Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2019, Az. B 2 U 35/17 R

2. Senat | REWIS RS 2019, 4335

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragserhebung gem § 183 SGB 7 - Unternehmen der Jagd gem § 123 Abs 1 SGB 7 - einheitliches Unternehmen - rechtswidriger Aufnahmebescheid: falsche Feststellung der Unternehmereigenschaft: jagdrechtlicher "Strohmann" - rechtswidrige Aufnahme zweier selbständiger Jagdreviere in das Kataster - einheitliche Schulungseinrichtung des BJV für Jäger - Grundlagenbescheid - keine Nichtigkeit - Bestandskraft - Folgebescheid - gestuftes Beitragsverfahren - (Dritt-)Bindungswirkung - effektiver Rechtsschutz - kein Rechtsmissbrauch - keine Inzidentprüfung)


Leitsatz

1. Unabhängig von jagdrechtlichen Regelungen liegt im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ein einheitliches "Unternehmen" vor, wenn materielle und immaterielle Mittel in einer organisatorischen, äußerlich abgrenzbaren Einheit planvoll für eine gewisse Dauer zusammengefasst werden, die unter einheitlicher Führung stehen und ihrerseits einen bestimmten Zweck verfolgen.

2. Zum gestuften Beitragsverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 19. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte für die beiden Jagdreviere, die der Kläger in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer des [X.] ([X.]) gepachtet hat, [X.] iHv jeweils 75,00 Euro für das Umlagejahr 2012 festsetzen durfte.

2

Der [X.] nutzt die benachbarten Jagdreviere als Lehrreviere und setzt dafür Arbeitskräfte und Betriebsmittel wechselseitig ein. Pächter und Leiter beider Jagdreviere ist der Kläger, der damit zugleich Pflichten aus seinem Dienstvertrag mit dem [X.] erfüllt. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten richtete ihren Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 an den Kläger, bezeichnete die Jagdreviere jeweils als "Unternehmen" und ordnete ihnen verschiedene Unternehmensnummern zu. Ferner setzte sie jeweils getrennte [X.] fest und erläuterte, der Bescheid wirke "sich erst zukünftig [X.] aus" und gebe darüber Aufschluss, welche Unternehmen erfasst seien. In den Folgejahren erhob sie für beide Jagdreviere - neben den jeweiligen Umlagebeiträgen - nur einen Grundbeitrag.

3

Erstmals für das [X.] setzte die Beklagte davon abweichend die Umlage nicht in einem gemeinsamen Bescheid für beide Jagdreviere, sondern mit zwei getrennten Bescheiden fest und berücksichtigte dabei [X.] iHv jeweils 75,00 Euro für jedes Jagdrevier gesondert (Bescheide vom [X.] und Widerspruchsbescheid vom 18.6.2013). Das [X.] hat die Klage - unter Zulassung der Berufung - abgewiesen (Urteil vom [X.]), weil die beiden Jagdreviere zwei selbständige (Haupt-)Unternehmen seien, wie aus dem [X.] (BJagdG) folge. Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 19.10.2017): Beide Jagdreviere seien selbständige (Jagd-)Unternehmen des [X.] iS des § 123 Abs 1 [X.] [X.]B VII. Dies ergebe sich zwar noch nicht unmittelbar aus dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003, der beide Jagdreviere als getrennte Unternehmen aufführe, sondern folge aus dem BJagdG und dem [X.], die das Recht zur Jagdausübung an behördlich festgelegte Jagdbezirke (Jagdreviere) koppelten. Deshalb sei die Beklagte befugt gewesen, den Grundbeitrag iHv 75,00 Euro für jedes (Jagd-)Unternehmen gesondert zu erheben, zumal die Jagdreviere nicht im Verhältnis von Haupt- und [X.] zueinander stünden. [X.] knüpfe die Beklagte sachwidrig an die Jagdbezirke an, die ihr die [X.] mit unterschiedlichen Reviernummern meldeten. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der [X.] gegenüber sonstigen landwirtschaftlichen Unternehmen sei nicht erkennbar.

4

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 123 Abs 1 [X.] iVm § 121 Abs 1 [X.]B VII. Beide Jagdreviere seien Teile eines einheitlichen Unternehmens, weil sie unter einer Leitung stünden und zwischen ihnen ein wirtschaftlicher und betriebstechnischer Zusammenhang bestehe. Die Zahl der Jagdbezirke dürfe nicht mit der Zahl der versicherten [X.] gleichgesetzt werden. Soweit sich die Beklagte auf die Bindungswirkung des Aufnahmebescheids ihrer Rechtsvorgängerin berufe, sei dies angesichts der jahrelangen, abweichenden Verwaltungspraxis rechtsmissbräuchlich und nicht vorhersehbar gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
die Urteile des [X.] vom 19. Oktober 2017 und des [X.] vom 30. Juni 2014 sowie die Bescheide der Beklagten vom 29. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Juni 2013 aufzuheben.

6

Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des [X.] ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 [X.] [X.]G). Zu Recht hat das [X.] die [X.] (§ 144 Abs 1 [X.] [X.] [X.]G) statthafte (§ 143 [X.]G) Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des [X.] zurückgewiesen. Die isolierten (Teil-)Anfechtungsklagen (§ 54 Abs 1 [X.] Var 1, § 56 [X.]G) sind unbegründet, weil die Festsetzungen der [X.] und die entsprechenden Zahlungsgebote in den [X.] der Beklagen vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.6.2013 (§ 95 [X.]G) formell und materiell rechtmäßig sind, soweit sie der Kläger im Wege der [X.] angegriffen hat. Allerdings erweisen sich die Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid der Beklagten vom 4.12.2003 als rechtswidrig, ohne dass dies hier eine Auswirkung auf den Ausgang des Verfahrens haben kann.

