Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.01.2022, Az. 1 BvR 1296/21, 1 BvR 1308/21

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2022, 1863

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsbeschwerden gegen automatisierten und regelmäßigen Meldedatenabgleich nach § 11 Abs 5 RBStV nF (juris: RdFunkBeitrStVtr nF) wegen Subsidiarität unzulässig - vorrangige Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtsschutzes geboten - fachgerichtlicher Klärungsbedarf zur Erforderlichkeit des Meldedatenabgleichs sowie zu Modalitäten seiner Durchführung


Tenor

Die [X.] werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

I.

1

Die in [X.] und [X.] wohnhaften Beschwerdeführer wenden sich mit ihren [X.] unmittelbar gegen § 11 Abs. 5 des [X.] - [X.] - in der Fassung vom 1. Juni 2020. Durch die dort vorgesehene automatisierte und regelmäßige Bestandsdatenübermittlung der Meldebehörden an die [X.] sehen sie sich in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

2

1. Der angegriffene § 11 Abs. 5 [X.] n.F. ist mit Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b) des [X.] zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge - 23. RÄndStV - neu eingeführt worden. Die Länder unterzeichneten den Staatsvertrag zwischen [X.] und 28. Oktober 2019 und stimmten ihm in der Folge durch Zustimmungsgesetze beziehungsweise Zustimmungsbeschlüsse zu: die Freie Hansestadt [X.] mit Art. 1 des [X.] Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 13. März 2020 ([X.]. [X.], [X.]); das Land [X.] mit Art. 1 des [X.] Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 19. März 2020 ([X.] 2020, [X.]). Der 23. Rundfunkänderungsstaatsvertrag und mit ihm § 11 Abs. 5 [X.] n.F. traten am 1. Juni 2020 in [X.] (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 des 23. RÄndStV).

3

Der neu eingeführte § 11 Abs. 5 [X.] n.F. lautet wie folgt:

§ 11 [X.] - Verarbeitung personenbezogener Daten

[…]

(5) Zur Sicherstellung der Aktualität des Datenbestandes übermittelt jede Meldebehörde alle vier Jahre beginnend ab dem [X.] für einen bundesweit einheitlichen Stichtag automatisiert gegen Kostenerstattung in standardisierter Form die nachfolgenden Daten aller volljährigen Personen an die jeweils zuständige [X.]:

1. Familienname,

2. Vornamen unter Bezeichnung des Rufnamens,

3. frühere Namen,

4. Doktorgrad,

5. Familienstand,

6. Tag der Geburt,

7. gegenwärtige und letzte Anschrift von Haupt- und Nebenwohnungen, einschließlich aller vorhandenen Angaben zur Lage der Wohnung, und

8. Tag des Einzugs in die Wohnung.

Hat die zuständige [X.] nach dem Abgleich für eine Wohnung einen Beitragsschuldner festgestellt, hat sie die Daten der übrigen dort wohnenden Personen unverzüglich zu löschen, sobald das Beitragskonto ausgeglichen ist. Im Übrigen darf sie die Daten zur Feststellung eines Beitragsschuldners für eine Wohnung nutzen, für die bislang kein Beitragsschuldner festgestellt wurde; Satz 2 gilt entsprechend. Die zuständige [X.] darf die Daten auch zur Aktualisierung oder Ergänzung von bereits vorhandenen Teilnehmerdaten nutzen. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit zwischen Beitragsgerechtigkeit und dem Schutz persönlicher Daten erfolgt der [X.] nach Satz 1 nicht, wenn die [X.] zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten ([X.]) in ihrem Bericht nach § 3 Abs. 8 des [X.] feststellt, dass der Datenbestand hinreichend aktuell ist. Diese Beurteilung nimmt die [X.] unter Berücksichtigung der Entwicklung des Beitragsaufkommens und sonstiger Faktoren vor.

