Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2016, Az. 6 B 5/16

6. Senat | REWIS RS 2016, 13936

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Gegenstand

Politische Partei; Verbreitung des Verfassungsschutzberichts; öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch


Gründe

I

1

Die Klägerin ist eine politische [X.]. Auf ihre Klage hat das Verwaltungsgericht den [X.]n verurteilt, die Rede des [X.] des Innern vom 12. April 2013 zur Vorstellung des [X.]s 2012 und die hierzu herausgegebene Pressemitteilung nur mehr in der Weise weiter öffentlich zugänglich zu machen, dass zuvor in den die Klägerin betreffenden Passagen die Formulierungen "[X.]feindliche Bewegung", "pauschal islamfeindliche Propaganda" und "die Religionsfreiheit, die Menschenwürde und der Gleichbehandlungsgrundsatz ... verletzt" unkenntlich gemacht oder entfernt werden. Auf die Berufung des [X.]n hat der [X.]hof das Urteil des [X.] geändert und die Klage abgewiesen. Der [X.]hof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II

2

Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung und der Divergenz stützt, hat keinen Erfolg.

3

Der [X.]hof hat den von der Klägerin geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch mit zwei selbstständig tragenden Begründungen verneint: Zum einen fehle es bereits an der dafür erforderlichen rechtswidrigen Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Positionen der Klägerin durch die von ihr beanstandeten Äußerungen ([X.] ff.). Zum anderen liege auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr nicht vor ([X.] ff.). Ist eine angegriffene Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt ([X.], Beschluss vom 4. Oktober 2013 - 6 B 13.13 - [X.] Hochschulrecht Nr. 181 Rn. 20 m.w.N.). Daran fehlt es hier jedenfalls in Bezug auf die erste Begründung des [X.]hofs. Danach greife der [X.] zwar mit den beanstandeten Äußerungen und dem darin erhobenen Vorwurf, die Klägerin verfolge [X.]feindliche Bestrebungen, in die grundrechtlich geschützte Sphäre der Klägerin ein. Der Eingriff sei jedoch nicht rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die Unterrichtung der Öffentlichkeit nach Art. 15 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 [X.] Verfassungsschutzgesetz ([X.]) vorlägen und die vom [X.]n vorgelegten Erkenntnisse nicht nur einen bloßen Verdacht [X.]feindlicher Bestrebungen begründeten.

4

1. In Bezug auf die das Berufungsurteil selbstständig tragende Begründung, es fehle bereits an der rechtswidrigen Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Positionen der Klägerin durch die von ihr beanstandeten Äußerungen, legt die Beschwerdebegründung keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

5

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Die Beschwerde muss gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung der aufgeworfenen, bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfragen des Bundesrechts oder einer der in § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO genannten Vorschriften führen kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

6

a) Die Klägerin wirft als grundsätzlich bedeutsam die Fragen auf,

(ob) sich eine politische Organisation sämtliche Aussagen von Mitgliedern zurechnen lassen (muss), wenn diese sodann eine Funktion in der Organisation bekleiden und nach wie vor zu ihren getätigten Aussagen stehen

und

(ob) sich eine politische Organisation sämtliche dieser Aussagen auch dann als eigene politische Forderung zurechnen lassen muss, wenn sie diese Aussagen nach einem internen Diskussionsprozess in dieser Form ablehnt und diese Forderungen auch überwiegend nicht in das politische Programm aufnimmt.

