Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.04.2011, Az. 6 AZR 734/09

6. Senat | REWIS RS 2011, 7507

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Gegenstand

Besitzstandszulage gemäß § 11 TVÜ-VKA nach Unterbrechung des Kindergeldanspruchs


Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. Juli 2009 - 13 [X.]/09 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Zahlung der Besitzstandszulage nach § 11 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) nach Wiederentstehen des Anspruchs auf Kindergeld wieder aufzunehmen ist.

2

Der Kläger ist als Schlosser bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin tätig. Aufgrund arbeitsvertraglicher Inbezugnahme fand zunächst der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe ([X.]) Anwendung, seit dem 1. Oktober 2005 der [X.]. Der Kläger erhielt für seinen am 19. November 1987 geborenen [X.] bis zum 30. September 2005 den [X.] nach § 33 [X.], sodann vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. Jan[X.]r 2007 die Besitzstandszulage nach § 11 [X.] von zuletzt monatlich 90,57 Euro brutto. Der [X.] des [X.] absolvierte vom 1. August 2003 bis zum 30. Jan[X.]r 2007 erfolgreich eine Berufsausbildung zum Zerspanungsmechaniker. Anschließend war er bis zum 31. Jan[X.]r 2008 in seinem erlernten Beruf tätig. In dieser [X.] erhielt der Kläger für seinen [X.] weder Kindergeld noch die Besitzstandszulage nach § 11 [X.]. Seit dem 6. Febr[X.]r 2008 absolvierte der [X.] des [X.] an der [X.] eine weiterführende Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker mit dem Schwerpunkt Produktions- und Q[X.]litätsmanagement im Fachbereich Maschinentechnik. Neben dem Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf ist eine entsprechende Berufstätigkeit von mindestens einem Jahr in diesem Beruf Voraussetzung für diese Weiterbildung. Bei einer Ausbildung in Teilzeitform kann die erforderliche entsprechende berufliche Tätigkeit während der Fachschulausbildung abgeleistet werden.

3

Seit Febr[X.]r 2008 bezog der Kläger wieder Kindergeld. Seinen Antrag auf Zahlung der Besitzstandszulage für die [X.] vom 1. Febr[X.]r 2008 bis 29. Jan[X.]r 2010 lehnte die Beklagte ab, weil das Kindergeld für den [X.] nicht ununterbrochen gezahlt worden sei.

4

§ 11 [X.] bestimmt:

        

„Kinderbezogene [X.]e

        

(1)     

1Für im September 2005 zu berücksichtigende Kinder werden die kinderbezogenen [X.]e des ... [X.] ... in der für September 2005 zustehenden Höhe als Besitzstandszulage fortgezahlt, solange für diese Kinder Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder nach dem Bundeskindergeldgesetz ([X.]) ununterbrochen gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder § 65 EStG oder des § 3 oder § 4 [X.] gezahlt würde. … 3Unterbrechungen wegen der Ableistung von Grundwehrdienst, Zivildienst oder Wehrübungen sowie die Ableistung eines freiwilligen [X.] oder ökologischen Jahres sind unschädlich; …“

5

Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 vom 31. März 2008 sind mit Wirkung zum 1. Juli 2008 [X.] zu § 11 Abs. 1 [X.] vereinbart worden. Diese bestimmen [X.].:

        

„1.     

1Die Unterbrechung der Entgeltzahlung im September 2005 wegen Elternzeit, Wehr- oder Zivildienstes, Sonderurlaubs, bei dem der Arbeitgeber vor Antritt ein dienstliches oder betriebliches Interesse an der Beurlaubung anerkannt hat, Bezuges einer Rente auf [X.] wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder wegen des Ablaufs der Krankenbezugsfristen ist für das Entstehen des Anspruchs auf die Besitzstandszulage unschädlich. …

        

...     

        
        

3.    

1Beschäftigte mit mehr als zwei Kindern, die im September 2005 für das dritte und jedes weitere Kind keinen kinderbezogenen Entgeltanteil erhalten haben, weil sie nicht zum [X.] bestimmt waren, haben Anspruch auf die Besitzstandszulage für das dritte und jedes weitere Kind, sofern und solange sie für diese Kinder Kindergeld erhalten, wenn sie bis zum 30. September 2008 einen Berechtigtenwechsel beim Kindergeld zu ihren Gunsten vornehmen und der Beschäftigungsumfang der kindergeldberechtigten anderen Person am 30. September 2005 30 Wochenstunden nicht überstieg. ...

        

4.    

