Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 220/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4701

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URHEBER- UND MEDIENRECHT URHEBER BUNDESGERICHTSHOF (BGH) MUSIKINDUSTRIE LEISTUNGSSCHUTZRECHT GEMA

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Gegenstand

Urheberrechtswahrnehmung durch Verwertungsgesellschaft: Abschluss eines neuen Gesamtvertrags für Tanz- und Ballettschulen; Darlegungs-und Beweislast der Verwertungsgesellschaft für Unangemessenheit der Vergütung im bisherigen Gesamtvertrag; Verteilung der Vergütung zwischen Musikurhebern und Leistungsschutzberechtigten


Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 27. September 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der Höhe der Vergütung zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, die [X.] ([X.]), nimmt urheberre[X.]htli[X.]he Leistungss[X.]hutzre[X.]hte und Beteiligungsansprü[X.]he von ausübenden Künstlern, Tonträgerherstellern und Musikvideoproduzenten wahr.

2

Der Beklagte, der [X.], ist ein Zusammens[X.]hluss von etwa 750 Ballett- und Bühnentanzlehrern. Zu seinen Mitgliedern gehören etwa 250 [X.]. Deren wesentli[X.]he Tätigkeit besteht in der tänzeris[X.]hen Früherziehung im Vorfeld einer Tanzausbildung für [X.] und Tanzpädagogen; daneben bieten sie au[X.]h vereinzelt Kurse in aktuellen Stilri[X.]htungen des Gesells[X.]haftstanzes an. Im Rahmen des Ballettunterri[X.]hts und der Tanzkurse geben sie auf Tonträgern aufgenommene Musikdarbietungen ausübender Künstler öffentli[X.]h wieder.

3

Zwis[X.]hen der [X.] und dem Beklagten bestand ein Gesamtvertrag vom 22. Mai/22. Juni 1992. Darin erklärte die [X.] si[X.]h bereit, dem Beklagten und seinen Mitgliedern für Musiknutzungen im Unterri[X.]ht der [X.] die Vorzugsvergütungssätze des jeweils gültigen Tarifs für die Tonträgerwiedergabe von Werken des [X.]-Repertoires im künstleris[X.]h-pädagogis[X.]hen Tanzunterri[X.]ht ([X.]-Tarif [X.]) einzuräumen. Die Mitglieder des Beklagten zahlten der [X.] auf dieser Grundlage die ges[X.]huldete Vergütung. Deren Höhe ist von der Zahl der S[X.]hüler und der Höhe des [X.] abhängig. Für die entspre[X.]hende Musiknutzung in Tanzkursen zahlten die Mitglieder des Beklagten die Vergütung na[X.]h dem Tarif für die Wiedergabe von Werken des [X.]-Repertoires in Kursen ([X.]-Tarif [X.]). Diese betrug zuletzt 3,75% der erzielten Kurshonorare des Veranstalters.

4

Für die Nutzung der von der Klägerin wahrgenommenen Leistungss[X.]hutzre[X.]hte der ausübenden Künstler, Tonträgerhersteller und Musikvideoproduzenten haben die dem Beklagten angehörenden Tanzs[X.]hulen ebenfalls eine Vergütung auf der Grundlage des zwis[X.]hen der [X.] und dem Beklagten ges[X.]hlossenen [X.] gezahlt. Na[X.]h dessen Ziffer 7 erhöhen si[X.]h die Vergütungssätze des jeweiligen [X.]-Tarifs insoweit um einen 20%-igen Zus[X.]hlag für Re[X.]hnung der Klägerin.

5

Zwis[X.]hen der Klägerin und der [X.] bestand seit dem 5. Januar 1962 ein [X.]. Dana[X.]h übernahm die [X.] für die Klägerin das Inkasso der Vergütung für die Wiedergabe von Tonträgern dur[X.]h Erhebung eines Zus[X.]hlags von 20% zu den jeweiligen [X.]-Tarifen (Ziffer 1 des [X.]). Ferner war vereinbart, dass die dem [X.] zugrunde liegenden Tarifverträge von der Klägerin nur mit Zustimmung der [X.] gekündigt werden dürfen (Ziffer 2 des [X.]).

