Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2017, Az. 2 AZR 597/16

2. Senat | REWIS RS 2017, 8806

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

Außerordentliche Kündigung - Überwachung durch Detektiv


Leitsatz

Eine vom Arbeitgeber veranlasste verdeckte Überwachungsmaßnahme zur Aufdeckung eines auf Tatsachen gegründeten konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers kann nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässig sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. Juli 2016 - 4 Sa 61/15 - im [X.] und insoweit aufgehoben, wie es auf die Berufung des [X.] das Teilurteil des [X.] vom 22. Oktober 2015 - 8 Ca 28/15 - abgeändert und festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11. Juni 2015 aufgelöst worden ist, und wie es die Widerklage auf Ersatz von Detektivkosten in Höhe von 746,55 Euro und auf Auskunft abgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie den Ersatz von Detektivkosten und einen [X.]sanspruch.

2

Die Beklagte stellt Stanzwerkzeuge und -formen her. Der Kläger war bei ihr seit Dezember 1978 als [X.]itarbeiter im Stanzformenbau beschäftigt. Er war im Jahre 2014 mehrfach arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seit dem 20. Januar 2015 war ihm durchgehend Arbeitsunfähigkeit attestiert. Die Beklagte leistete an ihn Entgeltfortzahlung bis zum 2. [X.]ärz 2015.

3

Ein Geschäftsführer der [X.] erhielt am 29. [X.]ai 2015 Kenntnis von einer E-[X.]ail der [X.], einer im Jahre 2013 gegründeten Firma der Söhne des [X.]. Die E-[X.]ail war an eine Kundin der [X.] gerichtet. Darin hieß es ua., man verkaufe als Familienunternehmen günstig Stanzformen, der Kläger montiere seit 38 Jahren, es sei unglaublich, was er alles so hinbekomme.

4

Die Beklagte gab dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme wegen des Verdachts wettbewerbswidriger Konkurrenztätigkeit und des Vortäuschens einer Erkrankung. Dieser äußerte sich nicht.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 11. Juni 2015 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Januar 2016.

6

Dagegen hat sich der Kläger mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat beide Kündigungen für unwirksam gehalten, da es an einem sie rechtfertigenden Grund fehle. Er habe nicht in der Firma seiner Söhne gearbeitet, sondern sei tatsächlich arbeitsunfähig krank gewesen.

7

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 11. Juni 2015 nicht geendet hat.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Im Wege der Widerklage hat sie - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt,

        

1.    

den Kläger zu verurteilen, an sie 746,55 Euro nebst Zinsen zu zahlen;

        

2.    

den Kläger zur [X.]serteilung zu verurteilen, welche Aufträge er für die Firma [X.] bearbeitet hat.

9

Die Beklagte hat die Kündigungen für gerechtfertigt gehalten. Sie habe Anfang November 2013 - unmittelbar, nachdem sie von der Gründung der Firma [X.] Kenntnis erlangt habe - mit dem Kläger ein Personalgespräch geführt, bei welchem er darauf hingewiesen worden sei, dass er in dem Betrieb nicht konkurrierend tätig werden dürfe. Dies sei dem Kläger - unstreitig - außerdem schriftlich mitgeteilt worden. Das Privatfahrzeug des [X.] habe während seiner Arbeitsunfähigkeit im Februar 2014 auf dem Gelände der Firma [X.] gestanden. Daraufhin habe sie ein Detektivbüro eingeschaltet, welches Anhaltspunkte für eine Konkurrenztätigkeit des [X.] nicht nur im Februar 2014, sondern auch im [X.]ärz und im Juni 2014 ermittelt habe. Weitere Erkenntnisse hätten die Überwachungen, bedingt durch die Lage des Firmengeländes, nicht erbracht. Nachdem sie Kenntnis von der E-[X.]ail der Firma [X.] vom 29. [X.]ai 2015 erlangt habe, habe sie im Juni 2015 erneut ein Detektivbüro beauftragt. Ein Detektiv, der sich als Fahrer einer Kundenfirma ausgegeben habe, habe den Kläger am 3. Juni 2015 bei der Firma [X.] Tätigkeiten erbringen sehen, wie er sie ebenso bei der [X.] zu verrichten gehabt hätte. Der Kläger schulde ihr daher Schadensersatz jedenfalls für die Detektivkosten iHv. 746,55 Euro wegen des Einsatzes im Juni 2015 sowie [X.] über die von ihm bei der Firma [X.] bearbeiteten Aufträge.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und den Kläger zum Ersatz der Detektivkosten für den Einsatz im Juni 2015 sowie zur [X.] verurteilt. Das [X.] hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. [X.]it ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses hat - im Umfang des Revisionsangriffs - das arbeitsgerichtliche Urteil zu Unrecht abgeändert. Die angefochtene Entscheidung beruht insoweit auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung von § 286 ZPO iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und § 32 Abs. 1 [X.]DSG. Ob eine der Kündigungen vom 11. Juni 2015 wirksam ist und ob die Ansprüche der [X.]eklagten auf Ersatz von Detektivkosten in Höhe von 746,55 Euro sowie auf Auskunft bestehen, steht noch nicht fest.