8

Die isolierten (Teil-)Anfechtungsklagen sind statthaft. In den Beitragsbescheiden hat die Beklagte jeweils durch feststellenden Verwaltungsakt einen Gesamtbeitrag festgesetzt, der sich aus der Summe des [X.] iHv 75,00 Euro und eines variablen [X.] zusammensetzt (§ 221 Abs 3 [X.] [X.]B VII iVm § 46 Abs 1 [X.] und [X.] der Satzung der land- und forstwirtschaftlichen [X.] und [X.]). Da es sich bei diesen Berechnungsfaktoren jeweils um zahlenmäßig abgrenzbare Teilbeträge handelt (vgl dazu B[X.] Urteile vom 27.5.2014 - B 5 R 6/13 R - B[X.]E 116, 64 = [X.]-2600 § 97 [X.], Rd[X.]5 und vom 4.12.2014 - B 5 RE 12/14 R - [X.]-2600 § 165 [X.] Rd[X.]0), die einander nicht wechselseitig beeinflussen, durfte sich der Kläger auf die [X.] des [X.] iHv 75,00 Euro beschränken und konnte die Bescheide im Übrigen, dh hinsichtlich des [X.], bestandskräftig (§ 77 [X.]G) werden lassen. Soweit der Kläger vor dem [X.] eine kombinierte ([X.] und Verpflichtungsklage erhoben und im erstinstanzlichen Verfahren beantragt hatte, beide Bescheide vom [X.] nur "insoweit aufzuheben, als ein doppelter Grundbeitrag berechnet wird", diente dies nur der Umschreibung des von Anfang an unverändert verfolgten Klagebegehrens (§ 123 [X.]G), sodass keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung (§ 168 [X.], § 99 Abs 3 [X.]G) vorliegt. Denn mit den vorinstanzlichen Anträgen brachte der Kläger zum Ausdruck, dass er nur die Festsetzung zweier Grundbeiträge in unterschiedlichen Bescheiden iHv insgesamt 150,00 Euro für rechtswidrig hält und die Festsetzung eines [X.] iHv 75,00 Euro für beide Jagdreviere in einem Beitragsbescheid - wie in den Vorjahren - akzeptieren würde. Dieses Ziel ist jedoch nur nach ([X.] über die [X.] iHv jeweils 75,00 Euro (insgesamt 150,00 Euro) und dem entsprechenden [X.] eines Verwaltungsakts über 75,00 Euro erreichbar. Im vorliegenden Verfahren kann der Kläger jedoch nur die ([X.] geltend machen und muss den möglichen (belastenden) [X.] eines (Korrektur-)Verwaltungsakts der Beklagten überlassen.

9

Ermächtigungsgrundlage für die Umlageforderung der Beklagten ist § 183 Abs 5 [X.] [X.]B VI[X.] Danach teilt die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft den Unternehmern den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit. Diese "Mitteilung" ist keine bloße Bekanntgabe einer kraft Gesetzes bestehenden Zahlungspflicht, sondern ein an den Beitragspflichtigen gerichtetes vollstreckbares Zahlungsgebot ("Beitragsbescheid", § 183 Abs 5 [X.] [X.]B VII; vgl B[X.] Urteile vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - B[X.]E 125, 120 = [X.]-2700 § 123 [X.], Rd[X.]5 und vom [X.] - B 2 U 7/10 R - [X.]-2700 § 150 [X.] Rd[X.] 9). Die Festsetzungen der Beiträge für das [X.] und die entsprechenden Zahlungsgebote in den beiden [X.] der Beklagten vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.6.2013 sind formell (A.) und materiell (B.) rechtmäßig.