6

Die Klägerin hat die bestehenden Gesamtverträge mit Wirkung zum 31. Dezember 2008 gekündigt, soweit diese si[X.]h auf die [X.]-Tarife [X.] ([X.]) und [X.] (Tanzs[X.]hulen) beziehen.

7

Zuglei[X.]h hat die Klägerin mit der [X.] mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 eine neue Inkassovereinbarung getroffen. Dana[X.]h übernimmt die [X.] weiterhin das Inkasso hinsi[X.]htli[X.]h der von der Klägerin wahrgenommenen Re[X.]hte gemäß den Tarifen und [X.] der Klägerin (§ 1 Abs. 1 Satz 1 der Inkassovereinbarung). Allerdings ist nunmehr vereinbart, dass die [X.] und die Klägerin in der Gestaltung ihrer Tarife ebenso frei sind wie bei Abs[X.]hluss und Kündigung von [X.] hinsi[X.]htli[X.]h ihrer eigenen Tarife, ohne dass we[X.]hselseitig ein [X.] oder Vetore[X.]ht besteht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 der Inkassovereinbarung).

8

Die Klägerin erstrebt mit ihrer Klage die Festsetzung eines [X.] mit dem Beklagten über die Vergütung für die Nutzung des Repertoires der Klägerin in Kursen (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]) und in [X.] (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]). Sie ist der Ansi[X.]ht, der bisherige 20%-ige Zus[X.]hlag auf die [X.]-Tarife [X.] und [X.] zur Abgeltung der von ihr wahrgenommenen Vergütungsansprü[X.]he der ausübenden Künstler, Tonträgerhersteller und Musikvideoproduzenten sei unangemessen und auf einen 100%-igen Zus[X.]hlag zu erhöhen, weil die Leistungen der Leistungss[X.]hutzbere[X.]htigten und der Urheber glei[X.]hwertig seien.

9

Die Klägerin hat - na[X.]h Dur[X.]hführung des in § 14 Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. [X.], § 16 Abs. 1 UrhWG vorgesehenen Verfahrens vor der S[X.]hiedsstelle (Einigungsvors[X.]hlag vom 4. August 2010 - S[X.]h-Urh 27/09) - beantragt, zwis[X.]hen der Klägerin und dem Beklagten einen Gesamtvertrag hinsi[X.]htli[X.]h der Vergütung für die Nutzung des Repertoires der Klägerin in Kursen (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]) und in [X.] (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]) festzusetzen, der zur - allein streitigen - Vergütung folgende Regelung enthält:

Die Vergütung für die der [X.] zustehenden Re[X.]hte und Vergütungsansprü[X.]he für die öffentli[X.]he Wiedergabe von [X.] beträgt 100% der [X.]-Tarife [X.] und [X.] in der jeweils gültigen Fassung. Sollten die [X.]-Tarife [X.] und [X.] seitens der [X.] geändert werden, gilt der jeweils geänderte Tarif als vereinbarte Grundlage, es sei denn, die Änderung führt zu [X.]. In diesem Fall gelten die genannten [X.]-Tarife in der für das [X.] gültigen Fassung als Grundlage. Der Vergütung ist die jeweils gültige Mehrwertsteuer hinzuzure[X.]hnen.

Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er ist der Ansi[X.]ht, der bisherige Zus[X.]hlag von 20% auf die [X.]-Tarife [X.] und [X.] sei angemessen.

Das Oberlandesgeri[X.]ht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage zwis[X.]hen der Klägerin und dem Beklagten einen Gesamtvertrag hinsi[X.]htli[X.]h der Vergütung für die Nutzung des Repertoires der Klägerin in Kursen (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]) und in [X.] (Geltungsberei[X.]h des [X.]-Tarifs [X.]) festgesetzt, der folgende Vergütungsregelung enthält:

Die Vergütung für die Nutzung der von der [X.] wahrgenommenen Re[X.]hte in Form der öffentli[X.]hen Wiedergabe von [X.] beträgt 30% der [X.]-Tarife [X.] und [X.] in der jeweils gültigen Fassung. Sollten die [X.]-Tarife [X.] und [X.] seitens der [X.] geändert werden, gilt der jeweils geänderte Tarif als vereinbarte Grundlage. Der Vergütung ist die jeweils gültige Mehrwertsteuer hinzuzure[X.]hnen. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder des Vertragspartners die von der [X.] wahrgenommenen Re[X.]hte im Anwendungsberei[X.]h der [X.]-Tarife [X.] und [X.].

