zur Sache geäußert und mitgeteilt hat, es gehe auch aus seiner Sicht "lediglich um Rechtsfragen" (Schriftsatz vom 4.8.2010). Zudem hat die [X.]erichterstatterin des [X.]-Senats vor der Entscheidung durch [X.]eschluss einen knapp einstündigen Erörterungstermin durchgeführt, bei dem sich die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter auch persönlich äußern konnten. Allein der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte meinte, es seien trotz der bereits vorliegenden Entscheidungen des [X.]VerfG zur Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs 4 [X.] Rechtsfragen von besonderer grundsätzlicher [X.]edeutung und mit europarechtlicher Problematik zu entscheiden, zwang das [X.] nicht dazu, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, um das ausführliche schriftsätzliche Vorbringen der Klägerin noch einmal mündlich zu erörtern.

b) Weiterhin rügt die Klägerin, das [X.]erufungsgericht habe sie nicht ordnungsgemäß zu der beabsichtigten Entscheidung durch [X.]eschluss angehört (§ 153 Abs 4 [X.] SGG). Insoweit ist jedoch ein Verfahrensmangel bereits nicht ordnungsgemäß bezeichnet (§ 160a Abs 2 [X.] iVm § 160 Abs 2 [X.] SGG). Ihr Prozessbevollmächtigter trägt dazu zunächst vor, das [X.] habe zwar im Erörterungstermin am [X.] durch die [X.]erichterstatterin auf die beabsichtigte Verfahrensweise hingewiesen; der nach seinem erneuten Schreiben an das Gericht vom [X.] von diesem erteilte weitere Hinweis darauf, dass gleichwohl so verfahren werden solle, entspreche aber "ebenfalls nicht den Anforderungen an die Gewährung rechtlichen Gehörs". Hieraus wird noch nicht erkennbar, was genau den behaupteten [X.] hervorgerufen haben könnte. Soweit nachfolgend eine Gehörsverletzung darin gesehen wird, dass die Anhörung nur durch ein Mitglied des [X.]-Senats erfolgt sei, was "aus Rechtsgründen" nicht ausreiche, ergibt sich daraus kein Verfahrensverstoß. In der Rechtsprechung des [X.]SG ist vielmehr anerkannt, dass die Anhörung durch den [X.]erichterstatter genügt ([X.]SG [X.] 3-1500 § 153 Nr 8 [X.]2; s auch [X.]SG [X.]-1500 § 153 [X.] Rd[X.] f).

Aber auch das weitere Vorbringen, das rechtliche Gehör sei verletzt, weil das [X.] den von ihr gestellten [X.]eweisanträgen (zur Einholung eines geschichtswissenschaftlichen Gutachtens, einer Stellungnahme der [X.]undesregierung sowie eines Gutachtens darüber, dass Vertriebene keine [X.]elastung für das Rentensystem darstellten, sondern vielmehr einen Überschuss von bis zu fünf Milliarden Euro pro Jahr erwirtschafteten, der für die Auszahlung der vollen Renten an die "Einheimischen" eingesetzt werde) nicht nachgegangen sei, lässt keinen ordnungsgemäß bezeichneten Verfahrensmangel erkennen. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sie jene [X.]eweisanträge auch noch nach ihrer Anhörung zur beabsichtigten Entscheidung durch [X.]eschluss ohne mündliche Verhandlung aufrechterhalten hat. Damit ist sowohl eine Gehörsverletzung im Zusammenhang mit den Anhörungsmitteilungen (§ 153 Abs 4 Satz 2 SGG) als auch eine solche infolge unterlassener Sachaufklärung (§ 103 SGG) nicht schlüssig bezeichnet. Im Übrigen ergibt sich aus den Akten des [X.], dass die entsprechenden [X.]eweisbegehren der Klägerin bereits in der [X.]erufungsbegründung vom [X.] enthalten waren, im Protokoll über den Erörterungstermin vom [X.] sowie in ihren nachfolgenden Schriftsätzen vom [X.], [X.] und [X.] jedoch nicht mehr erwähnt sind.

c) Mit dem - nicht einmal ansatzweise näher erläuterten - Vorbringen, das [X.] habe sich "mit der Frage der Vorlage an den [X.] nicht in der für eine [X.]egründung notwendigen Anforderung befasst", hat die Klägerin weder einen Gehörsverstoß noch einen "Verfahrensmangel der fehlenden [X.]egründung" hinreichend bezeichnet. Dasselbe gilt in [X.]ezug auf den ebenfalls nur in einem Satz präsentierten Vorhalt, das [X.] habe den Anspruch auf [X.] dadurch verletzt, dass es "die Europarechtlichen Fragen weder entschieden hat noch sich mit ihnen auseinander setzte und auch nicht vorgelegt hat".

3. Soweit die Klägerin abschließend moniert, die Entscheidung des [X.], ihr Verschuldenskosten aufzuerlegen, sei offensichtlich rechtswidrig, hat sie keinen der in § 160 Abs 2 [X.] bis 3 SGG abschließend aufgeführten Revisionszulassungsgründe benannt, sondern lediglich vorgetragen, das [X.] habe in ihrem Fall inhaltlich falsch entschieden. Dies allein bezeichnet jedoch weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher [X.]edeutung noch eine Abweichung von oberstgerichtlicher Rechtsprechung noch einen Verfahrensmangel auf dem Weg zur Entscheidung.

4. Von einer weiteren [X.]egründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen einer Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 [X.] Halbs 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs 1 SGG.

Meta

B 13 R 323/10 B

19.04.2011

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Freiburg (Breisgau), 9. Februar 2010, Az: S 14 R 6438/07

§ 15 FRG, § 16 FRG, § 22 Abs 1 S 9 FRG, § 22 Abs 4 FRG, § 71 Abs 1 SGB 6, § 250 SGB 6, § 10 Abs 2 Nr 2 BVFG vom 20.12.1991, § 90 BVFG vom 03.09.1971, § 90a BVFG vom 25.06.1990, § 100 Abs 1 BVFG vom 21.12.1992, § 100 Abs 8 BVFG vom 21.12.1992, Art 3 Nr 4 Buchst b WFG, KfbG, Art 6 § 4c Abs 2 FANG vom 20.04.2007, Art 16 Nr 2 RVAltGrAnpG, § 62 SGG, § 103 SGG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, Art 3 GG, Art 14 Abs 1 S 1 GG, Art 14 Abs 1 S 2 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.04.2011, Az. B 13 R 323/10 B (REWIS RS 2011, 7387)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7387

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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