I. [X.]it der bisherigen [X.]egründung durfte das [X.] nicht annehmen, es fehle für die fristlose Kündigung an einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 [X.]G[X.].

1. Nach dieser [X.]estimmung kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter [X.]erücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter [X.]erücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht ( [X.] 17. [X.]ärz 2016 - 2 [X.] - Rn. 17; 16. Juli 2015 - 2 [X.]  - Rn. 21 ).

2. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, das dem Kläger vorgeworfene Verhalten sei „an sich“ geeignet, einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] darzustellen.

a) Ein Arbeitnehmer, der während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Konkurrenztätigkeiten entfaltet, verstößt gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers aus § 241 Abs. 2 [X.]G[X.]. Es handelt sich in der Regel um eine erhebliche Pflichtverletzung, die „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen ([X.] 23. Oktober 2014 - 2 [X.] - Rn. 27, [X.]E 149, 367; 28. Januar 2010 - 2 [X.] - Rn. 20). Dabei ist dem Arbeitnehmer aufgrund des Wettbewerbsverbots nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt. Es ist ihm ebenso wenig gestattet, einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen ( [X.] 23. Oktober 2014 - 2 [X.] - Rn. 28, aaO; 28. Januar 2010 - 2 [X.]  - aaO).

b) Das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann ebenfalls einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] zur außerordentlichen Kündigung bilden. Dies gilt nicht nur, wenn sich der Arbeitnehmer für die Zeit einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit Entgeltfortzahlung gewähren lässt und damit regelmäßig einen [X.]etrug zulasten des Arbeitgebers begeht (dazu [X.] 26. August 1993 - 2 [X.] - zu [X.] a der Gründe, [X.]E 74, 127). Täuscht er eine Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums vor, aber zu dem Zweck, während der attestierten Arbeitsunfähigkeit einer Konkurrenztätigkeit nachgehen zu können, verletzt er ebenfalls in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers gem. § 241 Abs. 2 [X.]G[X.]. Der Arbeitgeber wird durch die Täuschung daran gehindert, seine Rechte auf die vertragsgerechte Durchführung des Arbeitsverhältnisses geltend zu machen.

c) Als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] „an sich“ geeignet sind nicht nur erhebliche Pflichtverletzungen im Sinne von nachgewiesenen Taten. Auch der dringende, auf objektive Tatsachen gestützte Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden (st. Rspr., zu den Voraussetzungen im Einzelnen [X.] 20. Juni 2013 - 2 [X.] - Rn. 14, [X.]E 145, 278 ).

3. Die Würdigung des [X.]s, ein in diesem Sinne dringender Verdacht einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit des [X.] oder eines Erschleichens von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen könne nicht festgestellt werden, hält mit der gegebenen [X.]egründung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Das [X.] hat angenommen, den von der [X.]eklagten behaupteten Erkenntnissen aus den [X.]eobachtungen des Detektivs dürfe nicht über eine [X.]eweiserhebung nachgegangen werden. Die Detektivermittlungen seien weder nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG noch nach Satz 2 der [X.]estimmung zulässig gewesen. Unter § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG fielen nur solche [X.]aßnahmen, die nicht auf die Entdeckung konkret Verdächtiger gerichtet seien. Hier seien die [X.]eobachtungen jedoch zielgerichtet nur gegen den Kläger wegen eines bereits bestehenden konkreten Verdachts erfolgt. Die [X.]aßnahme habe deshalb den Voraussetzungen gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG genügen müssen. Daran fehle es. Die Datenerhebung sei nicht aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte erfolgt, die den Verdacht einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat begründeten. Ein [X.]etrug zulasten der [X.]eklagten scheide aus, da der Kläger im Juni 2015 schon keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr gehabt habe. Eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit erfülle für sich genommen keinen Straftatbestand.

b) Dies beruht auf einer rechtsfehlerhaften Anwendung von § 286 ZPO iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und § 32 Abs. 1 [X.]DSG.

aa) Ein [X.] oder [X.]eweisverwertungsverbot wegen einer Verletzung des gem. Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Partei (vgl. auch Art. 8 Abs. 1 E[X.]RK) kann sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus der Notwendigkeit einer verfassungskonformen Auslegung des Prozessrechts - etwa der § 138 Abs. 3, § 286, § 331 Abs. 1 Satz 1 ZPO - ergeben. Wegen der nach Art. 1 Abs. 3 GG gegebenen [X.]indung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte und der Verpflichtung zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung ([X.] 13. Februar 2007 - 1 [X.]/05 - Rn. 93 , [X.]E 117, 202) hat das Gericht zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des [X.]etroffenen vereinbar ist ([X.] 20. Oktober 2016 - 2 [X.] - Rn. 18; 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 2 3, [X.]E 156, 370; [X.] 15. [X.]ai 2013 - XII Z[X.] 107/08 - Rn. 21). Das Grundrecht schützt neben der Privat- und Intimsphäre und seiner speziellen Ausprägung als Recht am eigenen [X.]ild auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das die [X.]efugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden ([X.] 11. [X.]ärz 2008 - 1 [X.]vR 2074/05 ua. - Rn. 67, [X.]E 120, 378; 15. Dezember 1983 - 1 [X.] ua. - zu [X.] 1 a der Gründe, [X.]E 65, 1).