Mit ihrer vom Oberlandesgeri[X.]ht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Der ordnungsgemäß geladene Beklagte war im Termin zur mündli[X.]hen Verhandlung vor dem Revisionsgeri[X.]ht ni[X.]ht vertreten. Die Klägerin beantragt, über ihr Re[X.]htsmittel dur[X.]h Versäumnisurteil zu ents[X.]heiden.

Entscheidungsgründe

I. Das [X.] hat angenommen, die von den Mitgliedern des [X.]n für die Nutzung des Repertoires der Klägerin zu entri[X.]htende Vergütung sei (nur) auf einen Zus[X.]hlag von 30% auf die [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] in der jeweils geltenden Fassung zu erhöhen. Dazu hat es ausgeführt:

Eine von den Beteiligten in der Vergangenheit unbeanstandet praktizierte Regelung biete einen Anhaltspunkt für ihre Angemessenheit. Daher begründe der Umstand, dass die Klägerin von dem [X.]n seit dem [X.] entspre[X.]hend dem seinerzeit mit der [X.] ges[X.]hlossenen Vertrag eine Vergütung für die Nutzung ihres Repertoires in Höhe eines Zus[X.]hlags von 20% auf die [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] beanspru[X.]ht und erhalten habe, ein gewi[X.]htiges Indiz für die Angemessenheit dieser Vergütung. Es könne ni[X.]ht angenommen werden, dass diese Vereinbarung auf einer Zwangslage der Klägerin beruht habe. Die Klägerin habe zwar vorgetragen, sie sei im [X.] und no[X.]h bis zum [X.] gezwungen gewesen, auf die diskriminierenden Bedingungen der [X.] einzugehen, weil sie auf das Inkasso der Vergütung dur[X.]h die [X.] angewiesen gewesen sei. Sie habe diese paus[X.]hale Behauptung jedo[X.]h ni[X.]ht hinrei[X.]hend konkretisiert.

Wegen der namentli[X.]h in den letzten beiden Jahrzehnten deutli[X.]h gewa[X.]hsenen medialen Präsenz ausübender Künstler sei allerdings eine Anhebung der Vergütungssätze auf einen Zus[X.]hlag in Höhe von 30% der [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] gere[X.]htfertigt. Eine weiterrei[X.]hende Erhöhung der Vergütung könne die Klägerin indessen ni[X.]ht beanspru[X.]hen. Eine sol[X.]he Erhöhung sei au[X.]h ni[X.]ht im Bli[X.]k auf eine von der Klägerin behauptete Steigerung der Einnahmen ausübender Künstler aus der öffentli[X.]hen Wiedergabe von Musik in anderen Ländern gere[X.]htfertigt. Ferner komme ein Verglei[X.]h mit den Vergütungsregelungen für die Kabelweitersendung, den Hörfunk und die me[X.]hanis[X.]hen Re[X.]hte ni[X.]ht in Betra[X.]ht.

II. Über die Revision ist antragsgemäß dur[X.]h Versäumnisurteil zu ents[X.]heiden, da der [X.] in der mündli[X.]hen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung ni[X.]ht anwaltli[X.]h vertreten war. Inhaltli[X.]h beruht das Urteil indessen ni[X.]ht auf der Säumnis des [X.]n, sondern auf einer Sa[X.]hprüfung (vgl. [X.], Urteil vom 4. April 1962 - [X.], [X.]Z 37, 79, 81; Urteil vom 17. Juli 2013 - [X.], [X.], 298 Rn. 14 = [X.], 164 - Runes of Magi[X.]).

