Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.10.2021, Az. 26 W (pat) 526/19

26. Senat | REWIS RS 2021, 2089

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Gegenstand

Markenbeschwerdesache – "ABI wir sind inselreif (Wortfolge)" – fehlende Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2021 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und der Richterin kraft Auftrags Dr. Rupp-Swienty

beschlossen:

1. [X.] wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Wortfolge

2

[X.] wir sind inselreif

3

ist am 14. Februar 2017 unter der Nummer 30 2017 101 445.0 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register angemeldet worden für Waren der

4

[X.]: Kunstwerke und Figuren aus Papier oder Pappe sowie Architekturmodelle; Dekorations- und Künstlerbedarfsmaterialien und -mittel; Filtermaterial aus Papier; Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; Unterrichtsmaterialien in Papierform; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; [X.]; Papier und Pappe; Abziehbilder, Aufkleber [Abziehbilder]; [X.] zur Verwendung auf allen Oberflächen; Kalender; Aktenordner; Alben, Alben für Fotos, Alben für Sticker, Karten; Aufbewahrungsboxen für Zeitschriften; Aufbewahrungskisten für Fotos; Aufbewahrungsbehälter aus Papier; Aufbewahrungskartons aus Pappe für Haushaltszwecke; Grußkarten; [X.]; Aufkleber; Aufkleber [Abziehbilder]; Sticker [Papierwaren]; aus Papier hergestellte Schachteln; Autoaufkleber; bedruckte Grußkarten mit eingespeicherten elektronischen Informationen; bedruckte Klebeetiketten; bedruckte Verpackungsmaterialien aus Papier; Beutel aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Beutel aus Papier für Verpackungszwecke; Bierdeckel; Bilderansichtskarten; Bilderkarten; Blöcke [Papier und Schreibwaren]; Blöcke mit Einladungen zu Partys; Blöcke zum Aufbringen von Notizen; Briefbeschwerer; Briefbögen; Briefbögen [Fertigprodukte]; Briefumschlagpapier; dekorative Aufkleber für Helme; dekorative Papiergirlanden für Partys; dekorative Papierschleifen für Verpackungszwecke; Dokumenthüllen; entfernbare Tattoos [Abziehbilder]; entfernbare Tattoos [[X.]];

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Klasse 24: Stoffe; Textilwaren und Textilersatzstoffe; Filtermaterialien aus Textilien; aus textilem Material hergestellte Handtücher; aus Textilstoffen hergestellte Gardinen; Bettlaken; Badelaken und -tücher; Badetücher; Badeumhängehandtücher mit Kapuze; Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; [X.]; [X.]; Banner aus Stoff; Banner aus textilem Material; Banner aus Textilmaterial; bedruckte Textilwaren; Bett- und Tischwäsche; Bettauflagen [Decken]; Bettbezüge; Bettbezüge aus textilem Material; Bettdecken; Bettdecken [Bettwäsche]; Bettdecken aus Baumwolle; Bettdecken aus Kunstfasern; Bettdecken aus Seide; Bettdecken aus Wolle; Bettwäsche; Bettwäsche und Decken; Bettüberwurfdecken; Platzdeckchen [Sets, nicht aus Papier]; Platzdeckchen aus Webstoffen; Reisedecken; runde Tischdecken, nicht aus Papier; Schlafzimmertextilstoffe; Schoßdecken; selbstklebende Stoffetiketten; Sitzkissenbezüge; Spitzenplatzdeckchen, nicht aus Papier; Steppdecken aus Frottee; Steppdecken aus Textilien; Steppdecken mit Federfüllung; Steppdecken mit Halbdaunenfüllung; Steppdecken mit Polsterfüllstoffen; Steppdecken mit synthetischen Polsterfüllstoffen; Steppdecken, Tagesdecken für Betten; Strandtücher;

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[X.]: Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Anoraks; Arbeitskittel; Bademäntel; Badeschlappen; Badeschuhe; Badeshorts; Bandanas; Bandanas [Tücher für [X.]]; bedruckte T-Shirts; Bomberjacken; Boxershorts; Fleecebekleidung; Freizeithemden; Hemden; Hoodies [Kapuzenpullover]; Kapuzenpullover; [X.]; T-Shirts.

