Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. XII ZB 72/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7802

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Gegenstand

Vaterschaft: Anerkennung bei gesetzlicher Vaterschaft nach ausländischem Recht; Rechtsstatut für die Vaterschaftsanfechtung


Leitsatz

1. Führt von den nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB für die Feststellung der Vaterschaft alternativ berufenen Rechtsordnungen zum Zeitpunkt der Geburt allein das Personalstatut des geschiedenen Ehemanns der Mutter zur rechtlichen Vaterschaft (hier: des geschiedenen Ehemanns nach polnischem Recht), so ist eine später von einem anderen Mann nach dem hierfür anwendbaren deutschen Recht erklärte Anerkennung der Vaterschaft unwirksam (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 3. August 2016, XII ZB 110/16, FamRZ 2016, 1847).

2. Die zum Zeitpunkt der Geburt kraft Gesetzes begründete Vaterschaft kann grundsätzlich nur nach dem gemäß Art. 20 EGBGB anwendbaren Anfechtungsstatut beseitigt werden (im Anschluss an Senatsurteil vom 23. November 2011, XII ZR 78/11, FamRZ 2012, 616).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 5. Januar 2016 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die Antragsteller, beide [X.] Staatsangehörige, begehren die Eintragung des im Juli 2014 von der Antragstellerin geborenen Kindes und des Antragstellers als dessen Vater im Geburtenregister. Der Antragsteller erklärte vier Tage nach der Geburt mit Zustimmung der Kindesmutter die Anerkennung der Vaterschaft. Die Antragstellerin war seit 2006 mit dem Beteiligten zu 5, einem [X.] Staatsangehörigen, verheiratet. Die Ehe ist seit dem 17. Juni 2014 rechtskräftig geschieden.

2

Das Standesamt hat die Sache wegen Zweifeln an der Eintragung dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat die beantragte Anweisung des Standesamts abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der er seine Eintragung als Vater weiterverfolgt.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.

4

1. Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung in [X.], 922 veröffentlicht ist, ist der Beteiligte zu 5 seit der Geburt des Kindes dessen rechtlicher Vater. Diese Vaterschaft sei bisher nicht durch eine wirksame Rechtshandlung beseitigt worden.

5

Die in Art. 19 Abs. 1 EGBGB für das anwendbare Recht aufgeführten [X.] seien gleichrangig. Welches Recht berufen sei, beurteile sich nach dem Günstigkeitsprinzip. Danach solle das Recht zur Anwendung kommen, das für das Wohl des Kindes günstiger sei. Hier komme das [X.] Recht in Betracht, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] habe und der Antragsteller [X.]r Staatsangehöriger sei. Ferner könne aufgrund der Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 5 [X.] Recht zur Anwendung kommen.

6

Nach [X.] Sachrecht (Art. 62 § 1 Satz 1 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuchs vom 25. Februar 1964 – [X.]) werde vermutet, dass ein Kind, das vor Ablauf von 300 Tagen seit Beendigung der Ehe geboren werde, vom (ehemaligen) Ehemann der Mutter abstamme. Darauf, ob das [X.] Recht auf das [X.] Recht zurückverweist, komme es an dieser Stelle nicht an, weil eine Rückverweisung, die den Kreis der für eine Abstammungsbestimmung zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen einschränkt, nach Art. 4 EGBGB nach dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 EGBGB nicht zu beachten sei. Nach [X.] Recht sei deshalb bei der Geburt die rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 5 begründet worden.