A. Die Beitragsbescheide sind formell rechtmäßig. Sie waren nicht wegen [X.] aufzuheben (§ 42 [X.] [X.]B X). Die Beklagte hat die erforderliche Anhörung (§ 24 Abs 1 [X.]B X), von der sie nicht abgesehen hat (§ 24 [X.] [X.]B X; vgl B[X.] Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - B[X.]E 125, 120 = [X.]-2700 § 123 [X.], Rd[X.]6 - "Haus und Ziergarten" - kritisch zur [X.], [X.] 2018, 311 ff), im Widerspruchsverfahren wirksam nachgeholt. Der [X.] ist dadurch "unbeachtlich" (§ 41 Abs 1 [X.], [X.] [X.]B X) geworden. Diese sog "Heilung" des Anhörungsmangels erfordert qualifizierte Nachholungshandlungen der Behörde; die bloße Erhebung des Widerspruchs genügt nicht (B[X.] Urteile vom 26.9.1991 - 4 RK 4/91 - B[X.]E 69, 247 = [X.] 3-1300 § 24 [X.] und vom 13.12.2001 - [X.] [X.]/99 R - B[X.]E 89, 111 = [X.] 3-1300 § 1 [X.]). Der Betroffene ist möglichst so zu stellen, wie er bei korrekter Verfahrensgestaltung stünde (Grundsatz der realen Fehlerheilung; B[X.] Urteil vom 31.10.2002 - [X.] RA 15/01 R - [X.] 3-1300 § 24 [X.]2). Dies setzt allerdings voraus, dass die Behörde dem Betroffenen alle ihrer Ansicht nach entscheidungserheblichen Haupttatsachen mitgeteilt (Senatsurteil vom [X.] - B 2 U 15/11 R - [X.]-5671 § 3 [X.]) und ihn ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen hat, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern (BVerwG Urteil vom 17.8.1982 - 1 [X.] 22.81 - BVerwGE 66, 111). Der Widerspruchsausschuss, dem dieselben Entscheidungskompetenzen wie der Ausgangsbehörde zustehen müssen (dazu BVerwG Urteil vom 17.8.1982 - 1 [X.] 22.81 - BVerwGE 66, 111), muss sich mit dem Tatsachenvortrag des [X.] auseinandergesetzt und im Widerspruchsbescheid zu erkennen gegeben haben, dass er dessen Angaben und Vorbringen inhaltlich wahr- und ernstgenommen sowie erwogen hat (vgl BVerwG Urteil vom [X.] 210.67 - BVerwGE 37, 307).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Denn aus der maßgeblichen Sicht der Beklagten war für die gesonderte Erhebung zweier Grundbeiträge § 7 der Richtlinie des [X.] (LSV-SpV) über die Berechnungsgrundlagen nach § 182 [X.] bis 6, insbesondere die Bildung von Risikogruppen sowie die Berücksichtigung des solidarischen Ausgleichs nach § 143e Abs 3 [X.] Buchst a [X.]B VII und die darauf beruhende Satzungsänderung ihrer Rechtsvorgängerin wesentlich. Dies hat sie dem Kläger in den "Erläuterungen und Hinweisen" zu den Beitragsbescheiden mitgeteilt und dabei gleichzeitig erläutert, wie die "Beitragsabrechnung" aus ihrer Sicht auf Basis der geänderten Satzungsregelungen ihrer Rechtsvorgängerin durchzuführen ist. Damit konnte der Kläger die entscheidungserheblichen Haupttatsachen erkennen, auch wenn die Beklagte weder die maßgebliche Ermächtigungsgrundlage (§ 183 Abs 5 [X.] [X.]B VII) benannt noch den Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 erwähnt hat, auf dessen Bindungswirkung sie sich zumindest später berufen hat. Schließlich waren den angefochtenen Beitragsbescheiden ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrungen (§ 66 [X.]G) über die [X.] im Widerspruchsverfahren beigefügt und der Widerspruchsausschuss (§ 78 Abs 1 [X.], § 85 [X.] [X.] [X.] [X.]G) hat sich ausweislich der Begründung zum Widerspruchsbescheid vom 18.6.2013 ausführlich mit dem Widerspruchsvorbringen des [X.] auseinandergesetzt.

B. Die Beitragsbescheide sind auch materiell rechtmäßig. Dies folgt allerdings nur aus der Bindungswirkung der bestandskräftigen (§ 77 [X.]G) und wirksamen (§§ 39, 40 [X.]B X) Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003. Damit steht zwischen den Beteiligten und wegen ihrer [X.] bzw Drittbindungswirkung (dazu B[X.] Urteil vom 4.10.1994 - 7 [X.] - B[X.]E 75, 97 = [X.] 3-4100 § 116 [X.]) auch für den Senat fest, dass die Beklagte die zuständige landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ([X.]) und der Kläger Unternehmer zweier landwirtschaftlicher (Jagd-)Unternehmen (I[X.]) ist. Die in dem Aufnahmebescheid getroffenen Regelungen sind allerdings rechtswidrig. Da die dort getroffenen Feststellungen nicht nichtig sind, binden sie aber die Beteiligten, obgleich sie rechtswidrig sind (II[X.]). Auch ihre [X.] bzw Drittbindungswirkung gegenüber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 2 [X.]G) bleibt erhalten, weil der Rückgriff auf die rechtswidrigen Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 mit Art 19 Abs 4 [X.] [X.] vereinbar und nicht rechtsmissbräuchlich ist (IV.). Als Unternehmer hat der Kläger die festgesetzten Beiträge zu zahlen (V.).

[X.] Die Zuständigkeit der Beklagten als landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft folgt aus dem Aufnahmebescheid ihrer Rechtsvorgängerin vom 4.12.2003. Die dort durch Verwaltungsakt (§ 31 [X.] [X.]B X) festgestellte örtliche und sachliche Zuständigkeit der Rechtsvorgängerin ist im Wege der ([X.] auf die Beklagte übergegangen, die infolge eines [X.] kraft Gesetzes an deren Stelle in den Aufnahmebescheid eingetreten ist. Dies geschah zum [X.] im Wege der gesetzlichen Funktionsnachfolge, indem die Rechtsvorgängerin gemäß § 3 Abs 1 und 3 Gesetz zur Neuordnung der [X.] ([X.] - LSV-NOG - vom 12.4.2012, [X.]) aufgelöst und in die neu errichtete Beklagte (§ 1 [X.] LSV-NOG) eingegliedert wurde (Universalsukzession durch Verschmelzung bzw Fusion). Damit bindet der Verwaltungsakt über die Feststellung der behördlichen Zuständigkeit im Grundlagenbescheid die Beteiligten in der Sache, weil ihn der Kläger durch Nichteinlegung des gegebenen Rechtsbehelfs (Widerspruch) unanfechtbar werden ließ (§ 77 Halbs 1 [X.]G), wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der tatrichterlichen Feststellungen noch mit hinreichender Deutlichkeit ergibt. Zur damit eingetretenen Bindungswirkung bestimmt das Gesetz vorliegend auch nichts anderes (§ 77 Halbs 2 [X.]G).

