Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.08.2016, Az. XII ZB 351/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6358

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BUNDESGERICHTSHOF (BGH) FAMILIENRECHT FAMILIE KINDER VATERSCHAFT EMBRYONENSCHUTZ

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Gegenstand

Abstammungssache: Anzuwendendes Recht bei im Ausland extrakorporal aufbewahrtem Embryo; Möglichkeit einer pränatalen Vaterschaftsfeststellung


Leitsatz

1. Begehrt ein Samenspender die Feststellung seiner Vaterschaft für einen im Ausland extrakorporal aufbewahrten Embryo, so bestimmt sich das anzuwendende Recht allein entsprechend Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB nach dem Personalstatut des Samenspenders.

2. Vor der Geburt des Kindes ist nach deutschem Recht eine Vaterschaftsfeststellung ebenso wenig möglich wie die Zuerkennung eines vergleichbaren rechtlichen Status.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. [X.] des [X.] vom 31. Juli 2015 und der Hilfsantrag auf Bestellung zum Pfleger werden auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Wert: 2.000 €

Gründe

A.

1

Der Antragsteller will als Vater von neun in einer [X.] Fortpflanzungsklinik kryokonservierten Embryonen festgestellt werden.

2

Der Antragsteller lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Im gemeinsamen Haushalt leben - neben einer im Jahre 2010 von einer Leihmutter in [X.] geborenen Tochter - zwei im Oktober 2012 von einer Leihmutter in [X.] geborene Töchter. Nach Darstellung des Antragstellers wurden diese mittels seiner Spermazellen sowie Eizellen einer Spenderin in [X.] künstlich gezeugt, wobei parallel dazu die neun Embryonen entstanden. Er will die Embryonen nach seinen Angaben "zur Geburt führen" und betreibt neben dem vorliegenden, auf Feststellung der [X.]chaft für die Embryonen gerichteten Verfahren unter anderem ein die elterliche Sorge für die Embryonen betreffendes Verfahren, das gegenwärtig in der Beschwerdeinstanz vor dem [X.] anhängig ist.

3

Das Amtsgericht hat den Antrag auf Feststellung der [X.]chaft zurückgewiesen. Die Beschwerde des Antragstellers ist erfolglos geblieben. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter und erstrebt nunmehr "höchstvorsorglich" auch seine Bestellung als Pfleger in analoger Anwendung von § 1912 Abs. 1 und 2 [X.].

B.

4

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

I.

5

Das [X.] hat zur Begründung seiner in [X.], 1979 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, die Möglichkeit der [X.]chaftsfeststellung im Hinblick auf ein bestimmtes Kind sei vor dessen Geburt gesetzlich nicht eröffnet. Die rechtliche [X.]chaft stehe nach [X.] Recht erst mit der Geburt fest, weil erst dann klar sei, ob die Mutter zu diesem Zeitpunkt verheiratet sei. Dass die [X.]chaft schon vor der Geburt anerkannt werden könne, ändere daran nichts. Im Übrigen begehre der Antragsteller auch nicht die Anerkennung der [X.]chaft. Eine - ggf. analoge - Anwendung von § 1912 [X.] rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Der Antragsteller mache auch keine künftigen Rechte eines menschlichen Embryos geltend, sondern erhoffe sich mit der [X.]chaftsfeststellung eine Art Verfügungsbefugnis über die Embryonen auch ohne oder gegen den Willen der Eizellenspenderin.

6

Ob nach dem Recht des St[X.]tes [X.] eine Feststellung der [X.]chaft bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt möglich sei, brauche nicht geklärt zu werden, da eine Anwendung ausländischen Rechts in diesem Verfahren ausscheide. Eine solche käme allenfalls entsprechend Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] in Betracht, dessen unmittelbare Anwendung scheitere, weil ein Embryo kein Kind im Sinne der Vorschrift sei und der Verwahrungsort nicht als gewöhnlicher Aufenthaltsort angesehen werden könne. Für eine Analogie fehle es an einer ungewollten Regelungslücke. Der [X.] Gesetzgeber habe es in § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ausdrücklich unter Strafe gestellt, eine Eizelle zu einem anderen Zweck als dem zu befruchten, eine Schwangerschaft bei der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stamme. Es könne daher nicht angenommen werden, dass in Bezug auf hiervon abweichend erzeugte Embryonen eine Geltung ausländischen Rechts, welches eine [X.]chaftsfeststellung für solche Embryonen eröffne, gewollt sei.

II.