III. Die Revision hat Erfolg.

1. Na[X.]h § 12 [X.] ist die Klägerin als Verwertungsgesells[X.]haft verpfli[X.]htet, mit dem [X.]n einen Gesamtvertrag zu angemessenen Bedingungen über die von ihr wahrgenommenen Re[X.]hte und Ansprü[X.]he abzus[X.]hließen. Na[X.]hdem si[X.]h die Parteien über den Abs[X.]hluss eines sol[X.]hen [X.] ni[X.]ht geeinigt hatten, konnte jeder Beteiligte - also ni[X.]ht nur der na[X.]h § 12 [X.] anspru[X.]hsbere[X.]htigte [X.], sondern au[X.]h die Klägerin (vgl. [X.], Urteil vom 5. April 2001 - I ZR 132/98, [X.],1139, 1142 = WRP 2001, 1345 - Gesamtvertrag privater Rundfunk, [X.]) - na[X.]h vorausgegangener Anrufung der S[X.]hiedsstelle (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Bu[X.]hst. [X.], § 16 Abs. 1 [X.]) vor dem für den Sitz der S[X.]hiedsstelle zuständigen [X.], also vor dem [X.] Mün[X.]hen, Klage auf Festsetzung des [X.] erheben (§ 16 Abs. 1 und 4 [X.]).

2. Die Festsetzung eines [X.] dur[X.]h das [X.] erfolgt na[X.]h billigem Ermessen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 [X.]). Sie ist eine re[X.]htsgestaltende Ents[X.]heidung, für die dem [X.] ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt ist. Sie kann vom Revisionsgeri[X.]ht - abgesehen von gerügten Verfahrensverstößen - nur darauf überprüft werden, ob das [X.] sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat; das ist dann ni[X.]ht der Fall, wenn das [X.] den Begriff der Billigkeit verkannt oder die gesetzli[X.]hen Grenzen seines Ermessens übers[X.]hritten oder von seinem Ermessen in einer dem Zwe[X.]k der Ermä[X.]htigung ni[X.]ht entspre[X.]henden Weise Gebrau[X.]h gema[X.]ht hat oder von einem re[X.]htli[X.]h unzutreffenden Ansatz ausgegangen ist, der ihm den Zugang zu einer fehlerfreien Ermessensausübung versperrt hat (vgl. [X.], [X.], 1139, 1142 - Gesamtvertrag privater Rundfunk, [X.]).

3. Na[X.]h diesen Maßstäben hält die Festsetzung der Vergütung für die Nutzung des Repertoires der Klägerin im Ballettunterri[X.]ht und in Tanzkursen auf 30% der Tarife [X.] und WR-T-BAL einer Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand.

a) Die Revision rügt allerdings ohne Erfolg, dass das [X.] die zwis[X.]hen den Parteien in der Vergangenheit gemäß dem Gesamtvertrag von 1992 praktizierte Vergütungsregelung als Indiz für ein in der Vergangenheit angemessenes Entgelt angesehen und als einen wesentli[X.]hen Parameter bei der Ermittlung der jetzt angemessenen Vergütung berü[X.]ksi[X.]htigt hat. Das [X.] hat seiner Bemessung der Vergütung ohne Re[X.]htsfehler die von den Parteien mehr als 16 Jahre lang praktizierte Vergütungsregelung des bisherigen [X.] zugrunde gelegt, wona[X.]h für die öffentli[X.]he Wiedergabe von Tonträgern im Ballettunterri[X.]ht und in Tanzkursen eine Vergütung in Höhe eines Zus[X.]hlags von 20% auf die [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] in ihrer jeweils gültigen Fassung zu zahlen war.

aa) Es entspri[X.]ht billigem Ermessen, wenn si[X.]h das [X.] bei der Festsetzung einer Vergütung im Rahmen eines [X.] an früheren Gesamtverträgen der Parteien über verglei[X.]hbare Nutzungen orientiert (vgl. [X.], [X.], 1139, 1142 - Gesamtvertrag privater Rundfunk). Das gilt erst re[X.]ht, wenn es si[X.]h - wie hier - um dieselben Nutzungen handelt.

