Bundessozialgericht, Urteil vom 10.08.2021, Az. B 2 U 15/20 R

2. Senat | REWIS RS 2021, 3408

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Gesetzliche Unfallversicherung - Beitragspflicht - Jagdverband - Aufnahmebescheid - Zuständigkeitsbescheid - Mitgliedschaft - Beitragsbescheid - Rücknahme - landwirtschaftlicher Unternehmer - unfallversicherungsrechtlicher Begriff des Unternehmens


Leitsatz

1. Dem Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts über die Aufnahme des Unternehmers in das Unternehmerverzeichnis steht entgegen, dass die Unfallversicherungsträger seit dem 1.1.1997 verpflichtet sind, dem Unternehmer einen wirkungsgleichen Verwaltungsakt über den Beginn ihrer Zuständigkeit für das Unternehmen zu erteilen.

2. Der unfallversicherungsrechtliche Unternehmensbegriff ist weit und erfasst prinzipiell jede "Tätigkeit" im Sinn einer willentlichen, zielgerichteten Aktivität.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 5. Februar 2020 aufgehoben und die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 26. Januar 2018 zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Mitglied der [X.] ist und Beiträge für die [X.] 2011, 2012 und 2015 sowie einen Beitragsvorschuss für 2016 zahlen muss.

2

Der Kläger ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein. Seine satzungsgemäßen Aufgaben und Ziele bestehen [X.] darin, durch die Pflege und Förderung aller Zweige des [X.] Natur- und Kulturlandschaften sowie alle in diesen Räumen lebenden Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zu erhalten, Bestände von Tierarten zu regulieren und die natürlichen Ressourcen durch [X.] und Bejagung nicht bedrohter Tierarten nachhaltig zu nutzen. Er vertritt die Interessen seiner Mitglieder und unterstützt ihre Aus- und Weiterbildung auf allen Gebieten der Jagd und des Naturschutzes. Die [X.] ([X.]) nahm ihn ab dem 1.4.1993 in ihr [X.] auf, weil er ein Unternehmen zum Schutz und zur Förderung der Landwirtschaft betreibe (Aufnahmebescheid vom [X.]). Als deren Rechtsnachfolgerinnen setzten die [X.] Mittel- und Ostdeutschland ([X.] MOD) die [X.] für 2011 auf 43,36 Euro (Beitragsbescheid vom [X.]) und die Beklagte für 2012 auf 50,02 Euro fest (Beitragsbescheid vom [X.]).

3

Die Anträge des [X.], die Beitragsbescheide zurückzunehmen und die Beiträge zu erstatten, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 20.4.2016), setzte den Beitrag für 2015 auf 84,65 Euro sowie den Beitragsvorschuss für 2016 auf 67,72 Euro fest (Bescheid vom [X.]) und wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.12.2016). Außerdem lehnte sie es ab, den Aufnahmebescheid vom [X.] im Zugunstenverfahren zurückzunehmen, weil das Überweisungsverfahren (§ 136 Abs 1 Satz 4, Abs 2 [X.]) vorrangig sei (Bescheid vom 29.3.2017 und Widerspruchsbescheid vom 11.4.2017).

4

Das [X.] hat die Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom [X.]). Auf die Berufung der Klägerin hat das L[X.] den Gerichtsbescheid, den Bescheid vom 29.3.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.4.2017 sowie die Bescheide vom 20.4. und [X.] jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom [X.] sowie die Beitragsbescheide vom [X.] und vom [X.] zurückzunehmen (Urteil vom 5.2.2020): Die Aufnahme des [X.] in das [X.] sei von Anfang an unrichtig und daher nach § 44 [X.]B X zurückzunehmen, weil er kein Unternehmen betreibe und deshalb auch kein Unternehmer sei, der Mitglied eines Unfallversicherungsträgers sein könne. Für ihn seien keine Versicherten tätig, die zu Schaden kommen könnten, sodass keine Berührungspunkte zum System der gesetzlichen Unfallversicherung bestünden. Mit der Rücknahme des Aufnahmeverwaltungsakts entfalle die Grundlage aller Beitragsbescheide.

5

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 136 Abs 1 iVm § 121 Abs 1 [X.] bzw des § 658 Abs 2 [X.] 1 RVO sowie des § 776 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 RVO bzw des § 123 Abs 1 [X.] 6 und 7 [X.]): Der bestandskräftige Aufnahmebescheid vom [X.] sei anfänglich rechtmäßig gewesen, weil die Jagd zur Landwirtschaft iS des § 776 Abs 1 Satz 1 RVO gehöre und der Kläger daher ein "Unternehmen zum Schutz und zur Förderung der Landwirtschaft" bzw einen "Verband" iS des § 776 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 RVO betrieben habe. Mit Inkrafttreten des § 123 Abs 1 [X.] 6 und 7 [X.] habe sich daran nichts geändert. Selbst wenn man dies anders sehe, werde der allgemeine § 44 [X.]B X durch den spezielleren § 136 Abs 1 Satz 4, Abs 2 Satz 1 und 2 [X.] verdrängt. Sei der Kläger somit in jedem Fall versicherungs- und beitragspflichtiges Mitglied der [X.], seien auch die Beitragsbescheide nicht zu beanstanden.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des [X.] vom 5. Febr[X.]r 2020 aufzuheben und die Berufung des [X.] gegen den Gerichtsbescheid des [X.] vom 26. Jan[X.]r 2018 zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er bekräftigt seine Rechtsansicht, kein Pflichtmitglied der [X.] zu sein, und führt aus, er wolle weder an die [X.] überwiesen werden noch deren Mitglied sein oder werden.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 S[X.]) und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids vom 26.1.2018.