1Bei Tod der/des [X.] wird ein Anspruch nach Absatz 1 für den anderen in den TVöD übergeleiteten Beschäftigten auch nach dem 1. Oktober 2005 begründet. ...“

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] enthalte nur eine beispielhafte Aufzählung von unschädlichen Unterbrechungstatbeständen. Er hat sich insoweit auf die Entscheidung des [X.] vom 16. November 2007 (- 3 [X.] - [X.] 2008, 259) berufen. Auch die [X.] vom 31. März 2008 verdeutlichten, dass § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] von Beginn an nicht abschließend gemeint gewesen sei. Ausgeschlossen sei ein Wiederaufleben der Zulage nur in den Fällen, in denen eine bewusste und gewollte Unterbrechung des [X.] ohne anerkennenswerten Grund erfolgt sei. Sei jedoch wie hier der vorübergehende Wegfall des [X.] zwingende Voraussetzung für eine Weiterq[X.]lifizierung oder ein Studium, müsse eine unschädliche Unterbrechung angenommen werden, um dem Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 [X.] gerecht zu werden. Anderenfalls werde der Kläger im Vergleich zu den Beschäftigten benachteiligt, deren Kinder ohne zwingend erforderliche Berufspraxis ein Studium oder eine Weiterbildung aufnehmen könnten oder sich für ein freiwilliges [X.] oder [X.] entschieden.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für das Kind S, geboren am 19. November 1987, kinderbezogene [X.]e seit Febr[X.]r 2008 in Höhe von monatlich 90,57 Euro brutto, mithin aktuell einen Gesamtbetrag in Höhe von 633,99 Euro brutto, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte auch zukünftig bis zum 28. Jan[X.]r 2010 verpflichtet ist, dem Kläger für das Kind S, geboren am 19. November 1987, einen monatlichen kinderbezogenen [X.] in Höhe von 90,57 Euro brutto zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, die unschädlichen Unterbrechungstatbestände seien abschließend in § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] aufgeführt. Die Tarifvertragsparteien hätten ein Wiederaufleben des Anspruchs nur in den eng begrenzten Ausnahmefällen des § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] vorsehen wollen und ansonsten möglichst schnell das Ziel erreichen wollen, ebenso wie bei [X.] ab 2005 neu eingestellten Beschäftigten keine kinderbezogenen [X.]e mehr zu zahlen. Seien die Anspruchsvoraussetzungen für die Zulage nach § 11 [X.] einmal weggef[X.], dann solle diese Leistung auch nicht mehr aufleben. Folge man der Auslegung des [X.], werde aus dem Ausnahmefall des § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] der Regelfall, weil in einer Vielzahl von Fällen eine Weiterbildung des Kindes möglich sei.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

A. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat mit den Zusätzen „aktuell“ in Ziff. 1 des Klageantrags und „zukünftig“ in Ziff. 2 des Klageantrags deutlich gemacht, dass sich die Leistungsklage auf die [X.] von Februar 2008 bis einschließlich August 2008 bezieht und die Feststellungsklage nur den von der Leistungsklage nicht abgedeckten [X.]raum, also die [X.] von September 2008 bis einschließlich 28. Januar 2010, erfasst. Leistungs- und Feststellungsklage überschneiden sich also nicht, so dass das erforderliche Feststellungsinteresse uneingeschränkt zu bejahen ist (zum Fehlen des Feststellungsinteresses für die [X.] der Überschneidung von Leistungs- und Feststellungsklage ausführlich [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 13 ff.).

B. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage rechtsfehlerfrei abgewiesen. Der Anspruch des [X.] auf die [X.]zulage nach § 11 [X.] für seinen [X.] ist mit der Beendigung des [X.] durch die Aufnahme einer Berufstätigkeit seines [X.] am 31. Januar 2007 endgültig untergegangen.

I. § 11 Abs. 1 [X.] gewährt in Fällen, in denen der Kindergeldanspruch wegen der Fortsetzung der Berufsausbildung des Kindes wieder entsteht, keinen erneuten Anspruch auf die [X.]zulage für den kinderbezogenen Entgeltbestandteil.

1. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] besteht der Anspruch auf die [X.]zulage nur solange und insoweit, wie für die im September 2005 zu berücksichtigenden Kinder ohne Unterbrechung Kindergeld gezahlt wird oder ohne Berücksichtigung der §§ 64, 65 EStG oder der §§ 3, 4 [X.] gezahlt würde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur in den in § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] abschließend aufgezählten Fällen vor, deren Voraussetzungen hier unstreitig nicht erfüllt sind (vgl. in diesem Sinn schon [X.] 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 16, [X.]E 129, 93; 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 15, als Nachfolgeentscheidung zu der vom Kläger angeführten Entscheidung des [X.] vom 16. November 2007 - 3 [X.] - [X.] 2008, 259; ebenso [X.]/[X.]/[X.]/Wiese [X.] Stand Februar 2011 [X.]/[X.] Rn. 131, 133; [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck [X.] Stand April 2011 § 11 [X.] Rn. 30; [X.] in [X.] [X.] Stand Februar 2011 § 11 [X.] Rn. 2d). Insoweit stehen § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 [X.] in einem eindeutigen und abschließenden [X.]. [X.] die Tarifvertragsparteien, wie die Revision annimmt, Satz 3 dieser Bestimmung nur beispielhaft gemeint, hätten sie dies mit Zusätzen wie „zum Beispiel“, „insbesondere“ oder „etwa“ deutlich gemacht.

2. Entgegen der Annahme des [X.] folgt aus den durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum 1. Juli 2008, also nach Beginn des streitbefangenen [X.]raums, eingefügten [X.] zu § 11 Abs. 1 [X.] nichts anderes. Diese [X.] regeln gerade nicht den hier streitbefangenen Fall, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf die Zulage nach § 11 Abs. 1 [X.] nach einer Unterbrechung des [X.] wieder auflebt. Einen Rückschluss auf den Bedeutungsgehalt des § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] lassen sie darum nicht zu. Die Protokollerklärung Nr. 1 zu § 11 Abs. 1 [X.] erfasst mit dem Ruhen des [X.] des Beschäftigten selbst im Stichmonat September 2005 einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt. Die [X.] Nr. 3 und Nr. 4 zu § 11 Abs. 1 [X.] regeln den Wechsel der [X.], setzen aber den ununterbrochenen Anspruch auf Kindergeld für das Kind gerade voraus.

II. § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 [X.] ist mit Art. 3 GG iVm. Art. 6 GG vereinbar. Diese Regelung benachteiligt Eltern, denen gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG nach einer Unterbrechung der Berufsausbildung des Kindes wieder Kindergeld zusteht, nicht gleichheitswidrig und lässt auch deren durch Art. 6 GG geschützte [X.] nicht gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht.

1. Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet jedoch die Arbeitsgerichte dazu, solchen Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu einer Gruppenbildung führen, die die durch Art. 6 GG geschützten Belange von Ehe und Familie gleichheits- oder sachwidrig außer Betracht lässt und deshalb Art. 3 GG verletzt. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden [X.] ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und die betroffenen Interessen eine [X.] zusteht. Sie sind nicht verpflichtet, die jeweils zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen ([X.] 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 20 f., [X.]E 129, 93).

2. Tarifvertragsparteien steht es frei, ob und in welchem Umfang sie neben dem rein arbeitsleistungsbezogenen Entgelt durch einen zusätzlichen Entgeltbestandteil einen [X.], familienbezogenen Ausgleich gewähren wollen. Nachdem sich die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes zu einem Systemwechsel entschlossen und die [X.] und familienbezogene Ausgleichsfunktion eines Teils des Entgelts für die Zukunft aufgegeben hatten, waren sie an ihre frühere Grundentscheidung, familienbezogene Entgeltbestandteile zu gewähren, auch nicht durch die Grundsätze der Folgerichtigkeit gebunden. Sie durften sich auf die Wahrung des bei Inkrafttreten des [X.] bestehenden [X.] beschränken. Sie waren bei der Gestaltung dieser Regelung auch nicht verpflichtet, sämtliche vorstellbaren künftigen Nachteile finanziell auszugleichen oder Vorsorge für jede in Zukunft denkbare Konstellation im Ausbildungs- und Berufsweg der Kinder der Beschäftigten, denen die [X.]zulage nach § 11 [X.] zufließt, zu treffen. Bei der Ausgestaltung dieser [X.]regelung waren sie lediglich gehindert, bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne - auch unter Beachtung der Wertentscheidungen des Art. 6 GG - sachlich vertretbaren Grund von der [X.]regelung hinsichtlich des kinderbezogenen [X.] im [X.] auszuschließen bzw. bestimmte Arbeitnehmergruppen ohne einen solchen sachlichen Grund bei Unterbrechungen des [X.] zu begünstigen (vgl. [X.] 18. Dezember 2008 - 2 [X.] - Rn. 23, [X.]E 129, 93; 30. Oktober 2008 - 6 [X.] - Rn. 18, 20, [X.]E 128, 219).

