Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2019, Az. B 10 ÜG 3/19 R

10. Senat | REWIS RS 2019, 408

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Überlanges Gerichtsverfahren - Verfahren der Streitwertfestsetzung als eigenständiges Gerichtsverfahren - erhebliche Überlänge - keine Widerlegung der Vermutung des immateriellen Nachteils - keine zwangsläufige Geldentschädigung - Wiedergutmachung auf sonstige Weise - Feststellung der Überlänge - keine Pflicht zur Tenorierung der genauen Dauer der Überlänge - Vererbbarkeit des Entschädigungsanspruchs - Rechtsanwalt - schützenswertes Interesse - eigener Entschädigungsanspruch für überlanges Kostenfestsetzungsverfahren


Leitsatz

1. Ein Verfahren der Streitwertfestsetzung kann ein eigenständiges Gerichtsverfahren im Sinn des Entschädigungsrechts sein.

2. Zur Wiedergutmachung durch Feststellung der Überlänge braucht das Entschädigungsgericht die Dauer der Überlänge nicht zwingend zu tenorieren.

3. Der Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer ist vererblich.

4. Rechtsanwälte können ein schützenswertes Interesse an einer Streitwert- und Kostenfestsetzung in angemessener Zeit haben, dessen Verletzung einen Anspruch auf Geldentschädigung begründen kann.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 5. April 2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 2500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Entschädigung für die Dauer eines Verfahrens der Streitwertfestsetzung (L 3 R 129/11) vor dem L[X.] Hamburg.

2

Das Ausgangsverfahren begann mit dem Entzug einer Erwerbsminderungsrente. Sie wurde dem Großvater des [X.] zunächst vom 1.12.1998 an auf Dauer gewährt, im Jahr 2005 rückwirkend entzogen und die ausgezahlten Beträge in Höhe von rund 38 525 Euro zurückgefordert. Der Großvater des [X.] verstarb im Februar 2007.

3

Die noch von ihm angestrengte und von seiner Ehefrau, der Großmutter und Rechtsvorgängerin des [X.], fortgeführte Klage hatte zunächst keinen Erfolg ([X.]-Urteil vom 14.7.2011). Das auf den Streit um die [X.] beschränkte Verfahren endete in der Berufungsinstanz am [X.] durch angenommenes Anerkenntnis der beklagten Rentenversicherung. Diese erklärte sich darin dem Grunde nach auch bereit, die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens der Rechtsvorgängerin des [X.] zu übernehmen. Gerichtskosten erwähnt das Anerkenntnis nicht.

4

Am [X.] beantragte der Prozessbevollmächtigte beim [X.] für die Rechtsvorgängerin des [X.], die Kosten des Berufungsverfahrens auf rund 3075 Euro nach einem Gegenstandswert der zuletzt streitigen Erstattungsforderung in Höhe von 38 525 Euro festzusetzen. Am [X.] beantragte er zudem beim L[X.] (nachfolgend: Ausgangsgericht), den Gegenstandswert für die Berufung auf den Betrag der Erstattungsforderung festzusetzen. Der Prozessbevollmächtigte bezog sich dabei ausdrücklich auf das anhängige Kostenfestsetzungsverfahren.

5

Am 17.9.2012 setzte die Kostenbeamtin die von dem Beklagten an die Rechtsvorgängerin des [X.] zu erstattenden Kosten des Berufungsverfahrens nach [X.] auf rund 677 Euro fest. Die Rechtsvorgängerin des [X.] sei als Sonderrechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemanns kostenprivilegiert gewesen.

6

Die in erster Linie auf eine Abrechnung des Berufungsverfahrens nach streitwertabhängigen Gebühren, hilfsweise auf einen Anspruch auf höhere Rahmengebühren gestützte Erinnerung vom 16.10.2012 wies das [X.] nach diversen [X.] und längeren Phasen der Untätigkeit mit Beschluss vom [X.] zurück. Im Verfahren über die Streitwertfestsetzung blieb das Ausgangsgericht weitgehend untätig.

7

Daraufhin erhob der Prozessbevollmächtigte am [X.] wegen des offenen Antrags auf Streitwertfestsetzung beim Ausgangsgericht Verzögerungsrüge. Mit demselben Schriftsatz legte er Beschwerde ein gegen den Beschluss des [X.] vom [X.], die das Ausgangsgericht mit Beschluss vom 31.8.2015 als unzulässig verwarf.

8

Die Rechtsvorgängerin des [X.] lehnte daraufhin [X.] des Ausgangsgerichts mit Schreiben vom 29.9.2015 als befangen ab; diese verweigerten willkürlich eine Entscheidung über ihren Antrag auf Streitwertfestsetzung. Das Befangenheitsgesuch wurde am 17.12.2015 von einem anderen Senat des Ausgangsgerichts zurückgewiesen.