Zu Unrecht hat das [X.] den Gerichtsbescheid, den Bescheid vom 29.3.2017 in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 11.4.2017 sowie die Bescheide vom 20.4. und [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 21.12.2016 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Bescheid der [X.] vom [X.] (dazu A.), den Bescheid der [X.] vom [X.] sowie den Bescheid der Beklagten vom [X.] (zu beiden B.) zurückzunehmen. Der Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 21.12.2016 (§ 95 S[X.]) ist ebenfalls nicht zu beanstanden, weil die dort verkörperten Verwaltungsakte über die Festsetzung des Beitrags für das Umlagejahr 2015 sowie das entsprechende Zahlungsgebot rechtmäßig und die Festsetzung des [X.] für das Umlagejahr 2016 nebst Zahlungsgebot auf andere Weise erledigt sind (dazu C.).

Die erstrebten Rücknahmen richten sich nach § 44 [X.]. Danach ist ein iS des § 44 Abs 1 [X.] nicht begünstigender Verwaltungsakt zurückzunehmen, soweit er anfänglich rechtswidrig ist. Der Verwaltungsakt ist immer mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Abs 2 Satz 1 aaO), soweit er noch Rechtswirkungen hat, also noch nicht iS des § 39 Abs 2 [X.] erledigt ist. Die Rücknahme hat für die Vergangenheit zu erfolgen, wenn wegen der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind (§ 44 Abs 1 Satz 1 [X.]). Das Gebot zur rückwirkenden Rücknahme gilt nicht in bestimmten Fällen der Bösgläubigkeit (Abs 1 Satz 2 aaO). Im Übrigen "kann" der anfänglich rechtswidrige Verwaltungsakt auch in sonstigen Fällen, dh außerhalb des Abs 1 Satz 1 aaO, für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Abs 2 Satz 2 aaO).

A. Zu Unrecht hat das [X.] die Ablehnungsentscheidungen in dem Bescheid vom 29.3.2017 in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 11.4.2017 (§ 95 S[X.]) aufgehoben (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 S[X.]) und die Beklagte verpflichtet (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 3 S[X.]), die Entscheidung der [X.] vom [X.] über die Aufnahme des [X.] in das [X.] wegen anfänglicher Unrichtigkeit zurückzunehmen. Dem Anspruch auf Rücknahme des [X.]s vom [X.] steht entgegen, dass die [X.] spätestens mit Inkrafttreten des § 136 Abs 1 Satz 1 [X.] VII ab dem [X.] (Art 1, Art 36 Satz 1 des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das [X.] <[X.]EG> vom 7.8.1996, [X.]) verpflichtet war, ihre Zuständigkeit für den [X.] als landwirtschaftliches Unternehmen gegenüber dem Kläger festzustellen (dazu [X.]). Für die [X.] vom 1.4.1993 bis 31.12.1996 besteht ebenfalls kein Aufhebungsanspruch (dazu I[X.]), weil die Rücknahme des [X.]s für den Kläger in diesem [X.]raum keine günstigen Auswirkungen mehr haben kann.

[X.] Nach § 136 Abs 1 Satz 1 [X.] VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. Die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm sind seit dem [X.] durchgehend erfüllt (dazu 1.), sodass die [X.] den "Aufnahmebescheid" vom [X.] ab dem [X.] als "[X.]" wirkungsgleich hätte erlassen müssen. In dieser Ausnahmesituation erlischt die Befugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (§ 2 S[X.]), die zuständige Behörde (§ 44 Abs 3 [X.]) zu verpflichten, anfänglich rechtswidrige [X.]e für [X.]räume ab dem [X.] zurückzunehmen (dazu 2.).

1. Die [X.] hatte ab dem [X.] den Beginn ihrer Zuständigkeit gegenüber dem Kläger für den [X.] durch schriftlichen Bescheid festzustellen. Denn der Kläger war Unternehmer eines unfallversicherungsrechtlichen Unternehmens (dazu a) der Landwirtschaft (dazu b), und die [X.] war der sachlich und örtlich zuständige Unfallversicherungsträger (dazu c).