Diesen Anforderungen genügt § 11 Abs. 1 [X.].

a) Der Kläger rügt, er werde gegenüber den Beschäftigten benachteiligt, deren Kinder ohne erforderliche Berufspraxis sofort nach der schulischen Ausbildung ein Studium oder eine Weiterbildung aufnehmen können. Diese Beschäftigten beziehen durchgehend Kindergeld, so dass die [X.]zulage auch während des Studiums oder der Weiterbildung weitergezahlt wird, solange die Voraussetzungen für den [X.] nach § 32 Abs. 4 EStG erfüllt sind. Die Tarifvertragsparteien durften die endgültige Einstellung der Zulage nach § 11 [X.] jedoch auch für die Fälle anordnen, in denen der Anspruch auf Kindergeld nach einer Berufstätigkeit des Kindes wieder entsteht.

aa) Tarifvertragsparteien dürfen bei der Gruppenbildung generalisieren und typisieren. Sie dürfen also bestimmte, in wesentlichen Elementen gleichgeartete Lebenssachverhalte normativ zusammenfassen und können Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigen, sofern die von ihnen vorgenommenen Verallgemeinerungen im Normzweck angelegt sind und diesem nicht widersprechen. Die bei einer solchen Typisierung entstehenden, unvermeidlichen Ungerechtigkeiten und Härten in einzelnen, besonders gelagerten Fällen, in denen die Interessenlage von der von den Tarifvertragsparteien als typisch angenommenen abweicht, sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. [X.] 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 26, [X.]E 129, 93).

bb) Die Tarifvertragsparteien durften darauf abstellen, dass grundsätzlich mit der Einstellung der Kindergeldzahlung der bei Überleitung in den [X.] bestehende und nach ihrem Willen allein schützenswerte Besitzstand der Beschäftigten erlischt. In der als reine [X.]regelung ausgestalteten Bestimmung des § 11 [X.] ist die Differenzierung danach, ob der Besitzstand ununterbrochen fortbesteht, dh. das Kindergeld ununterbrochen fortgezahlt wird, oder der Anspruch auf Kindergeld, an den der schützenswerte Besitzstand knüpft, sei es auch nur vorübergehend, untergeht, bereits angelegt. Mit dieser Regelung haben sich die Tarifvertragsparteien von dem bis dahin bestehenden Automatismus, wonach aufgrund der vollinhaltlichen tariflichen Verweisung auf gesetzlich geregelte Anspruchsvoraussetzungen eine Entscheidung über das Kindergeld ohne Weiteres auch für den Anspruch auf die kinderbezogenen Entgeltbestandteile maßgebend sein sollte (vgl. [X.] 13. März 2008 - 6 [X.] - Rn. 14, [X.] 2008, 610), gelöst. Seit Inkrafttreten des [X.] ist die über § 11 [X.] gesicherte kinderbezogene Entgeltkomponente nur noch als Garantie des zu diesem [X.]punkt bestehenden [X.], nicht aber als Beitrag zu den Unterhaltslasten für das Kind (vgl. zu diesem Zweck des kinderbezogenen Bestandteils im [X.] [X.] 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 28, [X.]E 129, 93) ausgestaltet.

Die Tarifvertragsparteien mussten bei ihrer Regelung nicht berücksichtigen, dass es Berufswege gibt, bei denen zwischen schulischen Phasen, in denen ein [X.] grundsätzlich in Betracht kommt, auch Phasen der Berufstätigkeit geschaltet sind, in denen nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich kein Kindergeldanspruch besteht (§ 32 Abs. 4 EStG). Sie mussten auch nicht danach differenzieren, ob diese Phasen der Berufstätigkeit - wie im Fall des [X.] des [X.] - in der [X.] vorgesehen sind oder ob ein Kind eines Beschäftigten sich erst nach einigen Jahren der Berufstätigkeit entschließt, sich weiterzuqualifizieren oder sogar einen gänzlich neuen Berufsweg zu beginnen. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie es die Überleitung der Beschäftigten in den [X.] ist, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu [X.] kommt und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. [X.] 17. Dezember 2009 - 6 [X.] - Rn. 21, [X.] § 4 Nr. 1 = [X.] 320 [X.] § 4 Nr. 3).