7

Bezogen auf den [X.]punkt der Geburt sei die Vaterschaft nach [X.] Recht zu bestimmen gewesen, weil dies dem Wohl des Kindes entspreche. Die Vaterschaft eines Mannes, der womöglich nicht der biologische Vater sei, sei für das Kind günstiger als Vaterlosigkeit. Dies ergebe sich schon aus den unterhalts- und erbrechtlichen Konsequenzen der Vaterschaft, auch wenn das [X.] Sachrecht bei einem reinen Inlandsfall Vaterlosigkeit in Kauf nähme. Eine andere Beurteilung sei auch dann nicht gerechtfertigt, wenn ein anerkennungswilliger Dritter zur Verfügung stehe, solange dieser die Anerkennungserklärung nicht abgegeben habe. Die zukünftige Entwicklung, ob eine geplante und zugesagte Vaterschaftsanerkennung tatsächlich durchgeführt werde, sei nicht vorauszusehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit könne bei der Bestimmung des [X.]s nicht auf derartige ungewisse zukünftige Ereignisse abgestellt werden.

8

Die Prüfung, welche Rechtsordnung für das Kind günstiger sei, könne nicht bezogen auf den [X.]punkt der Eintragung der Geburt unter Berücksichtigung einer zwischenzeitlichen Anerkennung eines Dritten erneut durchgeführt werden. Die Anerkennung sei nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam, wenn bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes begründet sei, auch wenn sich diese Vaterschaft nur aus einer anderen Rechtsordnung ergebe. Selbst wenn die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB gleichberechtigt nebeneinander berufenen Sachrechte jeweils isoliert für sich geprüft werden müssten, wäre zu berücksichtigen, dass eine Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erste einen Vater [X.], nicht durch eine spätere Anerkennungserklärung wieder verdrängt werden könne, und eine ex lege bestehende Vaterschaft sich nicht wieder verflüchtige, sondern nur auf dem gesetzlich dafür vorgesehenen Weg der nach dem internationalen Privatrecht berufenen Rechtsordnung wieder beseitigt werden könne.

9

Die Vaterschaft des Beteiligten zu 5 sei bisher nicht beseitigt worden. Gemäß Art. 20 Satz 1 EGBGB könne die Vaterschaft nur nach [X.] Recht angefochten werden, weil das Kind nach diesem auch die [X.] Staatsangehörigkeit habe. Eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft sei bisher nicht erhoben worden.

Auch eine gemäß Art. 20 Satz 2 EGBGB nach [X.]m Recht mögliche Anfechtung der Vaterschaft durch das Kind sei nicht durchgeführt worden. Eine Beseitigung der Vaterschaft des Beteiligten zu 5 entsprechend § 1599 Abs. 2 BGB komme nicht in Betracht. Denn für die qualifizierte Anerkennung gelte auch hier Art. 20 EGBGB. [X.] sei danach das [X.] Recht, welches eine § 1599 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung nicht enthalte. Auf Art. 20 Satz 2 EGBGB könne hier nicht zurückgegriffen werden, weil dieser ein zusätzliches [X.] nur für das Kind begründe, das an einer qualifizierten Anerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB nicht beteiligt sei. Im Übrigen habe der Beteiligte zu 5 seine Zustimmungserklärung nicht in der § 1599 Abs. 2 iVm § 1597 Abs. 2 BGB entsprechenden Form abgegeben.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat ([X.]). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter verheiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 EGBGB unterliegen ([X.]). Der [X.] hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das [X.] dem [X.] grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind ([X.]sbeschlüsse [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 28 und vom 3. August 2016 – [X.]/16 – [X.], 1847 Rn. 8 [X.]).

aa) Ist ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in [X.] nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren worden und könnte es deshalb nach [X.]m Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zur Konkurrenz mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB berufenen Rechtsordnungen führen, die das Kind als Abkömmling des (geschiedenen) Ehemanns ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die [X.] vor Beendigung der Ehe fiel ([X.]sbeschluss vom 3. August 2016 – [X.]/16 – [X.], 1847 Rn. 9 [X.]).

Welchem der konkurrierenden [X.]e in diesen Fällen der Vorrang gebührt, ist umstritten (vgl. bereits [X.]sbeschluss vom 3. August 2016 – [X.]/16 – [X.], 1847 Rn. 10 ff. [X.]). Zum Teil wird vertreten, das [X.] in solchen Fällen vorrangig an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes anzuknüpfen, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sachverhalt aufweise (vgl. [X.] Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; [X.] [X.] 2005, 326, 329 f.).

Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht mit dem Beschwerdegericht davon aus, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe ([X.]), wofür teilweise auf das sogenannte Günstigkeitsprinzip verwiesen wird. Dem Wohl des Kindes entspreche es im Hinblick auf seine unterhalts- und erbrechtliche Absicherung am besten, wenn ihm schon zum frühestmöglichen [X.]punkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. [X.], 686, 687; [X.] FamRZ 2002, 688, 689; [X.] FamRZ 2005, 1697, 1698 und [X.], 920, 922; [X.] FamRZ 2014, 1559, 1560 und [X.], 126, 128; [X.] 2013, 319, 320; [X.] StAZ 2016, 200, 201 f.; [X.] StAZ 2017, 104, 107 f.; [X.]/[X.] 3. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der [X.] nicht aus einem kindeswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungskriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. [X.] 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erste einen Vater [X.], demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).

Weisen alternativ berufene Rechtsordnungen dem Kind hingegen schon bei der Geburt verschiedene Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die zum „wirklichen“ Vater des Kindes führt (vgl. hierzu im Einzelnen [X.]/[X.] BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; [X.]/[X.] [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).

Über die Fälle von schon bei Geburt des Kindes konkurrierenden [X.]en hinausgehend wird von einer Ansicht der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstigkeitsprinzips angesehen und deshalb generell der Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem „wirklichen“ Vater verhelfe ([X.] FamRZ 1998, 1401, 1402). Eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaßlichen Erzeuger soll sich gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründeten [X.] nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im [X.]punkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. [X.] [11. Zivilsenat] FamRZ 2015, 1636, 1638; [X.] [X.], 1599; AG [X.] FamRZ 2007, 1585, 1586; AG Regensburg FamRZ 2003, 1856, 1857; [X.]/[X.] BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38, 43; [X.]/[X.] [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 68; vgl. auch [X.] FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).

bb) Der [X.] hat bislang offengelassen, in welchem Verhältnis die [X.] zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen Eltern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. [X.]sbeschlüsse [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 29 [X.] und vom 3. August 2016 – [X.]/16 – [X.], 1847 Rn. 14). In der vorliegenden Fallkonstellation bedarf es einer Entscheidung der Frage, ob eine nach der Geburt nach [X.]m Recht erklärte Anerkennung der Vaterschaft den bereits zum [X.]punkt der Geburt aufgrund einer anderen nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechtsordnung begründeten Status im Konkurrenzwege verdrängen kann. Die Frage ist zu verneinen.

(1) Die rechtliche [X.] ist bereits zum [X.]punkt der Geburt des Kindes festzustellen. Die Abstammung im Sinne von Art. 19 EGBGB ist die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes ([X.]sbeschluss [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 27). Sinn und Zweck der durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 ([X.] I S. 2942) eingeführten mehrfachen Anknüpfung bestehen wie bei der zuvor in Art. 20 Abs. 1 EGBGB aF für die nichteheliche Kindschaft enthaltenen Mehrfachanknüpfung darin, dem Kind nach Möglichkeit zu einem rechtlichen Vater zu verhelfen ([X.] FamRZ 1998, 1401, 1402; zum früheren Recht vgl. [X.]/[X.] 3. Aufl. Art. 20 EGBGB Rn. 4 [X.]). Da die statusrechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes erfolgt, ist diese bereits mit Erlangung der Rechtsfähigkeit durch das Kind festzustellen. Die Rechtsfähigkeit tritt nach § 1 BGB (iVm Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]) mit Vollendung der Geburt ein; eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sieht das [X.] Abstammungsrecht nicht vor ([X.]sbeschluss vom 24. August 2016 – [X.] 351/15 – [X.], 1849 Rn. 28), was jedenfalls grundsätzlich auch für die kollisionsrechtliche Regelung des Art. 19 Abs. 1 EGBGB gilt (zur möglichen analogen Anwendung vgl. [X.]sbeschluss vom 24. August 2016 – [X.] 351/15 – [X.], 1849 Rn. 11 ff.). Dementsprechend kann auch (entgegen [X.] [X.] 2005, 326, 329 f.) nicht mit der Vaterschaftszuordnung abgewartet werden, bis das [X.] nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ebenfalls eine rechtliche [X.] ergibt.

