Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2019, Az. 1 BvR 1078/19, 1 BvR 1260/19

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2019, 2894

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zum Feststellungsinteresse im Verfassungsbeschwerdeverfahren bzgl einer Verletzung prozessualer Rechte durch die Fachgerichte (hier: Anspruch auf prozessuale Waffengleichheit im einstweiligen Verfügungsverfahren bzgl der Verbreitung von Äußerungen bzw Bildnissen) - Annahme einer Wiederholungsgefahr trotz Klärung der verfassungsrechtlichen Lage verlangt nähere Darlegungen


Tenor

Die [X.] werden nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerinnen sind Medienunternehmen. Ihnen wurde in einstweiligen Verfügungsverfahren ohne mündliche Verhandlung und ohne Anhörung im gerichtlichen Verfahren unter Androhung von [X.] untersagt, bestimmte Äußerungen beziehungsweise Bildnisse zu verbreiten. Sie machen geltend, dass die Abmahnungen, die ihnen gegenüber vorprozessual ausgesprochen wurden, nicht identisch waren mit von den jeweiligen Antragstellern bei Gericht eingereichten Verfügungsanträgen und deren Begründung. Die Beschwerdeführerinnen sehen sich hierdurch in ihren [X.] verletzt und rügen mit ihren [X.] jeweils die Verletzung ihrer Rechte auf prozessuale Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG. Sie sind der Auffassung, die Landgerichte hätten durch diese Verfahrensgestaltung die vom [X.] in den Beschlüssen vom 30. September 2018 zu den Aktenzeichen 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 formulierten Anforderungen missachtet.

2

Die [X.] sind nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]), weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht erfüllt sind.

3

Die Verfahren haben nach den Entscheidungen des [X.]s vom 30. September 2018 zu den Aktenzeichen 1 BvR 1783/17 und 1 BvR 2421/17 keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung mehr. Auch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 [X.] genannten Rechte nicht mehr angezeigt. Denn nicht jede Verletzung prozessualer Rechte unter Berufung auf die prozessuale Waffengleichheit kann im Wege einer auf Feststellung gerichteten Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden. Vielmehr bedarf es eines hinreichend gewichtigen Feststellungsinteresses. Die Geltendmachung nur eines error in procedendo reicht hierfür nicht (vgl. [X.] 138, 64 <87 Rn. 71> m.w.N. - zu Art. 101 Abs. 1 GG; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 -, Rn. 11). Anzunehmen ist ein Feststellungsinteresse allerdings dann, wenn eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu befürchten ist (vgl. [X.] 91, 125 <133>), also eine hinreichend konkrete Gefahr besteht, dass unter ähnlichen rechtlichen und tatsächlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung ergehen würde. Dafür bedarf es aber nach der Klärung der Rechtslage durch den stattgebenden [X.] vom 30. September 2018 - 1 BvR 1783/17 - näherer Darlegungen. Ein auf eine Wiederholungsgefahr gestütztes Feststellungsinteresse setzte voraus, dass die Zivilgerichte die aus dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit folgenden Anforderungen grundsätzlich verkennen und sie ihre Praxis hieran unter Missachtung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe nicht ausrichten. Dies wurde von den Beschwerdeführerinnen nicht vorgetragen.

4

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

5

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1078/19, 1 BvR 1260/19

08.10.2019

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Frankfurt, 10. April 2019, Az: 2-03 O 136/19, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93a Abs 2 Buchst b BVerfGG, § 935 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2019, Az. 1 BvR 1078/19, 1 BvR 1260/19 (REWIS RS 2019, 2894)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2894

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 BvR 1811/17, 1 BvR 218/18, 1 BvR 871/18, 1 BvR 872/18 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Wegfall des Feststellungsinteresses bzgl des Grundsatzes der Waffengleichheit in presserechtlichen Verfügungsverfahren infolge einschlägiger Kammerentscheidung …


1 BvR 2708/19 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf prozessuale Waffengleichheit durch Erlass einer einstweiligen Verfügung in einer …


1 BvR 2743/19 (Bundesverfassungsgericht)

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf prozessuale Waffengleichheit bei Erlass einer einstweiligen Unterlassensverfügung ohne Einbeziehung …


1 BvR 2909/17 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Parallelentscheidung


1 BvR 1617/20 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Zum Erfordernis eines besonderen Interesses an der nachträglichen Feststellung eines Verstoßes gegen die prozessuale …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1783/17

1 BvR 2421/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.