Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2012, Az. III ZR 173/12

3. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 644

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Gegenstand

Unwirksame Klauseln eines Mobilfunkanbieters: Wiederholungsgefahr bei Verschmelzung des Unternehmens auf einen anderen Rechtsträger; Begründung der Erstbegehungsgefahr


Leitsatz

1. Enthalten die von einem Unternehmen (hier: Mobilfunkanbieter) abgeschlossenen Verträge nach Maßgabe der §§ 307ff BGB unwirksame Klauseln, so begründet dies, wenn der Rechtsträger des Unternehmens nach Maßgabe des Umwandlungsgesetzes auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen wird, auch im Falle der Fortführung des Betriebs bei dem übernehmenden Rechtsträger keine - für einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UKlaG erforderliche - Wiederholungsgefahr (im Anschluss an BGH, Urteil vom 26. April 2007, I ZR 34/05, BGHZ 172, 165 - Schuldnachfolge).

2. Da der neue Rechtsträger in die abgeschlossenen Verträge eintritt, sind in einem solchen Falle an die Begründung einer Erstbegehungsgefahr (hinsichtlich des Sich-Berufens) keine allzu strengen Anforderungen zu stellen.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 10. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist ein Verbraucherverband und in die beim [X.] gemäß § 4 Abs. 1 [X.] geführte Liste als qualifizierte Einrichtung eingetragen. Er forderte zunächst die m.           AG, die Rechtsvorgängerin der jetzigen Beklagten, einen Mobilfunkanbieter, auf, sich - strafbewehrt - zu verpflichten, es zu unterlassen, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Prepaid-Mobilfunkdienstleistungen enthaltene Klausel (9.2 Rufnummernportabilität):

"Voraussetzung der Portierung ist die schriftliche Erklärung des Kunden, auf die Rückzahlung eines eventuell nicht verbrauchten Guthabens … zu verzichten …".

gegenüber Verbrauchern zu verwenden oder sich auf diese zu berufen. Die m.            AG erklärte, die fragliche Klausel werde seit geraumer Zeit nicht mehr "gelebt". Außerdem gab sie die gewünschte Unterlassungserklärung, allerdings ohne das geforderte [X.], ab.

2

Der Kläger, der sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden gab und das darin liegende Vertragsangebot ablehnte, hat daraufhin Unterlassungsklage erhoben. Nach Klageerhebung ist die m.          AG mit Wirkung vom 20. Mai 2011 auf die [X.] und schließlich am 23. Mai 2011 auf die m.            GmbH, die jetzige Beklagte, verschmolzen worden. Infolgedessen haben die Parteien den Rechtsstreit teilweise - hinsichtlich des Antrags, es zu unterlassen, die fragliche Klausel zu verwenden - übereinstimmend für erledigt erklärt.

3

Die in der Hauptsache noch auf die Unterlassung des "[X.]" gerichtete Klage hat in erster Instanz Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten ist sie abgewiesen worden. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

4

Die Revision des [X.] ist zulässig, sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für den Fall der Rechtsnachfolge generell formulierten Rechtsgrundsätze bei Wettbewerbsverstößen auf Ansprüche aus dem [X.] ebenfalls anzuwenden seien. Nach dieser Rechtsprechung hätte ein Wettbewerbsverstoß der Rechtsvorgängerin der [X.]n zwar bei dieser eine [X.] begründet, die aber nicht von dieser durch die Verschmelzung erloschenen Gesellschaft auf die [X.] übergegangen wäre. Denn es handele sich dabei um einen tatsächlichen Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch [X.] zu beurteilen sei. Auch Wettbewerbsverstöße, die Mitarbeiter im Unternehmen unter der Verantwortung des früheren Rechtsinhabers begangen haben, seien dem neuen nicht zuzurechnen. Dabei [X.] es keine Rolle, ob dessen Geschäftsführung mit denselben Personen besetzt sei wie die der Rechtsvorgängerin.