bb) Die [X.]estimmungen des [X.]undesdatenschutzgesetzes ([X.]DSG) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen [X.]ild ( § 1 Abs. 1 [X.]DSG ). Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 [X.]DSG in diese Rechtspositionen zulässig sind. Sie ordnen für sich genommen jedoch nicht an, dass unter ihrer [X.]issachtung gewonnene Erkenntnisse oder [X.]eweismittel bei der Feststellung des Tatbestands im arbeitsgerichtlichen Verfahren vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürften ([X.] 20. Oktober 2016 - 2 [X.] - Rn. 17; 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 2 2, [X.]E 156, 370). Ist allerdings die Datenverarbeitung gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer nach den Vorschriften des [X.]DSG zulässig, liegt insoweit keine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen [X.]ild vor.

[X.]) Zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, bei der Observation des [X.] durch einen Detektiv im Juni 2015 im Auftrag der [X.]eklagten habe es sich um Datenerhebung iSv. § 3 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 7, § 32 Abs. 2 [X.]DSG gehandelt (vgl. [X.] 19. Februar 2015 - 8 [X.] - Rn. 23). Durch die Überwachung wurden in für die [X.]eklagte bestimmten Observationsberichten Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse des [X.] iSd. § 3 Abs. 1 [X.]DSG beschafft (§ 3 Abs. 3 [X.]DSG). Auf eine automatisierte Verarbeitung der Angaben oder einen [X.] iSd. § 1 Abs. 2 Nr. 3 bzw. § 27 Abs. 1 [X.]DSG kommt es nach § 32 Abs. 2 [X.]DSG bei der Datenerhebung für Zwecke des [X.]eschäftigungsverhältnisses nicht an.

dd) In der Datenerhebung durch die Observation lag zugleich ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.]. [X.]etroffen ist sein von Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschütztes informationelles Selbstbestimmungsrecht. Ein von einer verdeckten Überwachung [X.]etroffener wird in der [X.]efugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden, beschränkt, indem er zum Ziel einer nicht erkennbaren systematischen [X.]eobachtung durch einen [X.] gemacht wird und dadurch auf sich beziehbare Daten über sein Verhalten preisgibt, ohne den mit der [X.]eobachtung verfolgten Verwendungszweck zu kennen. Dies gilt unabhängig davon, ob Fotos, Videoaufzeichnungen oder Tonmitschnitte angefertigt werden und damit zugleich ein Eingriff in das Recht am eigenen [X.]ild bzw. Wort vorliegt. Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung setzt auch nicht notwendig voraus, dass die Privatsphäre des [X.]etroffenen ausgespäht wird (unklar [X.]VerwG 21. [X.]ärz 1986 - 7 [X.] - zu 1 a der Gründe, [X.]VerwGE 74, 115). Zwar muss der Einzelne außerhalb des thematisch und räumlich besonders geschützten [X.]ereichs der Privatsphäre damit rechnen, Gegenstand von Wahrnehmungen beliebiger Dritter zu werden, grundsätzlich aber nicht, Ziel einer verdeckten und systematischen [X.]eobachtung zur [X.]eschaffung konkreter, auf die eigene Person bezogener Daten zu sein (für die automatisierte Erhebung öffentlich zugänglicher Informationen vgl. [X.] 11. [X.]ärz 2008 - 1 [X.]vR 2074/05  ua. - Rn. 67, [X.]E 120, 378 ). Im Streitfall erfolgte die Überwachung in diesem Sinne verdeckt, weil der Kläger infolge der Legendierung des Detektivs als Fahrer einer Kundenfirma nicht erkennen konnte, wem gegenüber und damit zu vermutlich welchem Verwendungszweck er sein Verhalten im [X.]etrieb der Firma [X.] offenbarte.

ee) [X.] ist allerdings die Annahme des [X.]s, eine anlassbezogene Datenerhebung durch den Arbeitgeber könne ausschließlich nach § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG zulässig sein (ebenso [X.] 36/2016 [X.]. 2; unklar [X.]/Schomerus [X.]DSG 12. Aufl. § 32 Rn. 40 f.). Es kann daher dahinstehen, ob das Erschleichen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auch nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums eine im [X.]eschäftigungsverhältnis begangene Straftat im Sinne des § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG darstellen kann. Selbst wenn das [X.] dies zu Recht verneint hätte, durfte es mit der von ihm gegebenen [X.]egründung die von der [X.]eklagten angebotenen [X.]eweismittel in [X.]ezug auf ihren Sachvortrag zur Tätigkeit des [X.] für die Firma [X.] am 3. Juni 2015 nicht für unverwertbar halten. Erfolgt die Datenerhebung nicht zur Aufdeckung einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG, kommt vielmehr eine Zulässigkeit der [X.]aßnahme nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG in [X.]etracht. Dient die Datenerhebung weder der Aufdeckung von Straftaten iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG noch sonstigen Zwecken des [X.]eschäftigungsverhältnisses iSd. § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG, kann sie überdies „zur Wahrung berechtigter Interessen“ iSd. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]DSG zulässig sein. Insoweit wird § 28 [X.]DSG von § 32 [X.]DSG nicht verdrängt ([X.]. 16/13657 S. 20 f.; [X.]/Schomerus [X.]DSG 12. Aufl. § 32 Rn. 2, 45 f.).