[…]

4

2. Mit [X.] vom 29. und 31. Mai 2021 rügen die Beschwerdeführer die formelle und materielle Verfassungswidrigkeit des durch Art. 1 Nr. 6 Buchstabe b) des 23. RÄndStV neu eingeführten § 11 Abs. 5 [X.] n.F. Die Norm verletze ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Sie sei dem Meldewesen zuzuordnen. Das Meldewesen gehöre gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 GG zur ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des [X.]. Der angegriffene regelmäßige und automatisierte [X.] trage zudem nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung. Er sei zur Erreichung von Beitragsgerechtigkeit nicht erforderlich. Es genügten anlassbezogene Einzelabfragen und die abgeschaffte [X.] beziehungsweise Verwalterauskunft (vgl. § 9 Abs. 1 [X.] a.F.). Die angegriffene Norm sei auch nicht angemessen. Es würden mehr Daten übermittelt, als zur Feststellung einer Beitragspflicht notwendig. Der [X.] weise eine erhebliche Streubreite sowie Fehlerquote der nach Abgleich automatisch angemeldeten und sodann wieder abzumeldenden Personen auf. Gleichzeitig würden nur wenige neu anzumeldende Personen ermittelt. Im Übrigen würde gegen den Grundsatz der Normenklarheit verstoßen. Es sei unklar, welche Faktoren die [X.] zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten - [X.] - bei ihrer Entscheidung berücksichtige.

II.

5

Die [X.] sind nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]). Ihnen kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung des als verletzt gerügten Grundrechts der Beschwerdeführer angezeigt. Die [X.] sind unzulässig; damit haben sie keine Aussicht auf Erfolg (vgl. [X.] 90, 22 <25 f.>).

6

1. Die gegen § 11 Abs. 5 [X.] n.F. gerichteten [X.] sind dahingehend auszulegen, dass sich der in [X.] wohnhafte Beschwerdeführer gegen Art. 1 des [X.] Rundfunkänderungsstaatsvertrag der Freien Hansestadt [X.] wendet und der in [X.] wohnhafte Beschwerdeführer gegen Art. 1 des [X.] Rundfunkänderungsstaatsvertrag des Landes [X.].

7

Die hier entscheidungserheblichen Zustimmungsgesetze überführen unter anderem § 11 Abs. 5 [X.] n.F. in das jeweilige Landesrecht. Formell sind daher diese Zustimmungsgesetze, nicht dagegen der Staatsvertrag selbst, Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung (vgl. [X.] 12, 205 <220 f.>; 90, 60 <85 f.>; 149, 222 <223, 291 Rn. 154>; vgl. auch [X.], Beschluss des [X.] vom 20. Juli 2021 - 1 BvR 2756/20 u.a. -, Rn. 106). Die [X.] der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer sind mithin der Sache nach gegen diese Zustimmungsgesetze gerichtet.

8

2. Die so verstandenen [X.] genügen nicht dem Grundsatz der Subsidiarität im weiteren Sinne.

9

a) Die Anforderungen der Subsidiarität beschränken sich nicht darauf, nur die zur Erreichung des unmittelbaren [X.] förmlich eröffneten Rechtsmittel zu ergreifen, sondern verlangen, alle Mittel zu nutzen, die der geltend gemachten Grundrechtsverletzung abhelfen können. Damit soll erreicht werden, dass das [X.]verfassungsgericht nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen treffen muss, sondern zunächst die für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständigen Fachgerichte die Sach- und Rechtslage aufgearbeitet haben.

Der Grundsatz der Subsidiarität erfordert deshalb grundsätzlich, vor Einlegung einer Verfassungsbeschwerde alle zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten zu ergreifen, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Das gilt auch, wenn zweifelhaft ist, ob ein entsprechender Rechtsbehelf statthaft ist und im konkreten Fall in zulässiger Weise eingelegt werden kann ([X.], Beschluss des [X.] vom 8. Juni 2021 - 1 BvR 2771/18 -, Rn. 68 f.).

Wenn sich eine Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz wendet, kann daher auch die Erhebung einer [X.] oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Das ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem [X.]verfassungsgericht vorgelegt wird. Ausschlaggebend ist auch dann, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das [X.]verfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit [X.] durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert sind ([X.], Beschluss des [X.] vom 8. Juni 2021 - 1 BvR 2771/18 -, Rn. 70 m.w.N.).

Soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das [X.]verfassungsgericht zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung hingegen nicht (vgl. [X.] 150, 309 <326 f. Rn. 44> m.w.N.). Außerdem ist es zur Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität nicht erforderlich, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm zu verstoßen und sich dem Risiko einer entsprechenden Ahndung auszusetzen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können (vgl. [X.] 145, 20 <54 Rn. 85> m.w.N.). Darüber hinaus gelten Ausnahmen von der Pflicht zur vorherigen Anrufung der Fachgerichte, wenn die angegriffene Regelung die [X.]n zu gewichtigen Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können, wenn die Anrufung der Fachgerichte offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre oder sie sonst nicht zumutbar ist (vgl. [X.] 150, 309 <327 f. Rn. 45> m.w.N.). Dabei ist allerdings die Anrufung der Fachgerichte nicht schon dann als von vornherein aussichtslos anzusehen, wenn Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs für die gegebene Fallgestaltung noch nicht vorliegt ([X.], Beschluss des [X.] vom 8. Juni 2021 - 1 BvR 2771/18 -, Rn. 71 m.w.N.).

b) Nach diesen Maßgaben hätte es den Beschwerdeführern oblegen, zunächst um verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Denn nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung wäre fachgerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich erreichbar, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung zu verhindern. Konkret im Hinblick auf den singulären [X.] gemäß § 14 Abs. 9 [X.] a.F. hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung (vgl. OVG für das [X.], Urteil vom 12. März 2015 - 2 A 2311/14 -, juris; [X.], Beschluss vom 10. September 2013 - 4 [X.]/13 -, juris; [X.], Beschluss vom 6. August 2013 - OVG 11 S 23.13 -, juris; vgl. [X.], Beschluss vom 3. September 2013 - 2 [X.]/13 -, juris) Rechtsschutz eröffnet. Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des [X.]verwaltungsgerichts allgemein, dass Rechtsschutz mittelbar gegen die Zustimmungsgesetze der Länder zu erreichen wäre. Dieser kann entnommen werden, dass hier sowohl eine (negative) Feststellungsklage (vgl. BVerwGE 149, 359 <364 ff.>; 157, 8 <9 ff.>) als auch eine (vorbeugende) Unterlassungsklage (vgl. BVerwGE 161, 76 <77 ff.>) zulässig sein könnten. Jedenfalls erscheinen diese Rechtsbehelfe weder offensichtlich sinn- noch aussichtslos.

aa) Eine fachgerichtliche Klärung lässt auch eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für das [X.]verfassungsgericht erwarten.

(1) Zum einen ist der angegriffene regelmäßige und automatisierte [X.] nach § 11 Abs. 5 [X.] n.F. im Zusammenspiel mit den Anzeigepflichten und Erhebungsmethoden in den §§ 8, 9 und 11 Abs. 4 [X.] zu sehen, die er nunmehr ergänzt. Von den [X.] ist der Sachverhalt wie auch die einfachrechtliche Rechtslage insofern zunächst aufzuarbeiten, um eine verfassungsgerichtliche Entscheidung auf gesicherter Tatsachen- und Rechtslage zu ermöglichen. So ist nach § 8 [X.] unter anderem das Innehaben einer Wohnung und dessen Ende unverzüglich gegenüber der zuständigen [X.] anzuzeigen (An- beziehungsweise Abmeldung, Abs. 1 und 2), wobei mehrere im Einzelfall erforderliche Daten mitzuteilen und auf Verlangen nachzuweisen sind (Abs. 4 und 5). Über die in § 8 Abs. 4 [X.] genannten Daten kann die zuständige [X.] nach § 9 Abs. 1 [X.] von jedem Beitragsschuldner oder von Personen oder Rechtsträgern Auskunft verlangen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie Beitragsschuldner sind und dies nicht oder nicht umfassend angezeigt haben (Satz 1). Soweit erforderlich kann sie darüber hinaus mit ihrem Auskunftsverlangen im Einzelfall weitere Daten erheben (Satz 3). Die [X.] kann zudem für die Tatsachen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] sowie die Daten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 [X.] Nachweise fordern (Satz 4) und den Anspruch auf Auskunft und Nachweise im Verwaltungszwangsverfahren durchsetzen (Satz 5). Daneben ist die zuständige [X.] nach § 11 Abs. 4 [X.] berechtigt, für Zwecke der Beitragserhebung sowie zur Feststellung des Bestehens einer Beitragspflicht unter anderem bei Meldebehörden Daten nach § 11 Abs. 5 Nrn. 1-8 [X.] zu erheben. Hierfür müssen gemäß § 11 Abs. 4 Satz 5 [X.] folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens eine erfolglose oder nicht mögliche vorherige Datenerhebung unmittelbar bei der betroffenen Person (Nr. 1); zweitens die Eignung der Datenbestände dazu, Rückschlüsse auf die Beitragspflicht zuzulassen, insbesondere durch Abgleich mit dem Bestand der bei den [X.] gemeldeten Beitragsschuldner (N. 2); drittens die Beschränkung auf die der Anzeigepflicht nach § 8 [X.] unterliegende Daten und das Fehlen eines erkennbarer Grundes dafür, dass die betroffene Person ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Verarbeitung hat (Nr. 3). Neben diesen Erhebungsmethoden ist freilich auch zu berücksichtigen, dass bestimmte Zugriffsmöglichkeiten weggefallen sind - so über die Eigentümer- und Verwalterauskunft gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2, 3 [X.] a.F. - und andere Zugriffsmöglichkeiten ausdrücklich ausgeschlossen wurden - so der Ankauf von Adressdaten privater Personen gemäß § 14 Abs. 9 [X.].