7

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

8

1. Die internationale Zuständigkeit der [X.]n Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts von § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der [X.] von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschluss [X.], 372 = [X.], 479 Rn. 11), folgt aus § 100 Nr. 1 FamFG, weil der Antragsteller, der die Feststellung seiner [X.]chaft begehrt, [X.] ist.

9

2. Die vom Antragsteller begehrte Feststellung seiner [X.]chaft für die kryokonservierten Embryonen ist nach dem vorliegend anzuwendenden [X.]n Recht nicht möglich.

a) Das [X.] hat die Frage nach dem Bestehen eines [X.] zwischen dem Antragsteller und den Embryonen im Ergebnis zutreffend auf der Grundlage des [X.]n materiellen Abstammungsrechts beantwortet.

[X.]) Da sich die Embryonen in einer [X.] Fortpflanzungsklinik befinden, liegt die nach Art. 3 letzter Halbsatz EG[X.] für das Eingreifen des [X.] erforderliche Verbindung des Sachverhalts zu einem ausländischen St[X.]t vor. Das anzuwendende Recht bestimmt sich vorliegend analog Art. 19 Abs. 1 EG[X.].

(1) Art. 19 Abs. 1 EG[X.] regelt die Abstammung eines Kindes. Wie sich dem Begriff des "Kindes" entnehmen lässt, erfasst die Bestimmung Sachverhalte ab Vollendung der Geburt (vgl. auch § 1 [X.]). Eindeutig in diese Richtung weist zudem Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EG[X.]. Damit setzt der Tatbestand - anders als bei Art. 19 Abs. 2 EG[X.], der Verpflichtungen des [X.] gegenüber der Mutter auf Grund der Schwangerschaft zum Gegenstand hat - die Geburt voraus, so dass eine direkte Anwendung der Vorschrift auf die Abstammung ungeborenen Lebens ausscheidet.

(2) Das [X.] umfasst nach seiner Zielrichtung jedoch alle Rechtsfragen, die mit dem Zustandekommen eines [X.] aufgrund biologischer Herkunft zusammenhängen (vgl. [X.] Internationales Privatrecht Art. 19 Rn. 3), so dass Art. 19 Abs. 1 EG[X.] über den Gesamtbereich der Abstammung herrscht (Kegel/[X.] Internationales Privatrecht 9. Aufl. S. 908).

Der Anknüpfungsgegenstand der Abstammung eines Kindes geht zurück auf das Gesetz zur Neuregelung des [X.] vom 25. Juli 1986 ([X.] [X.] 1142). Zum damaligen Zeitpunkt war aber die Trennung des Embryos vom Mutterleib mittels in-vitro-Techniken und Kryokonservierung nicht gebräuchlich, so dass für den Gesetzgeber keine Veranlassung bestand, eine Kollisionsnorm zur Abstammung ungeborenen Lebens zu schaffen ([X.] [X.], 1980; vgl. auch BT-Drucks. 10/504 S. 64 ff.). Mithin liegt eine unbewusste Regelungslücke vor. Die Frage nach der Eltern-Kind-Zuordnung für einen Embryo ist eine solche nach dessen biologischer Abstammung, was dem Grundsatz nach die entsprechende Anwendung des Art. 19 Abs. 1 EG[X.] rechtfertigt, um das anzuwendende Recht zu bestimmen (so auch [X.] Künstliche Fortpflanzung und Internationales Privatrecht S. 80; [X.] [X.], 1980; [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EG[X.] Rn. 37).

Sofern die danach berufene Rechtsordnung vom [X.]n Recht abweicht, ergeben sich die Grenzen der Anwendbarkeit des ausländischen Rechts erst aus dem für die kollisionsrechtliche Anerkennung nach Art. 6 EG[X.] zu beachtenden ordre public (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2016 - [X.]/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 27, zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt).

[X.]) Von den in Art. 19 Abs. 1 EG[X.] vorgesehenen Anknüpfungsalternativen steht zur kollisionsrechtlichen Bestimmung des auf die Frage der Abstammung eines kryokonservierten und damit extrakorporalen Embryos anwendbaren Rechts allerdings allein das [X.] des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] zur Verfügung. Dieses führt im vorliegenden Fall zur Anwendung [X.]n Rechts.

(1) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EG[X.] unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des St[X.]tes, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat ([X.]). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EG[X.] im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des St[X.]tes bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört ([X.]), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EG[X.] nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EG[X.] unterliegen ([X.]). Das [X.] und das [X.] sind dem [X.] grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 20. April 2016 - [X.]/15 - FamRZ 2016, 1251 Rn. 28 mwN, zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt, sowie vom 3. August 2016 - [X.] 110/16 - zur Veröffentlichung bestimmt).