6

Die [X.] habe auch nicht durch eigenes Verhalten eine [X.] geschaffen, denn sie habe die Klausel nicht selbst verwendet. Ihre bloße Untätigkeit stelle kein "[X.]" dar; für diese Beurteilung sei es unerheblich, ob ein Dauerschuldverhältnis betroffen sei oder ein beendetes Geschehen vorliege. Dass ein Unternehmen in von ihm nicht abgeschlossene Verträge, in die unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingungen einbezogen seien, durch Verschmelzung eintrete und diese fortführe, reiche nicht aus, eine [X.] aufrecht zu erhalten oder zu begründen. Auch wenn die abstrakte Gefahr bestehe, dass Verbraucher die unwirksame Klausel für wirksam hielten und infolgedessen davon absehen könnten, ihre Rechte wahrzunehmen, bestehe keine Informationspflicht des übernehmenden Unternehmens gegenüber den Vertragspartnern bezüglich der Unwirksamkeit der fraglichen Klausel. Hinzu komme, dass die [X.] im vorliegenden Rechtsstreit von Anfang an eingeräumt habe, dass die Klausel unwirksam sei und angekündigt habe, diese im Rechtsverkehr nicht zu nutzen. Eine derartige Ankündigung reiche zwar mangels Strafbewehrung grundsätzlich allein nicht aus, eine bestehende [X.] zu beseitigen, sei aber bei der zu beantwortenden Frage, ob diese überhaupt geschaffen worden sei, von Gewicht.

7

Eine Erstbegehungsgefahr mache der Kläger nicht geltend; diese sei im Übrigen auch nicht gegeben.

II.

8

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

9

Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch aus § 1 [X.], nunmehr nur noch bezogen auf ein "[X.]" auf die von den Vorinstanzen und den Parteien zu Recht als unangemessen benachteiligend und damit unwirksam angesehene Klausel 9.2 der [X.] bei bestehenden Verträgen, verneint.

1. Entgegen der Auffassung der Revision ist eine von der Rechtsvorgängerin der [X.]n begründete [X.] für ein solches "[X.]" mit der gesellschaftsrechtlichen Verschmelzung nicht auf sie übergegangen.

a) Die übertragende Gesellschaft, die m.            AG, hat die fragliche Klausel ihren [X.] für [X.] zugrunde gelegt. Auch wenn es vorliegend nicht mehr um die Einbeziehung in neue Verträge geht, ist in der Rechtsprechung des [X.] anerkannt, dass mit der Verbandsklage nicht nur die Unterlassung der Verwendung einer beanstandeten Klausel für künftige Vertragsabschlüsse verlangt werden kann, sondern der Verwender es auch zu unterlassen hat, sich bei der Abwicklung solcher bereits bestehender Verträge auf diese Klausel zu berufen (vgl. [X.], Urteile vom 11. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1511 f und vom 13. Juli 1994 - [X.], [X.]Z 127, 35, 37; Senatsurteil vom 18. April 2002 - [X.], [X.], 2386 sowie Urteil vom 13. Dezember 2006 - [X.], NJW 2007, 1054 Rn. 36).

Durch die Aufnahme dieser Klausel in die [X.] bestand auch im Hinblick auf die Verwendung in dieser Form eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer [X.], die auch für § 1 [X.] Voraussetzung ist (vgl. [X.], Urteile vom 9. Juli 1981 - [X.], [X.]Z 81, 222, 225, zu § 13 [X.], und vom 9. Juli 1992 - [X.], [X.]Z 119, 152, 165; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 30. Aufl., § 1 [X.], Rn. 10). An die Beseitigung der [X.] sind strenge Anforderungen zu stellen. Regelmäßig reichen weder die Änderung der beanstandeten Klausel noch die bloße Absichtserklärung des Verwenders, sie nicht weiter zu verwenden, aus (Senatsurteil vom 18. April 2002 [X.]O mwN). Für deren Fortbestehen spricht demgegenüber insbesondere, wenn der Verwender noch im Rechtsstreit die Zulässigkeit der von ihm benutzten [X.] verteidigt und nicht bereit ist, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben (vgl. [X.], Urteile vom 15. Oktober 1991 - [X.], [X.]Z 116, 1, 6; vom 10. Januar 1996 - [X.], NJW 1996, 988 und vom 12. Juli 2000 - [X.], NJW-RR 2001, 485, 487; Senatsurteil vom 18. April 2002 [X.]O).