9

Den Antrag auf Festsetzung des [X.] vom [X.] verwarf das Ausgangsgericht erst mit Beschluss vom 14.7.2016 - nach mehr als vier Jahren - als unzulässig. Am [X.] hat die Rechtsvorgängerin des [X.] [X.] erhoben, die nach ihrem Tod am 6.3.2018 vom Kläger fortgeführt worden ist. Auf die [X.] hat das L[X.] als Entschädigungsgericht eine Verzögerung des Verfahrens auf Streitwertfestsetzung um 26 Monate festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Von den 49 Monaten der Verfahrenslaufzeit sei das Ausgangsgericht - unter Berücksichtigung der Aktivitäten des [X.] im Kostenfestsetzungsverfahren - 38 Monate untätig geblieben; abzuziehen sei eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten. Die gesetzliche Vermutung eines Vermögensnachteils aus § 198 Abs 2 Satz 1 GVG sei nicht widerlegt. Nach den besonderen Umständen des Falles reiche aber für die erforderliche Wiedergutmachung die Feststellung der unangemessenen Verfahrensdauer aus, was einen Entschädigungsanspruch in Geld ausschließe. Der Rechtsvorgängerin des [X.] sei durch die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens allenfalls ein sehr geringer Schaden entstanden. Ein höherer Gebührenanspruch habe lediglich im Interesse ihres Bevollmächtigten gelegen (Urteil vom 5.4.2018).

Hiergegen richtet sich die Revision des [X.]. Das Interesse der Rechtsvorgängerin des [X.] am Verfahren der Streitwertfestsetzung habe darin bestanden, den Gebührenanspruch ihres Bevollmächtigten nach dem [X.] feststellen und von der Beklagten erstatten zu lassen. Ohne die Feststellung dieses Anspruchs hätte der Rechtsvorgängerin des [X.] ein materieller Nachteil gedroht. Denn das Ergebnis des Kostenfestsetzungsverfahrens zwischen den Beteiligten sei für den Prozessbevollmächtigten im Verhältnis zu seiner Mandantin nicht bindend. Schließlich sei im Verlauf des Verfahrens ein Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer entstanden, der ebenfalls ein Interesse am Verfahren der Streitwertfestsetzung begründet habe.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des [X.] vom 5. April 2018 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der unangemessenen Dauer des Verfahrens der Streitwertfestsetzung vor dem [X.]/11 Entschädigung in Höhe von 2500 Euro zuzüglich Zinsen iHv 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

A. [X.]ie Revision des [X.] ist zulässig, insbesondere rechtzeitig begründet. Zwar ist die Begründung erst am 1.8.2018 beim B[X.] eingegangen. Sie hat damit die vom Gesetz für den Regelfall vorgesehene Begründungsfrist des § 164 [X.] 2 Satz 1 [X.]G von zwei Monaten nach Urteilszustellung verfehlt, die am [X.] geendet hatte. Indes betrug die Frist zur Revisionsbegründung hier nach § 66 [X.] 2 Satz 1 [X.]G anstelle von zwei Monaten ausnahmsweise ein ganzes Jahr, weil das Entschädigungsgericht eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung erteilt hatte. [X.]iese Jahresfrist hat der Kläger eingehalten.

[X.]ie Revisionsbegründung erfüllt die gesetzlichen Begründungsanforderungen des § 164 [X.] 2 Satz 3 [X.]G. Sie enthält einen bestimmten Antrag, nennt die (vermeintlich) verletzte Rechtsnorm und setzt sich rechtlich mit den Gründen des angefochtenen [X.] auseinander. [X.]ie Begründung zeigt dabei auf, was dieses Urteil nach Auffassung des Revisionsklägers als unrichtig erscheinen lässt. Sie bezeichnet auch die zugrundeliegenden Tatsachen, soweit dies zum Verständnis der von ihr gerügten Rechtsverletzung unerlässlich ist (vgl dazu B[X.] Beschluss vom 13.6.2018 - [X.] 1/17 - zur Veröffentlichung in [X.]-1500 § 164 [X.] Rd[X.]3 ff und [X.] vorgesehen).

B. [X.]ie zulässige Revision ist unbegründet. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist nach dem zuletzt gestellten Revisionsantrag nur noch der Anspruch des [X.] auf Geldentschädigung in Höhe von 2500 Euro für die unangemessene [X.]auer des Verfahrens der Streitwertfestsetzung vor dem Ausgangsgericht; sie steht ihm indes nicht zu.

1. [X.]ie auf § 198 [X.] gestützte [X.] wegen immaterieller Nachteile ist zulässig und als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 [X.] 5 [X.]G).

[X.] und Rechtsvorgängerin des [X.] hat das Verfahren vor dem Entschädigungsgericht nicht nach § 202 Satz 1 [X.]G iVm § 239 [X.] 1 ZPO unterbrochen. Sie war anwaltlich vertreten; weder ihr Prozessbevollmächtigter noch die Beklagte haben eine Aussetzung des Verfahrens beantragt (vgl § 246 [X.] 1 ZPO).

