Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.05.2010, Az. 6 A 5/09, 6 A 5/09 (6 PKH 29/09)

6. Senat | REWIS RS 2010, 6345

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Gegenstand

Rechtsweg; Bundesnachrichtendienst; Vertrauensperson


Leitsatz

Die Rechtsbeziehung zwischen dem Bundesnachrichtendienst und einer Vertrauensperson i.S.v. § 3 Satz 1 BNDG i.V.m. § 8 Abs. 2 Satz 1 BVerfSchG beruht auf einem privatrechtlichen Vertrag.

Gründe

I.

1

Der Kläger ist [X.] Staatsbürger afghanischer Herkunft. In den Jahren 2002 bis 2007 war er unter dem Arbeitsnamen "J." für den [X.] im [X.]ereich Terrorismus als nachrichtendienstliche Verbindung tätig und wurde insbesondere in islamistische Gruppen eingeschleust. Die Zusammenarbeit wurde 2007 einvernehmlich beendet, weil der Kläger nicht mehr die vom [X.] erwarteten Ergebnisse erbringen konnte und nach Ansicht des Dienstes nachlässig in seinen Abrechnungen geworden war. Der Kläger unterschrieb am 10. August 2007 eine sog. Abschalterklärung anlässlich der [X.]eendigung seiner Zusammenarbeit mit dem [X.], in der es u.a. hieß, dass er aus seiner "Zusammenarbeit mit dem [X.] keinerlei ... finanzielle oder sonstige Ansprüche gegen die [X.] oder [X.]-Angehörige habe".

2

Der Kläger empfing nach eigenen Angaben ein in [X.] verfasstes Schreiben, das in der von ihm vorgelegten [X.] Übersetzung u.a. wie folgt lautet: "Du hast den Islam verraten. ... Einer deiner besten [X.]reunde hat uns darüber informiert, dass du mit der [X.] Polizei zusammen arbeitest. Wann immer es geht, köpfen wir dich. [X.] an unseren Versammlungen im In- und Ausland teilgenommen. [X.] bescheid. ... Wir haben deine Adresse von deiner [X.]amilie rausbekommen. ..."

3

Mit Schreiben vom 6. Juli 2009 wandte der Prozessbevollmächtigte des [X.] sich an den [X.]. Er bezog sich auf die frühere Tätigkeit des [X.] für den Dienst, verwies auf den Eindruck, dass dieser deshalb in seinem Leben bedroht sei, sowie auf die bislang erfolglosen [X.]emühungen um Schutz beim Landeskriminalamt [X.] Er bat um die kurzfristige Umsiedlung in ein außereuropäisches Land, am besten in die [X.]. Auch [X.] käme als [X.]luchtland in [X.]etracht. In ganz [X.] sei das Leben seines Mandanten in Gefahr. Das Übersiedlungsanliegen betreffe außer seinem Mandanten auch dessen übrige [X.]amilie, d.h. dessen Ehefrau und vier Kinder. [X.]ür die in [X.] lebende Mutter müsse ebenfalls eine Lösung gefunden werden. Der Kläger habe seine Wohnung in [X.] gekündigt und sei in eine Notunterkunft für Asylanten in [X.] aufgenommen worden. Dort sei er aber auch nicht sicher, weil darin sehr viele Ausländer verkehrten und sein Aufenthaltsort somit nicht lange geheim bleiben werde.

4

Nachdem ein Vertreter des [X.]es erklärt hatte, dass im vorliegenden [X.]all keine Verpflichtung und keine Möglichkeit bestehe, den Wünschen des [X.] zu entsprechen, hat dieser beim [X.] die vorliegende Klage erhoben. Unter [X.]ezugnahme auf seine frühere Tätigkeit für den [X.] macht er geltend, ihm und seiner ebenfalls bedrohten [X.]amilie müsse geholfen werden. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet, denn die streitentscheidenden Normen seien solche des öffentlichen Rechts.