bb) Das [X.] ist weiter mit Re[X.]ht davon ausgegangen, der Umstand, dass die Klägerin von dem [X.]n seit dem [X.] entspre[X.]hend dem seinerzeit mit der [X.] ges[X.]hlossenen Vertrag eine Vergütung für die Nutzung ihres Repertoires in Höhe eines Zus[X.]hlags von 20% auf die [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] beanspru[X.]ht und erhalten habe, begründe ein gewi[X.]htiges Indiz für die Angemessenheit dieser Vergütung. Der Abs[X.]hluss des bisherigen [X.] im Jahre 1992 und die vorbehaltlose Zahlung bzw. Entgegennahme der vereinbarten Vergütung über einen Zeitraum von mehr als 16 Jahren bis zur Beendigung dieses [X.] begründen die Vermutung, dass die vereinbarte Vergütung na[X.]h der übereinstimmenden Auffassung der Vertragsparteien im Sinne von § 12 [X.] angemessen war. Dies re[X.]htfertigt es, der Klägerin, die na[X.]h der Beendigung des bisherigen [X.] eine Erhöhung der Vergütung begehrt, die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung aufzuerlegen, die vereinbarte Vergütung sei von Anfang an unangemessen gewesen (vgl. [X.], Urteil vom 20. Februar 2013 - [X.], [X.], 1037 Rn. 41 = [X.], 1357 - Weitergeltung als Tarif).

[X.][X.]) Das [X.] hat angenommen, die von der Klägerin vorgetragenen Umstände re[X.]htfertigten ni[X.]ht die Annahme, dass die im bisherigen Gesamtvertrag zwis[X.]hen den Parteien vereinbarte Vergütung in der Vergangenheit unangemessen gewesen sei. Die gegen diese Beurteilung geri[X.]hteten [X.] der Revision haben keinen Erfolg.

(1) Die Revision rügt, das [X.] habe ni[X.]ht berü[X.]ksi[X.]htigt, dass die Klägerin die Tarifverträge gemäß Ziffer 2 des [X.] nur mit Zustimmung der [X.] habe kündigen dürfen. Es habe ferner den Vortrag der Klägerin übergangen, wona[X.]h die bereits seit dem Jahr 1947 tätige [X.] gegenüber der erst im Jahr 1959 gegründeten Klägerin ni[X.]ht zuletzt deshalb über eine übermä[X.]htige Verhandlungsposition verfügt habe, weil sie als einziges Unternehmen in Deuts[X.]hland für den Musikberei[X.]h über ein umfassend funktionierendes Inkassosystem verfügt habe. Die Klägerin habe daher ihre Vergütungsvorstellungen seinerzeit ni[X.]ht dur[X.]hsetzen können; sie habe vielmehr das hinnehmen müssen, was die [X.] ihr zugestanden habe. Die [X.] habe indessen die Dur[X.]hsetzung der Vergütungsansprü[X.]he der ausübenden Künstler von Anfang an bekämpft; sie habe ihre Einnahmen aus der öffentli[X.]hen Wiedergabe von Musik auf Tonträgern ni[X.]ht mit ihnen teilen wollen. Die s[X.]hwa[X.]he Verhandlungsposition der Klägerin gegenüber der [X.] habe au[X.]h no[X.]h Anfang der 1990-er Jahre bestanden.

(2) Das [X.] hat das von der Revision als übergangen gerügte Vorbringen der Klägerin berü[X.]ksi[X.]htigt. Es hat jedo[X.]h angenommen, es könne ni[X.]ht davon ausgegangen werden, dass die im Jahre 1992 getroffene Vereinbarung auf einer Zwangslage der Klägerin beruht habe. Die Klägerin habe zwar vorgetragen, sie sei im [X.] und no[X.]h bis zum [X.] gezwungen gewesen, auf die diskriminierenden Bedingungen der [X.] einzugehen, weil sie auf das Inkasso der Vergütung dur[X.]h die [X.] angewiesen gewesen sei. Sie habe diese paus[X.]hale Behauptung jedo[X.]h ni[X.]ht hinrei[X.]hend konkretisiert. Dana[X.]h widerlegen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände ni[X.]ht die Vermutung, dass die Parteien die Vergütungsregelung im bisherigen Gesamtvertrag für angemessen gehalten haben. Mit ihrer abwei[X.]henden Beurteilung versu[X.]ht die Revision, die tatri[X.]hterli[X.]he Würdigung dur[X.]h ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Re[X.]htsfehler des [X.]s aufzuzeigen.