a) Entgegen der Ansicht des [X.] ist er "Unternehmer" eines unfallversicherungsrechtlichen "Unternehmens". Unternehmer ist nach § 136 Abs 3 [X.] [X.] VII in seiner bis zum 16.11.2016 geltenden Fassung derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht. Den Typus des Unternehmens umschreibt der Klammerzusatz in § 121 Abs 1 [X.] VII, indem er Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und bloße Tätigkeiten aufzählt. Dieser Sammelbegriff macht deutlich, dass unter einem "Unternehmen" nicht nur ein Betrieb im herkömmlichen wirtschaftlichen Sinne zu verstehen ist ([X.] vom [X.] - [X.] 4-2700 § 2 [X.] Rd[X.]6 und vom 18.1.2011 - [X.] U 16/10 R - [X.] 4-2700 § 123 [X.] Rd[X.]3). Der unfallversicherungsrechtliche [X.] ist vielmehr "denkbar weit" bzw "weit umfassend" ([X.] vom [X.] - [X.], 35 = [X.] 4-2700 § 130 [X.], Rd[X.]1 und vom 29.11.1990 - 2 RU 18/90 - [X.] 3-2200 § 539 [X.]; Spellbrink in [X.], [X.], [X.], 1996, § 25 Rd[X.]1). Er knüpft nicht an eine bestimmte Rechtsform oder das Vorliegen einer organisatorischen Einheit an und setzt weder einen Geschäftsbetrieb noch eine auf Erwerb oder Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit voraus ([X.] vom 18.1.2011 - [X.] U 16/10 R - [X.] 4-2700 § 123 [X.] Rd[X.]3, vom 28.9.1999 - [X.] U 40/98 R - [X.] 3-2200 § 776 [X.] f und vom [X.] - [X.], 126, 128 = [X.] 2200 § 539 [X.]4 S 68). Als "unterste Ausprägungsstufe eines Unternehmens ohne nennenswerte Anforderungen an die Organisation" (so [X.] vom [X.] - [X.] U 8/01 R - juris Rd[X.]9; [X.]/[X.], [X.], Stand 07/21, § 121 [X.] VII Rd[X.] 3.1) ist in der gesetzlichen Unfallversicherung prinzipiell jede willentliche, zielgetragene Aktivität (Dausmann/Platz, [X.] 1986, 748, 749; enger [X.] in [X.]/v [X.]enfels-Spies/[X.], [X.] VII, 2. Aufl 2019, § 121 Rd[X.]1) bzw jedes zielgerichtete Handeln ([X.] in [X.] Kommentar, Stand Mai 2021, [X.] VII, § 121 Rd[X.] 4; Schlaeger in BeckOK [X.], Stand 1.3.2021, [X.] VII § 121 Rd[X.] 3a) und in diesem Sinne jede "Tätigkeit" geeignet, ein Unternehmen zu begründen ([X.] vom [X.] - [X.] 4-2700 § 2 [X.] Rd[X.]6 und vom 18.1.2011 - [X.] U 16/10 R - [X.] 4-2700 § 123 [X.] Rd[X.]3; [X.]/[X.], [X.], Stand 07/21, § 121 [X.] VII Rd[X.] 3.1). Deshalb kann zB eine Rettungshandlung (§ 539 Abs 1 [X.] a RVO; § 2 Abs 1 [X.]3 Buchst a [X.] VII), das bloße Halten von Fahrzeugen oder Tieren (§ 658 Abs 2 [X.] RVO, § 128 Abs 1 [X.] 9 [X.] VII), das Führen eines ([X.] (§ 129 Abs 1 [X.] [X.] VII) oder das Mähen eines Wiesengrundstücks ([X.] vom 18.1.2011 - [X.] U 16/10 R - [X.] 4-2700 § 123 [X.]) unfallversicherungsrechtlich ein "Unternehmen" sein. Im Übrigen liegt ein Unternehmen jedenfalls dann vor, wenn materielle und immaterielle Mittel in einer organisatorischen, äußerlich abgrenzbaren Einheit planvoll für eine gewisse Dauer zusammengefasst werden, die unter einheitlicher Führung steht und ihrerseits einen bestimmten Zweck verfolgt (vgl [X.] vom [X.] - [X.] U 35/17 R - [X.] 4-2700 § 121 [X.] und vom [X.] - [X.], 35 = [X.] 4-2700 § 130 [X.]; zum unfallversicherungsrechtlichen [X.]: [X.]/[X.], [X.], Stand 07/21, § 121 [X.] 3.1 mwN auf die Rspr). Als eingetragener Verein ist der Kläger ein auf Dauer angelegter Zusammenschluss mehrerer Personen zur Verfolgung gemeinsamer Zwecke, der körperschaftlich organisiert ist, durch seinen Vorstand handelt, einen Gesamtnamen führt und von der [X.] unabhängig ist. Indem er die jagdlichen Interessen seiner Mitglieder vertrat und sie bei ihrer Aus- und Weiterbildung auf allen Gebieten der Jagd und des Naturschutzes unterstützte, betrieb er als äußerlich abgrenzbare Einheit ein "Unternehmen", dessen Ergebnis ihm unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereichte. Etwas an[X.] könnte nur anzunehmen sein, wenn der Kläger seine Aktivitäten komplett eingestellt hätte. Dafür bestehen indes keine Anhaltspunkte.

b) Lag damit ein "Unternehmen" vor, so war es der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zuzuordnen, für die - mangels abdrängender Sonderzuweisung zu den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand (§ 123 Abs 1 Satz 1, §§ 125 ff [X.] VI) - die landwirtschaftlichen [X.]en gemäß § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII zuständig waren. Nach dieser Vorschrift sind die landwirtschaftlichen [X.]en zuständig für "Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen". Der klagende [X.] förderte die Landwirtschaft im Sinne der Jagd (dazu aa) unmittelbar (dazu [X.]) und überwiegend (dazu [X.]), sodass offenbleiben kann, ob [X.] auch zu den "Berufsverbänden der Landwirtschaft" iS des § 123 Abs 1 [X.] 6 Alt 2 [X.] VII zählen (dazu dd).

aa) Objekt "der Sicherung, Überwachung oder Förderung" und Ziel entsprechender Maßnahmen ist die "Landwirtschaft", zu der auch die "Jagd" zählt, wie die Auslegung nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck ergibt, wobei die Entstehungsgeschichte unergiebig ist.

Der unfallversicherungsrechtliche Begriff der "Landwirtschaft" ist weit. Neben der Bodenbewirtschaftung (im Sinne von Acker-, Garten-, Obst-, Weinbau sowie Forstwirtschaft) und der Viehhaltung, auf die nach allgemeinem Sprachgebrauch ein enger Landwirtschaftsbegriff begrenzt ist (vgl [X.], https://www.wortbedeutung.info/ Landwirtschaft/ und [X.], [X.], 7. Aufl 2000), gehören nach einem weiten Wortverständnis auch die Fischerei und Jagd (vgl zB "[X.]" Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag, 6. Aufl 2016, Landwirtschaft zitiert nach https://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20010/landwirtschaft) sowie nach einer sehr weiten Lesart sogar die jeweils erste Verarbeitungsstufe (Mehlmahlen, Schlachten, Molkerei, Kellerei, vgl zB Art 38 Abs 1 AE[X.]) zur Landwirtschaft. Zu deren Akteuren zählen die landwirtschaftlichen Unternehmer mit ihren landwirtschaftlichen Unternehmen, die § 123 Abs 1 [X.] VII bereichsspezifisch auflistet. Diese Aufzählung erfasst neben der Bodenbewirtschaftung und der Viehhaltung (auch ohne Bodenbewirtschaftung, [X.]) die Fischerei und Landschaftspflege ([X.]), land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen ([X.] 3), Park- und Gartenpflege sowie Friedhöfe ([X.] 4) und Jagden ([X.] 5). Damit wird deutlich, dass dem [X.] VII ein weiter Landwirtschaftsbegriff zugrunde liegt (für eine weite Auslegung: [X.]/[X.], [X.], Stand 07/21, § 123 [X.] 15; Büntig in [X.], [X.], Stand 09/2016, § 123 Rd[X.] 65; [X.] in [X.] Kommentar, Stand Mai 2021, [X.] VII, § 123 Rd[X.]7; die enge Auslegung befürwortend: Sächsisches [X.] Urteil vom 15.5.2003 - [X.]/01 [X.] - juris Rd[X.] 82; [X.] in [X.]/v [X.]enfels-Spies/[X.], [X.] VII, 2. Aufl 2019, § 123 Rd[X.] 31; [X.], jurisPK-[X.] VII, Stand 26.10.2020, § 123 [X.] VII Rd[X.] 78). Dieser erfasst grundsätzlich die gesamte Landnutzung (der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von Pflanzen und Tieren) und damit den gesamten primären Sektor (im Sinne der "Urproduktion" mit Ausnahme der Rohstoffgewinnung) und darüber hinaus auch agrarnahe Einrichtungen des tertiären (Dienstleistungs-)Sektors wie Landwirtschaftskammern und Berufsverbände der Landwirtschaft ([X.] 6) sowie die Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung und Ähnliches ([X.] 8) einschließt. Sind damit ua "Jagden" landwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Unfallversicherungsrechts, so umfasst der Oberbegriff der Landwirtschaft auch die Jagd als dessen Unterbegriff. Folglich sind landwirtschaftliche Unternehmen nach § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII auch solche Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung von Jägern, Jagdunternehmern und ihren jeweiligen Jagdunternehmen überwiegend dienen. [X.] sind nach § 2 Abs 1 [X.] 5 Buchst d [X.] VII alle Personen kraft Gesetzes unfallversichert, die in diesen Jagdunternehmen ehrenamtlich tätig sind. Die überschießende Anwendung des weiten Landwirtschaftsbegriffs begrenzen die kumulativen Zusatzerfordernisse der "Unmittelbarkeit" und des "überwiegenden Dienens".

