Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 05.09.2015, Az. 1 BvR 1846/15

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2015, 5810

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Verfassungsbeschwerde mangels hinreichend substantiierter Begründung unzulässig - Auferlegung einer Missbrauchsgebühr wegen erheblicher Begründungsmängel und wiederholter Beschwerdeeinlegung in derselben Sache durch denselben Rechtsanwalt


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Beschwerdeführer wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 700 € (in Worten: siebenhundert Euro) auferlegt.

Gründe

1

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen.

2

Insbesondere ist die Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]), weil die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. [X.] 90, 22 <26>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; [X.]K 12, 189 <196>; stRspr). Sie ist offensichtlich unzulässig, weil sie nicht den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz [X.] entsprechend begründet ist. Die Beschwerdebegründung erfüllt in Bezug auf keines der als verletzt gerügten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte die nach der Rechtsprechung des [X.] an sie zu stellenden Substantiierungsanforderungen (vgl. [X.] 78, 320 <329>; 99, 84 <87>; 115, 166 <179 f.>; 130, 1 <21>).

3

Insoweit wird von einer weitergehenden Begründung gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

4

2. Unter Berücksichtigung insbesondere der Nachlässigkeit seines Vortrags in der Beschwerdebegründung hat die Kammer von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, dem Beschwerdeführer gemäß § 34 Abs. 2, 1. Alternative [X.] eine [X.] aufzuerlegen.

5

a) Ein Missbrauch in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. [X.], 219; 10, 94 <97>; 14, 468 <470>; stRspr). Das [X.] muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. [X.], 219 <222>; 6, 219 f.; 10, 94 <97>). Dies gilt insbesondere gegenüber dem Beschwerdeführer als Rechtsanwalt. Von einem Rechtsanwalt - als Bevollmächtigtem wie auch in eigener Sache - ist zu erwarten, dass er sich mit der verfassungsrechtlichen Materie und der hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eingehend abwägt und sich den Ergebnissen seiner Prüfung entsprechend verhält (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 725/96 -, NJW 1996, S. 2785; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 19. Februar 2009 - 2 BvR 191/09 -, juris, Rn. 4; Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. August 2010 - 1 BvR 1584/10 -, [X.] 2011, S. 257).

6

b) Demnach spricht für die Auferlegung einer [X.] hier zunächst, dass die Begründung der Verfassungsbeschwerde in mehrfacher Hinsicht erkennbar nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Hinzu kommt, dass es sich um die dritte Verfassungsbeschwerde handelt, die der Beschwerdeführer innerhalb eines verhältnismäßig kurzen Zeitraums erfolglos in eigener Sache erhoben hat. Wegen der Räumung derselben Wohnung mit derselben Mieterin hat der Beschwerdeführer bereits am 28. August 2014 erfolglos eine Verfassungsbeschwerde erhoben (1 BvR 2387/14), die mit Beschluss der Kammer vom 7. Oktober 2014 nicht zur Entscheidung angenommen wurde. Die vorliegende Verfassungsbeschwerde leidet an vergleichbaren [X.], insbesondere an der unzureichenden Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidungen und der mangelnden Befassung mit den Schutzbereichen der als verletzt gerügten Rechte im Sinne von § 90 Abs. 1 [X.]. Es handelt sich jeweils um den erkennbar aussichtslosen Versuch der Fortsetzung eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Zivilprozesses mit den Mitteln der Verfassungsbeschwerde, den das [X.] auch unter Berücksichtigung seiner Arbeitsbelastung nicht hinzunehmen hat.

7

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des nach eigenen Angaben in erheblichem Umfang gewerblich tätigen Beschwerdeführers erscheint der Kammer eine [X.] in Höhe von 700 € als angemessen, aber auch erforderlich, um ihn künftig zur Beachtung der Zulässigkeitsvoraussetzungen anzuhalten.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1846/15

05.09.2015

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Wiesbaden, 7. Mai 2015, Az: 3 S 1/15, Urteil

§ 23 Abs 1 S 2 Halbs 1 BVerfGG, § 34 Abs 2 Alt 1 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 05.09.2015, Az. 1 BvR 1846/15 (REWIS RS 2015, 5810)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 5810

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