(2) Im Rahmen der entsprechenden Anwendung von Art. 19 Abs. 1 EG[X.] für die Bestimmung des auf die Abstammung von extrakorporalen Embryonen anzuwendenden Rechts kommen jedoch weder das [X.] (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EG[X.]) noch das [X.] (Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EG[X.]) in Betracht.

(a) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand, den der Gesetzgeber geregelt hat, vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen [X.] gekommen ([X.] Beschluss vom 14. Juni 2016 - [X.] - [X.], 514 Rn. 10 mwN).

Bei der Prüfung, inwieweit die von Art. 19 Abs. 1 EG[X.] zur Verfügung gestellten Anknüpfungsalternativen einer entsprechenden Anwendung im Zusammenhang mit der Abstammung extrakorporaler Embryonen zugänglich sind, ist daher für jede Alternative die Vergleichbarkeit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand zu überprüfen.

(b) Diese Prüfung führt für das [X.] und das [X.] zu dem Ergebnis, dass es an der Vergleichbarkeit fehlt.

([X.]) Dies gilt für das [X.] des Art. 19 Abs. 1 Satz 3 EG[X.] schon deshalb, weil das Gesetz ausdrücklich auf die Situation zum Zeitpunkt der Geburt abstellt. Auch für den in Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EG[X.] geregelten Sonderfall des nachgeborenen Kindes, bei dem die Ehe der Mutter vor der Geburt durch Tod aufgelöst wurde, wird die Geburt vorausgesetzt. Für diese lässt sich bei einem extrakorporalen Embryo jedoch kein Äquivalent finden.

([X.]) Nicht anders verhält es sich für das [X.] des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EG[X.]. Zwar wird in der Literatur vereinzelt erwogen, anstelle des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Kindes bei einem extrakorporalen Embryo auf dessen Aufbewahrungsort abzustellen ([X.] [X.], 1980 f.; für Art. 21 EG[X.]: [X.] Künstliche Fortpflanzung und Internationales Privatrecht S. 79 f.). Insoweit fehlt es aber an der für eine Analogie erforderlichen Vergleichbarkeit.

Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person liegt dort, wo sie den Schwerpunkt ihrer Bindungen, ihren Daseinsmittelpunkt hat (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 17. Oktober 2007 - [X.] 42/07 - [X.], 45 Rn. 12 und [X.] 151, 63 = [X.], 1182, 1183; [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EG[X.] Rn. 8). Zu fordern ist hierfür nicht nur ein auf eine gewisse Dauer angelegter Aufenthalt, der im Unterschied zum einfachen oder schlichten Aufenthalt nicht nur vorübergehend sein darf, sondern auch das Vorhandensein weiterer Beziehungen, insbesondere in familiärer oder beruflicher Hinsicht, in denen - im Vergleich zu einem sonst in Betracht kommenden Aufenthaltsort - der Schwerpunkt der Bindungen der betreffenden Person zu sehen ist (vgl. Senatsbeschluss [X.] 78, 293 = FamRZ 1981, 135, 136). Zur Anwendung berufen wird dadurch diejenige Rechtsordnung, zu der das Kind die engste Verbindung aufweist, so dass es maßgeblich auf die [X.] Integration ankommt, die in der ersten Lebensphase ggf. auch über die Kindeseltern vermittelt werden kann (vgl. [X.] [X.]/[X.] [Stand: 1. Mai 2016] Art. 19 EG[X.] Rn. 11; [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EG[X.] Rn. 8).

Die schlichte Aufbewahrung eines kryokonservierten Embryos erfordert demgegenüber keinerlei Bindungen vergleichbarer Art zur Umwelt und vermittelt sie auch nicht. Sie ist vielmehr völlig unabhängig von jeder [X.]n Integration am Aufbewahrungsort, insofern gänzlich beliebig und daher ungeeignet, eine Verbindung zu einer bestimmten Rechtsordnung herzustellen. Anders als etwa in Art. 5 Abs. 2 EG[X.] ([X.]) hat der Gesetzgeber beim [X.] auch nicht den (schlichten) Aufenthalt als sekundären Anknüpfungspunkt vorgesehen. Mithin ist nicht davon auszugehen, dass er, hätte er den vorliegenden Fall bedacht, zu einer Interessenabwägung dahingehend gelangt wäre, für die Frage der Abstammung eines extrakorporalen Embryos dessen Aufbewahrungsort als kollisionsrechtliche Anknüpfung dienen zu lassen.