I[X.] Die Eigenschaft des [X.] als landwirtschaftlicher Unternehmer zweier landwirtschaftlicher (Jagd-)Unternehmen ergibt sich ebenfalls aus den entsprechenden Regelungen in dem bindenden Aufnahmebescheid. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten richtete den Aufnahmebescheid an den Kläger als "Unternehmer" und stellte damit dessen Unternehmereigenschaft durch Verwaltungsakt fest. Gleichzeitig bestimmte sie in einem weiteren Verwaltungsakt, dass sich ihre Feststellungen über die behördliche Zuständigkeit und die Unternehmereigenschaft des [X.] auf zwei selbständige Unternehmen beziehen. Denn sie hat die beiden Jagdreviere in dem Aufnahmebescheid - unter entsprechender Ortsangabe ("L." bzw "W.") - jeweils als eigenständige "Unternehmen" erfasst, ihnen verschiedene Unternehmensnummern zugeordnet, jeweils getrennte Veranlagungswerte festgesetzt und darauf hingewiesen, dass der Bescheid Aufschluss darüber gibt, welche Unternehmen erfasst sind. Legt man diese Erklärung nach dem [X.] eines verständigen Beteiligten aus, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (B[X.] Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 17/13 R - [X.]-2700 § 54 [X.] Rd[X.]4), ergibt sich aus der Bezugnahme auf die Namen der Jagdreviere, der Bezeichnung dieser Einheiten jeweils getrennt als "Unternehmen" sowie der Vergabe unterschiedlicher Unternehmensnummern und der jeweils getrennten Veranlagung, dass mit dem Aufnahmebescheid die Zuständigkeit der Beklagten für zwei getrennte selbständige Unternehmen festgestellt wurde. Dazu war die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch nach § 136 Abs 1 [X.] [X.]B VII befugt. Nach dieser Vorschrift stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Folglich hat der Unfallversicherungsträger im Aufnahmebescheid nicht nur seine Zuständigkeit und die Unternehmereigenschaft des Adressaten festzustellen, sondern darüber hinaus auch zu bestimmen, auf welche(s) "Unternehmen" sich diese Feststellungen beziehen. Ferner hat das [X.] bindend festgestellt (§ 163 [X.]G), dass keines der Jagdreviere gegenüber dem jeweils anderen den Schwerpunkt in der Weise bildete, dass ein Haupt- und [X.] vorliegen könnte.

II[X.] [X.] in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 stellen sich allerdings als rechtswidrig dar. Die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte über die Feststellung der Unternehmereigenschaft des [X.] (1.) und über die Aufnahme zweier selbständiger (Jagd-)Unternehmen in das Kataster (2.) ließen deren Bindungswirkung aber nicht entfallen, weil diese Verwaltungsakte nicht nichtig iS des § 40 [X.]B X sind. Die materiell-rechtlichen Fehler zählen weder zu den [X.] des § 40 [X.] [X.]B X noch sind sie "besonders schwerwiegend" iS der Generalklausel des § 40 Abs 1 [X.]B X (3.). Auch hat die Beklagte diese Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 weder zurückgenommen, widerrufen oder anderweitig aufgehoben noch haben sie sich durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt (§ 39 [X.] [X.]B X; dazu 4.).

1. Der Verwaltungsakt über die Feststellung der Unternehmereigenschaft des [X.] in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 war rechtswidrig. Unternehmer ist gemäß § 136 Abs 3 [X.] [X.]B VII in seiner bis zum 16.11.2016 geltenden Ursprungsfassung derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Nach den [X.] und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des [X.] in dem angefochtenen Urteil (§ 163 [X.]G) hat der Kläger "die Jagdreviere … in seiner Eigenschaft als Hauptgeschäftsführer des [X.] ([X.]) gepachtet", die seiner "einheitlichen Leitung" unterstehen, und "der damit eine Aufgabe aus seinem Dienstvertrag mit dem [X.] erfüllt". Der [X.] nutzt "beide Reviere … gemeinsam als Lehrreviere", setzt dort Arbeitskräfte und Betriebsmittel wechselseitig ein und unterhält in diesem Bereich die Landesjagdschule. In beiden Jagdrevieren betreibt somit der [X.] und nicht der Kläger eine Schulungseinrichtung (vgl § 121 Abs 1 [X.]B VII), die mit der Aus- und Fortbildung von [X.]n befasst ist. Damit gereicht das Ergebnis des Schulungsunternehmens nicht dem Kläger als abhängig Beschäftigtem des [X.], sondern allein dem [X.] selbst unmittelbar zum Vor- bzw Nachteil. Folglich ist der [X.] und nicht der Kläger beitragspflichtiger Unternehmer. Der Kläger tritt lediglich deshalb als Pächter auf, weil der [X.] als eingetragener Verein kein Jagdpächter sein kann. Zu den potentiellen [X.] zählen nämlich nur natürliche Personen, die jagdpachtfähig sind, dh seit mindestens drei Jahren einen Jahresjagdschein besitzen (§ 11 Abs 5 BJagdG; vgl dazu [X.] Beschluss vom 4.4.2007 - [X.]/06 - NJW-RR 2007, 1209). Der [X.] bedient sich daher nur der Fachkenntnisse des [X.], um die Schulungseinrichtung als Verein und Unternehmer in den beiden Jagdrevieren betreiben zu können. Damit ist die Unternehmerstellung des Vereins aber nicht auf den angestellten, abhängig beschäftigten Kläger übergegangen.

