Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.08.2014, Az. 3 StR 88/14

3. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3451

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Gegenstand

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen: Öffentliches Verwenden durch Upload auf Internetplattformen; Betreiben der Plattform vom Ausland aus; Einstellung bei Facebook für eine große Anzahl von "Freunden"


Tenor

1. Dem Angeklagten wird nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 25. Oktober 2013 auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung hat der Angeklagte zu tragen.

2. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil

a) im Fall [X.] der Urteilsgründe aufgehoben und der Angeklagte freigesprochen; in diesem Umfang fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;

b) in den [X.] bis 4., 6., 8. und 9. der Urteilsgründe sowie im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben; im Umfang dieser Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in 22 Fällen, davon in 19 Fällen in Tateinheit mit Sachbeschädigung, in einem dieser Fälle zusätzlich in Tateinheit mit Volksverhetzung, wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Munition und wegen Sachbeschädigung unter Einbeziehung eines Urteils des [X.] vom 30. September 2011 zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die im einbezogenen Urteil ausgesprochene Entziehung der Fahrerlaubnis sowie die festgesetzte Sperrfrist aufrechterhalten. Gegen diese Verurteilung richtet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat - nach antragsgemäß zu gewährender Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der [X.] - den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.

2

I. Soweit für vorliegende Entscheidung von Bedeutung hat das [X.] folgende Feststellungen getroffen: Im April 2011 gründete der Angeklagte von einem Computer in [X.] aus auf dem [X.] eine Plattform mit der Bezeichnung "Arische Musikfraktion". Auf diese lud er u.a. Abbildungen von Hakenkreuzen hoch. Während der Betriebsdauer von mindestens drei Monaten, während der der Angeklagte als Betreiber eine ständige Zugriffsmöglichkeit auf die Plattform hatte, wurden durch mindestens zwei Personen von [X.] aus deren Inhalte abgerufen ([X.] der Urteilsgründe).

3

Im Mai 2012 spannte der Angeklagte mindestens drei Tage lang für Außenstehende sichtbar über die Innenfläche eines Fensters seiner Wohnung eine Fahne, die eine schwarze, eckig gestaltete Triskele (Dreifuß) in weißem Kreis auf rotem Grund zeigte. Dabei war ihm bewusst und von ihm beabsichtigt, dass die Fahne aufgrund ihrer Aufmachung und ihrer Farbgestaltung zum einem der Hakenkreuzfahne, zum anderen dem Banner der verbotenen Jugendorganisation "[X.]" der "Blood and Honour Divison [X.]", dessen Triskelenschenkel lediglich in die andere Richtung zeigen, zum Verwechseln ähnlich sah (Fall [X.] der Urteilsgründe).

4

Im selben Monat ließen sich der Angeklagte und sein Bekannter    S.     von einem Dritten fotografieren, wobei beide die rechte Hand zum Hitlergruß ausstreckten und der Angeklagte in der linken Hand eine der vorbeschriebenen entsprechende Fahne hielt. Das Foto stellte der Angeklagte am selben Abend in sein Facebook-Profil sowie das des    S.     ein, wo es für mindestens eine Stunde für alle Nutzer sichtbar war, die mit zumindest einem der beiden als Freunde verlinkt waren. Dies waren beim Angeklagten mindestens 40, bei    S.     844 Personen ([X.] 1. der Urteilsgründe).

5

Schließlich malte der Angeklagte zwischen März und April 2012 in [X.] (Fälle [X.] 1. bis 11.) an fremde Gebäude und Verkehrsschilder mit roter und schwarzer Farbe Zeichen, insbesondere Hakenkreuze, sowie Schriftzüge, vornehmlich "[X.]", wobei er den Buchstaben "S" mit Ausnahme eines Falles jeweils als Sigrune, mithin mit drei geraden Strichen darstellte.