7

Diese Fragen können die begehrte Zulassung der Grundsatzrevision schon deshalb nicht rechtfertigen, weil sie nicht die Auslegung und Anwendung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO), sondern eine landesrechtliche Vorschrift betreffen. Der Erfolg des von der Klägerin geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs hängt davon ab, ob der Eingriff in die nach Art. 21 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition der Klägerin, zu dem die beanstandeten Äußerungen des [X.] des Innern und der darin erhobene Vorwurf, die Klägerin verfolge [X.]feindliche Bestrebungen, führen, durch Art. 15 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 [X.] Verfassungsschutzgesetz ([X.]) gerechtfertigt ist. Dies setzt voraus, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen nach Art. 3 Abs. 1 [X.] vorlagen. Der [X.]hof hat angenommen ([X.] Rn. 33), dass sich die Frage, ob solche tatsächlichen Anhaltspunkte bei der Klägerin vorliegen, nicht nur nach ihren eigenen Verlautbarungen sondern auch nach denjenigen ihres [X.]vorsitzenden beurteile, da dessen Aktivitäten und Äußerungen der Klägerin zuzurechnen seien. Dies gelte nicht nur für die Tätigkeit in der Funktion als [X.]vorsitzender. Vielmehr seien Texte und Äußerungen von leitenden Mitgliedern einer [X.] dieser auch dann zuzurechnen, wenn sie als solche zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit der [X.] verfasst oder getätigt worden seien, jedoch den ideologischen Hintergrund kennzeichneten, vor dem die Verantwortlichen dieser [X.] handelten.

8

Von diesem Inhalt des Art. 15 Satz 1 [X.], den der [X.]hof durch Auslegung ermittelt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, müsste die revisionsgerichtliche Prüfung ausgehen. Das Revisionsgericht kann insoweit lediglich nachprüfen, ob Bundesrecht - namentlich Bundes[X.]recht - ein anderes Ergebnis gebietet. Die Rüge einer Verletzung von Bundesrecht bei der vorinstanzlichen Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts vermag jedoch die Zulassung der Grundsatzrevision nur dann zu rechtfertigen, wenn die Beschwerde eine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts aufzeigt, nicht dagegen, wenn allenfalls der dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegte Inhalt des [X.]rechts angezweifelt wird. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss dementsprechend darlegen, dass die Auslegung einer gegenüber dem angewendeten [X.]recht als korrigierender Maßstab angeführten bundes([X.])rechtlichen Vorschrift ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (stRspr; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 27. August 2003 - 6 [X.] - [X.] 422.2 Rundfunkrecht Nr. 38 S. 30 f.). Hieran fehlt es. Die mit der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände der Klägerin gegen die Auslegung und Handhabung der landesrechtlichen Vorschriften zeigen keine Klärungsbedürftigkeit des Inhalts der dabei vom [X.]hof zugrunde gelegten bundes[X.]rechtlichen Normen des Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 GG auf.

9

Abgesehen von der [X.] fehlt den in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfragen aber auch die für eine Zulassung der Revision erforderliche Klärungsbedürftigkeit. Soweit die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sich eine politische [X.] Aussagen von Mitgliedern zurechnen lassen muss, überhaupt einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist, ist diese Klärung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits erfolgt. In Bezug auf die Feststellung, ob ein Verein sich gegen die [X.]mäßige Ordnung richtet und damit die Voraussetzungen des [X.] aus § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 Alt. 2 GG erfüllt, hat der Senat klargestellt, dass sich die gegen die [X.]mäßige Ordnung gerichteten Ziele einer [X.] vor allem ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit, ihren Publikationen sowie den Äußerungen und der Grundeinstellung ihrer Funktionsträger entnehmen lassen. Da [X.]en etwaige [X.]feindliche Bestrebungen erfahrungsgemäß zu verheimlichen trachten, wird sich der [X.] in der Regel nur aus dem Gesamtbild ergeben, das sich aus einzelnen Äußerungen und Verhaltensweisen zusammenfügt. Der Umstand, dass diese Belege gegebenenfalls einer mehr oder weniger großen Zahl unverfänglicher Sachverhalte scheinbar untergeordnet sind, besagt allein nichts über ihre Aussagekraft. Stammen Texte und Äußerungen von leitenden Mitgliedern einer [X.] oder wird ihr Inhalt von ihnen erkennbar befürwortet, sind diese Äußerungen und Texte der [X.] auch dann zuzurechnen, wenn sie als solche nicht für die Vereinstätigkeit erstellt oder in ihr verwandt worden sind, jedoch den ideologischen Hintergrund kennzeichnen, vor dem die Verantwortlichen der [X.] handeln (vgl. [X.], Urteil vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - [X.] 402.45 VereinsG Nr. 62 Rn. 35). Es spricht nichts dagegen, diese abstrakten Vorgaben auch bei der Beurteilung heranzuziehen, ob und inwieweit Äußerungen der Mitglieder einer durch Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten politischen [X.] die Feststellung rechtfertigen, dass Anhaltspunkte für [X.]feindliche Bestrebungen dieser [X.] vorliegen. Über diese abstrakten Vorgaben hinaus ist die Frage der Zurechnung jedoch nach den Umständen des konkreten Einzelfalles zu beurteilen und einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.