a) [X.]er Kläger ist klagebefugt, obwohl die [X.] ein von seiner Rechtsvorgängerin geführtes Verfahren betrifft. Ein möglicher Anspruch auf Geldentschädigung wegen der unangemessenen [X.]auer des Ausgangsverfahrens der Streitwertfestsetzung wäre nicht mit ihrem Tod während des [X.] erloschen, sondern als Teil der Gesamtrechtsnachfolge durch gewillkürte Erbfolge auf den Kläger als ihren Alleinerben übergegangen. § 198 [X.] 5 Satz 3 [X.] schließt eine solche wirksame Verfügung über den Entschädigungsanspruch von Todes wegen nicht aus. Zwar ist danach der Entschädigungsanspruch bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die [X.] nicht übertragbar. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien erschließt, meint die Norm mit "übertragen" aber nur den rechtsgeschäftlichen Forderungsübergang insbesondere in Form der Abtretung gegen Geld. [X.]er Gesetzgeber wollte die Übertragbarkeit und Pfändbarkeit des [X.] verhindern, um "einen der Rechtspflege abträglichen Handel mit dem Anspruch zu verhindern" (Entwurf der Bundesregierung vom 17.11.2010 eines Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011 - [X.] -, [X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]). [X.]agegen ist der Entschädigungsanspruch vererblich, selbst wenn er, wie hier, nur immaterielle Nachteile betrifft. [X.]enn in dieser Beziehung ähnelt die Entschädigung einem Schadensersatzanspruch für immaterielle Schäden, dessen Vererblichkeit anerkannt ist ([X.] Urteil vom 20.8.2014 - X K 9/13 - juris Rd[X.]1 f mwN; allg Weidlich in [X.], [X.], 78. Aufl 2019, § 1922 Rd[X.]7 mwN).

b) [X.]ie [X.] ist am 23.1.2017 in der Klagefrist des § 198 [X.] 5 Satz 2 [X.] innerhalb von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung erhoben worden, die das Verfahren beendet hat. [X.]enn der verfahrensbeendende Beschluss des Ausgangsgerichts vom 14.7.2016 ist dem Prozessbevollmächtigten erst am [X.] zugestellt worden (vgl § 133 Satz 2 [X.]G).

2. [X.]ie zulässige Klage auf Geldentschädigung ist aber unbegründet. Nach § 198 [X.] 1 Satz 1 iVm [X.] 3 Satz 1 [X.] wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener [X.]auer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wenn er zuvor bei dem mit der Sache befassten Gericht die [X.]auer des Verfahrens gerügt hat.

[X.]as Verfahren der Streitwertfestsetzung ist ein Verfahren im Sinne dieser Vorschrift (a), dessen [X.]auer die Rechtsvorgängerin des [X.] ordnungsgemäß gerügt (b) und das unangemessen lange gedauert hat (c). Es hat zu einem Nachteil geführt, für dessen Wiedergutmachung aber nach den Umständen des Einzelfalls ausnahmsweise die Feststellung der Überlänge ausreicht (d).

a) Mit ihrem Antrag auf Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens nach dem Gegenstandswert hat die Rechtsvorgängerin des [X.] bei verständiger Würdigung aus objektiver Sicht ein Verfahren der endgültigen Streitwertfestsetzung nach § 63 [X.] 2 Satz 1 GKG eingeleitet. [X.]enn der Gegenstandswert für die [X.] nach [X.] richtet sich gemäß § 32 [X.] 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ([X.]) nach dem Streitwert für die Gerichtsgebühren; auf die Zahlung einer solchen Vergütung zielte der Antrag nach der Einlassung des Prozessbevollmächtigten letztlich ab. Ein solches isoliertes, der Hauptsacheerledigung auf sonstige Weise nachfolgendes Beschlussverfahren der endgültigen Streitwertfestsetzung nach § 63 [X.] 2 Satz 1 GKG stellt ein Gerichtsverfahren iS von § 198 [X.] 1 Satz 1, [X.] 6 [X.] [X.] dar (ebenso [X.], [X.] 6/2015 [X.] 6 [X.]).

Gerichtliches Verfahren iS von § 198 [X.] 1 Satz 1 [X.] ist nach der in [X.] 6 [X.] enthaltenen Legaldefinition jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen [X.]chluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren.

[X.]er [X.] hat die Vorschrift bereits auf das sozialgerichtliche Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren angewendet, welches seinerseits an die Streitwertfestsetzung anknüpft. [X.]enn Wortlaut ("jedes Verfahren"), Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 198 [X.] sprechen für einen weiten Anwendungsbereich der Norm, die einen umfassenden und möglichst lückenlosen Schutz gegen überlange Gerichtsverfahren bezweckt. Sie schützt daher auch das Interesse an einem zeitgerechten [X.]chluss für chronologisch der Erledigung eines [X.] nachfolgende eigenständige Nebenverfahren ([X.]surteil vom [X.] ÜG 8/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]6 ff mwN).