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Mit [X.]uss vom 4. Juli 2018 hat die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 24 des [X.] die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem Anmeldezeichen handele es sich um eine allgemeine Aussage im Sinne einer Botschaft bzw. Mitteilung an die Umwelt, wie sie als witziger, frecher oder allgemeiner Hinweis im Alltagsgeschehen oder als allgemeine Lebensweisheiten immer wieder auftauchten. Gerade das glückliche Ende der ganzen Anspannung und des Lernens auf das [X.]tur werde neben den diversen Feierlichkeiten auch mit einem gewissen Stolz an die Umwelt allgemein mitgeteilt. Jeder kenne beispielsweise die Aufschriften auf meist kleineren Autos mit „[X.]“ und Jahreszahl oder auch auf T-Shirts, Pullovern, Kappen, Taschen, Rücksäcken, Tüchern, Handtüchern usw. mit einem ähnlichen Aufdruck. Es entspreche modeüblicher Vorgehensweise, solche Statements oder witzige Botschaften an die Umwelt auf Kleidungsstücken, Taschen, Beuteln, Handtüchern, sonstigen Textilwaren, Schreibwaren oder Aufklebern groß und für alle sichtbar anzubringen. Vergleichbare Gewohnheiten bestünden bei Fanartikeln eines Fußballvereins. Der angemeldete Ausspruch spiegele nicht nur die zurückliegenden Mühen zum Bestehen des [X.]turs wider, sondern ziele auch auf einen langen Zeitraum des Lernens mit kaum Freizeit ohne Urlaub ab. Die Aussage, „reif für die Insel“ sei ein allgemeiner Spruch, dass jemand am Ende seiner Kräfte, also urlaubsreif sei. Es sei nachvollziehbar, dass man während der Monate der Vorbereitungen auf Klausuren und Prüfungen „inselreif“ sei. Diese besondere Lebenssituation werde gerne als Botschaft an die Umwelt, zum besseren Verständnis, aus Stolz oder nur zur Motivation, z. B. als Geschenk von Freunden oder Verwandten, allgemein mitgeteilt bzw. die Belastung und Anspannung mit anderen geteilt. Diese Art, allgemeine Mitteilungen als Ausdruck persönlicher Gefühle, Empfindungen oder Lebenserfahrungen auf Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schirme, Taschen, Textilwaren, Tassen, Aufkleber, Sticker, Schreibwaren oder auch Geschenk- oder Souvenirartikeln anzubringen und damit zu „verschönern“, sei allgemeine Gewohnheit, weshalb eine solche Wortfolge nicht als [X.] verstanden werde. Die Rechtsprechung, wonach die Unterscheidungskraft von [X.] bereits zu bejahen sei, wenn ihnen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden könne, sei überholt. Dies gelte auch für die Entscheidung des [X.] zur Wortfolge „[X.] ALLES IN TROCKENEN TÜCHERN“ (26 W (pat) 78/12), die zudem keine Bindungswirkung entfalte. Das Anmeldezeichen werde daher nur als einer von vielen üblichen witzigen oder weniger witzigen Aussagen oder Sprüchen wahrgenommen. Dahingehend hätten sich das Verkehrsverständnis und die Rechtsprechung in den letzten fünf bis10 Jahren entscheidend verändert. Der Erwerb von Waren mit einem solchen Aufdruck beruhe allein auf dem jeweiligen Spruch und seiner Eignung, die Gefühle des Käufers zum Ausdruck zu bringen. Es sei davon auszugehen, dass das Anmeldezeichen als deutlich sichtbarer Schriftzug auf der Vorder- oder Rückseite der beanspruchten Waren angebracht werde und somit die Benutzung als Motiv die wahrscheinlichste und zugleich praktisch bedeutsamste Verwendungsform darstelle.

8

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bei dem Anmeldezeichen handele es sich weder um ein Motto noch um einen (Werbe-)Spruch. Nur weil derartige Sprüche mehrfach im [X.] nachzulesen seien, könne die Unterscheidungskraft nicht verneint werden, weil das Markenrecht keinen Neuheitsbegriff kenne. Die beanspruchten Waren der Klassen 16, 24 und 25 stünden in keinem Zusammenhang mit der fiktiven Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“. Die Schutzfähigkeit solcher Wortfolgen habe das [X.] in der Entscheidung zu „[X.] ALLES IN TROCKENEN TÜCHERN“ (26 W (pat) 78/12) bestätigt. Es werde bestritten, dass diesem [X.]uss keine Recherche zur Verwendung von [X.]-Sprüchen zugrunde gelegen habe. Das Anmeldezeichen sei weder eine beschreibende Angabe bzw. Anpreisung noch eine Werbeaussage allgemeiner Art. Es sei vielmehr mangels eindeutigen Sinngehalts des Bestandteils „[X.]“ und wegen des unterschwelligen Hinweises auf die Waren „Handtücher, Badetücher und Strandtücher“ interpretationsbedürftig. Gerade auf einer Insel, die man gerne im Urlaub, insbesondere nach einer anstrengenden Arbeit besuche, stelle ein Bade- oder Strandtuch einen dringend erforderlichen Gegenstand dar, so dass eine gedankliche Verbindung zu den Produkten „Handtücher, Badetücher und Strandtücher“ hergestellt werde. Auch die Kürze, Originalität und Prägnanz dieses Spruches, der keine übliche Werbefunktion innehabe oder gar als Webemittel diene, begründe seine Unterscheidungskraft. Der Umstand, dass durch moderne Technik Wortfolgen auf eine Vielzahl von Produkten angebracht werden könnten, rechtfertige keine Zurückweisung der Anmeldung. Auch die Marken „[X.]“ ([X.], 934), „for you“ ([X.], 173), „[X.] COTTON“ ([X.], 520), „[X.] economy“ ([X.], 270) und „Vorsprung durch Technik“ ([X.] [X.] 2010, 228 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]) seien eingetragen worden.

9

Mit gerichtlichem Schreiben vom 17. November 2020 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von [X.] ([X.] 1 bis 38 in einem gesonderten Anlagenband) auf die Schutzunfähigkeit des [X.] hingewiesen worden.

Die Anmelderin ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Sie beantragt mit [X.] vom 9. August 2018 sinngemäß,

den [X.]uss der Markenstelle für Klasse 24 des [X.] vom 4. Juli 2018 aufzuheben.

Hilfsweise regt sie mit [X.] vom 10. Juni 2021 an, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

[X.].

Die nach §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ als Marke für die beanspruchten Waren der Klassen 16, 24 und 25 steht das [X.] der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 [X.]).

a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.] [X.] 2015, 1198 [X.]. 59 f. – [X.]/[X.]]; [X.], 932 [X.]. 7 – #darferdas? I; [X.] 2018, 301 [X.]. 11 – [X.]; [X.], 934 [X.]. 9 – [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten ([X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein [X.] begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] – [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen ([X.] [X.] 2004, 428 [X.]. 53 – [X.]; [X.] [X.]. 15 – [X.]).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt ([X.] [X.] 2013, 1143 [X.]. 15 – [X.] werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist ([X.] [X.] 2006, 411 [X.]. 24 – Matratzen Concord/[X.]; [X.] [X.] 2014, 376 [X.]. 11 – grill meister).

