Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 11.08.2010, Az. 2 BvR 1354/10

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2010, 4146

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) VERFASSUNGSBESCHWERDE MISSBRAUCHSGEBÜHR

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Mangels ausreichender Substantiierung erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von 175 Euro - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr zu Lasten des Beschwerdeführers und dessen Bevollmächtigten wegen Erhebung einer substanzlosen Verfassungsbeschwerde


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Beschwerdeführer und dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers werden gemäß § 34 Abs. 2 [X.] jeweils eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 1.100 € (in Worten: eintausendeinhundert Euro) auferlegt.

Gründe

I.

1

Die einschließlich der vorab per Telefax übermittelten Schriftstücke 1.182 Seiten umfassende Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Verhängung eines Bußgeldes in Höhe von 175 € sowie eines Fahrverbots für die Dauer von zwei Monaten wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Nach siebentägiger Hauptverhandlung verwarf das [X.] den Einspruch, weil der Beschwerdeführer, der selbst Rechtsanwalt ist, ohne hinreichende Entschuldigung ausgeblieben und auch nicht durch seinen Verteidiger vertreten worden ist. Die Verfassungsbeschwerde wird unter anderem darauf gestützt, dass die Verwerfung des Einspruchs sowie die Zurückweisung mehrerer Befangenheitsanträge den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten verletzen würden.

II.

2

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist vielmehr rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 [X.]. Ein Missbrauch liegt unter anderem vor, wenn eine Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 6. November 1995 - 2 BvR 1806/95 -, NJW 1996, S. 1273 <1274>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 13. Februar 2001, - 1 BvR 104/01 -, juris). Dabei ist von einem Rechtsanwalt, der das Mandat zur Führung eines Prozesses vor dem [X.] annimmt, zu verlangen, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie auseinandersetzt (vgl. [X.]E 88, 382 <384>), die Rechtsprechung des [X.]s zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. Dezember 1996 - 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 -, juris). Diese Anforderungen treffen auf einen juristisch vorgebildeten Beschwerdeführer ebenso zu. Unterlassen er und sein Bevollmächtigter diese Sachprüfung in vorwerfbarer Weise, setzen sich beide der Gefahr einer Gebührenbelastung nach § 34 Abs. 2 [X.] aus (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Dezember 1996 - 2 BvR 673/96, 2 BvR 2190/96 -, juris).

3

Die Verfassungsbeschwerde erfüllt die Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung trotz ihres Umfangs offensichtlich nicht. Dies verkennt die Beschwerdeschrift, in der "vorsorglich" darauf hingewiesen wurde, dass im Fall der Erfolglosigkeit die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 [X.] nicht gegeben seien. Es fehlt an einem geordneten, schlüssigen und nachvollziehbaren Vortrag, der die gerügten Grundrechtsverletzungen belegen könnte. Die Beschwerdeschrift ist vielmehr gekennzeichnet durch sachlich nicht gerechtfertigte und mutwillig erscheinende Wiederholungen, eine kaum nachvollziehbare Aneinanderreihung der beigefügten Unterlagen sowie von unbelegten Vorwürfen gegenüber den Fachgerichten. Diese reichen von Rechtswidrigkeit und Willkür über die Behauptung der "wahnähnlichen Verkennung des Verfassungsrechts" durch ein Fachgericht bis hin zu teilweise direkt, teilweise indirekt erhobenen Verdächtigungen, [X.] hätten sich einer Straftat schuldig gemacht, und das, obwohl gegen den Beschwerdeführer bereits in dieser Sache ein Strafbefehl wegen versuchter Nötigung des Amtsgerichts erlassen worden war. Das [X.] muss es nicht hinnehmen, dass seine Arbeitskapazität durch derart sinn- und substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dass es dadurch den Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. Juni 2010 - 1 BvR 2358/08 -; Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 8. Oktober 2001 - 2 BvR 1004/01 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. November 2009 - 1 BvR 3324/08 -, juris).

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 1354/10

11.08.2010

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Bamberg, 27. April 2010, Az: 3 Ss OWi 188/2010, Beschluss

GG, § 34 Abs 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 11.08.2010, Az. 2 BvR 1354/10 (REWIS RS 2010, 4146)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4146

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Wird zitiert von

1 BvR 2070/10

Zitiert

1 BvR 2358/08

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