[X.]ieser Schutz muss daher auch das Verfahren der endgültigen Streitwertfestsetzung nach § 63 [X.] 2 Satz 1 Alt 2 GKG umfassen, das sich an ein vorangegangenes und bereits abgeschlossenes Hauptsacheverfahren anschließt. Nach dem Willen des [X.]-Gesetzgebers, wie er sich in den Gesetzesmaterialien niedergeschlagen hat ([X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]), kommt es für die Bewertung als Gerichtsverfahren iS von § 198 [X.] 6 [X.] [X.] ua darauf an, ob ein Verfahren einen eigenen Beginn aufweist und mit einer (rechtskräftigen) Endentscheidung abgeschlossen wird. [X.]as trifft auf das Verfahren der endgültigen Streitwertfestsetzung nach Erledigung der Hauptsache in anderer Weise zu (ebenso zur [X.] Urteil vom 13.12.2017 - L 12 SF 45/15 [X.] - juris; [X.] Urteil vom 24.11.2016 - L 37 SF 247/14 EK KR - juris Rd[X.]3; [X.] Urteil vom 16.10.2018 - 16 EK 26/18 - juris RdNr 85 f). Es ist - anders als ein zeitgleich mit der Hauptsache geführtes [X.] (vgl [X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] ÜG 3/16 R - [X.]-1720 § 198 [X.]4 Rd[X.]7 ff) - nicht Teil des vorangegangenen, auf eine Sachentscheidung gerichteten und bereits zuvor beendeten Verfahrens in der Hauptsache. [X.]as Verfahren beginnt vielmehr nach § 63 [X.] 2 Satz 1 Alt 2 GKG erst, sobald sich das Hauptsacheverfahren anderweitig erledigt. [X.]ie isolierte endgültige Streitwertfestsetzung erfolgt nach Anhörung der Beteiligten durch zumindest stichwortartig begründeten Beschluss des [X.]. Gegen die Festsetzung findet nach § 68 GKG unter den dort genannten Voraussetzungen die Beschwerde statt, außerdem kann das Prozessgericht sie innerhalb von sechs Monaten von Amts wegen ändern (§ 63 [X.] 3 GKG). Ohne erfolgreiche Beschwerde oder Änderung von Amts wegen erwächst der Beschluss nach Ablauf dieser Frist in Rechtskraft (Verfassungsgerichtshof des [X.] Beschluss vom 17.2.2015 - 130/14 - juris Rd[X.]1 mwN) und bewirkt damit einen rechtskräftigen [X.]chluss des Verfahrens iS von § 198 [X.] 6 [X.] [X.].

Sinn und Zweck von § 198 [X.] sprechen ebenfalls für die Annahme eines Verfahrens im Sinne dieser Vorschrift. Wegen seiner Rechtsfolgen insbesondere wirtschaftlicher Art besteht für das Nebenverfahren der Streitwertfestsetzung ein eigenständiges Interesse des Beteiligten und seines Anwalts an einem zeitgerechten [X.]chluss. Auch insoweit ist, wie beim Verfahren der Kostenfestsetzung, keine anderweitige Beschleunigungsmöglichkeit ersichtlich, mit der sich ein Antragsteller überlanger Verfahren der Streitwertfestsetzung erwehren könnte ([X.]surteil vom [X.] ÜG 8/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]4). Umgekehrt besteht das Risiko einer Mehrfachentschädigung anders als bei einem unselbstständigen Annexverfahren parallel zur Hauptsache nicht ( [X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] ÜG 3/16 R - [X.]-1720 § 198 [X.]4 Rd[X.]0) .

b) [X.]ie am [X.] vor dem Ausgangsgericht schriftlich angebrachte, ausdrücklich als solche bezeichnete [X.] war wirksam. Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter gemäß § 198 [X.] 3 [X.] nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die [X.]auer des Verfahrens gerügt hat. [X.]ie [X.] kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, das Verfahren werde nicht in einer angemessenen [X.] abgeschlossen. Ein solcher Anlass bestand hier. Zum [X.]punkt der [X.] im Juli 2015 war das Verfahren der Streitwertfestsetzung bereits seit mehr als drei Jahren anhängig und seit dem Antrag auf Streitwertfestsetzung vom [X.] im Wesentlichen nicht betrieben worden. [X.]ie [X.] bezog sich ausdrücklich auf diesen Antrag. Sie war daher aus der maßgeblichen objektiven Empfängersicht, die nach der Auslegungsregel des § 133 [X.] zu ermitteln ist (vgl [X.] Beschluss vom 17.12.2015 - 1 BvR 3164/13 - juris Rd[X.]3 f), eindeutig dem verzögerten Verfahren der Streitwertfestsetzung zuzuordnen. [X.]as offensichtliche Schreibversehen des Prozessbevollmächtigten bei der Angabe des Aktenzeichens ("S" anstatt "L" 3 R 129/11) ändert nichts daran.

Anders als die Beklagte unter Berufung auf die Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 6.4.2016 - X K 1/15 - juris Rd[X.]6) meint, wirkt diese [X.] nicht nur sechs Monate, sondern auf das gesamte verzögerte Verfahren zurück. Sie eröffnet dadurch in vollem Umfang die Möglichkeit einer Geldentschädigung. [X.]ie Rechtsprechung des [X.] zur begrenzten Rückwirkung der [X.] lässt sich nicht auf sozialgerichtliche Verfahren übertragen. [X.]er rechtliche Rahmen für die Verfahrensdauer in der Finanz- unterscheidet sich maßgeblich von demjenigen in der Sozialgerichtsbarkeit ([X.]surteil vom 7.9.2017 - [X.] ÜG 3/16 R - [X.]-1720 § 198 [X.]4 Rd[X.]1 f).