2. Auch der Verwaltungsakt über die Aufnahme zweier selbständiger (Jagd-)Unternehmen in das Kataster war rechtswidrig. Denn es handelt sich bei der Schulungseinrichtung, die der [X.] betreibt, nicht um zwei selbständige Unternehmen der Jagd, sondern nur um ein einheitliches (Jagd-)Unternehmen, das in zwei benachbarten Jagdrevieren betrieben wird. Zu den Unternehmen im Sinne des Unfallversicherungsrechts zählen nach § 121 Abs 1 [X.]B VII (alle) Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten. Demgemäß liegt ein Unternehmen bereits dann vor, wenn materielle und immaterielle Mittel in einer organisatorischen, äußerlich abgrenzbaren Einheit planvoll für eine gewisse Dauer zusammengefasst werden, die unter einheitlicher Führung steht und ihrerseits einen bestimmten Zweck verfolgt (vgl zuletzt B[X.] vom [X.] U 10/15 R - B[X.]E 123, 35 = [X.]-2700 § 130 [X.]; zum unfallversicherungsrechtlichen [X.]: [X.]/[X.], [X.] [Handkommentar], Stand Mai 2019, § 121 [X.] 3.1 mit umfangreichen Hinweisen auf die Rspr). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Denn der [X.] hat die beiden Jagdreviere unter Leitung des [X.] zu Schulungszwecken planvoll und dauerhaft zusammengefasst, nutzt sie "gemeinsam als Lehrreviere" und unterhält in diesem Bereich seine Landesjagdschule, um [X.] aus- und fortzubilden. Zwischen beiden Jagdrevieren besteht ein betriebswirtschaftlicher und technischer Zusammenhang, weil "Arbeitskräfte und Betriebsmittel wechselseitig eingesetzt werden". Es handelt sich folglich um ein Schulungsunternehmen, das auf zwei Jagdrevieren betrieben wird; eine Aufspaltung der einheitlichen Schulungseinrichtung in zwei Jagdreviere kommt mit Blick auf den übergeordneten und zusammenfassenden Begriff des Unternehmens nicht in Betracht. Die jagdspezifischen Regelungen des BJagdG und die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen sind unfallversicherungsrechtlich irrelevant, weil das [X.]B VII den Begriff des "Unternehmens" eigenständig und unabhängig von sondergesetzlichen Regelungen einheitlich und unfallversicherungsspezifisch verwendet.

3. Die aufgezeigten materiell-rechtlichen Fehler, die der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Erlass des [X.] vom 4.12.2003 unterlaufen sind, zählen nicht zu den in § 40 [X.] [X.]B X genannten [X.]. Sie waren auch nicht "besonders schwerwiegend" iS der Generalklausel des § 40 Abs 1 [X.]B X. Folglich sind weder der Verwaltungsakt über die Feststellung der Unternehmereigenschaft des [X.] noch die Verfügung über die Aufteilung des einheitlichen Schulungsunternehmens in zwei selbständige (Jagd-)Unternehmen nichtig und bleiben für das Beitragsfestsetzungsverfahren weiterhin beachtlich. Der Aufnahmebescheid nach § 136 Abs 1 [X.] [X.]B VII ist ein verselbständigter "Grundlagenbescheid", der in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren inhaltlich vorrangige Entscheidungen über die Grundlagen der Beitragserhebung trifft und für die nachgeschaltete Beitragsfestsetzung in "[X.]" (Beitragsbescheiden) "für die Beteiligten in der Sache" (§ 77 Halbs 1 [X.]G) bindend ist (vgl hierzu auch B[X.] Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - B[X.]E 125, 120 = [X.]-2700 § 123 [X.] - "Haus- und Ziergarten"). Diese Bindungswirkung schließt es aus, einen Sachverhalt, der im Grundlagenbescheid bereits festgestellt ist, im [X.] abweichend zu beurteilen, und zwar auch dann, wenn der Grundlagenbescheid zwar rechtswidrig, aber nicht nichtig ist. Denn das gestufte [X.], das das Gesetz in § 136 Abs 1 [X.], § 183 Abs 5 [X.] [X.]B VII vorschreibt, soll unterschiedliche Beurteilungen ein und desselben Sachverhalts im Grundlagen- und [X.] vermeiden.