Aus systematischer und teleologischer Sicht sind keine Sachgründe erkennbar, [X.] von vornherein aus dem sachlichen Zuständigkeitsbereich der landwirtschaftlichen Unfallversicherung auszuschließen. Denn auch [X.] Verbände der "Fischzucht", "Binnenfischerei" oder "Imkerei", die § 123 Abs 1 [X.] [X.] VII als Landwirtschaftszweige aufführt, können anerkanntermaßen zu den landwirtschaftlichen Unternehmen zählen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen. Auch Gesichtspunkte der Unfallprävention und Rehabilitation (vgl § 1 [X.] VII) stehen einer Zuständigkeit der landwirtschaftlichen [X.] für [X.] der vorliegenden Art nicht entgegen. Denn die Verbandsarbeit erfordert keine Spezialkenntnisse, über die andere [X.]en exklusiv verfügen. Schließt die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen [X.] mit den Landwirtschaftskammern und Berufsverbänden der Landwirtschaft (§ 123 Abs 1 [X.] 6 [X.] VII) sowie den Trägern der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (§ 123 Abs 1 [X.] 8 [X.] VII) auch agrarnahe Dienstleistungen ein, erscheint es keinesfalls willkürlich (Art 3 Abs 1 [X.]), [X.] ebenfalls in diese Gefahrengemeinschaft einzubeziehen (zu den Gesichtspunkten der Präventionsarbeit und dem Einpassen in eine bestimmte Gefahrengemeinschaft vgl [X.] vom 11.8.1998 - [X.] U 31/97 R - juris Rd[X.] 30).

Historische Gesichtspunkte stehen einem weiten Landwirtschaftsbegriff nicht entgegen, wie der [X.] bereits in seinem Beschluss vom 13.8.2002 ([X.] U 104/02 B - juris Rd[X.] 4) ausgeführt hat: Nach dem bis zum 31.12.1996 geltenden § 776 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 RVO umfasste die landwirtschaftliche Unfallversicherung Unternehmen zum Schutz und zur Förderung der Landwirtschaft einschließlich der landwirtschaftlichen Selbstverwaltung und ihrer Verbände (§ 539 Abs 1 [X.] 5 RVO). Diese Regelung ist - wie auch die übrigen Vorschriften des [X.] der RVO - durch Art 35 [X.] des [X.]EG vom 7.8.1996 ([X.]) aufgehoben und mit Wirkung vom [X.] (Art 36 Satz 1 [X.]EG) durch § 123 Abs 1 [X.] 6 und 7 [X.] VII ersetzt worden. Die Unterschiede zwischen § 776 Abs 1 Satz 1 [X.] 4 RVO und § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII sind nicht nur formaler und sprachlicher Art. Die Vorschriften unterscheiden sich vielmehr auch im Begrifflichen. Insbesondere fordert letztere Vorschrift im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin die Unmittelbarkeit und das Überwiegen der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft, sodass die voneinander abweichenden Formulierungen der alten und der neuen Vorschrift rechtserhebliche Unterscheidungskriterien bei der jeweiligen Auslegung beinhalten. Zwar heißt es in der amtlichen Begründung zu § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII, die Vorschrift entspreche dem geltenden Recht; ohne inhaltliche Änderung würden die hierdurch erfassten Unternehmen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung konkreter beschrieben (BT-Drucks 13/2204 [X.]). Abgesehen davon, dass bei der Auslegung von Rechtsnormen im Zweifel deren objektiver Erklärungsinhalt und nicht die Gesetzesmaterialien ausschlaggebend sind, ist zu der genannten Gesetzesbegründung festzustellen, dass auch eine Konkretisierung eine inhaltliche Änderung ist, weil sie die bei einer allgemein gehaltenen Formulierung möglichen weiten Auslegungen einer Vorschrift in der Regel einschränkt. An diesen Ausführungen hält der [X.] fest, sodass der Entwicklungsgeschichte für die Auslegung des § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII keine weiterführenden Gesichtspunkte entnommen werden können und die Norm deshalb aus sich heraus auszulegen ist.