Vor dem Hintergrund der geltenden Anzeigepflichten und Erhebungsmethoden dürfte sich die Erforderlichkeit des regelmäßigen und automatisierten [X.]s nach § 11 Abs. 5 [X.] n.F. durch das [X.]verfassungsgericht nur zuverlässig feststellen lassen, wenn Ausmaß und Effektivität dieser Anzeigepflichten und Erhebungsmethoden auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben - insbesondere der Verhältnismäßigkeit - von den [X.] erschlossen wurden. Denn weder der Gesetzesbegründung noch dem dort in Bezug genommenen Evaluierungsbericht der Länder gemäß § 14 Abs. 9a [X.] a.F. ist Näheres zu Ausmaß und Effektivität der weiteren [X.] zu entnehmen. Dort heißt es zwar, dass sich die anlassbezogene Datenübermittlung durch die Meldebehörden als nicht gleichwertige Alternative erwiesen habe. Insbesondere im Falle des [X.] oder Versterbens der angemeldeten Beitragsschuldner würden die in der Wohnung zurückbleibenden Personen den Rundfunkanstalten ohne deren eigene Initiative nicht bekannt werden (vgl. [X.]/7779, [X.]; [X.] Schl.-H. 19/1796, [X.], 19). Ohne weitere Aufklärung bleibt dabei allerdings unklar, warum insbesondere in den genannten Fällen eine der weiteren Erhebungsmethoden grundsätzlich nicht stattfinden könne oder jedenfalls nicht genüge, um die Aktualität des [X.] sicherzustellen. So wäre zu klären, ob die regelmäßigen Meldedatenübermittlungen gemäß § 11 Abs. 4 Satz 8 [X.] in Verbindung mit den Meldeverordnungen der Länder (vgl. beispielsweise § 17 der Verordnung des [X.] zur Durchführung des [X.] Ausführungsgesetzes zum [X.]meldegesetz - [X.] vom 28. September 2015, [X.] S. 853) die Aktualität des [X.] zu sichern in der Lage sind. Dabei wäre auch die Möglichkeit der anlassbezogenen Meldedatenerhebung gemäß § 11 Abs. 4 Sätze 1, 5 und 6, § 9 Abs. 2 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 7 Abs. 1, 2 Nr. 1 der Satzung des [X.] über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19. Dezember 2016 zu berücksichtigen und zu prüfen, ob und mit welchem tatsächlichen Aufwand diese Erhebungsmethoden - jedenfalls in ihrem Zusammenwirken - geeignet sind, beitragspflichtige, aber nicht gemeldete Wohnungen zu ermitteln. Denn eine belastbare Datengrundlage über die Wirksamkeit des regelmäßigen und automatisierten [X.]s ist der Gesetzesbegründung und den dort referierten Ergebnissen des Evaluierungsberichts nicht zu entnehmen. Aus ihnen wird nicht ersichtlich, wie groß der Anteil gerade derjenigen beitragspflichtigen Wohnungen ist, die allein aufgrund eines regelmäßigen und automatisierten [X.] ermittelt werden können. Auch in den [X.] zum [X.] Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird lediglich allgemein auf das nicht hinreichende Instrumentarium zur Datenerhebung verwiesen und allgemein ein jährlicher Verlust von circa 200.000 beitragspflichtigen Wohnungen prognostiziert (vgl. dazu Bay. [X.] 17/9700, [X.]). Um zu vermeiden, dass das [X.]verfassungsgericht auf insofern ungeklärter Grundlage entscheiden muss, ist zunächst die [X.] dafür zuständig, die weiteren Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung durch die [X.] aufzuklären.