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen ([X.] [X.] 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor; [X.] [X.]. 8 – #darferdas? I; [X.], 270 [X.]. 11 – [X.] economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden ([X.] – #darferdas? I; a. a. [X.]. 12 – [X.]; [X.] 2014, 872 [X.]. 21 – [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht ([X.] – #darferdas? I; a. a. O. – [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 [X.]. 32 – [X.]; [X.] [X.] 2014, 569 [X.]. 18 – [X.]); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer [X.] entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der [X.] wegführt ([X.] [X.] 2007, 204 [X.]. 77 f. – [X.]; [X.] [X.] 2014, 1204 [X.]. 16 – DüsseldorfCongress).

An die Beurteilung der Unterscheidungskraft (sloganartiger) Wortfolgen und Slogans sind keine strengeren Maßstäbe anzulegen als bei sonstigen Wortzeichen ([X.] [X.] Int. 2012, 914 [X.]. 25 – Smart/[X.] [[X.] DAS [X.]]; a. a. [X.]. 36 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] 2004, 1027, [X.]. 33 und 34 – [X.] [Das Prinzip der Bequemlichkeit]; [X.], 173 [X.]. 17 – for you; [X.] 2014, 872 [X.]. 14 – [X.]; [X.] 2014, 565 [X.]. 14 – smartbook). Vielmehr ist in jedem Fall zu prüfen, ob die Wortfolge einen ausschließlich produktbeschreibenden Inhalt hat oder ihr über diesen hinaus eine, wenn auch noch so geringe Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen zukommt ([X.] [X.], 949 [X.]. 10 – [X.]; [X.], 778 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 2010, 935 [X.]. 8 – [X.]). Selbst wenn aber Marken, die aus Zeichen oder Angaben bestehen, die sonst als [X.], [X.] oder Aufforderungen zum Kauf der in Bezug genommenen Waren und Dienstleistungen verwendet werden, eine Sachaussage in mehr oder weniger großem Umfang enthalten, ohne unmittelbar beschreibend zu sein, können sie dennoch geeignet sein, den Verbraucher auf die betriebliche Herkunft der in Bezug genommenen Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen ([X.] a. a. [X.]. 56 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn diese Marken nicht nur in einer gewöhnlichen Werbemitteilung bestehen, sondern eine gewisse Originalität oder Prägnanz aufweisen, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordern oder bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslösen ([X.] a. a. [X.]. 57 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]; [X.] [X.]. 17 – for you; [X.] 2013, 552 [X.]. 9 – [X.] schönste Seiten; a. a. O. – [X.]). Der anpreisende Sinn einer angemeldeten Wortfolge schließt deren Eignung als Herkunftshinweis nur dann aus, wenn der Verkehr sie ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht ([X.] [X.]. 23 – [X.]).

b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] hat die sloganartige Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 14. Februar 2017, nicht genügt. Sie hat zwar zu den beanspruchten Waren weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt vermittelt noch einen engen beschreibenden Bezug hergestellt. Dennoch hat sie sich schon am Anmeldetag nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen geeignet, weil es sich um ein geläufiges, auf originelle Selbstdarstellung angelegtes Motto handelt, das nur als solches wahrgenommen worden ist.

aa) Von den angemeldeten Produkten werden sowohl der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher als auch der jeweilige Fachhandel für Papeterie, Schreibwaren und Büroartikel sowie der Fachverkehr der Druckindustrie-, Verpackungs-, Textil- und Bekleidungsbranche angesprochen.

bb) Die angemeldete Wortfolge setzt sich aus der Buchstabenfolge „[X.]“ und dem allgemein verständlichen Satz „wir sind inselreif“ zusammen.

aaa) Die aussprechbare Buchstabenfolge „[X.]“ kann zwar als Abkürzung auch für „[X.]“ stehen, wird aber im vorliegenden Zeichen- und [X.] unschwer als umgangssprachliche Kurzform des Substantivs „[X.]tur“ erkannt, dem die Bedeutungen „Abschlussprüfung an einer höheren Schule; Reifeprüfung; höherer Schulabschluss; Berechtigung, an einer Hochschule zu studieren“ bzw. „allgemeine Hochschulreife“ zukommen (vgl. zum gerichtlichen Hinweis (alle nachfolgend genannten Anlagen sind solche zum gerichtlichen Hinweis); www.dwds.de, Anlage 2; vgl. [X.] 27 W (pat) 82/05 – [X.] 2018; [X.], Herkunftswörterbuch, 3. Aufl., Stichwort: [X.]tur, Anlage 3).

bbb) Der nachfolgende Aussagesatz besteht aus den Wörtern „wir“, „sind“ und „inselreif“.

(1) „Wir“ ist das Personalpronomen der 1. Person Plural und bezeichnet allgemein eine Gruppe von Personen unter Einschluss der Sprecherin oder des Sprechers.

(2) Die Wortfolge „wir sind“ bringt eine besondere Identifikation zum Ausdruck ([X.] 30 W (pat) 517/15 – Wir sind Spitzenmedizin; 30 W (pat) 550/10 – Wir sind Public Viewing; 28 W (pat) 522/10 – Wir sind Innovation!; 28 W (pat) 127/09 – We Are Pioneering Solutions).