c) [X.]as Entschädigungsgericht hat zutreffend eine Überlänge des Verfahrens festgestellt. [X.] kann, ob über die tenorierte Überlänge von 26 Monaten hinaus noch weitere Monate der Verzögerung vorliegen, weil der Kläger seinen Revisionsantrag auf Geldentschädigung beschränkt hat, die ihm nicht zusteht.

aa) [X.]ie Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 [X.] 1 Satz 2 [X.] nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und [X.]ritter. Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die in § 198 [X.] 6 [X.] [X.] definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen [X.]chluss ([X.]surteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - [X.] 117, 21 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]4). [X.]er allgemein gehaltene Begriff der Einleitung umfasst dabei alle Formen, in denen ein Verfahren in Gang gesetzt werden kann, gleich ob durch Antrag oder von Amts wegen ([X.]surteil vom [X.] ÜG 8/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]9).

[X.]as Ausgangsverfahren der begehrten Streitwertfestsetzung begann am [X.] mit dem Antrag der Rechtsvorgängerin des [X.] auf Festsetzung des [X.]. [X.]em steht nicht entgegen, dass nach § 63 [X.] 2 Satz 1 GKG das Prozessgericht den Streit- bzw Gegenstandswert regelmäßig von Amts wegen festzusetzen hat, sobald in gerichtskostenpflichtigen Verfahren eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren - wie hier - auf andere Weise erledigt. [X.]as Ausgangsgericht, dessen materielle Rechtsauffassung im Entschädigungsverfahren zugrunde zu legen ist (vgl [X.]surteil vom [X.] - [X.] ÜG 9/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]9), hielt das GKG für unanwendbar und ging stattdessen von [X.] aus. Es hatte deshalb keinen Grund, sofort nach der Beendigung des Berufungsverfahrens durch angenommenes Anerkenntnis von Amts wegen über den Streit- und Gegenstandswert zu entscheiden. Anlass zum Tätigwerden lieferte ihm vielmehr erst der ausdrückliche Antrag der Rechtsvorgängerin des [X.] auf Festsetzung des [X.] vom [X.]. Erst dieser Antrag setzte daher das auf Streitwertfestsetzung gerichtete Verfahren in Gang. Es endete mit dem Verwerfungsbeschluss des Ausgangsgerichts vom 14.7.2016 und erreichte damit eine Gesamtdauer von 48 anstatt der vom Entschädigungsgericht angenommenen 49 Kalendermonaten. [X.]enn maßgeblich für die Berechnung der Überlänge ist als kleinste [X.]einheit der Kalendermonat ([X.]surteil vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - [X.] 118, 102 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]4). [X.]amit zählen weder der Juni 2012 noch der Juli 2016, sondern nur die Monate von Juli 2012 bis Juni 2016 zu den vollen Kalendermonaten, die bei der Verfahrenslaufzeit zu berücksichtigen waren.

bb) In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 [X.] 1 Satz 2 [X.] genannten Kriterien, einer Reihe unbestimmter Rechtsbegriffe, zu messen. Soweit das Entschädigungsgericht Tatsachen feststellt, um diese Begriffe auszufüllen, hat es einen erheblichen tatrichterlichen Beurteilungsspielraum ([X.]surteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - [X.] 117, 21 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]6 mwN). Auf dieser Grundlage ergibt erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener [X.] verletzt hat.

[X.]ie von § 198 [X.] 1 Satz 2 [X.] genannte Bedeutung des Ausgangsverfahrens hat das [X.] rechtsfehlerfrei in seine Bewertung der Angemessenheit eingestellt. Sie ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Entscheidend ist zudem, ob und wie sich der [X.]ablauf nachteilig auf die Verfahrensposition eines [X.] und des geltend gemachten materiellen Rechts sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt ([X.]surteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - [X.] 117, 21 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]9 mwN).

Insoweit ist das Entschädigungsgericht für das Revisionsgericht nicht angreifbar von einer unterdurchschnittlichen Bedeutung des Verfahrens ausgegangen. An der Klärung der Frage der Gerichtskostenpflicht hatte die Rechtsvorgängerin des [X.] selber [X.]falls ein geringes Interesse. [X.]as Ausgangsgericht hatte entgegen § 63 [X.] 1 Satz 1 GKG im Berufungsverfahren keinen vorläufigen Streitwert festgesetzt oder Kosten angefordert (vgl § 6 [X.] 1 Satz 1 Nr 5 GKG). [X.]amit hatte es zu erkennen gegeben, dass es nicht von einer Gerichtskostenpflicht ausging und damit auch nicht von einem höheren Gebührenanspruch des Prozessbevollmächtigten nach [X.]. Es erschließt sich nicht, welcher Vorteil für die Rechtsvorgängerin des [X.] darin gelegen hätte, sich trotzdem - zumindest zunächst - durch eine Streitwertfestsetzung des Gerichts der Pflicht zur Zahlung von Gerichtsgebühren und höheren Anwaltsgebühren auszusetzen. Allenfalls mag ihr ein gewisses Interesse an der Klärung der Kostenpflicht nach dem GKG zugestanden werden.