b) Für klärungsbedürftig hält die Klägerin weiter die Fragen, ob eine [X.] [X.]feindliche Bestrebungen zeigt,

- wenn sie vertritt: "Wir setzen uns mit [X.] gegen eine Islamisierung unseres [X.] ein. Religiöse Schriften, welche Unterdrückung und Tötung von Menschen verlangen, sind zu verbieten.",

- wenn sie fordert, dass sich Personen, die den [X.] lehren, zur Verfassung bekennen müssen und bekunden müssen, dass die Scharia nicht Anwendung findet,

- wenn Mitglieder der [X.] den [X.] als gefährlichstes Buch der Welt bezeichnen,

- wenn sie für die Aussage steht: "Um ein Zusammenleben unter einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu gewährleisten, könne der [X.] als Grundlage zur Weltanschauung nicht akzeptiert werden, weil er seinem Inhalt nach eine Kriegserklärung an die nichtmuslimische Welt und eine kodifizierte Anleitung zum Töten von Nichtmuslimen darstelle."

Auch insoweit kommt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Frage, ob tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] bestehen, nach dem irrevisiblen [X.]recht beantwortet. Zwar hat der [X.]hof bei der Auslegung des im [X.] selbst nicht definierten Begriffs der Bestrebungen auf die Legaldefinition in § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. [X.] zurückgegriffen ([X.] Rn. 27). Hieraus folgt jedoch nicht, dass sich das Berufungsgericht durch Bundesrecht in der Auslegung des [X.]rechts gebunden gesehen hat.

Im Übrigen sind die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen nicht klärungsbedürftig. In Bezug auf die vom [X.]hof erwähnte Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. [X.] hat das [X.] bereits geklärt, dass "Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung" nur die in diesem Sinne verfolgten politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweisen sind. Das Tatbestandsmerkmal einer "politisch bestimmten, ziel- und zweckgerichteten Verhaltensweise" erfordert über das bloße Vorhandensein bestimmter Bestrebungen hinaus ein aktives, nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives Vorgehen zu deren Realisierung. Erfasst sind Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und auf Durchsetzung eines Ziels ausgerichtet sind. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beeinträchtigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung ist nicht ausreichend. Die verantwortlich Handelnden müssen auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten (vgl. [X.], Urteil vom 21. Juli 2010 - 6 C 22.09 - [X.]E 137, 275 Rn. 59 f.). Auf der Grundlage dieser allgemeinen Vorgaben beurteilt sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles, ob eine [X.] [X.]feindliche Bestrebungen zeigt.

Von den dargelegten Grundsätzen ausgehend hat der [X.]hof festgestellt, dass sich aus dem im Verfahren vorgelegten Grundsatzprogramm 2.0 (Kurzversion vom [X.]) der Klägerin und dem Thesenpapier ihres (späteren) [X.]vorsitzenden vom Oktober und November 2011 hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Klägerin in mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG unvereinbarer Weise die Religionsfreiheit der in der [X.] lebenden Muslime einschränken und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung insoweit außer Geltung setzen will ([X.] ff. Rn. 34 ff.). In diesem Zusammenhang hat der [X.]hof unter anderem hervorgehoben, dass die Klägerin in ihrem Grundsatzprogramm 2.0 von in [X.] den [X.] unterrichtenden Personen ein schriftliches, eidesstattliches Bekenntnis fordere, dass alle gültigen Rechtsnormen stets und generell über dem religiösen und [X.] Recht stünden und dass die Scharia hier keine Gültigkeit habe und jemals haben werde. Weiter heiße es dort: "Wir setzen uns mit [X.] gegen eine Islamisierung unseres [X.] ein. Religiöse Schriften, welche Unterdrückung und Tötung von Menschen verlangen, sind zu verbieten." ([X.] Rn. 42). Der [X.] sei in einer Rede des [X.]vorsitzenden der Klägerin auf deren [X.] als "das gefährlichste Buch der Welt" bezeichnet worden ([X.] Rn. 43). Auf einer Internetseite der Klägerin werde ausgeführt, um ein Zusammenleben unter einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu gewährleisten, könne der [X.] als Grundlage zur Weltanschauung nicht akzeptiert werden, weil er seinem Inhalt nach eine Kriegserklärung an die nichtmuslimische Welt und eine kodifizierte Anleitung zum Töten von Nichtmuslimen darstelle ([X.] f. Rn. 44). Diese Feststellungen des [X.]hofs hat die Klägerin nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen, so dass sie den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO binden. Bei seiner - unter anderem - auf die genannten Einzelaspekte gestützten Gesamtwürdigung gelangt der [X.]hof zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] bestehen, die eine Unterrichtung der Öffentlichkeit in der geschehenen Art und Weise rechtfertigen. Weder diese tatrichterliche Gesamtwürdigung noch ihre einzelnen Elemente kommen als Gegenstand einer fallübergreifenden, rechtsgrundsätzlichen Klärung in Betracht.