(3) Das Adverb „inselreif“ ist zwar lexikalisch nicht nachweisbar, stellt aber eine ohne weiteres erkennbare Kurzfassung des umgangssprachlichen Ausdrucks „reif für die Insel sein“ dar mit der Bedeutung „einen Urlaub dringend nötig haben“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Insel; [X.] 25 W (pat) 514/11 – Insel der Balance).

cc) In der Gesamtheit hat der angesprochene Verkehr die sprachregelgerecht ge-bildete Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ schon am Anmeldetag, dem 14. Februar 2017, als Motto, [X.] oder Statement eines [X.]turjahrganges verstanden, der zum Ausdruck bringt, dass eine Gruppe von Personen unter Einschluss der Sprecherin oder des Sprechers nach Erreichen eines höheren Schulabschlusses dringend Urlaub benötigt.

c) Mit dieser Gesamtbedeutung beschreibt das Anmeldezeichen weder Merkmale der angemeldeten Produkte, noch stellt es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen her, weil die Waren in keinem Zusammenhang zum [X.]tur oder zur Urlaubsreife der Absolventen stehen. Der Umstand, dass die beanspruchten Produkte theoretisch während einer [X.]turfeier oder bei [X.]turaktionen verkauft oder zum Einsatz kommen können, reicht zur Annahme eines engen beschreibenden Bezuges nicht aus. Denn die Waren sind unabhängig von dem Ereignis universell einsetzbar und können unabhängig hiervon auch nach dem [X.]tur verwendet werden. Die angemeldete Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ kann auch nicht als Themen- oder Inhaltsangabe der Produkte „Unterrichtsmaterialien in Papierform; [X.]“ angesehen werden, weil sie nicht geeignet ist, einen weiten Themenbereich abzudecken und den Inhalt einer Vielzahl unterschiedlicher Druckschriften zu umschreiben.

d) Dennoch ist davon auszugehen, dass die Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ vom angesprochenen Verkehr zum Anmeldezeitpunkt nicht als Mittel zur betrieblichen Herkunftsindividualisierung aufgefasst worden ist.

aa) Denn eine Bezeichnung verfügt nicht schon allein deshalb über Unterscheidungskraft, weil sie nicht waren- oder dienstleistungsbeschreibend ist ([X.] [X.] 2010, 935 [X.]. 11 – [X.]; [X.] 1988, 211, [X.]. 9 – [X.] denn?; [X.] 1976, 587, 588 – Happy). Sie muss vielmehr geeignet sein, auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Betrieb hinzuweisen. Diese Eignung fehlt beispielsweise regelmäßig bei allgemein verständlichen Redewendungen, die von jedem Unternehmen verwendet werden können ([X.] 33 W (pat) 55/97 – So sind wir nun mal; 26 W (pat) [X.], dass es uns gibt!; 30 W (pat) 33/08 – ... weil Nähe zählt; 27 W (pat) 12/11 – Komm zum Punkt) oder bei allgemein verständlichen, häufig verwendeten Fragesätzen ([X.] [X.]. 7 u. 8 – [X.] denn?). Hinzu kommt, dass eine längere Wortfolge dem angesprochenen Verkehr in der Regel nicht den Eindruck eines betrieblichen [X.] vermittelt ([X.] – [X.]; [X.] 27 W (pat) 521/14 – [X.] REICHT'S. [X.]; 29 W (pat) 55/07 – DON'T [X.] [X.]; [X.] 2004, 333 – [X.] DER WELT DEIN SCHÖNSTES LÄCHELN).

bb) Das vorliegende Motto „[X.] wir sind inselreif“ reiht sich zudem in eine Vielzahl bereits häufig verwendeter, fast identischer oder ähnlich gebildeter Sprüche von [X.]turienten ein, wie nachfolgende Beispiele u. a. auch mit den Begriffen „reif“ und „Insel“ zeigen:

- [X.]n den Urlaub Schluss mit der Schule;

- [X.]n den Süden;

- [X.] DUBu Endlich weg!;

- [X.]stralien Hauptsache weit weg;

- Schlar[X.]land auf ins süße Leben;

- [X.]gypten Freiheit für Bildungssklaven;

- El [X.]nal reif für die Insel;

- Haw[X.] nach 12 Jahren reif für die Insel

([X.], Anlage 4).

Darüber hinaus existieren mehrere hundert verschiedene Fun-Sprüche zum Thema [X.]tur (vgl. „[X.]sprüche Liste – über 1400 Sprüche“, https://www.schuldruckerei.com/abi/shirts/sprueche/, Anlage 6; „[X.]sprüche – ÜBER 1000 [X.] EUER [X.] MOTTO“, https://www.abigrafen.de/abi-motto/die-groesste-abi-sprueche-sammlung-im-netz/, Anlage 4).

e) Die angemeldete Wortfolge erschöpft sich daher in einem auf originelle Selbstdarstellung angelegten Motto, das nur Auskunft über das Befinden der Benutzerin oder des Benutzers gibt und damit von der Eignung als Marke wegführt. Diese aus vier Wörtern bestehende Wortfolge ist weder kurz und prägnant noch hinreichend interpretationsbedürftig, noch löst sie einen Denkprozess aus. Denn die Verwenderin oder der Verwender bringen in diesem personalisierten Statement lediglich deutlich erkennbar zum Ausdruck, dass das [X.]tur derartig anstrengend war, dass sie oder er dringend Urlaub benötigen und die erforderliche Ruhe und Erholung nach dem [X.]turstress nur in der Abgeschiedenheit einer Insel finden können. Da das Anmeldezeichen somit nur als eine nach außen gerichtete Botschaft eines [X.]turjahrgangs verstanden wird und keine Verbindung zu den beanspruchten Waren, wie z. B. der [X.]: „Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“, zu einem bestimmten Unternehmen, wie z. B. der [X.]: „Wir haben verstanden“ oder zum Konsumenten, wie [X.], Schwung, Spannung – [X.]“, herstellt, ist es nicht geeignet, als betrieblicher Herkunftshinweis zu wirken (vgl. [X.] 29 W (pat) 600/17 – [X.] Das [X.].; 29 W (pat) 519/18 – [X.]; 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern; 27 W (pat) 521/14 – [X.] REICHT'S. [X.]; 24 W (pat) 536/16 – machdeinsdraus).