(1) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG dürfen personenbezogene Daten eines [X.]eschäftigten für Zwecke des [X.]eschäftigungsverhältnisses ua. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung oder [X.]eendigung erforderlich ist. Zur Durchführung gehört die Kontrolle, ob der Arbeitnehmer seinen Pflichten nachkommt ([X.]/Schomerus [X.]DSG 12. Aufl. § 32 Rn. 16; [X.] J[X.] 2016, 17, 19), zur [X.]eendigung im Sinne der Kündigungsvorbereitung (dazu [X.] aaO) die Aufdeckung einer Pflichtverletzung, die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen kann. Der Wortlaut des § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG enthält keine Einschränkung, es müsse der Verdacht einer im [X.]eschäftigungsverhältnis verübten Straftat bestehen. Sofern nach § 32 Abs. 1 Satz 1 oder Satz 2 [X.]DSG zulässig erhobene Daten den Verdacht einer Pflichtverletzung begründen, dürfen sie für die Zwecke und unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG auch verarbeitet und genutzt werden (vgl. [X.] 20. Oktober 2016 - 2 [X.] - Rn. 40; 22. September 2016 - 2 [X.] - Rn. 37 f.). Der [X.]egriff der [X.]eendigung umfasst dabei die Abwicklung eines [X.]eschäftigungsverhältnisses ([X.]. 16/13657 S. 21). Der Arbeitgeber darf deshalb alle Daten speichern und verwenden, die er zur Erfüllung der ihm obliegenden Darlegungs- und [X.]eweislast in einem potentiellen Kündigungsschutzprozess benötigt ([X.]/[X.] in Plath [X.]DSG 2. Aufl. § 32 Rn. 149; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 32 [X.]DSG Rn. 15).

(2) § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG erlaubt die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung in den Fällen, in denen - unabhängig von den in § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG näher bestimmten Zwecken - Anhaltspunkte für den Verdacht einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat bestehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass [X.]aßnahmen zur Aufdeckung einer Straftat in der Regel besonders intensiv in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen ([X.]. 16/13657 S. 21). Dies ist insbesondere bei einer zu diesem Zweck erfolgenden (verdeckten) Überwachung von [X.]eschäftigten der Fall, weshalb die - von der Gesetzesbegründung in [X.]ezug genommenen - restriktiven Grundsätze der hierzu ergangenen Rechtsprechung in § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG gesondert kodifiziert wurden. Die Vorschrift soll hinsichtlich der Eingriffsintensität damit vergleichbare [X.]aßnahmen erfassen ([X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] - Rn. 75, [X.]E 151, 1).

(3) Eine „Sperrwirkung“ des § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG gegenüber der Erlaubnisnorm in Satz 1 der [X.]estimmung in Fällen, in denen der Arbeitgeber „nur“ einen - auf Tatsachen gestützten und ausreichend konkreten - Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers hat, nicht aber den einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat, lässt sich weder aus dem Wortlaut von § 32 Abs. 1 [X.]DSG, noch seiner Systematik oder seinem Sinn und Zweck bzw. der Gesetzeshistorie ableiten. Die Gesetzesbegründung macht vielmehr deutlich, dass eine solche Sperrwirkung weder gewollt war noch mit den kollidierenden Interessen des Arbeitgebers im Einklang stünde (ebenso [X.]/[X.] 17. Aufl. § 32 [X.]DSG Rn. 31, der allerdings unmittelbar § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG auch für den Fall vergleichbarer Verdachtsfälle für anwendbar hält; wohl auch [X.]/[X.] 2016, 2415, 2416 f.).

(a) § 32 [X.]DSG sollte nach dem Willen des Gesetzgebers die von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze des Datenschutzes im [X.]eschäftigungsverhältnis nicht ändern, sondern lediglich zusammenfassen (vgl. [X.]eschlussempfehlung und [X.]ericht des Innenausschusses [X.]. 16/13657 S. 20; [X.] 20. Oktober 2016 - 2 [X.] - Rn. 22; 12. Februar 2015 - 6 [X.] - Rn. 75, [X.]E 151, 1). Es handelt sich um kein „ausgereiftes“ Gesetz ([X.]/[X.] 17. Aufl. § 32 [X.]DSG Rn. 31; [X.]/[X.] 7. Aufl. § 32 [X.]DSG Rn. 1 spricht von einem „[X.]usterbeispiel symbolischer Gesetzgebung“). Ein umfassendes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz sollte weder entbehrlich gemacht noch inhaltlich präjudiziert werden, so dass zunächst nur eine Kodifikation der [X.] erfolgte ([X.]. 16/13657 S. 20; für eine Auslegung des Gesetzes im Zweifel entsprechend dem vorgefundenen Rechtszustand auch [X.]/Hilbrans 3. Aufl. § 32 [X.]DSG Rn. 1). Nach den demgemäß in § 32 [X.]DSG zusammengefassten [X.]n sind aber - sofern weniger einschneidende [X.]ittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Überwachung damit das praktisch einzig verbleibende [X.]ittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist - Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer durch bspw. eine verdeckte ([X.] nicht nur dann zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung besteht, sondern ebenso bei einem entsprechenden Verdacht einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers (grundlegend [X.] 27. [X.]ärz 2003 - 2 [X.]  - zu [X.] 3 b [X.] der Gründe, [X.]E 105, 356 ). Dabei muss sich der Verdacht in [X.]ezug auf die konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern richten. Diese Rechtsprechung steht mit Art. 8 Abs. 1 E[X.]RK im Einklang ([X.][X.]R 5. Oktober 2010 - 420/07 - [X.] 2011, 471).