6

II. Der Schuldspruch kann teilweise keinen Bestand haben. Nach den zu Fall [X.] getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte nicht wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht; insoweit ist er freizusprechen. In den Fällen [X.] 1. bis 4., 6., 8. und. 9. beruht die Überzeugung des [X.]s von der [X.]chaft des Angeklagten auf einer rechtsfehlerhaften, da widersprüchlichen Beweiswürdigung; insoweit ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Im Einzelnen:

7

1. Durch das Einfügen von Hakenkreuzen in die von ihm eingerichtete [X.]plattform "Arische Musikfraktion" im Fall [X.] der Urteilsgründe verwendete der Angeklagte Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juli 1979 - 3 [X.], [X.]St 29, 73, 83 f.) zwar öffentlich (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Da er dies in [X.] tat, fehlt es jedoch an dem Tatbestandsmerkmal der Inlandstat im Sinne dieser Vorschrift. Dessen Auslegung bestimmt sich nach §§ 3, 9 [X.]. Danach muss im Inland entweder die Tathandlung begangen bzw. unterlassen worden oder ein zum Tatbestand gehörender Erfolg eingetreten bzw. beabsichtigt gewesen sein (§ 9 Abs. 1 [X.]).

8

a) Das abstrakte Gefährdungsdelikt des § 86a [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, [X.]St 23, 267, 268) umschreibt keinen zum Tatbestand gehörenden Erfolg, so dass eine Inlandstat über § 9 Abs. 1 [X.]. 3 oder 4 [X.] nicht begründet werden kann. Selbst wenn man der Ansicht zustimmen wollte, dass die Frage nach dem Erfolgsort im Sinne des § 9 Abs. 1 [X.] normspezifisch am Schutzzweck der jeweiligen Strafvorschrift ausgerichtet werden muss (so [X.], Urteil vom 22. August 1996 - 4 [X.], [X.]St 42, 235, 242 zur objektiven Bedingung der Strafbarkeit des abstrakten Gefährdungsdelikts des § 323a [X.]), die Regelung mithin nicht nur auf Erfolgsdelikte im Sinne der allgemeinen Deliktslehre abstellt, ist jedenfalls an dem Ort, an dem die hervorgerufene abstrakte Gefahr in eine konkrete umgeschlagen ist oder gar nur umschlagen kann, kein zum Tatbestand gehörender Erfolg eingetreten (ebenso S/[X.], [X.], 29. Aufl., § 9 Rn. 6a; [X.]/[X.]/Heger, [X.], 28. Aufl., § 9 Rn. 2; [X.], [X.], 112, 114 f.; offengelassen für den Fall, dass sich die abstrakte Gefahr realisiert hat, von [X.], Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 [X.], [X.]St 46, 212, 221). Dieser muss vielmehr in einer von der tatbestandsmäßigen Handlung räumlich und/oder zeitlich abtrennbaren Außenweltsveränderung bestehen ([X.], NJW 1997, 1873, 1876). Das Argument, diese Auffassung konterkariere die Bemühung, den Schutz bestimmter Rechtsgüter durch die Schaffung von abstrakten Gefährdungsdelikten zu erhöhen (so [X.], GA 1999, 72, 81), vermag nicht zu überzeugen. Gerade die diesen Schutz ausmachende Vorverlagerung der Strafbarkeit kann Anlass sein, diese - schon mit Blick auf völkerrechtliche Fragen (vgl. hierzu [X.], [X.] Strafrechtsimperialismus, 2014, 53 ff., 132 ff.) - nicht ausnahmslos auf Sachverhalte mit internationalem Bezug zu erstrecken. Auch soweit die Gegenmeinung betont, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des § 9 [X.] durch das 2. Strafrechtsreformgesetz vom 4. Juli 1969 ([X.], [X.]) keine Einschränkung der bis dahin zu § 3 Abs. 3 [X.] aF herrschenden Auffassung zum Begehungsort abstrakter Gefährdungsdelikte habe erreichen wollen (so [X.], [X.], 12. Aufl., § 9 Rn. 33 mwN), steht dieser etwaige Gesetzgeberwille im diametralen Widerspruch zu der mit der Neufassung eingefügten Voraussetzung, dass der Erfolg zum Tatbestand der Strafnorm gehören muss (ebenso [X.] aaO, [X.] f.).