Für eine untergeordnete Bedeutung des Verfahrens spricht weiter, dass keine negativen Auswirkungen der Verfahrensdauer auf die Verfahrensposition der Rechtsvorgängerin des [X.] und erst recht nicht auf ein zugrundeliegendes materielles Recht ersichtlich sind. Im Gegenteil sah sie sich solange keinem Anspruch auf Gerichtskosten und [X.] ausgesetzt, solange das Ausgangsgericht keinen Gegenstandswert festgesetzt hatte.

Ebenso wenig zu beanstanden ist die Annahme einer unterdurchschnittlichen Schwierigkeit des Verfahrens durch das Entschädigungsgericht. Gegenüber dem Klage- bzw dem Berufungsverfahren war es weniger komplex und der streitwertrelevante Sachverhalt bekannt. [X.]as Ausgangsgericht hatte die Frage der Kostenpflicht des Verfahrens zudem zumindest inzident bereits geklärt, indem es auf die von § 63 [X.] 1 Satz 1 GKG vorgesehene vorläufige Streitwertfestsetzung verzichtet, keinen [X.] angefordert und das Verfahren im Geschäftsgang als gerichtskostenfrei behandelt hatte. [X.]as Revisionsgericht hat nicht zu überprüfen, ob die materiell-rechtlichen Prämissen dieser Rechtsauffassung zutreffen (vgl [X.]surteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - [X.] 117, 21 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]6 mwN).

[X.]as Entschädigungsgericht hat, unter Berücksichtigung der von ihm ausdrücklich festgestellten [X.]en mit gerichtlicher Aktivität im Ausgangsverfahren, [X.]en der Inaktivität des Ausgangsgerichts von 38 Monaten angenommen. [X.]abei hat es als Monate der Aktivität offenbar auch alle Aktivitäten im Verfahren der Kostenfestsetzung beim [X.] berücksichtigt. Für die Festsetzung der Kosten war indes nach § 197 [X.] 1 Satz 1 [X.]G der Urkundsbeamte des [X.] zuständig und nicht das Ausgangsgericht. Schon diese abweichende Zuständigkeit spricht im Anwendungsbereich des § 198 [X.] gegen die Zurechnung von [X.] zwischen beiden Verfahren. [X.]asselbe gilt für die Berücksichtigung von Verfahrenshandlungen des Prozessbevollmächtigten im Verfahren der Kostenfestsetzung.

Letztlich kann aber dahinstehen, ob die vom Entschädigungsgericht berechnete Zahl von 38 inaktiven Monaten noch um weitere Monate zu erhöhen ist, in denen lediglich beim [X.] das Verfahren der Kostenfestsetzung betrieben wurde. [X.]enn die Überlänge des Verfahrens hat das Entschädigungsgericht dem Grunde nach bereits zutreffend in seinem Urteil ausgesprochen, die darüber hinaus ausschließlich begehrte Entschädigung in Geld kann der Kläger nicht verlangen (dazu unter d). Ebenfalls nicht zu entscheiden braucht der [X.] deshalb auch, ob die pauschale Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten in selbstständigen Nebenverfahren regelhaft auf sechs Monate oder weniger zu verkürzen ist (vgl zur Kostengrundentscheidung [X.] Urteil vom 24.11.2016 - L 37 SF 247/14 EK KR - juris Rd[X.]2; zur Kostenfestsetzung [X.] Baden-Württemberg Urteil vom 3.7.2019 - L 2 SF 1441/19 [X.] - juris Rd[X.]9; anders für das Kostenerinnerungsverfahren Schleswig-Holsteinisches [X.] Urteil vom 30.11.2018 - L 12 SF 71/17 EK - juris Rd[X.]0; jeweils mwN).

d) Zutreffend hat das Entschädigungsgericht im nächsten [X.] angenommen, dass die Rechtsvorgängerin des [X.] nach § 198 [X.] 2 Satz 2 iVm [X.] 4 [X.] ausnahmsweise keine Entschädigung beanspruchen konnte. [X.]ie "starke" Vermutung eines immateriellen Nachteils aufgrund der eingetretenen Verzögerung aus § 198 [X.] 2 Satz 1 [X.] (vgl [X.] Urteil vom 12.2.2015 - [X.]/14 - [X.]Z 204, 184 - juris Rd[X.]0; [X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]) ist zwar nicht widerlegt worden. [X.]en Umständen des Einzelfalls nach reichte aber Wiedergutmachung in sonstiger Weise aus (§ 198 [X.] 2 Satz 2 [X.]). [X.]iese ist gemäß § 198 [X.] 4 Satz 1 [X.] insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Ob eine solche Feststellung ausreichend iS von § 198 [X.] 2 Satz 2 [X.] ist, beurteilt sich auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls. In diese wird regelmäßig einzustellen sein, ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere Bedeutung hatte, ob dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verzögerung beigetragen hat, ob er weitergehende immaterielle Schäden erlitten hat oder ob die Überlänge den einzigen Nachteil darstellt ([X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]; [X.]surteile vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 8/14 R - [X.]-1710 Art 23 [X.] Rd[X.]0 und vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - [X.] 118, 102 = [X.]-1720 § 198 [X.], Rd[X.]6; [X.]sbeschluss vom 8.1.2018 - [X.] ÜG 14/17 B - juris RdNr 8; jeweils mwN; ebenso [X.] Urteil vom 23.1.2014 - [X.]/13 - [X.]Z 200, 20 - juris Rd[X.]2). [X.]arüber hinaus kann es darauf ankommen, wie lange das Verfahren sich verzögert hat, ob das Ausgangsverfahren für den Verfahrensbeteiligten eine besondere [X.]ringlichkeit aufwies oder ob diese zwischenzeitlich entf[X.] war (BVerwG Urteil vom [X.] - juris RdNr 57 mwN). Bedeutung erlangen können auch durch die überlange Verfahrensdauer erlangte Vorteile, die das Gewicht der erlittenen Nachteile aufwiegen (BVerwG Urteil vom 12.7.2018 - 2 WA 1/17 [X.] - juris Rd[X.]6 mwN).