(b) Die verdeckte Überwachung eines einer schweren Pflichtverletzung verdächtigen Arbeitnehmers ist demnach nur unter den vergleichbaren Voraussetzungen zulässig wie zur Aufdeckung einer Straftat (aA wohl [X.] J[X.] 2016, 17, 19). Soweit der Gesetzgeber in § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG lediglich den Fall der Aufdeckung von Straftaten gesondert neben dem Grunderlaubnistatbestand des § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG geregelt hat, sollte damit jedoch keine Änderung der [X.] verbunden sein. Das verlangt und ermöglicht einen „Rückgriff“ auf die Grundnorm des § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG, sofern es nicht um die Aufdeckung einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG geht. Da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ebenso dort verankert ist, sind die [X.] betreffend die Zulässigkeit einer verdeckten Überwachung zur Aufdeckung des konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung auch im Rahmen dieser Erlaubnisnorm zur Anwendung zu bringen (für die Anwendbarkeit von § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG bei der Aufdeckung sonstiger Pflichtverletzungen auch [X.] [X.], 865, 868; [X.] J[X.] 2016, 17, 20; ebenso für die heimliche Überwachung durch Detektive [X.] in [X.] [X.]DSG 8. Aufl. § 32 Rn. 100; [X.] 36/2016 [X.]. 2).

(aa) Eine Datenerhebung zur Aufklärung des (konkreten) Verdachts einer schweren Pflichtverletzung erfolgt „für Zwecke des [X.]eschäftigungsverhältnisses“ iSd. § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG. Die [X.]estimmung kodifiziert ebenso wie Satz 2 der Norm die von der Rechtsprechung aus dem verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht ( Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG ) abgeleiteten allgemeinen Grundsätze zum Datenschutz im [X.]eschäftigungsverhältnis ([X.] 17. November 2016 - 2 [X.] - Rn. 29; [X.]. 16/13657 S. 21). Dabei nimmt die Gesetzesbegründung zur Konkretisierung des [X.]aßstabs der Erforderlichkeit einer Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten zur Durchführung oder [X.]eendigung eines [X.]eschäftigungsverhältnisses auf die Entscheidungen des [X.] vom 22. Oktober 1986 (- 5 [X.] - [X.]E 53, 226) und 7. September 1995 (- 8 [X.] 828/93 - [X.]E 81, 15) [X.]ezug. Diesen zufolge dürfe sich der Arbeitgeber bei seinen [X.]eschäftigten nicht nur über Umstände informieren oder Daten verwenden, um seine vertraglichen Pflichten ihnen gegenüber erfüllen zu können, wie z[X.] Pflichten im Zusammenhang mit der Personalverwaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, sondern auch, um seine im Zusammenhang mit der Durchführung des [X.]eschäftigungsverhältnisses bestehenden Rechte wahrzunehmen, z[X.] durch Ausübung des Weisungsrechts oder durch Kontrollen der Leistung oder des Verhaltens des [X.]eschäftigten ( [X.]. 16/13657 aaO). Voraussetzung ist ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung, das aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis herrühren muss. Es muss ein Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, seiner sonstigen Pflichtenbindung oder mit der [X.] bestehen ( [X.] 7. September 1995 - 8 [X.] 828/93  - zu II 2 c aa der Gründe, aaO). Ein solcher Zusammenhang besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber konkreten Verdachtsmomenten nachgeht, der Arbeitnehmer verletze in schwerwiegender Weise seine arbeitsvertraglichen Pflichten.