9

b) Der Angeklagte hat auch allein im Ausland gehandelt (§ 9 Abs. 1 [X.]. 1 [X.]). Der Handlungsort wird bei [X.] durch den Aufenthaltsort des [X.] bestimmt (MüKo[X.]/[X.], 2. Aufl., § 9 Rn. 8 mwN). Schon deshalb vermag die Ansicht nicht zu überzeugen, nach der ein Handlungsort auch dort gegeben sein soll, wo die durch mediale Übertragung transportierte Handlung ihre Wirkung entfaltet (so aber KG, Urteil vom 16. März 1999 - 1 Ss 7/98, NJW 1999, 3500, 3502; zustimmend S/[X.] aaO, § 9 Rn. 4). Der Radius der Wahrnehmbarkeit einer Handlung ist nicht Teil ihrer selbst (ebenso [X.], [X.]tZ 2000, 533, 534; ablehnend auch MüKo[X.]/[X.]metz aaO, § 86 Rn. 8 f.). Aus denselben Erwägungen kommt es auch nicht in Betracht, den Standort des vom Täter angewählten Servers für ausschlaggebend zu erachten (so aber S/[X.] aaO, § 9 Rn. 7b).

Ebenfalls eine Frage der Wirkung der tatbestandlichen Handlung wäre es, wenn man in dem Abruf der vom Angeklagten bereitgestellten Inhalte von [X.] aus den Abschluss des Verwendens durch Verbreiten von Schriften sehen würde. Denn anders als bei der Beförderung durch andere Personen fehlt es bei der rein technischen Übertragung im [X.] an der Möglichkeit, Handeln Dritter und damit deren Handlungsort selbst dem Täter gemäß § 25 Abs. 1 Alt. 2 bzw. § 25 Abs. 2 [X.] zuzurechnen (vgl. hierzu MüKo[X.]/[X.]metz aaO, § 86 Rn. 7). Der [X.] kann daher offenlassen, ob der zu der Vorgängerregelung des heutigen § 176a Abs. 3 [X.] ergangenen Entscheidung ([X.], Urteil vom 27. Juni 2001 - 1 [X.], [X.]St 47, 55, 58 ff.), die sich für das [X.] von dem herkömmlichen Verständnis des Verbreitens von Schriften als einem Akt deren körperlicher Übergabe löst und die gespeicherten Daten mit dem Datenspeicher gleichsetzt (kritisch hierzu Kudlich, [X.], 310, 311; SK-[X.]/[X.]/[X.], 40. Lfg., § 11 Rn. 61 f.), zu folgen wäre, zumal angesichts der weiteren Tathandlungsvariante des öffentlichen Verwendens im Rahmen des § 86a Abs. 1 Nr. 1 [X.] hierzu ein Bedürfnis nicht besteht.

c) Der Angeklagte hat sich dadurch, dass er als Betreiber der Plattform es im Inland unterlassen hat, die von ihm eingestellten Kennzeichen wieder zu entfernen, auch nicht gemäß § 86a Abs. 1 Nr. 1, § 13 [X.] strafbar gemacht. Unabhängig von den Fragen, ob § 13 [X.] überhaupt auf abstrakte Gefährdungsdelikte Anwendung findet und ob eine Pflicht zur Abwehr von Gefahren bestehen kann, die durch eigenes vorsätzliches Verhalten hervorgerufen wurden (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1995 - 1 [X.], [X.], 131), fehlt es angesichts der bereits objektiven Tatbestandslosigkeit des Vorverhaltens jedenfalls an der eine Garantenstellung begründenden Pflichtwidrigkeit.

d) Da die diesem Fall zugrundeliegenden Feststellungen rechtsfehlerfrei getroffen wurden und weitere Feststellungen, die eine Verurteilung des Angeklagten rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, spricht der [X.] den Angeklagten insoweit frei (§ 354 Abs. 1 StPO). Er verkennt nicht, dass seine Auffassung dazu führen kann, dass Personen - wie vorliegend der Angeklagte -gezielt die Grenze überqueren werden, um Kennzeichen in das [X.] einzustellen, deren Verwendung im Inland mit Strafe bedroht wäre. Es ist jedoch Aufgabe des Gesetzgebers, diese [X.] zu schließen, falls er dies für erforderlich erachtet.