(2) Ist dem Kind schon bei der Geburt nach einer der von Art. 19 Abs. 1 EGBGB alternativ berufenen Rechtsordnungen nur ein Vater zugeordnet, so steht dieser jedenfalls grundsätzlich als rechtlicher Vater des Kindes fest.

Eine erneute Beurteilung der [X.] zum [X.]punkt der Eintragung in das Geburtenregister ist nicht vorzunehmen, nachdem bereits eine [X.] kraft Gesetzes erfolgt ist. Denn die erstmalige rechtliche Festlegung der Vaterschaft darf nach Sinn und Zweck der alternativen Anknüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB nicht bis zur späteren Eintragung der Geburt im Geburtenregister in der Schwebe bleiben. Anderenfalls bestünde für das Kind zunächst eine rechtliche Vaterlosigkeit, die durch Art. 19 Abs. 1 EGBGB gerade vermieden werden soll. Die Eintragung in das [X.] Geburtenregister eignet sich als zeitlicher Anknüpfungspunkt der [X.] schon deswegen nicht, weil der Eintragung hinsichtlich der Eltern-Kind-Zuordnung keine konstitutive Wirkung zukommt (vgl. [X.]/[X.] Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. [X.]). Zwar werden mit der Eintragung vom Gesetz zuweilen materiellrechtliche Wirkungen verknüpft, so etwa der Erwerb der Staatsangehörigkeit mit der Eintragung der [X.] (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 59 = [X.], 1251 Rn. 18). Eine solche Wirkung kommt nach [X.]m Recht dem Personenstandsregister bezüglich der Eltern-Kind-Zuordnung hingegen grundsätzlich nicht zu (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 22).

Das Beschwerdegericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei Geburt des Kindes zunächst ungewiss ist, ob eine Anerkennung der Vaterschaft erfolgen wird (vgl. [X.]sbeschluss vom 3. August 2016 – [X.]/16 – [X.], 1847 Rn. 14; [X.] StAZ 2000, 33, 40). Dass der Anerkennende, wie die Gegenauffassung anführt, in der Regel der „wirkliche“ (biologische) Vater ist, ist mangels entsprechender Überprüfung keineswegs gesichert (vgl. [X.]surteil BGHZ 197, 242 = [X.], 1209 Rn. 2). So hat der Umstand, dass gerade in grenzüberschreitenden Fällen Anerkennungen nicht selten zu gesetzesfremden Zwecken erklärt werden, jüngst zu Maßnahmen des Gesetzgebers geführt, durch die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen unterbunden werden sollen (Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht, BT-Drucks. 18/12415, Art. 4, § 1597a [X.]: Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft; Art. 1, § 85a AufenthG-E).

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass es in den Fällen, in denen eine von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufene Rechtsordnung die Vaterstellung auch bei Geburt des Kindes nach Rechtskraft der Scheidung noch dem geschiedenen Ehemann der Mutter zuweist, dieser in den meisten Fällen nicht der biologische Vater des Kindes sein und demzufolge regelmäßig ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren erforderlich wird. Hiermit verbundenen Schwierigkeiten ist indessen erst bei der Frage der Beseitigung der Vaterschaft Rechnung zu tragen.

(3) Aufgrund der bereits seit Geburt bestehenden rechtlichen Vaterschaft ist die Anerkennung durch [X.] nach § 1594 Abs. 2 BGB versperrt. Eine Anerkennung der Vaterschaft wird mithin erst nach Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft möglich.