5

Zwischen den Parteien habe ein Vertragsverhältnis bestanden, das ihn, den Kläger, zur [X.]eschaffung und Übermittlung nachrichtendienstlich relevanter Informationen gegen Geldzahlung verpflichtet habe. Hierzu habe er terroristische Vereinigungen infiltrieren und ausspähen sollen. Der Schwerpunkt des Vertrages liege auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr, präziser formuliert: der nachrichtendienstlichen Unterstützung der [X.] in einem kriegsähnlichen Einsatz. Dass sich der [X.] privatrechtlicher [X.]ormen zu bedienen scheine und nicht etwa jeden seiner Agenten in ein [X.]eamtenverhältnis überführe, ändere an dem öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt des "[X.]" nichts. Einer privatrechtlichen Ausgestaltung stehe überdies die Privatisierungsschranke des Art. 33 Abs. 4 GG entgegen.

6

Aus dem öffentlich-rechtlichen "[X.]" folge eine nachwirkende Schutzpflicht. Die [X.]eklagte sei nach [X.] und Glauben dazu verpflichtet, die spezifischen Gefahren, die sich für ihn aus der Durchführung des "[X.]" ergeben, effektiv abzuwehren. Maßgeblich hierfür sei allein, dass die Lebensgefahr, in der er sich derzeit unbestritten befinde, auf einem Risiko beruhe, das der [X.] objektiv gesetzt habe und von dem er profitiert habe bzw. profitieren wollte. Als öffentlich-rechtlicher Auftraggeber sei der [X.] daher verpflichtet, diese Gefahr effektiv abzuwehren. Auf diesen vertraglichen Anspruch habe er auch nicht wirksam verzichtet.

7

Auch aus Art. 2 Abs. 2 GG folge ein Anspruch auf Schutz. Die [X.]esonderheiten der Gefahrenlage, in der er sich befinde, bedingten, dass der [X.]all die Zuständigkeit der Gefahrenabwehrbehörden der Länder übersteige. In dem globalisierten "[X.]" könne für die Zuständigkeit und damit für die Passivlegitimation hinsichtlich der grundrechtlichen Schutzpflicht nicht entscheidend sein, an welchem Ort sich die Kriegsgefahren realisierten. Die Abwehr dieser Gefahren sei jedenfalls eine Aufgabe des [X.] - dieser vertreten durch den [X.]. Zwar stehe dem Staat bei der Erfüllung seiner Schutzpflicht ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Jedoch sei er durch das [X.] begrenzt. Die [X.]esonderheiten des [X.]alles lägen so, dass effektiver Schutz auf dem Territorium der [X.] de facto nicht zu realisieren sei. Er sei als (ehemaliger) Agent der [X.]eklagten enttarnt worden, werde als Verräter betrachtet und mit dem Tode bedroht. Auch seine [X.]amilie sei gefährdet. Die Schutzpflicht der [X.]eklagten konkretisiere sich auf einen Anspruch auf Unterstützung zur Umsiedlung in das Ausland.

8

Der Kläger beantragt,

die [X.]eklagte zu verurteilen,

1. ihm eine neue Identität zu verschaffen,

2. seinen Umzug sowie den seiner [X.]amilie in ein anderes Land rechtlich und finanziell zu ermöglichen.

9

[X.]erner beantragt der Kläger,

ihm unter [X.]eiordnung seines Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die [X.]eklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Klage für unzulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet, weil es an einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art [X.]. § 40 Abs. 1 VwGO fehle. Zwischen dem Kläger und dem [X.] habe ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder sonstiges öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis weder bestanden noch bestehe es. Soweit der Kläger für den [X.] tätig geworden sei, sei dies im Rahmen zivilrechtlicher Vereinbarungen erfolgt.

Der Verwaltungsrechtsweg scheide aus, soweit der Kläger zur [X.]egründung seiner [X.]orderung einen Schutzanspruch unmittelbar aus Art. 2 Abs. 2 GG ableite. Insoweit bestünde allenfalls eine Handlungspflicht des Staates im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr auf [X.]asis der Landespolizeigesetze. [X.]erner sei Art. 2 Abs. 2 GG subsidiär, wenn sich die begehrten Schutzmaßnahmen ggf. auf ein (vertragliches) Rechtsverhältnis stützen ließen. Aber auch wenn man einen Anspruch auf Vornahme der begehrten Schutzmaßnahmen aus einer nachwirkenden [X.]epflicht aus [X.], sei der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, weil ein zivilrechtlicher Vertrag vorliege und damit auch eine etwaige nachwirkende [X.]epflicht als zivilrechtlich einzustufen wäre.