f) Eine Vielzahl der beanspruchten Waren der Klassen 16, 24 und 25 kann als Kommunikationsträger, Werbefläche, Erkennungszeichen, wie z. B. Vereins- oder Schulsymbole, oder Medium politischer oder sonstiger persönlicher Äußerung dienen (Loschek, Reclams Mode- und Kostümlexikon, 6. Aufl. 2011, [X.] „T-Shirt“, Anlage 18). Als Motiv auf Abziehbildern, Grußkarten, Aufklebern, Verpackungsmaterialien, Heimtextilien und Bekleidungsstücken sind Fun-Sprüche oder andere bekenntnishafte Aussagen, die von [X.] als persönliche Äußerung des Trägers aufgefasst werden sollen, dem Publikum schon lange vor dem Anmeldetag vertraut gewesen (vgl. etwa „ich bin 30 – bitte helfen Sie [X.] über die Straße“; „ich bin blond – bitte langsam sprechen“; „Bier formte diesen wunderbaren Körper“; [X.] 27 W (pat) 521/14 – [X.] REICHT'S. [X.]). Der Erwerb entsprechender Waren beruht maßgeblich auf dem jeweiligen Spruch bzw. Statement und seiner Eignung, die Haltung oder das ironische oder witzige Statement des Trägers nach außen zu kommunizieren. Er erfolgt jedenfalls nicht wegen eines ggf. mit dem Spruch verbundenen Qualitäts-, Preis- oder Beschaffenheitsversprechens oder auf einer irgendwie anders gearteten Vorstellung über die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen.

2. Die Schutzunfähigkeit des [X.] für die angemeldeten Produkte zum Anmeldezeitpunkt besteht unabhängig vom Anbringungsort.

a) Bei der Prüfung, ob das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft besteht, ist auf die Kennzeichnungsgewohnheiten im maßgeblichen Warensektor abzustellen (vgl. [X.] [X.] 2020, 411 [X.]. 13 – #darferdas? [X.]; [X.] 2018, 932 [X.]. 18 – #darferdas? I, [X.]; [X.] [X.] 2019, 1194 [X.]. 24 und 33 – AS/[X.] [#darferdas?]). Hierzu rechnen die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet, und insbesondere die Stelle, an der sie angebracht werden. Die Antwort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Ware angebrachtes Zeichen als Hinweis auf die Herkunft oder als bloßes dekoratives Element auffasst, kann nach der Art und der Platzierung des Zeichens variieren (vgl. [X.] – #darferdas? [X.]; a. a. O. – #darferdas? I, [X.]). Dabei muss die Unterscheidungskraft eines als Marke angemeldeten Zeichens unter Berücksichtigung aller relevanten Tatsachen und Umstände, einschließlich sämtlicher wahrscheinlicher [X.] der angemeldeten Marke geprüft werden (vgl. [X.] a. a. [X.]. 33 – AS/[X.] [#darferdas?]; [X.] [X.]. 15 – #darferdas? [X.]). Sind in der maßgeblichen Branche mehrere [X.] praktisch bedeutsam, müssen bei der Prüfung der Unterscheidungskraft alle diese verschiedenen [X.] berücksichtigt werden, um zu klären, ob der Durchschnittsverbraucher der erfassten Waren oder Dienstleistungen das Zeichen als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrnehmen kann (vgl. [X.] a. a. [X.]. 25 – AS/[X.] [#darferdas?; [X.] – #darferdas? [X.]]). [X.], die in der betreffenden Branche zwar denkbar, aber praktisch nicht bedeutsam sind und somit wenig wahrscheinlich erscheinen, sind dagegen für die Prüfung der Unterscheidungskraft irrelevant, es sei denn, der Anmelder hat konkrete Anhaltspunkte geliefert, die eine in der fraglichen Branche unübliche Verwendungsart in seinem Fall wahrscheinlich machen (vgl. [X.] a. a. [X.]. 26 – AS/[X.] [#darferdas?]; [X.]– #darferdas? [X.]). Die Prüfung der Unterscheidungskraft kann mithin nur in den Fällen auf die wahrscheinlichste Verwendung der angemeldeten Marke beschränkt werden, in denen in der betreffenden Branche nur eine Verwendungsart praktisch bedeutsam ist (vgl. [X.], [X.] 2019, 1194 [X.]. 32 – AS/[X.] [#darferdas?]; [X.] – #darferdas? [X.]).

b) Auch unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher [X.] bei den beanspruchten Waren der [X.] „Kopfbedeckungen; Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Anoraks; Arbeitskittel; Bademäntel; Badeschlappen; Badeschuhe; Badeshorts; Bandanas; Bandanas [Tücher für [X.]]; bedruckte T-Shirts; Bomberjacken; Boxershorts; Fleecebekleidung; Freizeithemden; Hemden; Hoodies [Kapuzenpullover]; Kapuzenpullover; [X.]; T-Shirts“ wird das Anmeldezeichen von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst.

aa) Bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern, die auf der Vorder- oder Rückseite von Bekleidungsstücken deutlich sichtbar platziert sind, geht der Verkehr in der Regel nicht davon aus, dass es sich um einen Herkunftshinweis handelt ([X.] – #darferdas? [X.]; a. a. O. – #darferdas? I [X.]; [X.] 2010, 838 [X.]. 20 – [X.]). Soweit das Anmeldezeichen daher in einem deutlich sichtbaren Schriftzug auf der Außenseite der in [X.] beanspruchten Waren, wie z. B. T-Shirts, angebracht ist, gibt es als Motto oder Meinungsäußerung nur Auskunft über den Träger ([X.], Du bist, was Du trägst, in: [X.], [X.], 2001, Anlage 19), nämlich, dass ihn das [X.] der allgemeinen Hochschulreife [X.] gekostet hat, dass er dringend Urlaub braucht, eignet sich aber nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen.