Dabei ist auf die Anerkennung im vorliegenden Fall gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB das [X.] Recht anzuwenden, weil sowohl der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes als auch die Staatsangehörigkeit des Beteiligten zu 4 zur Anwendbarkeit des [X.]n Rechts führen.

Die rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 5 führt dazu, dass die seitens des Beteiligten zu 4 erklärte Anerkennung nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam ist (vgl. [X.] StAZ 2016, 200, 201). Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die auf die Anerkennung anwendbare Rechtsordnung im Unterschied zum [X.]n Recht eine Anerkennungssperre nicht vorsieht und das ausländische Recht der Anerkennung eine die [X.] des Ehemanns verdrängende Wirkung zumisst (vgl. [X.]/[X.] Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. [X.] ff.), oder ob auch auf eine solche Folge vorrangig Art. 20 EGBGB anzuwenden ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.

(4) Das Beschwerdegericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass auf den [X.]punkt der Geburt abzustellen ist und zu diesem [X.]punkt allein das Personalstatut des Beteiligten zu 5 eine Vaterschaftszuordnung ergibt. Bezüglich der Anwendung des [X.] Rechts sind im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Beanstandungen erhoben worden. Das Beschwerdegericht hat eine etwaige im [X.] Recht enthaltene Rückverweisung im Ergebnis zutreffend dahingestellt sein lassen, weil eine solche mit dem Ergebnis der Vaterlosigkeit dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 EGBGB zuwider liefe (vgl. [X.] 2011, 1518, 1520; [X.] [X.], 126; [X.] FamRZ 2005, 1697; [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 29 [X.]; [X.]/[X.] Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 2; vgl. auch [X.] StAZ 2016, 200, 201).

b) Eine nachträgliche Beseitigung der mit Geburt des Kindes entstandenen rechtlichen Vaterschaft des Beteiligten zu 5 hat das Beschwerdegericht zu Recht verneint.

Nach der Rechtsprechung des [X.]s richtet sich die Beseitigung der Vaterschaftszuordnung auch dann nach Art. 20 EGBGB, wenn diese nicht durch ein gerichtliches Anfechtungsverfahren, sondern im Wege rechtsgeschäftlicher Erklärungen möglich ist ([X.]surteil vom 23. November 2011 – [X.] – [X.], 616 Rn. 19).

aa) Die Anwendung des Art. 20 Satz 1 EGBGB führt im vorliegenden Fall zum [X.] Recht als der Rechtsordnung, aus der sich die Vaterschaft ergibt. Das [X.] Recht sieht nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] eine Beseitigung der Vaterschaft nur im Wege eines gerichtlichen Anfechtungsverfahrens vor, welches im vorliegenden Fall nicht durchgeführt worden ist.

bb) Ob Art. 20 Satz 2 EGBGB auch auf eine mögliche Beseitigung der Vaterschaft durch qualifizierte Anerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB anwendbar ist (dafür etwa [X.]/[X.] Familie und Personenstand 2. Aufl. Rn. [X.] f.) oder ob dies entsprechend der Auffassung des [X.] deswegen ausgeschlossen ist, weil das Kind an dem Verfahren nicht (unmittelbar) beteiligt ist, kann hier offenbleiben. Denn nach den Feststellungen des [X.] fehlt es bereits an der nach § 1599 Abs. 2 BGB erforderlichen Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 5.

Dose     

      

[X.]     

      

Schilling

      

Nedden-Boeger     

      

Guhling     

      

Meta

XII ZB 72/16

19.07.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 5. Januar 2016, Az: 1 W 675/15, Beschluss

Art 19 Abs 1 BGBEG, Art 20 BGBEG, § 1594 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.07.2017, Az. XII ZB 72/16 (REWIS RS 2017, 7802)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 2911 MDR 2017, 1365-1366 REWIS RS 2017, 7802

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