[X.]) Die satzungsmäßigen Aufgaben des [X.] dienen nahezu ausschließlich und damit jedenfalls "überwiegend" der Landwirtschaft im Sinne der Jagd. Soweit § 2 der Satzung auch den "Schutz und die Erhaltung der Naturlandschaften" (Ziffer 1.1.), "die Gestaltung der Kulturlandschaften als naturnahe Lebensräume" (Ziffer 1.2.) sowie den "Schutz und die Erhaltung aller in diesen Lebensräumen lebenden Tier- und Pflanzenarten" (Ziffer 1.3.) zu den Aufgaben und Zielen des [X.] zählt, verdeutlichen der Vereinsname ("[X.]") und die Umschreibung der Satzungszwecke insbesondere in den Abschnitten 1.4. und 1.5. sowie in 2.2. und 2.3. des § 2 der Satzung, dass die übergeordneten Umwelt- und [X.] vorrangig mit den Mitteln der Jagdausübung gefördert, gesichert und erreicht werden sollen. Damit verfolgt der Kläger überwiegend mit der Jagd verbundene Ziele.

[X.]) Schließlich dienen die Aktivitäten und Tätigkeiten des [X.]es auch "unmittelbar" der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft im Sinne der Jagd. Denn er pflegt die Waidgerechtigkeit, das jagdliche Brauchtum und die jagdliche Ethik (§ 2 Ziffer 2.2. der Satzung), widmet sich ua der jagdlichen Aus- und Weiterbildung, dem jagdlichen Schießen, dem [X.] sowie der [X.]ei, vertritt die Interessen [X.], Hundeführer und [X.] auf Kreisebene, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und fördert das jagdliche Schrifttum, Brauchtum und die jagdwissenschaftliche Forschung (§ 2 Ziffer 2.3. der Satzung).

dd) Es kann somit offenbleiben, ob [X.] generell zu den "Berufsverbänden der Landwirtschaft" iS des § 123 Abs 1 [X.] 6 Alt 2 [X.] VII zählen, wie die Kommentarliteratur annimmt ([X.] in [X.]/v [X.]enfels-Spies/[X.], [X.] VII, 2. Aufl 2019, § 123 Rd[X.] 30; Büntig in [X.], [X.], Stand 09/2016, § 123 [X.] VII Rd[X.] 64; [X.] in [X.]/[X.], [X.] VII, Stand 01/17, § 123 Rd[X.] 41; [X.] in jurisPK-[X.] VII, Stand 26.10.2020, § 123 Rd[X.] 75; [X.] in [X.]/[X.]/Molkentin, LPK-[X.] VII, 5. Aufl 2018, § 123 Rd[X.]8; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand 07/21, § 123 Rd[X.]4; [X.], [X.] VII, 4. Aufl 2009, § 123 Rd[X.]1). Daran könnten hier indes Zweifel bestehen, weil sich der Kläger nicht als Interessenverband eines bestimmten Berufsstandes und damit nicht als "Berufsverband" versteht, der zuvör[X.]t die Belange zB von Berufsjägerinnen und -jägern vertritt und fördert. Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung, weil der Kläger jedenfalls ein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII ist.

c) Die [X.] war der sachlich (§ 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII iVm § 3 ihrer Satzung vom [X.], die gemäß § 62 der Satzung am [X.] in [X.] getreten ist) und örtlich (§ 4 der Satzung) zuständige Unfallversicherungsträger.

2. War sie damit am [X.] verpflichtet, den Beginn ihrer Zuständigkeit durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Kläger festzustellen, ist damit gleichzeitig die Befugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (§ 2 S[X.]) entfallen, die zuständige Behörde (§ 44 Abs 3 [X.]) zu verpflichten, den [X.] für [X.]räume ab dem [X.] zurückzunehmen, selbst wenn er anfänglich rechtswidrig wäre. Denn die Beklagte kann einerseits nicht verpflichtet werden, den Verwaltungsakt über die Aufnahme des [X.] in das [X.] vom [X.] mit Wirkung zum [X.] zurückzunehmen, und andererseits gehalten sein, ihm sofort einen wirkungsgleichen Verwaltungsakt über den Beginn ihrer Zuständigkeit für sein Unternehmen ab dem [X.] neu zu erteilen. Aufnahme- und [X.] sind wirkungsgleich, weil sie die Mitgliedschaft (Status, Rechtsstellung) des Unternehmers und seine daraus resultierenden Rechte und Pflichten aus dem [X.] gegenüber der jeweiligen [X.] regeln. Dem Rücknahmeanspruch steht in diesen Fällen der Grundsatz "dolo agit, [X.], quod statim redditurus est" (arglistig handelt, wer etwas verlangt, was er augenblicklich wieder zurückgeben muss) entgegen (Baumeister, [X.] als Fehlerfolge des rechtswidrigen Verwaltungsakts, 2006, [X.] f; [X.], NVwZ 2015, 1341, 1347; [X.] in [X.]/[X.], VwGO, 27. Aufl 2021, § 113 Rd[X.] 50). Der Rückgriff auf die [X.] ist - trotz Fehlens einer dem § 42 Satz 1 [X.] vergleichbaren Regelung - auch aus funktionell-rechtlichen Gründen nicht zu beanstanden, weil bereits ein Verwaltungsverfahren durchgeführt wurde und eine Verwaltungsentscheidung über die Aufnahme des [X.] vorliegt (vgl [X.] in [X.]/[X.], aaO, § 113 Rd[X.] 50). Eine Wiederholung dieses Verwaltungsverfahrens, wie sie bei einer behördlichen Rücknahme des Aufnahmebescheids und dem dann gebotenen Neuerlass eines wirkungsgleichen [X.]s erforderlich wäre, liefe auf eine reine Formalie hinaus, die unter verwaltungsverfahrensrechtlichen wie auch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten nicht zu rechtfertigen wäre ([X.], NVwZ 2015, 1341, 1347 f). Sie trüge auch nichts zur Stärkung des Rechtsschutzes des [X.] bei ([X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.] Kommentar zum [X.], 2021, Stand 04/2021, Art 19 Abs 4), weil der [X.] bei Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage ohnehin nur deklaratorische Bedeutung hat ([X.] vom 23.1.2018 - [X.] U 4/16 R - [X.], 120 = [X.] 4-2700 § 123 [X.] 3, Rd[X.]2 und vom 17.2.1971 - 7/2 RU 74/68 - [X.], 218 = [X.] [X.] zu § 655 RVO = juris Rd[X.]1).