Gegen eine Wiedergutmachung in sonstiger Weise spricht nach diesen Vorgaben allein das erhebliche Ausmaß der Überlänge des Nebenverfahrens der Streitwertfestsetzung. Insgesamt hat das Entschädigungsgericht aufgrund seiner Gesamtabwägung jedenfalls im Ergebnis zu Recht eine Entschädigung in Geld abgelehnt. [X.]abei ist es rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, das Verfahren der Streitwertfestsetzung sei für die Rechtsvorgängerin des [X.] nicht besonders bedeutsam gewesen (vgl [X.] [X.]rucks 17/3802 [X.]), weder in wirtschaftlicher noch ideeller Hinsicht. Wie der [X.] bereits entschieden hat, hat das Verfahren der Kostenfestsetzung- und -erinnerung für die Beteiligten schon im Normalfall untergeordnete Bedeutung ([X.]surteil vom [X.] ÜG 8/13 R - [X.]-1720 § 198 [X.] Rd[X.]1). Nichts anderes wird in aller Regel für die vorgreiflichen Verfahren der Streitwertfestsetzung oder der Kostengrundentscheidung (vgl dazu [X.] Urteil vom 24.11.2016 - L 37 SF 247/14 EK - juris Rd[X.]7) gelten, weil sie ebenfalls nur noch Nebenentscheidungen in [X.] treffen oder vorbereiten.

Im konkreten Fall der Rechtsvorgängerin des [X.] sprechen noch weitere Gesichtspunkte gegen eine besondere Bedeutung des Verfahrens für sie. [X.]as Ausgangsgericht hätte einen Streit- bzw Gegenstandswert nur festzusetzen gehabt, wenn es entgegen seiner im Ausgangsverfahren vertretenen Rechtsansicht eine Gerichtskostenpflicht bejaht hätte. [X.]iese hätte nach § 22 [X.] 1 Satz 1 iVm § 1 [X.] 2 [X.] GKG jedenfalls vorläufig die Rechtsvorgängerin des [X.] als Berufungsführerin getroffen, ebenso wie ein höherer Gebührenanspruch ihres Prozessbevollmächtigten nach dem Gegenstandswert (vgl § 3 [X.] 1 Satz 2 [X.]). Sie hätte diese unter Umständen sogar endgültig zu tragen gehabt, soweit das Anerkenntnis der in der Hauptsache beklagten Rentenversicherung diese Kosten nicht umfasste. [X.]as hat die Rentenversicherung im Verfahren stets geltend gemacht. Beide zusätzlichen bzw höheren Verbindlichkeiten wären für die Rechtsvorgängerin des [X.] rechtlich nachteilhaft gewesen. [X.]as Entschädigungsgericht hat nicht festgestellt, dass diese Verbindlichkeiten als durchlaufender Posten wirtschaftlich eindeutig unbeachtlich gewesen wären, weil die Rechtsvorgängerin des [X.] sie ohnehin in keinem Fall selbst hätte erfüllen müssen.

Ohnehin sind die Interessen des Beteiligten zu unterscheiden vom Interesse seines Rechtsanwalts am Gebührenanspruch "aus eigenem Recht" (vgl § 32 [X.] 2 [X.]) und dessen [X.]urchsetzung vor Gericht in angemessener [X.]. Eine unangemessene [X.]auer des Verfahrens der Kostenfestsetzung kann unter den Voraussetzungen des § 198 [X.] für den Prozessbevollmächtigten einen eigenen Entschädigungsanspruch in Geld begründen. [X.]er Klägerbevollmächtigte hat indes im vorliegenden Verfahren keinen eigenen Anspruch, sondern ausschließlich die Interessen der Rechtsvorgängerin des [X.] geltend gemacht.

An der Unterscheidung zwischen den Interessen des Beteiligten und seines Anwalts würde sich nichts ändern, wenn die Rechtsvorgängerin des [X.], wie ihr Bevollmächtigter vorträgt, mit seinem Interesse an höheren Gebühren sympathisiert oder sich dieses sogar zu Eigen gemacht haben sollte, weil sie ohnehin von einer vollständigen Kostenerstattung durch die beklagte Rentenversicherung im Hauptsacheverfahren oder durch ihre Rechtsschutzversicherung ausging. Aus der gebotenen verobjektivierten Sicht eines verständigen Verfahrensbeteiligten ([X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]; [X.], [X.]ie Kompensation verlorener [X.] - Wenn Prozesse Pause machen, 2017, [X.] ff mwN) blieb die gerichtliche Feststellung einer Zahlungspflicht für Gerichtskosten und - nach der Berechnung des Prozessbevollmächtigten um rund 2400 Euro - höherer Anwaltsgebühren für die Rechtsvorgängerin des [X.] rechtlich nachteilig und wirtschaftlich nicht ohne Risiko.