c) Die weitere Frage,

ob bei der Bewertung einer Islamkritik, die nicht stets zwischen der Kritik an den politischen, den gesellschaftlichen oder den religiösen Aspekten trennt, stets die Religionskritik als am weitesten geschützter Bereich zugrunde zu legen ist,

kann ebenfalls nicht rechtsgrundsätzlich geklärt werden. Sie bezieht sich auf die Feststellung der Vorinstanz, der [X.] gehe aufgrund einer Vielzahl tatsächlicher konkreter Anhaltspunkte zu Recht davon aus, dass die Klägerin und insbesondere ihr [X.]vorsitzender die Weltreligion Islam pauschal als extrem gefährliche faschistoide Ideologie und Muslime allgemein als besonders aggressiv, uneinsichtig und eine große Gefahr für die [X.] und die freiheitliche Demokratie bedeutend darstellen und mit ihren politischen Forderungen die Bekämpfung des Islam und der Muslime in [X.] durch den Staat zu erreichen versuchen ([X.] Rn. 46). Hierbei handelt es sich um eine einzelfallbezogene tatrichterliche Würdigung des [X.]hofs, die einer Grundsatzrüge nicht zugänglich ist.

d) Weiter hält die Klägerin die Frage für klärungsbedürftig,

ob es bei dem unterstellten weiten Anwendungsbereich von Art. 15 Satz 1 [X.] und ferner unterstellten tatsächlichen Anhaltspunkten für [X.]feindliche Bestrebungen zulässig ist, eine [X.] gleichwohl als [X.]feindlich zu bezeichnen; dies insbesondere dann, wenn gleichzeitig berücksichtigt wird, dass diese tatsächlichen Anhaltspunkte auf der Äußerung von "Islamkritik" beruhen und die [X.] stets deutlich macht, auf die politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten des Islam abzuzielen und nicht auf die Religion oder die Muslime.

Diese Frage ist schon nicht entscheidungserheblich, weil sie sich dem Berufungsgericht nicht gestellt hat. Das vorinstanzliche Urteil stützt die Annahme tatsächlicher Anhaltspunkte für [X.]feindliche Bestrebungen der Klägerin nicht auf deren "Islamkritik", sondern - wie ausgeführt - darauf, dass sich aus dem Grundsatzprogramm 2.0 der Klägerin und einem Thesenpapier ihres späteren [X.]vorsitzenden vom Oktober und November 2011 hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Klägerin in mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG unvereinbarer Weise die Religionsfreiheit der in der [X.] lebenden Muslime einschränken und damit die freiheitliche demokratische Grundordnung insoweit außer Geltung setzen will. Die Behauptung der Klägerin, sie mache stets deutlich, auf die politischen und gesellschaftlichen Besonderheiten des Islam abzuzielen und nicht auf die Religion oder die Muslime, widerspricht zudem den tatrichterlichen Feststellungen, wonach die Klägerin und insbesondere ihr [X.]vorsitzender die Weltreligion Islam pauschal als extrem gefährliche faschistoide Ideologie und Muslime allgemein als besonders aggressiv, uneinsichtig und eine große Gefahr für die [X.] und die freiheitliche Demokratie bedeutend darstellen.