2. Nicht bestehen bleiben kann auch die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen [X.] 1. bis 4., 6., 8. und 9. der Urteilsgründe. Das [X.] hat für seine Überzeugung von der [X.]chaft des insoweit nicht geständigen An- geklagten neben dem Fund roter und schwarzer Farbe in einer vom Angeklagten genutzten Garage im Wesentlichen auf inhaltliche und gestalterische Übereinstimmungen abgestellt, insbesondere den Umstand, dass das mehrfach verwendete und einmal als von ihm stammend eingeräumte Kürzel "[X.]" Ausdruck der Fantasie des Angeklagten von einem tatsächlich nicht existierenden Zusammenschluss [X.] Kräfte in [X.]      sei. Dass Dritte dieselben Kürzel und Parolen verwendet haben könnten, erschiene lebensfremd. Diese für sich betrachtet nicht zu beanstandende Würdigung steht je- doch in einem unauflösbaren Widerspruch zu der Begründung des Freispruchs von weiteren zur selben Zeit in [X.] verübten [X.]. Diese geht dahin, dass die insoweit verwendete blaue Farbe in der Garage nicht aufgefunden worden sei. Da aber auch in diesen Fällen die Kürzel "[X.]" und "[X.]" angebracht wurden, hat es das [X.] offenbar doch für möglich und demnach nicht für lebensfremd gehalten, dass im selben Zeitraum andere Täter dieselben Kürzel verwendet haben. Danach hat es seine eigene Überzeugungsbildung zu den abgeurteilten Fällen in Zweifel gezogen und damit entkräftet. Denn allein auf den verbleibenden Umstand des Fundes roter und schwarzer, nicht aber blauer Farbe hat das [X.] seine Überzeugung gerade nicht gestützt. Auf diesem Fehler beruht das Urteil.

III. Im Übrigen hat die Überprüfung des Schuldspruchs aufgrund der Sachrüge keinen Rechtsfehler ergeben. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:

1. Die Verurteilung nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 [X.] im Fall [X.] der Urteilsgründe ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Das [X.] hat die vom Angeklagten genutzte Fahne und deren Unterschiede zu dem Banner der unanfechtbar verbotenen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2001 - 6 A 1/01, [X.], 80) Organisation "[X.]" präzise genug beschrieben, um dem [X.] - auch ohne die an sich sachgerechte ergänzende Bezugnahme auf Lichtbilder gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO - die Überprüfung zu ermöglichen, ob die Annahme zutrifft, das vom Angeklagten verwendete Kennzeichen sei dem der "[X.]" zum Verwechseln ähnlich (§ 86a Abs. 2 Satz 2 [X.]). Diese Überprüfung ergibt, dass die Auffassung des [X.]s rechtlich nicht zu beanstanden ist. Dem Schuldspruch steht insoweit auch nicht entgegen, dass das fragliche Kennzeichen der "[X.]" in der Öffentlichkeit möglicherweise nicht weiter bekannt ist (vgl. [X.], Beschluss vom 31. Juli 2002 - 3 [X.], [X.]St 47, 354; aA [X.], [X.], 2005, 127 ff.).