Insbesondere T-Shirts sind schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt mit derartigen Slogans versehen und als Kommunikationsmittel genutzt worden ([X.], 2004, [X.], Anlage 20; [X.], [X.], 2001, Anlage 19; [X.], 4. Ausgabe 2016, Anlage 21; [X.]/, Anlage 22); [X.]/ druckanleitungen-fuer-die-abi-party/[X.]-38-50-mm/, Anlage 23; Anlage 28). Auch Sweatshirts und Kopfbedeckungen sind mit deutlich lesbaren [X.]-Sprüchen auf ihrer Vorderseite zum Kauf angeboten worden (https://www.spreadshirt.de; https://www.locoprint.de/locoprint/ textilsortiment/, [X.] 24; [X.] 2004/2005, [X.], Anlage 17). Dies gilt auch für „Badeshorts“ (Anlagekonvolut 25), „Badeschlappen“ (Anlage 26), „Bademäntel“ (vgl. [X.] 2004/2005, [X.], Anlage 17) oder „Arbeitsbekleidung“ ([X.] 27).

bb) In der Bekleidungsbranche werden Marken aber auch auf der Vorderseite des [X.] als dezenter Aufdruck oder mittels kleinen Etiketts oder in der Innenseite auf eingenähten Etiketten angebracht; manchmal befinden sie sich auch auf einem Seitenetikett ([X.] – #darferdas? [X.]; a. a. O. – #darferdas? I, [X.]; [X.] 29 W (pat) 519/18 – [X.]). Alle vorgenannten Anbringungsarten sind gleichermaßen praktisch bedeutsam und daher wahrscheinlich. Dennoch hat der Verkehr das Anmeldezeichen auch bei einer solchen „markenmäßigen“ Anbringung an den Waren der [X.] auf einem kleinen äußeren oder inwendigen Etikett nicht als Kennzeichen eines bestimmten Herstellers, sondern nur als die Botschaft eines [X.]turjahrgangs aufgefasst. Es handelt sich daher um eine produktunabhängige unterscheidungsungeeignete Aussage als solche ([X.] 29 W (pat) 519/18 – [X.]; 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern; 27 W (pat) 521/14 – [X.] REICHT'S. [X.]; 24 W (pat) 536/16 – machdeinsdraus; vgl. auch KG [X.]-RR 2016, 118 – Tussi [X.]; [X.], [X.]. v. 7. April 2008 – 3 W 30/08 – Mit Liebe gemacht).

c) Eine Unterscheidungskraft kommt dem Anmeldezeichen unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher [X.] auch bei den beanspruchten Waren der [X.] nicht zu.

aa) Wenn das Anmeldezeichen auf den Produkten der [X.] als deutlich lesbarer Schriftzug plakativ platziert wird, geht der Verkehr – wie in der Bekleidungsbranche – nicht von einem [X.] aus. Ein solcher Anbringungsort ist bei einer Vielzahl der beanspruchten Produkte der [X.] aber praktisch bedeutsam und wahrscheinlich ([X.] 29).

aaa) Die angemeldete Wortfolge kann auf der Außenseite der Waren „Kunstwerke und Figuren aus Papier oder Pappe“ gut sichtbar als [X.] angebracht werden. Es ist beispielweise üblich, Kunstwerke oder Figuren aus Papier oder Pappe anzufertigen, mit [X.]-Mottos zu versehen, auf dem Schulgelände zu platzieren oder auf einem Schulumzug mitzuführen.

bbb) Die Produkte „Dekorationsbedarfsmaterialien und –mittel; Abziehbilder, Aufkleber [Abziehbilder]; [X.] zur Verwendung auf allen Oberflächen; Karten; Grußkarten; [X.]; Aufkleber; Aufkleber [Abziehbilder]; Sticker [Papierwaren]; Autoaufkleber; bedruckte Grußkarten mit eingespeicherten elektronischen Informationen; bedruckte Klebeetiketten; Bilderansichtskarten; Bilderkarten; dekorative Aufkleber für Helme; dekorative Papiergirlanden für Partys; entfernbare Tattoos [Abziehbilder]; entfernbare Tattoos [[X.]]“ können das [X.]-Motto als maßgebliches Motiv abbilden ([X.] 2004/2005, [X.], Anlage 17).

ccc) Auf den Waren „Filtermaterial aus Papier; [X.]; Kalender; Aktenordner; Alben, Alben für Fotos, Alben für Sticker, Aufbewahrungsboxen für Zeitschriften; Aufbewahrungskisten für Fotos; Aufbewahrungsbehälter aus Papier; Aufbewahrungskartons aus Pappe für Haushaltszwecke; aus Papier hergestellte Schachteln; Bierdeckel; Blöcke [Papier und Schreibwaren]; Blöcke mit Einladungen zu Partys; Blöcke zum Aufbringen von Notizen; Briefbeschwerer; Briefbögen; Briefbögen [Fertigprodukte]; Briefumschlagpapier“ kann der angemeldete [X.] ebenfalls plakativ aufgedruckt werden ([X.], [X.], 2014, 2015, S. 22 f., Anlage 16; zu Blöcken Anlage 32).