b) Die Revision wendet si[X.]h jedo[X.]h mit Erfolg dagegen, dass das [X.] die von den Mitgliedern des [X.]n für die Nutzung des Repertoires der Klägerin zu entri[X.]htende Vergütung nur auf einen Zus[X.]hlag von 30% auf die [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] in ihrer jeweils geltenden Fassung festgesetzt hat.

aa) Bei der hier in Rede stehenden Festsetzung eines prozentualen Zus[X.]hlagtarifs stellt si[X.]h allein die Frage, wel[X.]hen prozentualen Anteil der von den Mitgliedern des [X.]n mit der öffentli[X.]hen Wiedergabe von auf Tonträgern aufgenommenen Musikdarbietungen ausübender Künstler in Tanzkursen erzielten Vergütung die Klägerin für die Nutzung der Leistungss[X.]hutzre[X.]hte beanspru[X.]hen kann und wel[X.]her prozentuale Anteil dieser Vergütung der [X.] für die Nutzung der Urheberre[X.]hte zusteht. Für die Festsetzung des Zus[X.]hlagtarifs kommt es daher allein darauf an, zu wel[X.]hen Anteilen die erzielte Vergütung auf der Verwertung der Werke der Urheber einerseits und der Leistungen der Leistungss[X.]hutzbere[X.]htigten andererseits beruht.

Eine Erhöhung des Zus[X.]hlagtarifs ist demna[X.]h nur gere[X.]htfertigt, wenn die mit der öffentli[X.]hen Wiedergabe von auf Tonträgern aufgenommenen Musikdarbietungen ausübender Künstler im Ballettunterri[X.]ht und in Tanzkursen erzielten Kurshonorare des Veranstalters im Verglei[X.]h zu den Zeiten der Geltung des beendeten [X.] zu einem größeren Anteil auf der Verwertung der Leistungss[X.]hutzre[X.]hte und zu einem entspre[X.]hend kleineren Teil auf der Verwertung der Urheberre[X.]hte beruhen. Dagegen kommt es für die Erhöhung des Zus[X.]hlagtarifs ni[X.]ht darauf an, ob die erzielten Kurshonorare des Veranstalters heute mehr als früher auf diese Art der Musiknutzung als auf andere Umstände zurü[X.]kzuführen sind.

bb) Na[X.]h Ansi[X.]ht des [X.]s re[X.]htfertigt die namentli[X.]h in den letzten beiden Jahrzehnten deutli[X.]h gewa[X.]hsene mediale Präsenz ausübender Künstler, zu der das Musikvideo und dessen Verbreitung über das [X.] wesentli[X.]h beigetragen hätten, (nur) eine Anhebung der Vergütungssätze auf einen Zus[X.]hlag in Höhe von 30% der [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.].

Die Revision rügt ohne Erfolg, das [X.] hätte bei zutreffender Beurteilung den von ihm festgestellten Bedeutungszuwa[X.]hs der Leistung ausübender Künstler für den wirts[X.]haftli[X.]hen Wert von Unterhaltungsmusik au[X.]h hinsi[X.]htli[X.]h der Wiedergabe sol[X.]her Musik in Tanzs[X.]hulen uneinges[X.]hränkt berü[X.]ksi[X.]htigen müssen und die tarifli[X.]hen Vergütungssätze daher wie von der Klägerin beantragt auf 100% der [X.]-Tarife WR-T-BAL und [X.] anheben müssen.