Auch zum Schutz vor Gebührenansprüchen ihres Prozessbevollmächtigten im Innenverhältnis war der Antrag der Rechtsvorgängerin des [X.] entgegen seiner Ansicht ungeeignet. Vielmehr drohte es wegen der Präjudizwirkung der Streitwertfestsetzung einen solchen Anspruch erst zu begründen. [X.]enn die Streitwertfestsetzung wirkt für und gegen alle Beteiligten. Sie gilt bindend für den Kostenansatz, die Kostenerstattung und die Kostenfestsetzung sowie über § 32 [X.] 1 [X.] für die Gebühren des Rechtsanwalts. Sie bindet nach allgemeiner Ansicht zudem die Gerichte bei [X.] auf den Streitwert aufbauenden Entscheidungen (Verfassungsgerichtshof des [X.] Beschluss vom 17.2.2015 - 130/14 - juris Rd[X.]1 mwN).

Nicht zu überzeugen vermag schließlich die Ansicht der Revision, die Bedeutung des überlangen Verfahrens der Streitwertfestsetzung sei im Verlauf der [X.] wegen des dadurch begründeten Anspruchs auf Entschädigung nach § 198 [X.] 1 Satz 1 [X.] gewachsen. [X.]ie Überlänge eines Verfahrens für sich genommen führt nach der gesetzlichen Regelung des § 198 [X.] 2 [X.] noch nicht zwangsläufig zu einer Geldentschädigung, wie ua der Fall der Rechtsvorgängerin des [X.] zeigt. Ansonsten könnte ein Interesse der Beteiligten entstehen, das Verfahren möglichst in die Länge zu ziehen, um daraus einen möglichst hohen Entschädigungsanspruch abzuleiten. Ein solches "[X.]ulde und [X.]" (vgl [X.]-[X.]rucks 17/3802 [X.]) widerspricht aber dem zentralen Gesetzeszweck, überlange Gerichtsverfahren gerade zu vermeiden.

Lässt sich damit jedenfalls weder eine besondere wirtschaftliche oder ideelle Bedeutung noch eine irgendwie geartete [X.]ringlichkeit des Verfahrens für die Rechtsvorgängerin des [X.] feststellen, ist ebenso wenig ersichtlich, welche Nachteile sie - anders als möglicherweise ihr Bevollmächtigter - über die Überlänge des Verfahrens als solche hinaus erlitten haben sollte.

Nach alledem hat das Entschädigungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Feststellung der Überlänge als Wiedergutmachung ausreicht. [X.]er [X.] lässt, wie ausgeführt, dahinstehen, ob die festgestellte [X.] zu gering ist und sieht seinerseits von einer monatsscharfen Feststellung der Überlänge ab. § 198 [X.] 4 Satz 1 [X.] spricht lediglich von der Feststellung, "dass die Verfahrensdauer unangemessen war", nicht "inwieweit" oder in "welchem Umfang" dies der Fall gewesen ist. [X.]aher kann der Feststellungsausspruch [X.]raum oder [X.]dauer der Überlänge genauer beziffern (vgl [X.] Urteil vom 6.4.2016 - X K 1/15 - juris), muss es aber nicht ([X.] in [X.]/[X.], Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, 2013, § 198 Rd[X.]65). [X.]as gilt jedenfalls dann, wenn der Kläger - wie hier - eine solche Bezifferung ohnehin nicht begehrt.

3. [X.]ie Kostenentscheidung folgt aus § 183 Satz 6, § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 [X.] 2 VwGO. [X.]anach f[X.] die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels demjenigen zur Last, der es eingelegt hat. Nicht anzuwenden ist § 201 [X.] 4 [X.]. [X.]ie Vorschrift setzt voraus, dass anstelle der begehrten Entschädigung eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt wird, was im Revisionsverfahren nicht geschehen ist.


4. [X.]ie Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a [X.] 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 [X.] 2 Satz 1, § 47 [X.] 1, § 52 [X.] 1 und 3 Satz 1 GKG. Sie ergibt sich aus der vom Kläger mit der Revision geltend gemachten Entschädigungssumme.

Meta

B 10 ÜG 3/19 R

12.12.2019

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend Landessozialgericht Hamburg, 5. April 2018, Az: L 1 SF 1/17 EK, Urteil

§ 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 1 GVG, § 198 Abs 2 S 2 GVG, § 198 Abs 4 S 1 GVG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, § 63 Abs 2 S 1 Alt 2 GKG 2004, § 32 Abs 1 RVG, § 32 Abs 2 RVG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.12.2019, Az. B 10 ÜG 3/19 R (REWIS RS 2019, 408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 408

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X K 9/13

1 BvR 3164/13

X K 1/15

III ZR 141/14

III ZR 37/13

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