(3) Als Anknüpfung zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts bleibt für die Frage der Abstammung eines extrakorporal aufbewahrten Embryos im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 EG[X.] nur dessen Satz 2, also das [X.] des betreffenden Elternteils. Da es bei der Abstammung um die Eltern-Kind-Zuordnung aufgrund biologischer Herkunft geht, ist insoweit [X.], der geltend macht, Samenspender für den Embryo zu sein, dem die biologische [X.]chaft für ein geborenes Kind behauptenden Mann vergleichbar, so dass das [X.] für die vorliegende Fallgestaltung entsprechend heranzuziehen ist. Zur Anwendung berufen ist demnach ausschließlich das [X.] als das Recht des St[X.]tes, dem der Antragsteller angehört.

cc) Aus diesem Grund ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] keine Feststellungen zum [X.] Recht getroffen hat.

b) Eine [X.]chaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sieht das [X.] Abstammungsrecht nicht vor. Nach § 1592 [X.] ist [X.] Vater eines Kindes, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die [X.]chaft anerkannt hat oder dessen [X.]chaft nach § 1600 d [X.] oder § 182 Abs. 1 FamFG gerichtlich festgestellt ist. Die [X.]chaft aufgrund ehelicher Geburt (§ 1592 Nr. 1 [X.]) ist dabei gegenüber den beiden anderen Alternativen logisch vorrangig, weil bei aufgrund ehelicher Geburt bestehender [X.]chaft im Zeitpunkt der Geburt grundsätzlich weder eine [X.]chaft aufgrund Anerkennung noch eine aufgrund gerichtlicher Feststellung möglich sind, §§ 1594 Abs. 2, 1600 d Abs. 1 [X.] (jurisPK-[X.]/[X.] [Stand: 19. Januar 2015] § 1592 Rn. 21; [X.]/Wellenhofer 6. Aufl. § 1592 Rn. 14).

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach § 1594 Abs. 4 [X.] die Anerkennung der [X.]chaft schon vor der Geburt des Kindes zulässig ist, wobei der Antragsteller die Feststellung aufgrund einer solchen Anerkennung ohnedies nicht begehrt. Denn auch eine vorgeburtliche Anerkennung kann frühestens mit der Geburt Wirksamkeit entfalten (jurisPK-[X.]/[X.] [Stand: 29. Oktober 2015] § 1594 Rn. 23; [X.]/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594 Rn. 41; [X.]/[X.] [X.] [2011] § 1594 Rn. 51), und zwar ohne dass es auf die Frage ankommt, ob - entsprechend der gesetzlichen Systematik - eine nach Anerkennung, aber vor Geburt erfolgte Eheschließung der Kindesmutter mit einem anderen als dem anerkennenden Mann gemäß § 1592 Nr. 1 [X.] zur [X.]chaft des Ehemanns führt (so die überwiegende Auffassung, vgl. etwa [X.] Familienrecht 31. Aufl. § 10 Rn. 15; [X.]/Schwarzer 10. Aufl. [X.]. 3 Rn. 150; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 6. Aufl. § 52 I Rn. 5; [X.]/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594 Rn. 42; [X.]/[X.] [X.] 75. Aufl. § 1594 Rn. 8; [X.]/[X.] [X.] [2011] § 1594 Rn. 53; [X.]/[X.] Das neue Kindschaftsrecht § 1594 [X.] Rn. 8; [X.] Familienrecht 3. Aufl. Rn. 540).

Die Möglichkeit einer pränatalen [X.]chaftsfeststellung ergibt sich schließlich nicht aus einer entsprechenden Anwendung von § 1594 Abs. 4 [X.] auf Anträge nach §§ 1600 d [X.], 169 Nr. 1 FamFG. Dies folgt bereits daraus, dass es der auf dem logischen Vorrang der ehelichen [X.]chaft aufbauenden Vorschrift des § 1600 d [X.] an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt (vgl. auch [X.]/Wellenhofer 6. Aufl. § 1594 Rn. 43). Deshalb lässt sich eine Analogie, wie das [X.] richtig erkannt hat, auch nicht auf § 1912 [X.] stützen. Diese Norm betrifft zudem mit der Leibesfrucht zwar das ungeborene Leben, hat jedoch die Pflegschaft und damit das vorgeburtliche Fürsorgebedürfnis zum Gegenstand und regelt in ihrem Absatz 2 eine Vorwirkung der elterlichen Sorge ([X.]/[X.] 6. Aufl. § 1912 Rn. 7). Für eine vorgeburtliche [X.]chaftsfeststellung kann dem nichts entnommen werden.

c) Ebenfalls nicht durchdringen kann die Rechtsbeschwerde, soweit sie für den Antragsteller einen unmittelbar aus der Verfassung folgenden Anspruch auf [X.]chaftsfeststellung oder jedenfalls auf die Zuerkennung eines diesem gleichwertigen Zuordnungsstatus reklamiert.