e) Die Zulassung der Revision kommt schließlich auch nicht mit Blick auf die Frage in Betracht,

ob bei einem unterstellten breiten Anwendungsbereich des Art. 15 Satz 1 [X.], der die Information der Öffentlichkeit auch dann erlaubt, wenn [X.]feindliche Bestrebungen nicht sicher erwiesen sind, sondern genügend tatsächliche Anhaltspunkte für [X.]feindliche Bestrebungen bestehen, die Behörde eine Aufnahme in den [X.] dann unterlassen muss, wenn sie sonst in geübter Praxis eine Aufnahme erst bei sicheren Erkenntnissen über [X.]feindliche Bestrebungen in Erwägung zieht und bei den vorliegenden Erkenntnissen eine solche sichere Erkenntnis zu verneinen ist.

Auch diese Frage wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren weder entscheidungserheblich noch klärungsfähig. Die Aufnahme in den [X.] ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Ob der von der Klägerin sinngemäß geltend gemachte Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, lässt sich zudem nicht rechtsgrundsätzlich, sondern nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls klären. Darüber hinaus ist den im Berufungsurteil enthaltenen tatsächlichen Feststellungen kein Anhaltspunkt für die Prämisse der Klägerin zu entnehmen, dass der [X.] in anderen Fällen eine Aufnahme in den [X.] erst bei sicheren Erkenntnissen über [X.]feindliche Bestrebungen in Erwägung ziehe.

2. Die [X.] (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) hat ebenfalls keinen Erfolg. Die Klägerin hat die geltend gemachte Abweichung nicht in der den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt. Die Beschwerdebegründung benennt keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des [X.]s oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.

Die Klägerin macht lediglich geltend, das angegriffene Urteil weiche von dem Beschluss des Bundes[X.]gerichts vom 24. Mai 2005 - 1 BvR 1072/01 - ([X.] 113, 63) sowie von dem Urteil des [X.]s vom 14. Mai 2014 - 6 A 3.13 - ([X.] 402.45 VereinsG Nr. 62) ab. Dem genannten Beschluss des Bundes[X.]gerichts entnimmt die Beschwerdebegründung den Rechtssatz, dass die bloße Kritik an [X.] nicht als Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzustufen sei, sondern es darüber hinausgehender Aktivitäten auf deren Beseitigung bedürfe. Diesen Rechtssatz hat der [X.]hof seiner Entscheidung indes ausdrücklich zugrunde gelegt (vgl. [X.] Rn. 27). Ferner referiert die Klägerin, unter welchen Umständen das [X.] in der erwähnten Entscheidung das Verbot einer "Glaubensgemeinschaft" für möglich gehalten habe. Dies sei in der Regel erst dann der Fall, wenn sich die religiöse Gemeinschaft aktiv-kämpferisch gegen die in Art. 79 Abs. 3 GG genannten Verfassungsgrundsätze richte, etwa weil sie die konkrete Umsetzung von im Widerspruch zu grundlegenden Verfassungsprinzipien stehenden Glaubensinhalten oder von aus ihnen hergeleiteten Verhaltenspflichten propagiere oder fördere. Auch auf diese höchstrichterlichen Vorgaben hat der [X.]hof ausdrücklich Bezug genommen (vgl. [X.] Rn. 40). Soweit die Klägerin sinngemäß die fehlerhafte Anwendung der genannten höchstrichterlichen Rechtssätze im konkreten Fall rügt, genügt dies den Zulässigkeitsanforderungen einer [X.] nicht.

3. [X.] folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 GKG.

Meta

6 B 5/16

24.03.2016

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 22. Oktober 2015, Az: 10 B 15.1609, Urteil

Art 21 Abs 1 GG, Art 21 Abs 2 GG, Art 3 Abs 1 VerfSchutzG BY 1997, Art 15 VerfSchutzG BY 1997

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.03.2016, Az. 6 B 5/16 (REWIS RS 2016, 13936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13936

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