Die Rechtsvorgängerin der [X.]n hatte vorliegend lediglich mitgeteilt, dass die fragliche Klausel nicht mehr "gelebt werde", und eine Unterlassungserklärung ohne Strafbewehrung abgegeben. Dies war nach den genannten Grundsätzen für die Beseitigung der von ihr geschaffenen [X.] nicht ausreichend.

b) Auch wenn die [X.], wie die Revision geltend macht, im Zuge der Verschmelzung den ursprünglichen Geschäftsbetrieb "als lebenden Organismus" übernommen hat und mit denselben Personen fortführt, ist allein damit die fortbestehende Gefahr des "[X.]s" auf die fragliche Klausel nicht automatisch auf die [X.] mit übergegangen. Die übertragende Gesellschaft ist aufgrund der Verschmelzung erloschen (§ 20 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Zwar gingen mit der Verschmelzung sowohl das Vermögen als auch die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über und die [X.] ist damit auch in bestehende Vertragsverhältnisse eingetreten, ohne dass es einer Vertragsänderung bedurft hätte. Damit war aber nicht der gleichzeitige Übergang auch der von der Rechtsvorgängerin geschaffenen [X.] verbunden.

[X.]) Nach der Rechtsprechung des [X.] für den Bereich des Wettbewerbs- und Markenrechts setzen sich Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 UWG und § 14 Abs. 5 [X.] bei dem aufnehmenden Rechtsträger regelmäßig nicht fort. Der neue Unternehmensinhaber tritt nicht im Wege der ([X.] in die gesetzliche Unterlassungspflicht ein. Die [X.] ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch [X.] zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die [X.] persönlich durch eigenes Verhalten begründet hat, sondern auch, wenn der Wettbewerbsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist (vgl. [X.], Urteile vom 26. April 2007 - [X.], [X.]Z 172, 165 Rn. 11, 14 - Schuldnachfolge; vom 3. April 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 536 Rn. 39 - [X.] und vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, [X.]Z 185, 11 Rn. 40 - [X.]; zustimmend [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., [X.]. 15, Rn 12, [X.], UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 153; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 8 UWG, Rn. 2.52; [X.] in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 1. Aufl., § 20 [X.], Rn. 40; kritisch z.B. Fezer/Büscher, UWG, § 8 Rn 158, [X.]/[X.], [X.], 968 f). Dabei lässt es der Zweck des § 8 Abs. 2 UWG nicht zu, Wettbewerbsverstöße, die Mitarbeiter im Unternehmen unter der Verantwortung des früheren Rechtsinhabers begangen haben, nunmehr dem neuen zuzurechnen (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 2007 [X.]O Rn. 12). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob den neuen Unternehmensinhaber eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen kann. Dann muss in der Person des Übernehmenden der Tatbestand dieser Norm erfüllt sein. Für den Unterlassungsanspruch genügt es aber nicht, dass es früher im Unternehmen von Mitarbeitern oder Beauftragten zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen ist und in ihrer Person noch [X.] besteht. Vielmehr muss, soweit es die Haftung des neuen Unternehmensinhabers aus § 8 Abs. 2 UWG (oder § 31 [X.] analog) angeht, in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten Erstbegehungsgefahr bestehen. Die bloße Tatsache des [X.] und der Fortführung des Betriebs selbst mit identischem Personal reicht dafür nicht aus (vgl. [X.], Urteile vom 26. April 2007 [X.]O Rn. 15 und vom 3. April 2008 - [X.], NJW-RR 2009, 536 Rn. 39 - [X.] -; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O und Rn. 2.31; [X.] [X.]O).