Die vertragliche [X.]eziehung zwischen dem Kläger und dem [X.] sei rein privatrechtlicher Natur gewesen. Es handele sich um einen zivilrechtlichen Vertrag sui generis, der sich am ehesten mit einem Vertragsverhältnis als freier Mitarbeiter vergleichen lasse. Vertragsgegenstand sei die Lieferung von Informationen gegen Zahlung von Geldbeträgen gewesen.

Die Klage sei aber auch unbegründet. Es fehle bereits an einer tragfähigen Anspruchsgrundlage. Alle möglichen Ansprüche seien aufgrund der Abschalterklärung erledigt. Darüber hinaus liege das Verschulden für die eingetretene Situation beim Kläger selbst bzw. bei seiner Ex-[X.]rau, jedenfalls nicht in der Sphäre des [X.]es. Außerdem bestünden insofern Zweifel an der Kausalität, als die Abschaltung bereits vor über zwei Jahren erfolgt sei und der Kläger auch für einen ausländischen Nachrichtendienst und das LKA [X.] gearbeitet habe, wobei er bei letzterem auch ein Zeugenschutzprogramm durchlaufen habe. Anders als in der Klageschrift behauptet, sei dem Kläger keine Hilfe beim Umzug zugesagt worden.

II.

1. [X.]ür die Klage ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben (§ 17 Abs. 2 Satz 1 GVG). Es handelt sich nicht um eine der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte unterliegende öffentlich-rechtliche Streitigkeit i.S.d. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Vielmehr liegt eine [X.] Streitigkeit vor, für die nach § 13 GVG der ordentliche Rechtsweg eröffnet ist.

a) Der Rechtsstreit unterfällt nicht einer Sonderzuweisung an die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das [X.] entscheidet nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO im ersten und letzten Rechtszug über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des [X.]es zugrunde liegen. Die Vorschrift regelt die sachliche Zuständigkeit des [X.]s in erster Instanz. Sie eröffnet nicht den Verwaltungsrechtsweg ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 9. Juli 1999 - [X.]VerwG 2 A 2.99 - [X.] 310 § 50 VwGO Nr. 19). Die Zulässigkeit des Rechtswegs folgt vielmehr auch in Klagen betreffend den [X.] den allgemeinen Regeln.

b) Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird ([X.], [X.]eschlüsse vom 10. April 1986 - [X.] 1/85 - [X.], 312 <313 f.>, vom 29. Oktober 1987 - [X.] 1/86 - [X.], 280 <283> und vom 10. Juli 1989 - [X.] 1/88 - [X.], 284 <286>; [X.]VerwG, Urteil vom 19. Mai 1994 - [X.]VerwG 5 C 33.91 - [X.]VerwGE 96, 71 <73> = [X.] 436.0 § 12 [X.] Nr. 24 S. 2 f.; [X.]eschlüsse vom 30. Mai 2006 - [X.]VerwG 3 [X.] 78.05 - [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 295 = NJW 2006, 2568 und vom 2. Mai 2007 - [X.]VerwG 6 [X.] 10.07 - [X.]VerwGE 129, 9 = [X.] 310 § 40 VwGO Nr. 298; [X.]GH, [X.]eschlüsse vom 7. Dezember 1999 - XI Z[X.] 7/99 - NJW 2000, 1042 und vom 20. Mai 2009 - XII Z[X.] 166/08 - NVwZ 2009, 1054). Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die [X.]eteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient ([X.], [X.]eschlüsse vom 10. April 1986 a.a.[X.] und vom 29. Oktober 1987 a.a.[X.]; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Mai 2006 a.a.[X.]). Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit kann aber auch auf einem Gleichordnungsverhältnis beruhen. [X.] sind öffentlich-rechtlich, wenn die das Rechtsverhältnis beherrschenden Rechtsnormen nicht für jedermann gelten, sondern Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben sind, das sich zumindest auf einer Seite nur an Hoheitsträger wendet ([X.], [X.]eschluss vom 10. Juli 1989 a.a.[X.] S. 286 f.; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Mai 2006 a.a.[X.]). [X.]ür die Abgrenzung eines öffentlich-rechtlichen von einem privatrechtlichen Vertrag kommt es daher auf dessen Gegenstand und Zweck an. Die Rechtsnatur des Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist ([X.], [X.]eschluss vom 10. April 1986 a.a.[X.]; [X.]GH, [X.]eschluss vom 20. Mai 2009 a.a.[X.]).