Dies gilt umso mehr, als auch bei dem Ausbildungsweg des [X.] des [X.] Fälle denkbar sind, in denen die Zulage nach § 11 [X.] fortgezahlt worden wäre. Wird die Technikerausbildung in Teilzeitform absolviert, kann die erforderliche entsprechende berufliche Tätigkeit, die Voraussetzung für die Aufnahme in die Fachschule ist, gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Ausbildung und Prüfung an Ein- und Zweijährigen Fachschulen des [X.] vom 7. Mai 2007 ([X.]. 06/07 S. 338) während der Fachschulausbildung abgeleistet werden. In solchen Fällen kann darum ungeachtet einer neben der Ausbildung erfolgenden Vollzeit- oder Teilzeiterwerbstätigkeit ein Kindergeldanspruch bestehen, soweit der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht überschritten ist (vgl. [X.] 21. Januar 2010 - III R 62/08 - [X.]/NV 2010, 871). Diese Feinheiten des Kindergeldrechts konnten und mussten die Tarifvertragsparteien in der [X.]regelung des § 11 [X.] nicht berücksichtigen, zumal dies der effizienten Umsetzung des neuen Tarifwerks, das die Abschaffung kinderbezogener Entgeltbestandteile anstrebt, entgegengestanden hätte. Sie durften vielmehr pauschalisierend auf die - sei es auch nur vorübergehende - Einstellung des [X.] abstellen und diese zum Anlass nehmen, den Anspruch auf die [X.]zulage endgültig untergehen zu lassen.

b) Auch die vom Kläger angenommene ungerechtfertigte Begünstigung der Eltern, deren Kinder ein freiwilliges [X.] oder [X.] absolvieren, und denen nach dessen Beendigung die [X.]zulage (wieder) gezahlt wird, liegt nicht vor.

aa) Der Kläger stellt nicht in Abrede, dass die Wiederaufnahme der Zahlung der [X.]zulage nach Beendigung des [X.] bzw. Zivildienstes Eltern wie ihn nicht diskriminiert. Die Tarifvertragsparteien haben mit § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] dem Umstand Rechnung getragen, dass es sich bei Grundwehrdienst und Zivildienst als dessen Surrogat um Grundpflichten handelte (vgl. [X.] 22. April 2010 - 6 [X.] 966/08 - Rn. 30, [X.]. 3 Nr. 322 = [X.] 320 [X.] § 5 Abs. 2 [X.] Nr. 20).

bb) Die Tarifvertragsparteien durften auch die Eltern, deren Kinder ein freiwilliges [X.] oder [X.] absolvieren, gleichermaßen begünstigen. Insoweit liegt eine grundlegend andere Konstellation als bei der Unterbrechung des [X.] aufgrund einer Berufstätigkeit als Voraussetzung einer weiteren Berufsausbildung vor. Während des freiwilligen [X.] Jahres im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen [X.] Jahres idF der Bekanntmachung vom 15. Juli 2002 ([X.]) bzw. während des freiwilligen ökologischen Jahres im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres idF der Bekanntmachung vom 15. Juli 2002 ([X.]) sowie des diese Gesetze ablösenden Gesetzes zur Förderung von [X.] vom 16. Mai 2008 ([X.]) besteht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG grundsätzlich weiterhin Anspruch auf Kindergeld (vgl. [X.] in [X.] Stand April 2011 [X.]/[X.] § 11 Rn. 9). In dieser [X.] ist damit auch ohne die Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] die [X.]zulage durchgehend zu zahlen. Insoweit hat § 11 Abs. 1 Satz 3 [X.] lediglich klarstellende Funktion.

Ohnehin dienen derartige Dienste nicht der Berufsausbildung. Mit ihnen werden in der Regel keine Kenntnisse und Fähigkeiten für den angestrebten Beruf vermittelt. Vielmehr sollen sie den [X.], kulturelle und interkulturelle Kompetenzen vermitteln und ihr Verantwortungsbewusstsein für das Gemeinwohl stärken. Sie dienen insoweit überwiegend der Persönlichkeitsbildung und Orientierung der Jugendlichen (vgl. für das freiwillige ökologische und das freiwillige [X.] Jahr [X.] 18. März 2009 - III R 33/07 - Rn. 15 f., [X.]E 224, 508). Die Berufstätigkeit des [X.] des [X.] hat jenem dagegen gerade die praktische Berufserfahrung vermittelt, die er als Teil der von ihm gewählten Ausbildung benötigt. An diesen Unterschied durften die Tarifvertragsparteien anknüpfen.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Sieberts    

        

    Spiekermann    

                 

Meta

6 AZR 734/09

14.04.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Köln, 19. November 2008, Az: 5 Ca 7903/08, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 TVÜ-VKA, § 11 Abs 1 S 3 TVÜ-VKA, Art 3 GG, Art 6 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.04.2011, Az. 6 AZR 734/09 (REWIS RS 2011, 7507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7507


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 AZR 734/09

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 734/09, 14.04.2011.


Az. 5 Ca 7903/08

Arbeitsgericht Köln, 5 Ca 7903/08, 19.11.2008.


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