Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.02.2020, Az. 2 VR 2/20

2. Senat | REWIS RS 2020, 3780

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Gegenstand

Erfolgloser Eilantrag eines Rechtsanwalts auf Teilnahme an der Erörterung und Eröffnung der dienstlichen Beurteilung eines Beamten


Leitsatz

1. Aus § 3 BRAO folgt kein eigenständiger Anspruch eines Rechtsanwalts auf Teilnahme an der Erörterung und Eröffnung der dienstlichen Beurteilung eines von ihm vertretenen Beamten (vgl. § 50 Abs. 3 Satz 1 BLV); ein derartiger Anspruch besteht nur abgeleitet, wenn und soweit dem Beamten selbst ein Anspruch auf Hinzuziehung eines Beistands zusteht.

2. Aus § 14 Abs. 4 VwVfG ergibt sich kein Anspruch des Beamten auf Hinzuziehung eines Beistands zur Erörterung und Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung, weil das Verfahren zur Erstellung einer dienstlichen Beurteilung kein auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gerichtetes Verwaltungsverfahren i.S.v. § 9 VwVfG ist.

3. Auch unter dem Gesichtspunkt einer Selbstbindung der Behörde gemäß entsprechender Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) ergibt sich kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Rechtsanwalts, wenn sich das in den Beurteilungsrichtlinien dem Beamten eingeräumte Recht auf Teilnahme einer Vertrauensperson nach der Behördenpraxis nur auf bei der Behörde beschäftigte (Beistands-)Personen erstreckt.

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands wird auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Antragsteller, ein Rechtsanwalt, beantragt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, als Bevollmächtigter und Beistand eines Beamten an der von der Antragsgegnerin für den 18. Februar 2020 vorgesehenen Eröffnung der dienstlichen Beurteilung für diesen Beamten teilzunehmen.

2

Der vom Antragsteller vertretene Mandant, der im Jahr 2014 zum Beamten auf Probe beim [X.] ([X.]) ernannt wurde, erstrebt die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. In den dienstlichen Beurteilungen zu den Stichtagen 1. März 2015, 2. Juni 2015, 2. Dezember 2015, 1. April 2016 und 1. April 2017 wurde er auf der Grundlage der Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten des [X.]es vom 1. Juli 2009 jeweils mit der Gesamtnote 3 Punkte bewertet (= "entspricht zum Teil noch den Anforderungen, weist jedoch in wesentlichen Bereichen Mängel auf"). Die dagegen gerichteten Widersprüche des Beamten wies der [X.] mit [X.] vom 29. Juli 2017, 3. November 2017 und 14. November 2017 zurück.

3

Zwischenzeitlich stellte das [X.] durch Bescheid vom 8. Mai 2017 die Nichtbewährung des Beamten fest; mit weiterem Bescheid vom 9. Mai 2017 verfügte das [X.] die Entlassung des Beamten. Seine gegen beide Bescheide erhobenen Widersprüche sind noch anhängig.

4

Auf die Klage des Beamten hob das [X.] die dienstlichen Beurteilungen durch Urteil vom 7. Mai 2019 - 2 A 15.17 - (NVwZ-RR 2019, 912) mit der Maßgabe auf, den Beamten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut dienstlich zu beurteilen.

5

Im Verfahren der Neubeurteilung fand am 11. November 2019 eine Vorbesprechung des [X.] eines früheren Vorgesetzten des Beamten für den Beurteilungszeitraum 3. März 2015 bis 2. Juni 2015 zwischen dem Verfasser des Beitrags und dem Beamten statt, an dem der dem [X.] vorab nicht angemeldete Antragsteller teilnahm und Fragen an den Beurteiler richtete.

6

Am 16. Dezember 2019 sandte der Beamte dem Beurteiler P. ([X.]) eine E-Mail, in der er darauf hinwies, dass an der Vorbesprechung der Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 3. Juni 2014 bis zum 2. Juni 2015 der Antragsteller teilnehmen werde. Wörtlich hieß es darin weiter:

"Ich bitte Sie daher, [X.] rechtzeitig mehrere Terminvorschläge zu unterbreiten, damit ich diese mit Herrn Rechtsanwalt ... abstimmen kann."