c) Gemäß diesen Grundsätzen ist für Streitigkeiten über etwaige nachwirkende Pflichten aus einem Vertrag des [X.] als eines Vertrauensmannes [X.]. § 3 Satz 1 [X.]G i.V.m. § 8 Abs. 2 [X.]VerfSchG mit dem [X.] über die Lieferung von Informationen gegen Zahlung von Geldbeträgen der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.

aa) Nach dem insoweit unstreitigen Vorbringen der [X.]eklagten nutzte der [X.] den Kläger als sog. "nachrichtendienstliche Verbindung", d.h. als Vertrauensperson i.S.d. § 3 Satz 1 [X.]G i.V.m. § 8 Abs. 2 [X.]VerfSchG. Er zählte damit nach der Nomenklatur des [X.]es zu den "Quellen", die auftragsrelevante Informationen übermitteln, zu denen sie aufgrund ihrer (beruflichen) Tätigkeit bzw. ihrer Kontakte zu Personen, Personengruppierungen oder Institutionen etc. Zugang haben oder sich verschaffen können. Durch die Zusammenarbeit mit dem [X.] wird die Vertrauensperson weder zum Angehörigen des öffentlichen Dienstes - denn es handelt sich weder um eine hauptberufliche noch überhaupt um eine [X.]erufstätigkeit - noch zu einem beliehenen Hoheitsträger, da hoheitliche Kompetenzen mit seiner [X.]unktion nicht verbunden sind ([X.], Handbuch des [X.], 2007, [X.]). Denn die Lieferung von Informationen an den [X.] dient zwar dessen Aufgabenerfüllung [X.]. § 1 Abs. 2 [X.]G, ist aber selbst keine hoheitliche Tätigkeit des Informanten. Genauso wenig kann aus dem allgemein geltenden Grundsatz der Gesetzesbindung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung geschlossen werden, dass Verwaltungshandeln grundsätzlich in öffentlich-rechtlicher [X.]orm erfolgt. Nach ständiger Rechtsprechung wird vielmehr dort, wo sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben privater Gestaltungsformen bedient, die Privatrechtsordnung lediglich in einzelnen Punkten durch öffentlich-rechtliche [X.]indungen ergänzt, modifiziert und überlagert, ohne dass darum das Verwaltungshandeln selbst dem öffentlichen Recht zuzuordnen wäre; infolgedessen haben über derartige öffentlich-rechtliche [X.]indungen des privatrechtlichen Verwaltungshandelns die ordentlichen Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeit mitzuentscheiden ([X.]eschluss vom 2. Mai 2007 a.a.[X.] Rn. 9 m.w.N.).

[X.]ür die [X.]eantwortung der [X.]rage, wie die Handlungsweise der Vertrauensperson im Innen- und Außenverhältnis zu bewerten ist, kann am ehesten auf die dem Amtshaftungsrecht entnommene [X.]igur des [X.] abgestellt werden (s. [X.]orgs-Maciejewski/[X.], [X.], 1986, § 3 [X.]VerfSchG Rn. 159 f.; [X.], [X.] 1982, 101 <104 ff.>; ähnlich auch [X.], a.a.[X.] [X.]). Die als Informant tätige Vertrauensperson hat demnach keine andere Stellung als der zum Zweck einer [X.]remdvornahme eingesetzte Private im Polizeirecht, der sich gegenüber der Polizei in einem privatrechtlichen Verhältnis befindet, mag er auch als Verwaltungshelfer nach außen hoheitlich handeln (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 6. Aufl. 2009, Rn. 555 sowie [X.]GH, Urteile vom 26. Januar 2006 - [X.]/03 - [X.], 741 <742 f.> und vom 15. Januar 2009 - [X.]/06 - [X.], 1089 <1090>). Der Umstand, dass der Informant mittelbar an der Erfüllung der dem [X.] kraft öffentlichen Rechts obliegenden Aufgaben mitwirkt, verleiht dem [X.]eschaffungsgeschäft als solchem keinen öffentlich-rechtlichen Charakter. [X.]eschaffungsgeschäfte des öffentlichen Aufgabenträgers sind ihrer Rechtsnatur nach von der öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung zu trennen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 10. April 1986 a.a.[X.]).