Ein besonders schwerwiegender Fehler iS des § 40 Abs 1 [X.]B X liegt nur vor, wenn der Verwaltungsakt in einem so schwerwiegenden Widerspruch zur geltenden Rechtsordnung und den ihr zugrunde liegenden Wertvorstellungen und tragenden Verfassungsprinzipien steht (BVerwG Urteil vom 17.10.1997 - 8 [X.] 1.96 - NVwZ 1998, 1061), dass es unerträglich wäre, wenn die beabsichtigten Rechtswirkungen eintreten würden (B[X.] Urteile vom 12.9.1995 - 12 RK 24/95 - NJW 1996, 2596, 2598 und vom 23.6.1994 - 12 RK 82/92 - [X.] 3-1300 § 40 [X.]; BVerwG Urteil vom 22.2.1985 - 8 [X.] 107.83 - NJW 1985, 2658; [X.], juris-PK [X.]B X, Stand 1.12.2017, § 40 Rd[X.]7; [X.] in [X.], [X.]B X, Stand September 2018, § 40 Rd[X.]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 20. Aufl 2019, § 44 Rd[X.]). Formelle Fehler führen daher nur dann zur Nichtigkeit, wenn sie mit den absoluten [X.] vergleichbar sind (BT-Drucks 7/910, [X.] ff zur [X.] des § 44 [X.]). Eine solche Situation liegt hier nicht vor. Materielle Fehler führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit, wenn sich die Behörde gegenüber dem Bürger [X.] (Eingriffshoheit) beimisst, obwohl das [X.] sie ihr grundsätzlich abspricht oder nur zuspricht, soweit verfassungsgemäße Akte der gesetzgebenden Gewalt sie ihr für umschriebene Lebensbereiche übertragen (B[X.] Urteil vom 7.9.2006 - [X.] RA 43/05 R - B[X.]E 97, 94 = [X.]-2600 § 118 [X.], Rd[X.]6). Dies ist der Fall beim Nichtvorhandensein einer anwendbaren Ermächtigungsgrundlage für Eingriffsakte. Ein solcher besonders schwerwiegender Rechtsgrundlagenmangel (absolute Gesetzlosigkeit) liegt hier jedoch nicht vor, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine objektiv gegebene, gültige und anwendbare Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Grundlagenbescheids (§ 136 Abs 1 [X.]B VII) willkürfrei (Art 3 Abs 1 [X.]) lediglich zu Lasten des [X.] falsch ausgelegt bzw - ohne sonstigen Verfassungsverstoß - unrichtig angewandt hat.

4. Die Beklagte hat den rechtswidrigen, aber nicht nichtigen Grundlagenbescheid ihrer Rechtsvorgängerin weder durch einen entsprechenden Gegenverwaltungsakt ([X.]) zurückgenommen oder aufgehoben noch nach entsprechender Prüfung durch eine neue Sachentscheidung ersetzt (sog Zweitbescheid) und dadurch den Rechtsweg - unter Verzicht auf die eingetretene Unanfechtbarkeit - neu eröffnet. Dies folgt aus der Auslegung (§ 133 BGB) der angefochtenen Bescheide. Schließlich hat sich der Aufnahmebescheid auch nicht durch den [X.] erledigt.

IV. Die [X.] bzw Drittbindungswirkung der Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 gegenüber den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 2 [X.]G) besteht fort, was mit Art 19 Abs 4 [X.] [X.] vereinbar ist (1.) und nicht rechtsmissbräuchlich erscheint (2.). Eine Inzidentprüfung des [X.] im [X.] ist nicht veranlasst (3.).

1. Die Bindung der staatlichen Gerichte an vorangegangene Verwaltungsentscheidungen kann den gerichtlichen Rechtsschutz beeinträchtigen oder sogar faktisch ausschalten. Deshalb gewährleistet die Rechtschutzgarantie des Art 19 Abs 4 [X.] [X.], dass die staatlichen Gerichte die (alle) streitrelevanten Tatsachen umfassend nachprüfen bzw ermitteln. Dies steht einer Bindung der Gerichte an Feststellungen und Wertungen, die die Exekutive getroffen hat, grundsätzlich entgegen (stRspr, vgl nur [X.] Beschlüsse vom 19.12.2012 - 1 BvL 18/11 - [X.]E 133, 1 Rd[X.]9, vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - [X.]E 129, 1, 32 f und vom 27.10.1999 - 1 BvR 385/90 - [X.]E 101, 106, 123 f sowie Urteil vom 20.2.2001 - 2 BvR 1444/00 - [X.]E 103, 142, 156 f). Bei Aufspaltung der Entscheidung in [X.] bei Bindung der nachfolgenden Entscheidungsebenen ist indes eine umfassende gerichtliche Überprüfung der Grundlagenbescheide möglich, wenn auch in einem anderen - gewissermaßen vorgeschalteten - Verfahren. Deshalb ist eine Bindungswirkung für Folgescheide nach vorhergehender umfassender gerichtlicher Prüfung des Grundlagenbescheids oder der Möglichkeit zu einer solchen Prüfung nicht grundsätzlich ausgeschlossen, erfordert aber einen hinreichenden Sachgrund (a) und die Einhaltung der Anforderungen, die zur materiellen Präklusion (b) entwickelt worden sind (BVerwG Urteil vom [X.] - 2 [X.] 13.15 - BVerwGE 155, 35 Rd[X.]6). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

a) Hinreichende Sachgründe für die Bindung der Gerichte an die Feststellungen im Aufnahmebescheid liegen darin, dass unterschiedliche Feststellungen zu ein- und demselben Geschehensablauf im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes vermieden werden und die Abschichtung der Verfahrensökonomie durch Entlastung und Beschleunigung des [X.]s dient, das seinerseits Finanzierungsgrundlage der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist, die ihrerseits zu den überragend wichtigen Gemeinschaftsgütern zählt.