(bb) Der mit einer Datenerhebung verbundene Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers muss auch im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten ([X.] 17. November 2016 - 2 [X.] - Rn. 30; 7. September 1995 - 8 [X.] 828/93 - zu II 2 [X.] der Gründe, [X.]E 81, 15; 22. Oktober 1986 -  5 [X.]  - zu [X.] 2 a der Gründe, [X.]E 53, 226 ). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter [X.]erücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen ([X.] 17. November 2016 - 2 [X.] - aaO; 15. April 2014 - 1 [X.] ([X.]) - Rn. 41 , [X.]E 148, 26 ; 29. Juni 2004 -  1 A[X.]R 21/03  - zu [X.] 2 d der Gründe, [X.]E 111, 173 ). Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden [X.]ittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht ([X.] 4. April 2006 - 1 [X.]vR 518/02 - zu [X.] 2 b dd der Gründe, [X.]E 115, 320 ; [X.] 15. April 2014 - 1 [X.] ([X.]) - aaO). Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf keine übermäßige [X.]elastung für den Arbeitnehmer darstellen und muss der [X.]edeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Danach muss im Falle einer der (verdeckten) Videoüberwachung vergleichbar eingriffsintensiven [X.]aßnahme zur Aufklärung einer schwerwiegenden, jedoch nicht strafbaren Pflichtverletzung ebenso wie zur Aufdeckung von Straftaten im Rahmen von § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG ein auf konkrete Tatsachen gegründeter Verdacht für das Vorliegen einer solchen Pflichtverletzung bestehen. Eine verdeckte Ermittlung „ins [X.]laue hinein“, ob ein Arbeitnehmer sich pflichtwidrig verhält, ist auch nach § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG unzulässig.

(c) Die Gegenansicht, wonach § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG immer dann, wenn der Arbeitgeber verdachts- und anlassbezogene Datenverarbeitung vornehme, Zugriffe auf arbeitsrechtliche Verstöße unterhalb der Schwelle von Straftaten sperre und es daher in einer solchen Konstellation verbiete, auf die [X.]efugnisnorm in Satz 1 zurückzugreifen, erschöpft sich in der begründungslosen [X.]ehauptung, ein anderes Verständnis widerspreche offensichtlich dem systematischen Verhältnis der beiden Ermächtigungsgrundlagen (so [X.] 36/2016 [X.]. 2). Welches mit der juristischen [X.]ethodenlehre begründbare systematische Verhältnis der Vorschrift demnach zu Grunde liegen soll, wird nicht ausgeführt. Aus den vorgenannten Gründen liegt indes gerade kein systematischer Widerspruch vor, wenn § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG als lediglich gesondert geregelter Spezialfall im Verhältnis zu Satz 1 der [X.]estimmung verstanden wird.

(d) Ein Verständnis von § 32 Abs. 1 [X.]DSG im Sinne der vom [X.] befürworteten Sperrwirkung des Satzes 2 bei [X.] Datenerhebung wäre nicht mit Unionsrecht vereinbar. Es stünde nicht im Einklang mit Art. 5, Art. 7 [X.]uchst. f der Richtlinie 95/46/[X.] und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ([X.] 95/46/[X.] - A[X.]l. [X.] vom 23. November 1995 S. 31). § 32 Abs. 1 [X.]DSG ist unionsrechtskonform unter [X.]eachtung der [X.] 95/46/[X.] auszulegen, da die [X.]estimmungen des [X.]DSG deren Umsetzung dienen ([X.]/[X.] ArbR-Hd[X.] 16. Aufl. § 153 Rn. 2; [X.] in [X.] [X.]DSG 8. Aufl. [X.]. Rn. 89). Wären anlassbezogene Datenerhebungen ausschließlich gem. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG zur Aufdeckung von Straftaten zulässig, würden zu den in Art. 7 der [X.] 95/46/[X.] genannten zusätzliche Grundsätze eingeführt, was der [X.] 95/46/[X.] widerspräche. Art. 7 [X.] 95/46/[X.] sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist ([X.] 24. November 2011 - [X.]/10 und [X.]/10 - [[X.]] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181).

(aa) Die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts fällt in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Nach Art. 3 Abs. 1 [X.] 95/46/[X.] gilt diese für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Die Anwendung der [X.] 95/46/[X.] ist nicht davon abhängig, ob in dem zu entscheidenden Sachverhalt ein hinreichender Zusammenhang mit der Ausübung der durch den [X.] oder tatsächlich ein Zusammenhang mit dem freien Verkehr zwischen den [X.]itgliedstaaten besteht ([X.] 7. Februar 2012 - 1 A[X.]R 46/10 - Rn. 31, [X.]E 140, 350). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 3 [X.] 95/46/[X.], der mit Ausnahme des in Abs. 2 bestimmten [X.]ereichs die Verarbeitung personenbezogener Daten dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterwirft ([X.] 20. [X.]ai 2003 - [X.]/00 - [[X.] ua.] Rn. 39 ff., 44, Slg. 2003, I-4989).