7

Unter dem 15. Januar 2020 unterrichtete der [X.] den Beamten über eine für den 21. Januar 2020 vorgesehene Vorbesprechung der neu erstellten dienstlichen Beurteilung für die Beurteilungszeiträume 3. Juni 2014 bis 2. Juni 2015. Dabei wies der [X.] darauf hin, dass der Antragsteller an dem Termin nicht teilnehmen dürfe. Auf den Antrag des Antragstellers, ihm die Teilnahme an diesem Termin zu ermöglichen, erwiderte der [X.] unter dem 20. Januar 2020, es werde an der Auffassung festgehalten, dass es sich bei der Vorbesprechung und Eröffnung einer Beurteilung um eine innerdienstliche Angelegenheit handele. Rechtsschutz dagegen stehe im Wege des Widerspruchs und nachfolgender Klage zur Verfügung.

8

Auf den abermaligen und mit der Bitte um Erlass eines rechtsmittelfähigen Bescheids verbundenen Antrag des Antragstellers zur Teilnahme an der Vorbesprechung und Eröffnung der Beurteilung wiederholte und begründete der [X.] mit Schreiben vom 3. Februar 2020 seine ablehnende Haltung. Dagegen erhob der Antragsteller sowohl im eigenen Namen als auch namens des Beamten Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

9

Mit E-Mail vom 12. Februar 2020 teilte der [X.] dem Beamten mit, die Eröffnung der dienstlichen Beurteilung finde am 18. Februar 2020 statt.

Der Antragsteller ist der Auffassung, die Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung sei Teil eines Verwaltungsverfahrens. Bei der Zurückweisung seines [X.] handele es sich um einen Verwaltungsakt. Die Antragsgegnerin missachte die aufschiebende Wirkung des von ihm dagegen am 6. Februar 202o erhobenen Widerspruchs; es liege ein Fall des "faktischen Vollzugs" vor. Sein Recht auf Teilnahme an der Beurteilungseröffnung ergebe sich aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz und der Bundesrechtsanwaltsordnung. Hilfsweise habe er einen Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, weil ihn die Untersagung der Teilnahme an der Beurteilungseröffnung in seinem Recht auf freie Berufsausübung verletze.

Am 14. Februar 2020 hat der Antragsteller beim Senat beantragt,

1. festzustellen, dass der Widerspruch des Antragstellers vom 6. Februar 2020 gegen den Zurückweisungsbescheid aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 5 VwGO analog),

hilfsweise

2. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu untersagen, dem Antragsteller die Teilnahme an der Beurteilungseröffnung am 18. Februar 2020 beim [X.] im Beurteilungsverfahren des ... ... zu verwehren, oder die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Teilnahme an der Beurteilungseröffnung am 18. Februar 2020 beim [X.] im Beurteilungsverfahren des ... ... zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie trägt vor, dass die dienstliche Beurteilung nur dem Beamten zu eröffnen und mit nur diesem zu besprechen sei. Soweit nach den neuen [X.] von 2019 auf Verlangen des Beamten eine Vertrauensperson bei der Eröffnung einer Beurteilung passiv anwesend sein dürfe, handele es sich dabei entweder um eine Person des örtlichen Personalrats oder des Gesamtpersonalrats. Eine externe Person könne keine Vertrauensperson im Sinn der Bestimmung sein. Es entspreche der geübten Verwaltungspraxis auch unter Geltung der alten [X.] von 2009, nach der zur Vorbesprechung und zur Eröffnung einer Beurteilung nur die passive Anwesenheit eines Personalratsmitglieds gestattet worden sei.

Der Antragsteller könne als Rechtsanwalt aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz kein eigenes Recht zur Teilnahme an der Vorbesprechung und Eröffnung dienstlicher Beurteilungen herleiten, da diese nicht im Verwaltungsverfahren erstellt würden. Auch aus der Bundesrechtsanwaltsordnung folge nichts Abweichendes.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Senat übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, über den der Senat gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, hat keinen Erfolg.

Soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass sein Widerspruch gegen den "Zurückweisungsbescheid" vom 6. Februar 2020 aufschiebende Wirkung hat, ist der Antrag bereits unstatthaft (1.). Der vom Antragsteller hilfsweise gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (2.) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der analog § 80 Abs. 5 VwGO unter Geltendmachung faktischen Vollzugs gestellte Feststellungsantrag ist unzulässig. Bei dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. Februar 2020 handelt es sich nicht um einen Eingriff in ein gesetzlich eingeräumtes Beistandsrecht des Antragstellers in einem Verwaltungsverfahren i.[X.]. §§ 9 und 14 Abs. 4 [X.] Entgegen der Ansicht des Antragstellers unterliegt der Streitfall nicht dem Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes (dazu nachfolgend unter 2 b) [X.]). Vielmehr strebt der Antragsteller mit seiner Teilnahme an dem Termin zur Eröffnung der dienstlichen Beurteilung des von ihm vertretenen Beamten am 18. Februar 2020 eine Erweiterung seines Rechtskreises an, die nach der Systematik der Klagearten der Verwaltungsgerichtsordnung in einem gerichtlichen Hauptsacheverfahren nicht mit der Anfechtungsklage zu verfolgen wäre. Statthafte Verfahrensart für die an diese Systematik anknüpfende Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes ist in einem solchen Fall (einer sog. "[X.]") vielmehr ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung i.[X.]. § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO (zum Begriff vgl. [X.], Beschluss vom 19. Oktober 1977 - 2 BvR 42/76 - [X.]E 46, 166 <178>; [X.], in: [X.], VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 8 und 15, § 123 Rn. 8 f.).

2. Für den hilfsweise beantragten Erlass einer auf die Hinzuziehung des Antragstellers zum Termin der Beurteilungseröffnung am 18. Februar 2020 gerichteten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO steht dem Antragsteller zwar ein Anordnungsgrund zur Seite; er hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

a) Der Antragsteller kann sich auf einen Anordnungsgrund berufen, weil die Antragsgegnerin die von ihm rechtzeitig zuvor beantragte Teilnahme an der Eröffnung der Beurteilung für den von ihm vertretenen Beamten weiter ablehnt. Da der Termin für die Beurteilungseröffnung auf den 18. Februar 2020 festgesetzt worden ist, liegt die besondere Dringlichkeit des Begehrens auf der Hand.

b) Dagegen ist für einen Anordnungsanspruch zugunsten des Antragstellers nichts ersichtlich. Ein Anspruch, an der Beurteilungseröffnung für seinen Mandanten teilzunehmen, ergibt sich weder aus § 3 Abs. 3 [X.] ([X.]) noch aus § 14 Abs. 4 VwVfG ([X.]). Schließlich kann sich der Antragsteller für einen solchen Anspruch auch nicht mit Erfolg auf die Selbstbindung der Behörde gemäß Verwaltungspraxis und [X.] (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen (cc).

[X.]) Nach § 3 Abs. 3 [X.] hat jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen. Das Recht des Rechtsanwalts, als Vertreter in Rechtsangelegenheiten aller Art vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden aufzutreten (§ 3 Abs. 2 [X.]), ist abhängig von dem Recht des Vertretenen, sich vertreten zu lassen. Nur soweit ein Vertretungsrecht des zu Vertretenen besteht, ist ein Auftrittsrecht des Rechtsanwalts gegeben ([X.], Beschlüsse vom 18. Dezember 1973 - 1 C 70.67 - [X.] 350 § 3 [X.] Nr. 1 Leitsatz 2 und S. 5 f., vom 10. Februar 1981 - 7 [X.] - [X.] 316 § 29 VwVfG Nr. 1 S. 2 und vom 2. November 1990 - 9 B 121.90 - [X.] 402.25 § 8 AsylVfG Nr. 6 S. 14 f. sowie Urteil vom 28. April 1981 - 2 C 51.78 - [X.]E 62, 169 <171>; Kleine-Cosack, [X.], Kommentar, 8. Aufl. 2020, § 3 Rn. 9). Damit ist zugleich ein Eingriff in die Berufsfreiheit des Antragstellers ausgeschlossen.

[X.]) § 14 Abs. 4 Satz 1 VwVfG regelt zwar, dass ein Beteiligter zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand erscheinen kann. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt das von dem Beistand [X.] als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht. Beistand kann auch ein Rechtsanwalt sein; einer ausdrücklichen Anmeldung des Beistands bei der Behörde bedarf es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Voraussetzung für die Anwendung des § 14 Abs. 4 VwVfG ist aber, dass die Verhandlung oder Besprechung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens im Sinne von § 9 VwVfG durchgeführt wird. Verwaltungsverfahren nach § 9 VwVfG wiederum müssen auf den Erlass eines Verwaltungsakts oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sein. Eine dienstliche Beurteilung ist kein Verwaltungsakt ([X.], Urteil vom 17. März 2016 - 2 A 4.15 - [X.] 232.0 § 21 [X.] 2009 Nr. 4 Rn. 16 m.w.N.). Das Verfahren zur Erstellung einer dienstlichen Beurteilung ist deshalb kein auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtetes Verfahren. Demzufolge kann sich aus § 14 Abs. 4 VwVfG auch kein Anspruch eines Beamten auf Hinzuziehung eines Beistands zur Eröffnung und Besprechung einer dienstlichen Beurteilung nach § 50 Abs. 3 Satz 1 [X.] ergeben.