Na[X.]h den Feststellungen des [X.]s s[X.]hlägt si[X.]h eine gesteigerte Bedeutung der Interpreten gegenüber den Komponisten bei der [X.] und im Ballettunterri[X.]ht ni[X.]ht uneinges[X.]hränkt nieder. Dana[X.]h werden in Tanzkursen musikalis[X.]he Darbietungen eingesetzt, die vornehmli[X.]h auf die Erfordernisse des jeweiligen Kursprogramms in Bezug auf Takt, Rhythmus usw. abgestimmt sind. Der Ballettunterri[X.]ht ist in erster Linie auf präzise Körperbeherrs[X.]hung ausgeri[X.]htet und kurzlebigen Moden des Zeitgeistes in no[X.]h geringerem Maße unterworfen. Das [X.] hat ferner - in anderem Zusammenhang - festgestellt, in Tanzs[X.]hulen stehe die tanzpädagogis[X.]he Anleitung und Unterstützung der S[X.]hüler bei der Einstudierung und Koordination einzelner Bewegungen und Tanzs[X.]hritte im Vordergrund. Als Hilfsmittel hierfür sei zwar eine hinsi[X.]htli[X.]h ihrer musikalis[X.]hen Struktur geeignete Komposition unerlässli[X.]h. Der Interpret der Komposition sei dagegen regelmäßig austaus[X.]hbar. Er trage angesi[X.]hts seiner na[X.]hrangigen Bedeutung nur in untergeordnetem Umfang zum wirts[X.]haftli[X.]hen Erfolg bei. Im Ballettunterri[X.]ht würden - neben der [X.] - vornehmli[X.]h Aufnahmen eingesetzt, die von gänzli[X.]h unbekannten Interpreten gezielt für diesen Verwendungszwe[X.]k eingespielt worden seien.

Entgegen der Ansi[X.]ht der Revision betreffen die vom [X.] angeführten Umstände ni[X.]ht in glei[X.]her Weise die Urheberre[X.]hte der Komponisten, sondern in erster Linie die Leistungss[X.]hutzre[X.]hte der Interpreten. Steht der Interpret des Musikstü[X.]ks in Tanzkursen und erst re[X.]ht im Ballettunterri[X.]ht in der Regel ni[X.]ht im Vordergrund, ist die Annahme des Berufungsgeri[X.]hts, eine gewa[X.]hsene Bekanntheit ausübender Künstler wirke si[X.]h bei der Wiedergabe von Musik in Tanzkursen und im Ballettunterri[X.]ht ni[X.]ht uneinges[X.]hränkt aus, entgegen der Ansi[X.]ht der Revision frei von Widersprü[X.]hen. Es kommt au[X.]h ni[X.]ht darauf an, ob der Umstand, dass der Interpret des Musikstü[X.]ks in Tanzkursen und im Ballettunterri[X.]ht ni[X.]ht im Vordergrund steht - wie die Revision weiter geltend ma[X.]ht - bereits in die frühere Tarifierung eingeflossen ist. Das ändert ni[X.]hts daran, dass dieser Umstand au[X.]h bei der jetzigen Tarifierung zu berü[X.]ksi[X.]htigen ist.

[X.][X.]) Die Revision rügt ferner ohne Erfolg, das [X.] habe es zu Unre[X.]ht abgelehnt, bei der Frage na[X.]h der wirts[X.]haftli[X.]hen Glei[X.]hwertigkeit von Urheberre[X.]hten und Leistungss[X.]hutzre[X.]hten im Ausland geltende Tarife in seine Beurteilung einzubeziehen.

Entgegen der Ansi[X.]ht der Revision kann ni[X.]ht angenommen werden, das [X.] habe den Vortrag der Klägerin zur Glei[X.]hwertigkeit der Urheberre[X.]hte und Leistungss[X.]hutzre[X.]hte in mehreren europäis[X.]hen Ländern übersehen. Das [X.] hat das Vorbringen der Klägerin zu den Einnahmen aus der öffentli[X.]hen Wiedergabe in anderen europäis[X.]hen Ländern berü[X.]ksi[X.]htigt. Es hat allerdings angenommen, ohne Darlegung der jeweils geltenden Tarifsysteme wie au[X.]h der zugrundeliegenden Struktur der Verwertungen, insbesondere ohne jegli[X.]hen Bezug zu der in Rede stehenden Nutzung musikalis[X.]her Darbietungen in Balletts[X.]hulen und Tanzkursen, blieben die Angaben ohne jede Aussagekraft; sie könnten daher keine verlässli[X.]he Grundlage für die Beurteilung der Angemessenheit der im Streitfall festzusetzenden Vergütung bieten. Die Revision zeigt ni[X.]ht auf, dass diese Beurteilung re[X.]htsfehlerhaft ist.

dd) Das [X.] hat weiter angenommen, eine Anhebung der Vergütung der Leistungss[X.]hutzbere[X.]htigten komme au[X.]h ni[X.]ht im Hinbli[X.]k auf die Vergütungsregelungen für die Kabelweitersendung, den Hörfunk und die me[X.]hanis[X.]hen Re[X.]hte in Betra[X.]ht. Die vom [X.] für diese Annahme gegebene Begründung vermag ni[X.]ht in allen Punkten zu überzeugen.