(bb) Nach Art. 7 [X.]uchst. f [X.] 95/46/[X.] darf die Verarbeitung der Daten, wozu nach ihrem Art. 2 [X.]uchst. b [X.] 95/46/[X.] die Erhebung und [X.]enutzung gehört, zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den [X.] wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen. Art. 5 [X.] 95/46/[X.] erlaubt den [X.]itgliedstaaten zwar, nach [X.]aßgabe ihres Kapitels II und damit ihres Art. 7 die Voraussetzungen näher zu bestimmen, unter denen die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist. Doch kann von dem Ermessen, über das die [X.]itgliedstaaten nach Art. 5 verfügen, nur im Einklang mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel der Wahrung eines Gleichgewichts zwischen dem freien Verkehr personenbezogener Daten und dem Schutz der Privatsphäre Gebrauch gemacht werden. Die [X.]itgliedstaaten dürfen nach Art. 5 [X.] 95/46/[X.] in [X.]ezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten daher keine anderen als die in Art. 7 [X.] 95/46/[X.] aufgezählten Grundsätze einführen und auch nicht durch zusätzliche [X.]edingungen die Tragweite der sechs in Art. 7 [X.] 95/46/[X.] vorgesehenen Grundsätze verändern ([X.] 19. Oktober 2016 - [X.]/14 - [[X.]reyer] Rn. 57; 24. November 2011 - [X.]/10 und [X.]/10 - [[X.]] Rn. 33, 34 und 36). Die [X.] 95/46/[X.] sieht damit nicht nur eine [X.]indest-, sondern eine umfassende Harmonisierung vor (zur [X.]egrifflichkeit [X.] 6. November 2003 -  [X.]/01  - [[X.]] Rn. 96  f., Slg. 2003, [X.]). Die Annahme, eine Datenerhebung zur Aufdeckung einer schwerwiegenden Pflichtverletzung unterhalb einer Straftat sei generell unzulässig, ohne dass es auf die Verhältnismäßigkeit der [X.]aßnahme unter Abwägung der beiderseitigen Interessen ankomme, stünde damit nicht im Einklang.

([X.]) Zwar gilt die [X.] 95/46/[X.] nach ihrem Art. 3 Abs. 1 nur für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird (Art. 2 [X.]uchst. c [X.] 95/46/[X.]). Soweit nach [X.] Recht über § 32 Abs. 2 [X.]DSG der [X.]eschäftigtendatenschutz gem. Absatz 1 der [X.]estimmung über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus auch dann gilt, wenn es um eine nicht in dieser Weise automatisierte Verarbeitung bzw. nicht in einer Datei gespeicherte Daten geht, ändert dies indes nichts daran, dass § 32 Abs. 1 [X.]DSG ebenso und zuvörderst Sachverhalte im Anwendungsbereich der Richtlinie regelt, und daher nur einheitlich richtlinienkonform ausgelegt werden kann (zur Richtlinie 98/59/[X.] des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der [X.]itgliedsstaaten über [X.]assenentlassungen vgl. [X.] 10. Dezember 2009 - [X.]/08 - [Rodríguez [X.]ayor ua.] Rn. 27, Slg. 2009, I-11621).

(e) Umgekehrt entspricht das hier vertretene Verständnis von § 32 Abs. 1 [X.]DSG dem durch die Richtlinie garantierten Schutzniveau für die von einer Datenerhebung [X.]etroffenen. Der Schutz des in Art. 7 der [X.] garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in [X.]ezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen ([X.] 11. Dezember 2014 - [X.]/13 - [Ryneš] Rn. 28). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 E[X.]RK geduldet werden ([X.] 9. November 2010 - [X.]/09 und [X.]/09 - [[X.] und [X.]arkus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, [X.]; [X.] 19. Februar 2015 - 8 [X.] - Rn. 20 f.). Diesen Anforderungen genügt der vom [X.] herangezogene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ([X.][X.]R 5. Oktober 2010 - 420/07 - [X.] 2011, 471).

ff) Danach kommt im Streitfall, selbst wenn nicht die Aufdeckung einer im [X.]eschäftigungsverhältnis begangenen Straftat iSd. § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG in Rede gestanden haben sollte, entgegen der Auffassung des [X.]s eine Rechtfertigung der durch die [X.]eklagte veranlassten Überwachungsmaßnahme zu Zwecken des [X.]eschäftigungsverhältnisses iSd. § 32 Abs. 1 Satz 1 [X.]DSG in [X.]etracht. Ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde, kann der [X.] nicht selbst beurteilen. Dafür bedarf es weiterer Feststellungen.

(1) Die [X.]eklagte hat sich darauf berufen, sie habe das Detektivbüro im Juni 2015 beauftragt, nachdem sie Kenntnis von der E-[X.]ail der Firma [X.] vom 29. [X.]ai 2015 erlangt habe. Danach erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich daraus - ggf. zusammen mit schon vorher bestehenden Verdachtsmomenten - hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Pflichtverletzung des [X.] ergaben, nämlich einer für die Firma seiner Söhne entfalteten Konkurrenztätigkeit und einer zu diesem Zweck erfolgten Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit. Ausreichend, um weitere Aufklärungsmaßnahmen zu rechtfertigen, wäre insofern bereits ein auf konkrete Tatsachen gestützter „einfacher“ Verdacht gewesen (zu § 32 Abs. 1 Satz 2 [X.]DSG [X.] 22. Oktober 2016 - 2 [X.] - Rn. 25). Zwar müssen im Falle einer attestierten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründete Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen [X.]escheinigung bestehen, um einen aufklärungsbedürftigen Verdacht des Vortäuschens einer Arbeitsunfähigkeit annehmen zu können (vgl. [X.] 19. Februar 2015 - 8 [X.] - Rn. 25). Hier können sich aber aus der E-[X.]ail der Firma [X.] vom 29. [X.]ai 2015 hinreichende Verdachtsmomente sogar auf eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit des [X.] ergeben haben. Eine solche würde schon für sich genommen und damit selbst im Falle tatsächlich bestehender Arbeitsunfähigkeit eine schwerwiegende Pflichtverletzung darstellen, deren weitere Aufklärung im berechtigten Interesse des Arbeitgebers läge.