Danach ist es für den Schuldspruch ohne Belang, dass die Ansicht des [X.]s nicht zutrifft, die Fahne des Angeklagten sei auch der Hakenkreuzfahne der Nationalsozialisten zum Verwechseln ähnlich gewesen. Von einer derartigen Ähnlichkeit ist nicht schon dann auszugehen, wenn das verwendete Kennzeichen lediglich Assoziationen zu dem Kennzeichen einer in § 86 Nr. 1, 2 oder 4 [X.] genannten Organisation erweckt. Erforderlich ist vielmehr, dass aus der Sicht eines nicht besonders sachkundigen und nicht genau prüfenden Betrachters das verwendete Kennzeichen die typischen Merkmale aufweist, welche das äußere Erscheinungsbild des Originals prägen, und dadurch dessen Symbolgehalt vermittelt ([X.] aaO, [X.]St 47, 354, 357). [X.] Maßstab ist dabei die Übereinstimmung in den wesentlichen wahrnehmbaren Merkmalen. Entscheidend ist, ob trotz der Änderungen das Originalkennzeichen und dessen Symbolgehalt hervortreten, mithin Aussage und Erscheinungsbild prägen ([X.], Urteil vom 13. August 2009 - 3 [X.], [X.]St 54, 61, 63 f.; MüKo[X.]/[X.]metz, 2. Aufl., § 86a Rn. 17 f.). Hiervon kann bei der Gestaltung mit drei anstelle von vier Haken, deren Zusammenspiel ein völlig anderes geometrisches Gebilde schaffen, nicht mehr ausgegangen werden. Allein die Übereinstimmung in der farblichen Gestaltung genügt insoweit nicht.

2. Auch die Verurteilung im Fall [X.] 1. der Urteilsgründe hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Die Fahne sowie das Kennzeichen des Hitlergrußes (vgl. [X.], Urteil vom 18. Oktober 1972 - 3 StR 1/71, [X.]St 25, 30) verwendete der Angeklagte öffentlich, indem er das ihn und    S.     in entsprechender Pose zeigende Foto in ihre Facebook-Profile einstellte. Unter Verwenden ist jeder Gebrauch zu verstehen, der das Kennzeichen optisch oder akustisch wahrnehmbar macht ([X.], Urteil vom 29. Mai 1970 - 3 StR 2/70, [X.]St 23, 267, 268 f.). Dies geschieht öffentlich, wenn das Kennzeichen durch die Art seiner Verwendung für einen größeren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrnehmbar ist ([X.], Urteil vom 10. Mai 1994 - 1 Ss 71/94, [X.]tZ 1994, 440; MüKo[X.]/[X.]metz aaO, Rn. 26). Zwar besteht zwischen den als "Freunden" gespeicherten Nutzern und dem Inhaber eines [X.] jeweils eine Beziehung derart, dass die entsprechende Anfrage des einen zur Aufnahme in den Kreis der "Freunde" durch den anderen bestätigt werden muss, die Verlinkung mithin auf einer kongruenten Willensbildung beruht. Damit ist über [X.] dieser Beziehung jedoch noch nichts [X.] ausgesagt. Das [X.] hat keine weiteren Feststellungen dazu getroffen, welcher Art die Beziehungen des Angeklagten bzw. des    S.     zu den mit ihnen verlinkten Personen war. Dies gefährdet den Schuldspruch hier indessen nicht, denn bei 844 sogenannten Freunden des    S.     kann der [X.] ausschließen, dass zu mehr als einem Bruchteil von diesen eine Verbindung bestand, die über eine zufällige, mitunter sogar nur virtuelle Bekanntschaft hinausging.

IV. Der Wegfall eines Teils des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich. Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass bei Einbeziehung eines früheren Urteils in die neue Verurteilung (§ 105 Abs. 1, § 31 Abs. 2 JGG) die in dem ersten Erkenntnis festgesetzten Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 [X.] aufrechtzuerhalten, sondern deren Voraussetzungen vielmehr erneut zu prüfen und sie gegebenenfalls neu anzuordnen sind (vgl. [X.], Urteil vom 27. Oktober 1993 - 3 StR 432/93, juris Rn. 3 f.; Beschluss vom 17. März 2011 - 4 StR 49/11, [X.], 240). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Kammer wird auch die versehentlich unterbliebene Tenorierung des Teilfreispruchs hinsichtlich der weiteren Graffiti-Fälle ([X.]) nachzuholen haben.

[X.]     

     Hubert     

Schäfer

[X.] befindet sich
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

Spaniol     

[X.]

Meta

3 StR 88/14

19.08.2014

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Coburg, 25. Oktober 2013, Az: 318 Js 4418/12 - 1 Ks

§ 3 StGB, § 9 Abs 1 StGB, § 86a Abs 1 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.08.2014, Az. 3 StR 88/14 (REWIS RS 2014, 3451)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3451

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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