I[X.] Da § 136 Abs 1 Satz 1 [X.] VII nicht auf [X.]räume vor dem [X.] zurückwirkt, kann dem Rücknahmebegehren des [X.] für die [X.] vom 1.4.1993 bis 31.12.1996 die [X.] nicht entgegengehalten werden. Gleichwohl besteht kein Beseitigungsanspruch, weil die Rücknahme des anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsakts für den Kläger keine günstigen Auswirkungen mehr haben kann ([X.] vom 6.3.1991 - 9b [X.] - [X.], 180 = [X.] 3-1300 § 44 [X.]; [X.] in [X.] Kommentar, [X.], Stand Mai 2021, § 44 Rd[X.] 8). Als er die Rücknahme des [X.]s im Jahr 2016 - "rückwirkend für vier Jahre" - beantragte, waren etwaige, daraus resultierende Beitragserstattungsansprüche für den [X.]raum vom 1.4.1993 bis 31.12.1996 nach § 27 Abs 2 Satz 1 [X.] IV bereits verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge entrichtet worden sind. Dass der Kläger nach dem 31.12.2011 Beiträge für die [X.] vom 1.4.1993 bis 31.12.1996 entrichtet haben könnte, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.

B. Zu Unrecht hat das [X.] den Bescheid vom 20.4.2016 in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 21.12.2016 (§ 95 S[X.]) aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, ihren Bescheid vom [X.] sowie den Bescheid der [X.] vom [X.] gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 [X.] zurückzunehmen. Denn das Recht ist bei Erlass der darin jeweils verkörperten Beitragsfestsetzung für die [X.] 2011 und 2012 sowie entsprechende Zahlungsgebote nicht unrichtig angewandt worden.

Ermächtigungsgrundlage für die [X.] und die Beklagte, die Beiträge durch Verwaltungsakt festzusetzen und ein entsprechendes Zahlungsgebot an den Beitragspflichtigen zu richten, war § 183 Abs 5 Satz 1 [X.] VII. Danach teilt die landwirtschaftliche [X.] den Unternehmern den von ihnen zu zahlenden Beitrag schriftlich mit. Diese "Mitteilung" ist nicht nur die verbindliche Feststellung einer kraft Gesetzes bestehenden Zahlungspflicht, sondern erlaubt es zugleich, dem Beitragspflichtigen ein vollstreckbares Zahlungsgebot zu erteilen ("Beitragsbescheid"; § 183 Abs 5 Satz 2 [X.] VII; vgl BSG Urteile vom 23.6.2020 - [X.] U 14/18 R - juris Rd[X.]0, vom [X.] - [X.] U 35/17 R - [X.] 4-2700 § 121 [X.] Rd[X.] 9 und vom 23.1.2018 - [X.] U 4/16 R - [X.], 120 = [X.] 4-2700 § 123 [X.] 3, Rd[X.]5). Die Festsetzungen der Beiträge für die [X.] 2011 und 2012 sowie die entsprechenden Zahlungsgebote in den beiden Umlagebescheiden vom [X.] und [X.] waren rechtmäßig. Denn der Kläger war landwirtschaftlicher Unternehmer eines Unternehmens zur Förderung der Landwirtschaft und deshalb Beitragsschuldner (dazu unter [X.]). Als landwirtschaftliche [X.]en waren die Beklagte und die [X.] Beitragsgläubiger und für den Erlass der zur Überprüfung gestellten Umlagebescheide zuständig (dazu unter I[X.]). Sie haben die zu zahlenden Beiträge für die [X.] 2011 und 2012 zutreffend festgesetzt (dazu unter II[X.]).

[X.] Die Eigenschaft des [X.] als landwirtschaftlicher Unternehmer steht sowohl materiell-rechtlich (siehe bereits oben A. [X.] 1 a und b) als auch aufgrund des bestandskräftigen (§ 77 S[X.]) [X.]s vom [X.] jedenfalls für [X.]räume ab dem [X.] fest.

I[X.] Da keine abdrängende Sonderzuweisung (§ 123 Abs 1 Halbsatz 2 iVm §§ 125 ff [X.] VII) zu einem Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand bestand, war die [X.] als landwirtschaftliche [X.] gemäß § 4 ihrer Satzung idF des 1. Nachtrags vom 8.12.2011 (Satzung [X.]) für alle Unternehmen auf dem Gebiet des [X.], die unmittelbar der Sicherung, Überwachung und Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienten (§ 3 der Satzung [X.] iVm § 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII), und damit auch für den Erlass des Beitragsbescheids vom [X.] örtlich und sachlich zuständig. Als dessen Rechtsnachfolgerin war die Beklagte gleichfalls für den Erlass des Beitragsbescheids vom [X.] örtlich und sachlich zuständig, sodass beide [X.] waren. Dabei ist unerheblich, dass die Beklagte zwischenzeitlich selbst mehrfach die Rechtsansicht vertreten hat, nicht der sachlich zuständige Unfallversicherungsträger für das Unternehmen des [X.] zu sein, und deshalb dessen Überweisung (§ 136 Abs 1 Satz 4 iVm Abs 2 [X.] VII) an die Verwaltungs-[X.] angeboten hat. Denn die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden (§ 103 Satz 2 S[X.]).

II[X.] [X.] und Zahlungsgebote in dem Bescheid der [X.] vom [X.] (dazu 1.) und in dem Bescheid der Beklagten vom [X.] (dazu 2.) sind materiell rechtmäßig.