ddd) Mit einem entsprechenden Aufdruck kann auch die Außenseite der Produkte „Taschen, Beutel und Waren für Verpackungs-, Einpack- und Ablagezwecke aus Papier, Pappe oder Kunststoff; bedruckte Verpackungsmaterialien aus Papier; Beutel aus Kunststoff für Verpackungszwecke; Beutel aus Papier für Verpackungszwecke; dekorative Papierschleifen für Verpackungszwecke“ versehen werden (Anlage 31).

bb) Aber auch bei einer Verwendung des [X.] auf der Verpackung, einem Warenetikett oder -anhänger, auf der [X.] oder an einer sonstigen nach außen nicht sofort ins Auge fallenden Stelle nehmen die angesprochenen Verkehrskreise nicht an, dass es sich um eine Produktmarke im Sinne eines betrieblichen Unterscheidungsmittels handelt, sondern verstehen diese witzige Aussage nur als solche.

cc) Entsprechendes gilt für die beanspruchten Waren „Architekturmodelle; Künstlerbedarfsmaterialien und -mittel; Unterrichtsmaterialien in Papierform; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; [X.]; Papier und Pappe; Dokumenthüllen“, bei denen eine plakative Anbringung des [X.] eher unwahrscheinlich ist.

d) Das Anmeldezeichen ist auch für die beanspruchten Waren der Klasse 24 unter Berücksichtigung sämtlicher praktisch bedeutsamer und daher wahrscheinlicher [X.] schutzunfähig.

aa) Die angemeldete Wortfolge „[X.] wir sind inselreif“ ist auch schon vor dem Anmeldetag als deutlich wahrnehmbares, aufgedrucktes Motiv in Betracht gekommen für die Waren

Stoffe; Textilwaren und Textilersatzstoffe; Filtermaterialien aus Textilien; aus textilem Material hergestellte Handtücher; Badelaken und -tücher; Badetücher; Badeumhängehandtücher mit Kapuze; Badewäsche [ausgenommen Bekleidungsstücke]; [X.]; [X.]; Strandtücher“ ([X.] 2004/2005, [X.], Anlage 17; [X.] 33 und 33a);

aus Textilstoffen hergestellte Gardinen“ ([X.] 34);

Bettlaken; Bett- und Tischwäsche; Bettauflagen [Decken]; Bettbezüge; Bettbezüge aus textilem Material; Bettdecken; Bettdecken [Bettwäsche]; Bettdecken aus Baumwolle; Bettdecken aus Kunstfasern; Bettdecken aus Seide; Bettdecken aus Wolle; Bettwäsche; Bettwäsche und Decken; Bettüberwurfdecken; Schlafzimmertextilstoffe“ ([X.] 35);

Banner aus Stoff; Banner aus textilem Material; Banner aus Textilmaterial; bedruckte Textilwaren“ (Anlage 36);

Platzdeckchen [Sets, nicht aus Papier]; Platzdeckchen aus Webstoffen; Reisedecken; runde Tischdecken, nicht aus Papier; Schoßdecken; selbstklebende Stoffetiketten; Sitzkissenbezüge; Spitzenplatzdeckchen, nicht aus Papier“ ([X.] 37);

und

Steppdecken aus Frottee; Steppdecken aus Textilien; Steppdecken mit Federfüllung; Steppdecken mit Halbdaunenfüllung; Steppdecken mit Polsterfüllstoffen; Steppdecken mit synthetischen Polsterfüllstoffen; Steppdecken, Tagesdecken für Betten“ ([X.] 38).

bb) Aber auch bei einer Verwendung auf der Verpackung, einem Warenetikett oder -anhänger oder an einem sonstigen nach außen nicht sofort ins Auge fallenden Ort hat das Publikum das Anmeldezeichen nur als produktunabhängiges Motto, nicht aber als individualisierendes Herkunftskennzeichen aufgefasst.

3. Der von der Anmelderin angeführte [X.]uss des [X.] zur Wortfolge „[X.] ALLES IN TROCKENEN TÜCHERN“ (26 W (pat) 78/12) in komplett anderer Senatsbesetzung rechtfertigt keine andere Entscheidung.

a) Zunächst stammt dieser [X.]uss vom 24. Oktober 2012, liegt also schon mehr als acht Jahre zurück und konnte daher die Entscheidungen des [X.] 29 W (pat) 600/17 – [X.] Das [X.]., 29 W (pat) 519/18 – [X.], 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern, 27 W (pat) 521/14 – [X.] REICHT'S. [X.], 24 W (pat) 536/16 – machdeinsdraus sowie das Urteil des [X.] und die [X.]üsse des [X.] zum Wortzeichen „#darferdas?“ nicht berücksichtigen.

b) Abgesehen davon, dass die Subsumtion unter die Definition der Unterscheidungskraft nur aus sechs Sätzen besteht, stützt sie sich vor allem darauf, dass die angemeldete Wortfolge keinerlei beschreibenden Sinngehalt für die begehrten Waren habe. Dabei lässt sie außer [X.], dass der [X.] schon in seinem [X.]uss zu „[X.] denn“ vom 22. Oktober 1987 ([X.] 1988, 211) ausgeführt hatte, dass eine Bezeichnung nicht schon allein deshalb über Unterscheidungskraft verfüge, weil sie nicht waren- oder dienstleistungsbeschreibend sei.

c) Darüber hinaus kann dem [X.]uss nicht entnommen werden, ob der Senat in der damaligen Besetzung überhaupt Feststellungen zur Verwendung von [X.]-Sprüchen bei den dort verfahrensgegenständlichen Waren der Klassen 24, 25 und 27 getroffen hat. Zum – damals noch maßgeblichen – Entscheidungszeitpunkt sind jedoch [X.]-Mottos bereits geläufig gewesen:

- [X.] 2012 - Mit uns beginnt eine neue Zeitrechnung (Maja-Kalender);

- [X.] 2012 - Jetzt kann die Welt untergehen;

- [X.] 2012 - Kataklysmisch überragend;

- Was[X.] 2012 - Doppelt scharf im Abgang! (Doppeljahrgang);

- [X.]calypse 2012 - Das Ende naht;

(https://abitipps.de/organisation/abimottos/abimotto-sammlung/)

- [X.] 2012 - Genius!