Dabei kann offen bleiben, ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang ein extrakorporaler Embryo grundrechtlichen Schutz genießt (vgl. dazu etwa [X.] NJW 1993, 1751, 1753; BFH NJW 2005, 3517, 3520; BT-Drucks. 11/5460 S. 6; [X.] Künstliche Fortpflanzung und Internationales Privatrecht S. 63 ff.; Coester-Waltjen [X.], 1981 f.; [X.] in vitro S. 94, 99; [X.] Die Rechtsstellung des unbefruchteten und des befruchteten menschlichen Keimguts S. 286 ff.; [X.] Der Schutz des pränatalen Lebens S. 245 ff., 365). Es kann auch dahinstehen, inwieweit der Antragsteller, der sich bewusst unter das Rechtsregime eines anderen St[X.]tes begeben hat, um die Verbotstatbestände des Embryonenschutzgesetzes zu umgehen, sich darauf berufen könnte, nach [X.] Recht einen Status zu erlangen, der vermeintlich dem Schutz der im Ausland befindlichen Embryonen dienen soll (vgl. [X.] Beschluss vom 15. Januar 2014 - 12 A 2078/13 - juris Rn. 25 ff.). Denn zum einen ist nicht ersichtlich, inwiefern die Embryonen eines Schutzes durch den Antragsteller bedürfen, den dieser nicht bereits jetzt - wenn auch auf vertraglicher Grundlage im Verhältnis zu der [X.] Reproduktionsklinik - sicherstellen kann. Zum anderen bedürfte es zur Gewährleistung des Schutzes für die Embryonen ohnedies nicht der Feststellung eines [X.] oder eines von der Rechtsbeschwerde nicht näher bezeichneten vergleichbaren Status. Vielmehr will der Antragsteller Fragen der Fürsorge aufwerfen, die nach [X.] Recht nicht dem Abstammungsrecht zugeordnet sind.

3. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, dem Antragsteller sei als Minus zu seinem eigentlichen Begehren zumindest die Stellung eines Pflegers der Embryonen in analoger Anwendung des § 1912 Abs. 1 und 2 [X.] einzuräumen. Der darin zu [X.] Hilfsantrag auf Bestellung zum Pfleger ist unzulässig.

Das vom Antragsteller erstmals in der [X.] in das Verfahren eingeführte Begehren stellt einen neuen Verfahrensgegenstand dar, der neue Tatsachenfeststellungen erfordert und daher nicht der rechtsbeschwerderechtlichen Prüfung unterliegt (vgl. § 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG iVm § 559 ZPO; Senatsbeschluss vom 18. Februar 2015 - [X.]/13 - NJW-RR 2015, 690 Rn. 32 mwN). Die Behandlung des auf Bestellung zum Pfleger gerichteten [X.] ist im vorliegenden Verfahren im Übrigen auch deshalb ausgeschlossen, weil gemäß § 179 Abs. 1 und 2 FamFG die Verbindung einer Abstammungssache mit dem Verfahren auf Anordnung einer Pflegschaft nach § 1912 [X.] als Kindschaftssache im Sinne des § 151 Nr. 5 FamFG ([X.]/[X.] 6. Aufl. § 1912 Rn. 19) unzulässig ist.

[X.]                         Günter

               Botur                                [X.]

Meta

XII ZB 351/15

24.08.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Düsseldorf, 31. Juli 2015, Az: II-1 UF 83/14, Beschluss

§ 1592 BGB, § 1594 BGB, § 1600d BGB, § 1912 BGB, Art 19 Abs 1 S 2 BGBEG, § 169 Nr 1 FamFG, § 179 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.08.2016, Az. XII ZB 351/15 (REWIS RS 2016, 6358)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 3174 REWIS RS 2016, 6358


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 2322/16

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2322/16, 11.01.2017.


Az. XII ZB 351/15

Bundesgerichtshof, XII ZB 351/15, 24.08.2016.


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