cc) Schließlich steht dem Antragsteller auch unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Behörde (Art. 3 Abs. 1 GG) aufgrund der von ihr verfügten [X.] und der darauf beruhenden Verwaltungspraxis kein Teilnahmerecht an der Beurteilungseröffnung für den von ihm vertretenen Beamten zu.

Die Verwaltungspraxis der Beurteilungseröffnung hat der [X.] durch [X.] konkretisiert. Nach Ziffer 16.8 der Beurteilungsbestimmungen des [X.] vom 1. Juli 2009, die das Verfahren der Eröffnung der dienstlichen Beurteilung regelt, händigt der [X.] dem Mitarbeiter eine Kopie der Beurteilung aus und bespricht sie mit ihm. Die Zuziehung eines Beistands oder einer Vertrauensperson durch den Beamten zu dem Termin der Beurteilungseröffnung ist nicht vorgesehen. Dagegen bestimmt Ziffer 18.8 der neuen, auf den 18. Dezember 2019 datierenden Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten im [X.] (BB-[X.] 2019), die nach Ziffer 27 Satz 1 die alten [X.] ersetzen sollen, weitergehend, dass auf Verlangen des zu beurteilenden Mitarbeiters eine Vertrauensperson bei der Eröffnung anwesend sein kann. Der Vertrauensperson stehen gemäß Satz 4 der Regelung keine eigenen Mitwirkungsrechte bei der Eröffnung der Beurteilung zu.

Unabhängig davon, welche [X.] dem Beurteilungsverfahren für den vom Antragsteller vertretenen Beamten zugrunde zu legen sind - für die alten Richtlinien spricht die Übergangsregelung in Ziffer 27 Satz 2 BB-[X.] 2019 für noch nicht abgeschlossene Beurteilungen mit [X.] vor Inkrafttreten der Neuregelung; für die neuen Richtlinien könnte die Regelung in Ziffer 27 Satz 3 BB-[X.] 2019 sprechen, wonach Beurteilungen nach Inkrafttreten der Neuregelung ausnahmslos nach den neuen Bestimmungen zu erstellen sind -, kann der Antragsteller aus diesen Richtlinien, nach denen die Antragsgegnerin in ständiger Verwaltungspraxis arbeitet, keinen Teilnahmeanspruch für den Termin der Beurteilungseröffnung seines Mandanten herleiten.