Rechtliche Grundlage für die [X.]eziehung zwischen Vertrauensperson und [X.] ist ein zivilrechtlicher Vertrag, der auf die [X.]eschaffung von nachrichtendienstlich relevanten Erkenntnissen gerichtet ist, für welche die Vertrauensperson als freier Mitarbeiter auf Honorarbasis entlohnt wird ([X.]orgs-Maciejewski/[X.], a.a.[X.] Rn. 159; ebenso [X.], a.a.[X.]). Gegen die Annahme eines öffentlich-rechtlichen Vertrags (so [X.], a.a.[X.] S. 103; s. ferner Lisken/[X.], Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, [X.] Rn. 318) spricht, dass der Vertragsgegenstand, das [X.]eschaffungsverhältnis, nicht [X.]. § 54 Satz 1 VwVfG auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts liegt. In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass die [X.]eteiligten keinen den Anforderungen von §§ 54 ff. VwVfG entsprechenden Vertrag abgeschlossen haben und die [X.]eklagte dies nach eigenem [X.]ekunden in solchen [X.]ällen auch ansonsten nicht tut.

bb) An der [X.]eurteilung des [X.]egehrens des [X.] als privatrechtlich ändert auch nichts der Umstand, dass er darüber hinaus die [X.]eklagte aus Art. 2 Abs. 2 GG für verpflichtet hält, ihm einen besonderen Schutz vor Angriffen auf sein eigenes Leben und das von Angehörigen zu gewähren. Nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Daran ist u.a. die vollziehende Gewalt als unmittelbar geltendes Recht gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Dies geschieht aber nach Maßgabe der einfachrechtlichen Anspruchsgrundlagen. So kann unter Umständen, falls eine unmittelbare und konkrete Gefahr für Leib und Leben des [X.] bzw. seiner [X.]amilienangehörigen vorhanden ist, eine Handlungspflicht des Staates im Rahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr bestehen, deren Adressat allerdings nicht die [X.]eklagte, sondern die zuständige Landespolizeibehörde ist. In dem Verhältnis zur [X.]eklagten, das nach Maßgabe der oben angestellten Erwägungen zivilrechtlich geprägt ist, mag die Privatrechtsordnung durch das Grundrecht des [X.] auf Leben und körperliche Unversehrtheit öffentlich-rechtlich modifiziert und überlagert sein. Derartige [X.]indungen im Rahmen eines im Übrigen privatrechtlich ausgestalteten Rechtsverhältnisses wirken aber nicht rechtswegbestimmend, sondern sind - wie bereits erwähnt - von dem ordentlichen Gericht im Rahmen seiner Zuständigkeit mitzuberücksichtigen.

2. Der Rechtsstreit ist hiernach an das im [X.] sachlich und örtlich zuständige [X.] zu verweisen (§ 17a Abs. 2, § 71 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG, §§ 12, 18 ZPO). Dieses ist auch für die Entscheidung über das mit der Klage verbundene Prozesskostenhilfegesuch berufen (s. OVG Münster, [X.]eschluss vom 28. April 1993 - 25 E 275/93 - NJW 1993, 2766; [X.], [X.]eschluss vom 24. Juni 2009 - 7 Ta 162/08 - juris Rn. 12).

3. Eine Entscheidung über die Kosten ist vorliegend nicht zu treffen. Wird ein Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde (§ 17b Abs. 2 Satz 1 GVG).

Meta

6 A 5/09, 6 A 5/09 (6 PKH 29/09)

26.05.2010

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PKH

§ 3 S 1 BNDG, § 8 Abs 2 S 1 BVerfSchG, § 40 Abs 1 S 1 VwGO, § 13 GVG, § 7 GVG, § 7a GVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26.05.2010, Az. 6 A 5/09, 6 A 5/09 (6 PKH 29/09) (REWIS RS 2010, 6345)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6345

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