(2) Zum anderen enthält die angegriffene Norm auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe, von denen die verfassungsrechtliche Beurteilung der Bestimmtheit und Angemessenheit des regelmäßigen und automatisierten [X.]s abhängt. So soll der automatisierte [X.] dann nicht erfolgen, wenn der Datenbestand nach Prüfung durch die [X.] "hinreichend aktuell" ist (§ 11 Abs. 5 Satz 5 [X.] n.F.). Diese Prüfung findet alle zwei Jahre durch Berichterstattung an die Rundfunkanstalten statt (§ 11 Abs. 5 Satz 5 [X.] n.F. i.V.m. § 3 Abs. 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags - RFinStV). Dabei berücksichtigt die [X.] die "Entwicklung des Beitragsaufkommens und sonstige Faktoren" (§ 11 Abs. 5 Satz 6 [X.] n.F.). Was darunter genau zu verstehen ist, erschließt sich weder unmittelbar aus dem Norminhalt noch aus der Gesetzesbegründung. Diese nennt zwar weitere "Parameter", wie die Entwicklung des Beitragsaufkommens und der Anzahl der Wohnungen oder Erfahrungswerte aus vorangegangenen [X.]en (vgl. die Begründung zum 23. RÄndStV, [X.]/7779, [X.]). Diese Aufzählung ist jedoch nicht abschließend, sondern ausdrücklich nur beispielhaft. Im Hinblick auf die Konkretisierung des hinreichenden Maßes an Aktualität des [X.] durch die [X.] ist folglich zunächst den für die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts primär zuständigen [X.] die Möglichkeit einzuräumen, den Bedeutungsgehalt von § 11 Abs. 5 Sätze 5 und 6 [X.] n.F. zu erschließen. Dabei wäre einerseits zu klären, ob und inwiefern die [X.] die Möglichkeiten der Datenaktualisierung durch die soeben beschriebenen Anzeigepflichten und weiteren Erhebungsmethoden zu berücksichtigen in der Lage ist. Andererseits wäre zu prüfen, inwiefern der [X.] vor dem Hintergrund der zwischengeschalteten Prüfung durch die [X.] der Sache nach automatisiert erfolgt und weiter ob und inwiefern eine sich an die "Fachentscheidung" der [X.] (s. die Begründung zum 23. RÄndStV, [X.]/7779, [X.]) als einem gemäß § 4 Abs. 1 RFinStV unabhängigen Sachverständigengremium anschließende Handlung der zuständigen [X.] gegenüber den Meldebehörden einen besonderen, selbständig gerichtlich angreifbaren Vollziehungsakt darstellt.

bb) Gründe dafür, dass den Beschwerdeführern die Beschreitung des [X.] nicht zugemutet werden könnte, sind nicht vorgetragen und nicht ersichtlich. Insbesondere war vor Erhebung der vorliegenden [X.] bereits mehrfach das Erfordernis einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage oder Unterlassungsklage angesprochen worden (vgl. [X.] 143, 246 <321 f. Rn. 210>; 145, 20 <54 f. Rn. 86>; vgl. auch [X.] 150, 309 <326 f. Rn. 42 ff.>; [X.], Beschluss des [X.] vom 8. Juni 2021 - 1 BvR 2771/18 -, Rn. 74).

3. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung inhaltlich hinreichend substantiiert dargelegt haben (vgl. [X.] 130, 1 <21> m.w.N.).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1296/21, 1 BvR 1308/21

21.01.2022

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, Art 1 RdFunkÄndStVtr23G BR, Art 1 RdFunkÄndStVtr23G BW, § 8 RdFunkBeitrStVtr 2020, § 9 RdFunkBeitrStVtr 2020, § 11 Abs 4 RdFunkBeitrStVtr 2020, § 11 Abs 5 S 1 RdFunkBeitrStVtr 2020, § 11 Abs 5 S 5 RdFunkBeitrStVtr 2020, § 11 Abs 5 S 6 RdFunkBeitrStVtr 2020

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 21.01.2022, Az. 1 BvR 1296/21, 1 BvR 1308/21 (REWIS RS 2022, 1863)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1863

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 2771/18

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