b) Mit Blick auf Art 19 Abs 4 [X.] [X.] darf das Gesetz echte Verfahrensstufungen in Form bindender Vorentscheidungen, die durch den Angriff gegen die Endentscheidung gerichtlich nicht mehr überprüfbar sind und deshalb zu einer verbindlichen Abschichtung des Sach- und Streitstoffes führen, nur vorzusehen, wenn dadurch effektiver gerichtlicher Rechtsschutz nicht unzumutbar erschwert oder gar faktisch unmöglich gemacht wird. Um dies zu gewährleisten, müssen folgende notwendige Bedingungen erfüllt sein ([X.] Beschluss vom 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - [X.]E 129, 1, 32 f; [X.] Sachs, [X.], 8. Aufl 2018, Art 19 Rd[X.]45): Die Bindung an vorangegangene Feststellungen oder Entscheidungen einer Behörde ergibt sich hinreichend klar aus einer gesetzlichen Bestimmung, gegen die mit Bindungswirkung ausgestattete Teil- oder Vorentscheidung steht ihrerseits effektiver Rechtsschutz zur Verfügung und die Aufspaltung des Rechtsschutzes mit einer etwaigen Anfechtungslast gegenüber der Vorentscheidung ist für die Betroffenen klar erkennbar und nicht mit unzumutbaren Risiken und Lasten verbunden. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Bindungswirkung für Feststellungen aus einem vorausgegangenen, unanfechtbaren Aufnahmebescheid ist in dem gestuften Verfahren nach § 136 Abs 1 [X.], § 183 Abs 5 [X.] [X.]B VII angelegt und in § 77 [X.]G ausdrücklich geregelt. Gegen die Feststellungen in dem Aufnahmebescheid vom 4.12.2003 hätte der Kläger - nach Durchführung des obligatorischen Vorverfahrens (§ 78 Abs 1 [X.] [X.]G) - Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 [X.] Var 1 [X.]G) erheben und damit um gerichtlichen Rechtschutz nachsuchen können. Schließlich waren die Anfechtungslasten auch klar erkennbar. Denn die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Kläger im Text des [X.] ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich seine Regelungen "erst zukünftig [X.]" auswirken, und zugleich erläutert, dass für jedes land- und forstwirtschaftliche Unternehmen "Beiträge zu entrichten" sind, und zwar von dem Unternehmer als Zahlungspflichtigem. Damit konnte der Kläger bei Bekanntgabe des [X.] klar erkennen, dass er Rechtsbehelfe (Widerspruch, Anfechtungsklage) erheben musste, um nicht mehr korrigierbare Nachteile im [X.] zu vermeiden.

Dabei ist auch unerheblich, dass die Beklagte von der Feststellung, der Kläger betreibe zwei selbständige (Jagd-)Unternehmen, zunächst überhaupt keinen Gebrauch gemacht hat, sondern erst nach der Satzungsänderung für das Umlagejahr 2012 darauf zurückgekommen ist. Denn der Adressat eines Grundlagenbescheids muss sämtliche Feststellungen, die er für fehlerhaft hält, innerhalb der Rechtsbehelfsfristen angreifen, um den Eintritt der Bindungswirkung für zukünftige [X.] zu verhindern. Dass sich das zugrundeliegende Recht - wie hier aufgrund der späteren Satzungsnovelle - zukünftig zu seinen Lasten ändert und der [X.] dann erstmals an Feststellungen im Grundlagenbescheid anknüpft, muss er einkalkulieren. Unzumutbare Risiken oder Lasten sind damit nicht verbunden.

2. Der Rückgriff auf die Bindungswirkung des rechtswidrigen [X.] im konkreten Fall erscheint auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich (vgl dazu [X.] in [X.]/[X.], [X.], 20. Aufl 2019, § 43 Rd[X.]8), weil die Beklagte ihre Rechtsstellung durch Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsakts "unredlich" erworben haben könnte und mit seiner Hilfe das Vertrauen des [X.] auf den Fortbestand der jahrelang geübten Verwaltungspraxis (Festsetzung eines [X.] iHv 75,00 Euro für beide Jagdreviere in einem Beitragsbescheid) zerstört hätte. Denn das Gesetz bestimmt in § 39 [X.] und 3 [X.]B X selbst, dass nur nichtige Verwaltungsakte unwirksam sind und - auch rechtswidrige - Verwaltungsakte wirksam bleiben, solange und soweit sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt sind. Ist ein wirksamer Verwaltungsakt vollziehbar, vollstreckbar, unanfechtbar und/oder bestandskräftig, kann den daraus resultierenden Rechtswirkungen der Einwand des Rechtsmissbrauchs im Regelfall nicht entgegengehalten werden. Vielmehr ist der Betroffene auf die gesetzlichen Korrekturmöglichkeiten der § 183 Abs 5 [X.] [X.]B VII, §§ 44 ff [X.]B X verwiesen.

3. Schließlich ist auch keine Inzidentprüfung des [X.] im [X.] veranlasst, weil dies den Sinn des gestuften ([X.] in Frage stellen würde (anders in "Sonderfällen" für das Sperrzeitrecht: B[X.] Urteil vom [X.] - B 7 AL 44/01 R - [X.] 3-4100 § 119 [X.]3; vgl aber für den "Regelfall": B[X.] Urteile vom [X.] - B 11 AL 80/00 R - [X.] 3-4100 § 119 [X.]1 und vom 26.11.1992 - 7 [X.] - B[X.]E 71, 256, 258 = [X.] 3-4100 § 119 [X.] 7). Zudem hat der Kläger die Rücknahme der Verwaltungsakte in dem Aufnahmebescheid über die Feststellung der Unternehmereigenschaft und der Veranlagung zweier selbständiger (Jagd-)Unternehmen für die Vergangenheit (§ 44 [X.] [X.] [X.]B X) nicht beantragt und die Beklagte hat von Amts wegen - anders als [X.] in dem sog "Haus- und Ziergarten"-Fall (Urteil vom 23.1.2018 - B 2 U 4/16 R - B[X.]E 125, 120 = [X.]-2700 § 123 [X.]) - keine entsprechende Verwaltungsentscheidung getroffen, die im Gerichtsverfahren anfechtbar gewesen wäre.