Die Revision wendet si[X.]h zwar ohne Erfolg gegen die Annahme des [X.]s, der Verweis auf die Vergütungsregelungen für die me[X.]hanis[X.]hen Re[X.]hte könne das Erhöhungsverlangen der Klägerin ni[X.]ht re[X.]htfertigen, weil der Interpret des auf Tonträger aufgenommenen Musikstü[X.]ks bei der Wiedergabe von Musik in Tanzkursen und im Ballettunterri[X.]ht - anders als mögli[X.]herweise bei den me[X.]hanis[X.]hen Re[X.]hten - ni[X.]ht im Vordergrund stehe (vgl. Rn. 30 bis 33). Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann jedo[X.]h ein Verglei[X.]h mit den Vergütungsregelungen für die Kabelweitersendung und den Hörfunk ni[X.]ht abgelehnt werden.

Das [X.] hat gemeint, ein sol[X.]her Verglei[X.]h liege ni[X.]ht nahe, weil die Intensität der Musiknutzung unters[X.]hiedli[X.]h sei. Im Ballettunterri[X.]ht oder in Tanzkursen werde die Musik nur als Hilfsmittel für die Einstudierung bestimmter Bewegungen dur[X.]h eine übers[X.]haubare Anzahl von Personen verwandt; dagegen würden die Musiktitel über Kabel oder Rundfunk an eine anonyme Masse verbreitet.

Eine unters[X.]hiedli[X.]he Intensität der Musiknutzung bei vers[X.]hiedenen Verwertungsvorgängen im Berei[X.]h der öffentli[X.]hen Wiedergabe von Musik auf Tonträgern ist zwar für die Höhe der von den Verwertern zu zahlenden Vergütung von Bedeutung; sie spielt aber für die Verteilung dieser Vergütung zwis[X.]hen Musikurhebern einerseits und ausübenden Künstlern und sonstigen Leistungss[X.]hutzbere[X.]htigten andererseits keine Rolle. Für die Verteilung der Vergütung zwis[X.]hen diesen Bere[X.]htigten kommt es vielmehr darauf an, inwieweit die Vergütung auf die Verwertung ihrer jeweiligen Werke und Leistungen entfällt. Das [X.] hat ni[X.]ht festgestellt, dass zwis[X.]hen der Verwertung von Musik im Wege der Kabelweitersendung und des Hörfunks einerseits und dur[X.]h Wiedergabe im Ballettunterri[X.]ht und in Tanzkursen andererseits Unters[X.]hiede bestehen, die eine andere Verteilung der auf die Nutzung der Musik entfallenden Einnahmen zwis[X.]hen den Leistungss[X.]hutzbere[X.]htigten und den Urhebern re[X.]htfertigen.

IV. Auf die Revision der Klägerin ist das Urteil des [X.]s dana[X.]h im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als hinsi[X.]htli[X.]h der Höhe der Vergütung zum Na[X.]hteil der Klägerin erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung ist die Sa[X.]he zur neuen Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten der Revision, an das [X.] zurü[X.]kzuverweisen.

Re[X.]htsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspru[X.]h zu. Dieser ist von einem beim Bundesgeri[X.]htshof zugelassenen Re[X.]htsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wo[X.]hen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgeri[X.]htshof, [X.], dur[X.]h Einrei[X.]hung einer Einspru[X.]hss[X.]hrift einzulegen.

Büs[X.]her     

Ri[X.]hter am [X.] ist in den
Ruhestand getreten und kann
daher ni[X.]ht unters[X.]hreiben.

Ko[X.]h

Büs[X.]her

Löffler     

     S[X.]hwonke     

Meta

I ZR 220/12

18.06.2014

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Versäumnisurteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 27. September 2012, Az: 6 Sch 14/10 WG

§ 12 UrhWahrnG, § 16 UrhWahrnG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Versäumnisurteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 220/12 (REWIS RS 2014, 4701)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4701

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