1. Die [X.] hat die von dem Kläger zu zahlenden Beiträge für das Umlagejahr 2011 zutreffend auf 43,36 [X.] festgesetzt. Nach § 39 Satz 1 der Satzung [X.] war ein Grundbeitrag iHv 40 [X.] zu berücksichtigen. Gemäß § 41 Satz 2 Satzung [X.] war zu dem Grundbeitrag ein auf zwei Dezimalstellen kaufmännisch gerundeter [X.]betrag zu addieren, der gemäß § 41 Satz 1 Satzung [X.] aus der Summe der für jedes Unternehmen nach den §§ 36 und 37 der Satzung [X.] ermittelten Berechnungseinheiten vervielfältigt mit dem [X.], dem Risikogruppenfaktor sowie dem Hebesatz zu bilden war, der von der Vertreterversammlung festgesetzt wurde. Für Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienten, war nach § 37 Abs 2 [X.] 7 Ziffer 1 der Satzung [X.] eine Berechnungseinheit von 1,0000 anzusetzen und mit dem [X.] von 1,0 (für den ehrenamtlich tätigen Vorstand, § 2 Abs 1 [X.] 5 Buchst d [X.] VII), dem Risikogruppenfaktor von 1,00 (§ 38 Abs 8 der Satzung [X.]) sowie dem von der Vertreterversammlung auf 3,3602 festgelegten Hebesatz zu vervielfältigen. Dabei hat die [X.] einen Beitrag von 3,36 [X.] rechnerisch richtig ermittelt. Unter Addition des Grundbeitrags iHv 40 [X.] ergibt sich der festgesetzte Gesamtbeitrag von 43,36 [X.].

2. Ebenfalls zutreffend hat die Beklagte die vom Kläger zu zahlenden Beiträge für das Umlagejahr 2012 auf 50,02 [X.] festgesetzt. Für das Umlagejahr 2012 wird gemäß § 221 Abs 3 Satz 1 [X.] VII das Umlageverfahren nach § 183 [X.] VII von der landwirtschaftlichen [X.] auf der Grundlage des am 31.12.2012 geltenden Rechts und der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der bis zum 31.12.2012 bestehenden landwirtschaftlichen [X.]en durchgeführt (§ 40 Abs 1 Satz 1 der Satzung der Beklagten vom [X.]). In deklaratorischer Konkretisierung dieses Anwendungsbefehls des Bundesgesetzgebers bestimmt die Beklagte in § 40 Abs 1 Satz 2 [X.] 9 ihrer Satzung vom [X.], dass die §§ 34 bis 43, 45, 48, 54 und 58 der Satzung [X.] in der am 31.12.2012 gültigen Fassung (des 1. Nachtrags vom 8.12.2011) in deren bisherigem Zuständigkeitsbereich fortgelten ([X.] vom 23.6.2020 - [X.] U 14/18 R - juris Rd[X.]6). Auf dieser Grundlage hat sie zutreffend die Berechnungseinheit von 1,0000, den [X.] von 1,0, den Risikogruppenfaktor von 1,00 und den Hebesatz von 10,0223 miteinander multipliziert und nach Addition des Grundbeitrags von 40 [X.] den geforderten Gesamtbeitrag iHv 50,02 [X.] errechnet. Wie der [X.] bereits entschieden hat ([X.] vom 23.6.2020 - [X.] U 14/18 R - juris Rd[X.]), ist dabei unerheblich, dass der Vorstand (§ 35 Abs 1 Satz 1 [X.] IV) den Hebesatz verlautbart hat, obwohl diese Aufgabe exklusiv der Vertreterversammlung der [X.] zugewiesen war (§ 40 Abs 1 Satz 2 [X.] 9 der Satzung der Beklagten vom [X.] iVm § 41 der Satzung [X.]), die zum maßgeblichen [X.]punkt (ab 1.1.2013) allerdings nicht mehr existierte (vgl Art 1 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau, [X.]Bl I 2012, 579). Denn die "Festsetzung des [X.]" ist kein Werturteil, sondern das Ergebnis einer reinen Rechenoperation, die jeder Rechtsanwender nach den Gesetzen der Logik (Mathematik) selbst durchführen kann ([X.] vom 23.6.2020 - [X.] U 14/18 R - juris Rd[X.] und vom 7.12.2004 - [X.] U 43/03 R - [X.], 38 Rd[X.]6 = [X.] 4-2700 § 182 [X.] Rd[X.]5; an[X.] für die Festsetzung des Mindestbeitrags vgl [X.] vom 4.12.2014 - [X.] U 11/13 R - [X.], 9 = [X.] 4-2700 § 161 [X.] und - B 2 U 16/13 R - [X.] Recht Aktuell 2015, 171, weil es sich dort um eine der Vertreterversammlung vorbehaltene Wertentscheidung handelte).

C. Zu Unrecht hat das [X.] schließlich den Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Wi[X.]pruchsbescheids vom 21.12.2016 aufgehoben. Dieser Bescheid enthält folgende Verwaltungsakte (§ 31 Satz 1 [X.]): Die Festsetzung des [X.] für das Umlagejahr 2016 auf 67,72 [X.] und ein entsprechendes Zahlungsgebot (dazu [X.]) sowie die Festsetzung des Beitrags für das Umlagejahr 2015 auf 84,65 [X.] nebst entsprechendem Zahlungsgebot (dazu I[X.]).

[X.] Über die Rechtmäßigkeit der Festsetzung des [X.] für das Umlagejahr 2016 und das Zahlungsgebot war im Berufungs- und Revisionsverfahren nicht mehr zu entscheiden, weil sich diese Verwaltungsakte durch die Festsetzung des Beitrags im Bescheid vom 1.8.2017 nebst Anrechnung des [X.] bereits "auf andere Weise" iS des § 39 Abs 2 [X.] erledigt hatten.

I[X.] Die Festsetzung des [X.] für das Umlagejahr 2015 und das entsprechende Zahlungsgebot im Beitragsbescheid vom [X.] sind rechtmäßig. Diese Verwaltungsakte beschweren den Kläger nicht, weil sie rechtmäßig sind (§ 54 Abs 2 Satz 1 S[X.]). Er kann deren Aufhebung weder wegen materieller (dazu 1.) noch aufgrund formeller Mängel (dazu 2.) verlangen (§ 54 Abs 1 Satz 1 Var 1 S[X.]).

1. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 183 Abs 5 Satz 1 [X.] VII sind erfüllt. Der Kläger war als Unternehmer (§ 136 Abs 3 [X.] [X.] VII) eines landwirtschaftlichen Unternehmens (§ 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII) beitragspflichtiger Schuldner der Umlagebeiträge, weil acht ehrenamtlich tätige Personen als grundsätzlich Versicherte nach § 2 Abs 1 [X.] 5 Buchst d [X.] VII zu seinem Unternehmen in einer besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung standen (§ 150 Abs 1 Satz 1 Alt 2 [X.] VII). Gleichzeitig war die Beklagte als bundesweit agierende landwirtschaftliche [X.] für den Erlass des angefochtenen [X.] örtlich und sachlich zuständig. Sie hat den zu zahlenden Beitrag für das Umlagejahr 2015 zutreffend festgesetzt. Nach § 49 Abs 1 ihrer Satzung idF des 9. Nachtrags vom 26.11.2015 war der Beitrag je Unternehmen aus der Summe der Einzelbeiträge je Produktionsverfahren zuzüglich des Grundbeitrags zu ermitteln. Der Beitrag je Produktionsverfahren berechnete sich aus der Multiplikation der festgestellten Berechnungseinheiten mit dem Hebesatz, dem Risikogruppenfaktor und dem Risikofaktor Produktionsverfahren (§ 49 Abs 2 der Satzung idF des 9. Nachtrags). Zur Ermittlung der Berechnungseinheiten je Produktionsverfahren war der in [X.] ermittelte [X.] durch 200 [X.] zu teilen (Ziffer 2 der [X.] zur Satzung idF des 9. Nachtrags). Als [X.] waren für die nach § 2 Abs 1 [X.] 5 Buchst d [X.] VII versicherten Personen 100 [X.] je ehrenamtlich Tätigen für Unternehmen anzusetzen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienten (§ 40 Abs 2 [X.] 4 und Abs 1 [X.] 6 der Satzung idF des 9. Nachtrags), sodass sich eine Berechnungseinheit von 0,5000 (= 100 [X.] : 200 [X.]) ergab, die ihrerseits mit dem Faktor 8 (ehrenamtlich tätige Personen) zu multiplizieren war. Das Produkt von 4,0000 war sodann mit dem Hebesatz von 6,23, dem Risikogruppenfaktor von 0,3083 und dem Risikofaktor von 1,2200 zu vervielfältigen, sodass sich ein [X.] von 9,37 [X.] errechnete. Der Grundbeitrag war gemäß § 49 Abs 3 der Satzung idF des 9. Nachtrags aus der Multiplikation der Summe der [X.] (§ 46 Abs 1 Satz 2 und 3 der Satzung idF des 9. Nachtrags) mit dem Hebesatz und dem Deckungsfaktor zu ermitteln. Unter Zugrundelegung des [X.] von 87,5 Berechnungseinheiten ergab sich unter Vervielfältigung des [X.] von 6,23 und des Deckungsfaktors von 0,1381 ein Grundbeitrag von 75,28 [X.]. Durch Addition des [X.]s iHv 9,37 [X.] summierte sich der Gesamtbeitrag auf 84,65 [X.], den die Beklagte im angefochtenen Bescheid festgesetzt und im Wege eines vollstreckbaren Zahlungsgebots rechtmäßig gefordert hat.

2. Schließlich sind die angefochtenen Verwaltungsakte weder wegen [X.] (§ 42 Satz 2 [X.]) noch aufgrund anderer formeller Mängel (§ 42 Satz 1 [X.]) aufzuheben. Die Beklagte hat den Beitragsbescheid als örtlich (§ 3 Abs 1 der Satzung) und sachlich (§ 123 Abs 1 [X.] 7 [X.] VII) zuständige Trägerin der landwirtschaftlichen Unfallversicherung in der vorgeschriebenen Form ("schriftlich", § 183 Abs 5 Satz 1 [X.] VII) erlassen. Die im [X.] notwendige Anhörung (§ 24 Abs 1 [X.]; siehe jetzt aber § 183 Abs 5 Satz 3 [X.] VII, der mit Art 7 [X.]1a des Siebten Gesetzes zur Änderung des [X.] IV und anderer Gesetze vom 12.6.2020, [X.]Bl I 1248, mit Wirkung vom 1.7.2020 eingefügt worden ist) hat sie mit ihrem Aufklärungsschreiben vom 22.9.2016 im Wi[X.]pruchsverfahren gemäß § 41 Abs 2 iVm Abs 1 [X.] 3 [X.] wirksam nachgeholt (vgl dazu zuletzt [X.] vom 23.6.2020 - [X.] U 14/18 R - juris Rd[X.] 34, vom [X.] - [X.] U 35/17 R - [X.] 4-2700 § 121 [X.] mwN und insbesondere vom 23.1.2018 - [X.] U 4/16 R - [X.], 120 = [X.] 4-2700 § 123 [X.] 3, Rd[X.]7), sodass der initiale Anhörungsfehler "unbeachtlich" (§ 41 Abs 1 [X.] 3, Abs 2 [X.]) geworden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1, § 183 Satz 1 S[X.] iVm § 154 Abs 1 VwGO.

Meta

B 2 U 15/20 R

10.08.2021

Bundessozialgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: U

vorgehend SG Leipzig, 26. Januar 2018, Az: S 23 U 207/16, Gerichtsbescheid

§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst d SGB 7, § 121 Abs 1 SGB 7, § 123 Abs 1 Nr 7 SGB 7, § 136 Abs 1 S 1 SGB 7, § 136 Abs 3 Nr 1 SGB 7, § 183 Abs 5 SGB 7, § 39 Abs 2 SGB 10, § 44 Abs 1 SGB 10, § 44 Abs 2 SGB 10, § 44 Abs 3 SGB 10

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.08.2021, Az. B 2 U 15/20 R (REWIS RS 2021, 3408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3408

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