(https://www.schuldruckerei.com/abi/shirts/mottos/memes_54/genius_392/abi-2012-genius_3111/).

Schon damals war es zudem üblich, Textilien mit [X.]-Sprüchen zu bedrucken (https://www.spreadshirt.de/shop/bekleidung/t-shirts/abi+2012/).

d) Der [X.]uss des [X.] zur Wortfolge „[X.] ALLES IN TROCKENEN TÜCHERN“ (26 W (pat) 78/12) kann daher weder die vorliegend getroffenen Feststellungen noch die hier vorgenommene rechtliche Würdigung in Frage stellen.

4. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann es dahinstehen, ob der angemeldeten Wortfolge darüber hinaus gemäß § 8 Ab. 2 Nr. 2 [X.] ein Freihaltebedürfnis für die in Rede stehenden Waren fehlt.

5. Die von der Anmelderin genannten weiteren Entscheidungen rechtfertigen keine andere Beurteilung.

a) Die Entscheidung des [X.] zu „Vorsprung durch Technik“ ([X.] [X.] 2010, 228 – [X.]/[X.] [Vorsprung durch Technik]) befasst sich mit [X.], [X.]n oder Aufforderungen zum Kauf, nicht aber mit einem vergleichbaren Motto oder [X.].

b) Die von der Anmelderin angeführte Entscheidung des [X.] zu „[X.] economy“ ([X.], 270) ist nicht vergleichbar, weil diese Wortmarke im Unterschied zur vorliegenden Wortfolge, die sofort als Mottospruch eines [X.]turjahrgangs verstanden wird, keine solche ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassbare Bedeutung aufwies. Die Kombination „[X.]“ im Sinne von „Verbindung“, „verbinden“ oder als Kurzform für Hyperlink mit „economy“ für „Wirtschaft“, „Ökonomie“ oder „Wirtschaftlichkeit“ kann „Tätigkeiten im [X.] und ihre wirtschaftliche Bedeutung“ oder „die Wirtschaftlichkeit von [X.]s“ bezeichnen. Sie kann aber auch im Sinne von „Wirtschaftlichkeit einer Verlinkung im [X.]“ zu verstehen sein, „die vom Grad der Verlinkung abhängende Wirtschaftlichkeit“ beschreiben oder den „Wert einer [X.]seite“ benennen (vgl. [X.] 26 W (pat) 522/19 – LIQUID LOVE).

c) Im [X.]-Verfahren zur Marke „for you“ ([X.] 2015, 173) hatte das [X.] keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Verkehr diese Wortfolge ausschließlich als Kaufappell versteht, dem jegliche herkunftshinweisende Bedeutung fehlt ([X.] [X.]. 28 – for you), während die umfangreiche Recherche im vorliegenden Fall das ausschließliche Verständnis als Mottospruch ergeben hat.

d) Das aus mehreren Wörtern bestehende Anmeldezeichen ist schon von der Zeichenstruktur her nicht mit der Einwortmarke „[X.]“ ([X.], 934) vergleichbar. Während „[X.]“ aus Sicht des angesprochenen Verkehrs nicht ausschließlich als werbliche Anpreisung verstanden worden ist, entnimmt der Verkehr der beanspruchten Wortfolge ausschließlich ein Motto, einen [X.] oder ein Statement eines [X.]turjahrganges, aber keinen betrieblichen Herkunftshinweis.

e) Auch „[X.] COTTON“ ([X.], 520) enthält keine vergleichbare, für jeden Verkehrsteilnehmer verständliche Botschaft, sondern bei dieser Wortfolge handelt es sich nach Ansicht des [X.] um ein in der maßgeblichen Sprache nicht vorhandenes Fantasie- und Kunstwort mit eigenschöpferischem Gehalt, dem nicht jegliche Unterscheidungskraft versagt werden könne.

[X.]I.

Der Senat lässt die von der Anmelderin angeregte Rechtsbeschwerde gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] zu.

1. Die Frage, ob einer aus mehreren Wörtern bestehenden Wortfolge auch ohne waren- oder dienstleistungsbeschreibenden oder ausschließlich werblich anpreisenden Charakter Unterscheidungskraft fehlen kann, wenn sie von den angesprochenen Verkehrskreisen stets nur als solche und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei einem Fragesatz vor mehr als drei Jahrzehnten ([X.] [X.] 1988, 211, [X.]. 9 – [X.] denn?) und bei einem aus drei Sätzen bestehenden Mehrfachslogan ([X.] [X.] 2010, 935 [X.]. 11 – [X.]) vor mehr als einem Jahrzehnt, aber noch nicht bei einem [X.] behandelt worden. Die im Verfahren des [X.] 25 W (pat) 582/17 – Wir steuern Ihre Steuern aus ähnlichen Gründen zugelassene Rechtsbeschwerde ist nicht eingelegt worden. Die Rechtsfrage hat aber nach wie vor grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 83 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

2. Da die vorliegende Entscheidung vom [X.]uss des [X.] zur ähnlichen Wortfolge „[X.] ALLES IN TROCKENEN TÜCHERN“ (26 W (pat) 78/12) abweicht, erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 2 [X.] eine Entscheidung des [X.].

Meta

26 W (pat) 526/19

06.10.2021

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 83 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.10.2021, Az. 26 W (pat) 526/19 (REWIS RS 2021, 2089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2089

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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