Denn das dem Beamten nach Ziffer 18.8 BB-[X.] 2019 eingeräumte Recht auf Hinzuziehung einer Vertrauensperson zum Termin der Eröffnung seiner dienstlichen Beurteilung erstreckt sich - nach dem vom Antragsteller unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin - allein auf bestimmte, bei der Behörde beschäftigte Personen. Vertrauenspersonen können danach nur Mitglieder des örtlichen oder des Gesamtpersonalrats des [X.] sein. Externe Personen - also auch Rechtsanwälte - sind davon nicht erfasst.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich das Anwesenheitsrecht einer Vertrauensperson nach Ziffer 18.8 BB-[X.] 2019 auf eine passive Teilnahme an der Eröffnung der dienstlichen Beurteilung beschränkt. Der Vertrauensperson sind keine Mitwirkungsrechte eingeräumt. Dies entspricht Bedeutung und Regelungszweck der Eröffnung und Besprechung einer dienstlichen Beurteilung nach § 50 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Sie dient zum einen dem Beurteiler dazu, seine Bewertung des Beamten diesem nachvollziehbar zu machen. Zum anderen gibt sie dem Beamten Gelegenheit, etwaige Einwände, ergänzende Hinweise und Änderungswünsche als Gegenvorstellungen zunächst formlos vorzutragen und mit dem Beurteiler zu erörtern. Dies alles steht unter dem Zeichen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen [X.] und zu Beurteilendem (vgl. näher [X.], in: [X.]/Leppek, Das [X.], Loseblatt, Stand April 2015, § 50 [X.] Rn. 12). Das Eröffnungsgespräch dient mithin vor allem dazu, dass der Beurteiler ggf. - auf entsprechende Einwände hin - das in der dienstlichen Beurteilung über den Beamten getroffene Werturteil und - soweit möglich - die dem zugrunde liegenden Tatsachen erläutert, konkretisiert und damit plausibel macht. Beides - das Vorbringen von Einwänden durch den Beamten wie das [X.] durch den Beurteiler - kann auch noch nach der Besprechung und Eröffnung der Beurteilung, etwa in einem Abänderungs- oder Widerspruchsverfahren, mit Einschränkungen auch noch in einem evtl. verwaltungsgerichtlichen (Klage-)Verfahren geschehen (stRspr, zur Plausibilisierung vgl. grundlegend [X.], Urteile vom 26. Juni 1980 - 2 C 8.78 - [X.]E 60, 245 <251 f.> und vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - [X.]E 153, 48 Rn. 21 f.). Dagegen hat das Gespräch des [X.]s mit dem Beamten nicht den Zweck, eine Diskussion mit dem Beamten über den zu vergebenden Punktwert oder die Gesamtnote zu eröffnen; dies ist ein möglicher, jedoch nicht zwingender Gegenstand dieser Erörterung ([X.], Beschluss vom 13. Dezember 1999 - 6 A 3599/98 - [X.] 2000, 161 <162> = [X.], 196 <197>). Vielmehr geht es darum, dem Beamten aufzuzeigen, wo aus Sicht des [X.]s seine Stärken und Schwächen - die sich in der dienstlichen Beurteilung niedergeschlagen haben - liegen und darüber zu sprechen ([X.], NWVBl. 2001, 121 <128>).

Damit und mit der in § 62 Abs. 1 Satz 2 [X.] festgelegten [X.] von vornherein unvereinbar ist daher - wie im Streitfall geschehen - ein an den Dienstherrn gerichtetes Ansinnen des Beamten, ihm für die Eröffnung einer dienstlichen Beurteilung und für die hierzu im Vorfeld notwendigen Vorbesprechungen "rechtzeitig mehrere Terminvorschläge zu unterbreiten", um diese mit einem Bevollmächtigten abzustimmen. Die Bestimmung des Zeitpunkts, wann die dienstliche Beurteilung dem Beamten eröffnet werden soll und der Beurteiler sie mit ihm besprechen will, unterliegt - jenseits gesetzlicher Vorgaben - dem Weisungsrecht des Vorgesetzten.

Da die Eröffnung der dienstlichen Beurteilung der Sache nach nichts anderes ist als die Bekanntgabe derselben und - weitere - Gelegenheiten zu deren Abänderung - im Wege des [X.] - nicht ausgeschlossen sind, unterliegt die Nichtteilnahme eines anwaltlichen Beistandes auch unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) keinen Bedenken (zum Ausschluss eines isolierten Rechtsschutzantrags des Beamten selbst auf Teilnahme eines Rechtsanwalts unter dem Gesichtspunkt des § 44a Satz 1 VwGO vgl. [X.], Beschluss vom 26. August 2013 - 3 L 840/13.WI - juris Rn. 14).

Etwas Anderes folgt im Hinblick auf die Verwaltungspraxis der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht aus dem Umstand, dass der Antragsteller den von ihm vertretenen Beamten am 11. November 2019 zu der Vorbesprechung eines [X.] beim [X.] begleitet hat. Dieser Vorgang ist kein Beleg für eine Verwaltungspraxis, Rechtsanwälten die Anwesenheit bei [X.] zu gestatten. Denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Antragsgegnerin hat dieses Gespräch nur deshalb und ausnahmsweise in Gegenwart des Antragstellers stattgefunden, weil der Beamte den Beurteiler über die Teilnahme seines Rechtsanwalts vorab nicht informiert - und ihn insoweit "überrascht" - hatte. Nur um eine Verzögerung des Verfahrens zu vermeiden, hat der Beurteiler die Eröffnung des [X.] nicht abgebrochen.

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung bemisst sich nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

2 VR 2/20

17.02.2020

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: VR

§ 50 Abs 3 S 1 BLV, § 3 BRAO, Art 19 Abs 4 S 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 123 Abs 1 VwGO, § 80 Abs 5 VwGO, § 14 Abs 4 VwVfG, § 9 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.02.2020, Az. 2 VR 2/20 (REWIS RS 2020, 3780)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3780

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