V. Steht somit aufgrund des wirksamen [X.] für die Beteiligten und den Senat bindend fest, dass der Kläger landwirtschaftlicher Unternehmer zweier getrennter landwirtschaftlicher (Jagd-)Unternehmen ist, hat er gemäß § 183 [X.] [X.]B VII eine Umlage nach Maßgabe der Satzung zu zahlen, wobei das Umlageverfahren für das Umlagejahr 2012 von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft auf der Grundlage des am 31.12.2012 geltenden Rechts und der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der bis zum 31.12.2012 bestehenden landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften durchgeführt wird (§ 221 Abs 3 [X.] [X.]B VII; § 40 Abs 1 [X.] der Satzung der Beklagten vom [X.]). In deklaratorischer Konkretisierung dieses Anwendungsbefehls des [X.]gesetzgebers bestimmt die Beklagte in § 39a [X.] [X.] 7 ihrer Satzung vom [X.], bei der es sich um [X.] (§ 162 [X.]G) handelt, weil [X.] eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (§ 1 [X.] LSV-NOG), dass die §§ 41 Abs 1 und 2, 44 bis 56, 57 [X.], 63b der Satzung ihrer Rechtsvorgängerin in der am 31.12.2012 gültigen Fassung (des [X.], Stand: 1.1.2012 - Altsatzung) in deren bisherigem Zuständigkeitsbereich fortgelten. Obgleich diese Vorschriften ursprünglich durch eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts erlassen worden sind und deshalb Landesrecht waren, handelt es sich - entgegen der Rechtsansicht der Beklagten - um [X.] iS des § 162 [X.]G. Denn mit der bundesgesetzlichen Auflösung der Rechtsvorgängerin gemäß § 3 Abs 3 LSV-NOG und ihrer Eingliederung in die neu errichtete Beklagte (§ 1 [X.], § 3 Abs 1 LSV-NOG) trat die (Alt-)Satzung der Rechtsvorgängerin am 31.12.2012 als Landesrecht außer [X.]. Sie gilt aufgrund des [X.] des [X.]gesetzgebers (§ 221 Abs 3 [X.] [X.]B VII) über diesen Tag hinaus weiter, was die Beklagte - gleichfalls als Rechtsetzungsorgan des [X.] - in ihrer (Neu-)Satzung konkretisierend nachvollzieht. Gemäß § 46 Abs 1 [X.] der Altsatzung setzen sich die Beiträge je Unternehmen aus einem Grundbeitrag und einem Umlagebeitrag zusammen. Für [X.] werden keine gesonderten Grundbeiträge erhoben ([X.]). Nach § 46 [X.] der Altsatzung beträgt der Grundbeitrag für Unternehmen ohne [X.]mittelberechtigung 75,00 Euro und für Unternehmen mit [X.]mittelberechtigung 100,00 Euro. Auf Basis des [X.] hat die Beklagte daher zu Recht für die beiden Hauptunternehmen der Jagd des [X.] einen Grundbeitrag von jeweils 75,00 Euro festgesetzt.

Die einzig den Streitgegenstand des Revisionsverfahrens bildenden Beitragsbescheide vom [X.] erweisen sich damit im Ergebnis als richtig, wobei der Kläger mit seinem materiellen Begehren nur aufgrund der Bestandskraft des [X.] vom 4.12.2003 unterliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 [X.] [X.]G iVm § 154 [X.] VwGO.

Meta

B 2 U 35/17 R

20.08.2019

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG München, 30. Juni 2014, Az: S 1 U 5037/13, Urteil

Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 121 Abs 1 SGB 7, § 123 Abs 1 SGB 7, § 136 Abs 1 S 1 SGB 7, § 136 Abs 3 Nr 1 SGB 7, § 143e Abs 3 S 1 Nr 1 Buchst a SGB 7, § 183 Abs 5 S 1 SGB 7, § 221 Abs 3 S 1 SGB 7, § 40 Abs 1 SGB 10, § 40 Abs 2 SGB 10, § 77 SGG, § 163 SGG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 20.08.2019, Az. B 2 U 35/17 R (REWIS RS 2019, 4335)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 4335

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

L 3 U 287/14 (LSG München)

Begriff eines Unternehmens der Jagd


B 2 U 15/20 R (Bundessozialgericht)

Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragspflicht - Jagdverband - Aufnahmebescheid - Zuständigkeitsbescheid - Mitgliedschaft - Beitragsbescheid - …


B 2 U 14/18 R (Bundessozialgericht)

Landwirtschaftliche Unfallversicherung - Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids - Beitragspflicht - landwirtschaftlicher Unternehmer - Jagdunternehmer - Mitglied …


B 2 U 29/17 R (Bundessozialgericht)

gesetzliche Unfallversicherung - landwirtschaftliches Unternehmen - forstwirtschaftliches Unternehmen - Umlagejahr 2013 - Beitrag - Satzung …


L 1 U 236/22 (LSG München)

Unfallversicherung, Berufung, Anfechtungsklage, Bescheid, Revision, Verwaltungsakt, Beitragserhebung, Widerspruch, Satzung, Beitragsbemessung, Festsetzung, Unternehmen, Kostenentscheidung, Grundbeitrag, Entscheidung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvL 18/11

1 BvR 857/07

1 BvR 385/90

2 BvR 1444/00

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.