(2) Zur Aufdeckung einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit wäre die Einschaltung des medizinischen Dienstes nach § 275 Abs. 1a Satz 3 SG[X.] V (vgl. dazu [X.] 28. [X.]ai 2009 - 8 [X.] 226/08 - Rn. 26) kein geeignetes milderes [X.]ittel gewesen (ebenso Edenfeld D[X.] 1997, 2273, zu III 3 b; [X.]ecker D[X.] 1983, 1253, 1257). Ob andere gleich wirksame, aber weniger stark in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des [X.] eingreifende Aufklärungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden hätten, wird das [X.], ggf. nachdem es ergänzende Feststellungen getroffen hat, zu würdigen haben.

(3) Es ist nach den bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen, dass die von der [X.]eklagten veranlasste Überwachungsmaßnahme zur Aufklärung des Verdachts auch im Übrigen verhältnismäßig war. Das wäre der Fall, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stand.

II. Die Entscheidung des [X.]s stellt sich nicht iSd. § 561 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Sie unterliegt daher der Aufhebung (§ 562 Abs. 1 ZPO). Es sind bislang keine Umstände festgestellt, aufgrund derer die nach § 626 Abs. 1 [X.]G[X.] erforderliche Interessenabwägung im Ergebnis ausschließlich zugunsten des [X.] ausfallen könnte. Andere Gründe für eine Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung hat der Kläger nicht geltend gemacht. Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

III. Von der Aufhebung und Zurückverweisung umfasst ist auch die Entscheidung des [X.]s über die ordentliche Kündigung. Die [X.]eklagte hat diese nur hilfsweise und damit auflösend bedingt für den Fall erklärt, dass bereits die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Der auf die hilfsweise ordentliche Kündigung bezogene Kündigungsschutzantrag ist demnach dahin zu verstehen, dass er ebenfalls nur auflösend bedingt für den Fall gestellt ist, dass bereits der Kündigungsschutzantrag gegen die außerordentliche Kündigung ohne Erfolg bleibt.

IV. Ebenso der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt die Entscheidung des [X.]s über die Widerklage auf Erstattung der Kosten für den [X.] im Juni 2015. Die Revision ist auch insoweit begründet. Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die [X.]eklagte - sofern ihr Sachvortrag bzw. ihre [X.]eweisangebote dazu verwertbar sind - aus § 280 Abs. 1 [X.]G[X.] gegen den Kläger einen Erstattungsanspruch für den [X.] im Juni 2015 hat (zu den Anspruchsvoraussetzungen im Einzelnen vgl. [X.] 28. Oktober 2010 - 8 [X.] 547/09 - Rn. 24). Nach ihrem vom [X.] in [X.]ezug genommenen Vorbringen in den Vorinstanzen hat sich die [X.]eklagte darauf berufen, „aufgrund des Ergebnisses (der) [X.]aßnahme (stehe) fest, dass der Kläger zu einem Zeitpunkt, zu dem er bei (ihr) als arbeitsunfähig erkrankt im [X.]etrieb nicht anwesend war, die absolut identischen Aufgaben bei der konkurrierenden Firma seiner Söhne durchführte, die er ansonsten bei (ihr) ausführen muss. Damit (stehe) … fest, dass zum einen der Kläger für das Konkurrenzunternehmen seiner Söhne (arbeite), darüber hinaus, dass offensichtlich die Arbeitsunfähigkeit nicht (bestehe) und vorgetäuscht (sei)“. Dies legt nahe, dass die [X.]eklagte behaupten will, der Kläger sei infolge der Überwachungsmaßnahme einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung nicht nur verdächtig, sondern überführt. Der Umstand, dass sie („nur“) eine Verdachtskündigung erklärt hat, besagt für sich genommen nicht, wie ihr Vortrag zur Konkurrenztätigkeit des [X.] bezogen auf den geltend gemachten Erstattungsanspruch zu verstehen ist.

V. Im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet ist ebenfalls die Widerklage auf Auskunft. Das [X.] hat ihre Abweisung ausschließlich auf das vermeintliche Verwertungsverbot gestützt.

        

    Koch    

        

    [X.]erger     

        

    Rachor    

        

        

        

    Koltze    

        

    Gerschermann    

                 

Meta

2 AZR 597/16

29.06.2017

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Heilbronn, 22. Oktober 2015, Az: 8 Ca 28/15, Teilurteil

§ 32 Abs 1 S 1 BDSG 1990, § 286 ZPO, Art 2 Abs 1 GG, Art 1 Abs 1 GG, § 626 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2017, Az. 2 AZR 597/16 (REWIS RS 2017, 8806)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2853 MDR 2018, 40-41 REWIS RS 2017, 8806

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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