[X.]) Diese bislang für das Wettbewerbs- und Markenrecht entwickelten Grundsätze, die entgegen der Auffassung der Revision (unter Hinweis auf das Urteil vom 11. Dezember 2007, [X.], [X.] 2008, 93) auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] stehen (vgl. [X.], [X.], 475, 476), sind auf den Unterlassungsanspruch aus § 1 [X.] entsprechend zu übertragen (ebenso [X.]/[X.], [X.], 71. Aufl., § 1 [X.], Rn. 8; zweifelnd [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11. Aufl., § 1 [X.], Rn. 38).

Die Unterlassungsansprüche aus § 8 UWG und § 1 [X.] verfolgen ähnliche Ziele und werden auch bisher schon in der Rechtsprechung parallel interpretiert. So setzt der Unterlassungsanspruch nach § 1 [X.] (ungeschrieben) eine [X.] voraus, die § 8 Abs. 1 UWG für den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ausdrücklich verlangt (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juli 1981 - [X.], [X.]Z 81, 222, 225 zu § 13 [X.] unter Hinweis auf § 13 UWG a.F.). Auch das Erfordernis einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Ausräumung einer bestehenden [X.] hat ersichtlich die Rechtslage beim wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch zum Vorbild (vgl. § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG). Hinzu kommt, dass die (angekündigte) Verwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff [X.] nicht standhalten, Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern nach § 8 Abs. 1 UWG auslösen kann ([X.], Urteil vom 19. Mai 2010 - [X.], [X.], 1120 Rn. 22 ff). Es wäre aber wenig einsichtig, wenn hinsichtlich der Weitergeltung des Unterlassungsanspruchs beziehungsweise des [X.] unterschiedliche Anforderungen bestünden, je nachdem, ob ein Mitbewerber im privaten Interesse nach § 8 UWG oder ein klagebefugter Verband im öffentlichen Interesse nach § 1 [X.] die (weitere) Verwendung unwirksamer Klauseln verhindern will.

Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zu Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 1 [X.]. Zwar weist die Revision mit Recht darauf hin, dass als Verwender im Sinne des § 1 [X.] grundsätzlich nur derjenige in Betracht kommt, der Vertragspartei der geschlossenen oder zu schließenden Verträge ist oder werden soll (vgl. [X.], Urteil vom 19. September 1990 - [X.], [X.]Z 112, 204, 215 f), und dass die [X.] als Rechtsnachfolgerin in die von der m.           AG abgeschlossenen Verträge eingetreten ist mit der Folge, dass sie ihren Vertragspartnern nicht entgegenhalten könnte, die unwirksame Klausel sei nicht von ihr verwendet worden (vgl. [X.], Urteil vom 25. März 1987 - [X.], NJW 1987, 2506, 2507). Aus diesem Umstand lässt sich jedoch für die Reichweite des Unterlassungsanspruchs sowie für eine gegenwärtige oder drohende Verwendung von unwirksamen [X.] durch die jetzige [X.], hier in der Form des "[X.]s", nichts Entscheidendes herleiten.

Das Ziel des § 1 [X.], den Rechtsverkehr von sachlich unangemessenen Klauseln in [X.] frei zu halten (vgl. [X.], Urteil vom 13. Juli 1994 - [X.], [X.]Z 127, 35, 38; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.], Rn. 1; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.], Rn 1) wird nicht verfehlt, wenn ein Vorgehen gegen einen durch Verschmelzung entstandenen Rechtsnachfolger von einer nur von ihm selbst gesetzten Gefahr der Verwendung bei der Abwicklung vorhandener Verträge abhängig gemacht wird. Dem mit § 1 [X.] verfolgten Ziel genügt es, wenn eine Haftung der übernehmenden Gesellschaft, hier der [X.]n, wie im Wettbewerbsrecht nur unter dem Gesichtspunkt eines neu entstehenden ("originären") Unterlassungsanspruchs gegen den neuen Unternehmensinhaber wegen Erstbegehungsgefahr besteht, wobei freilich der Umstand, dass eine dem AGB-Recht widersprechende "[X.]" besteht, gebührend zu berücksichtigen ist (s. dazu unter 3).

2. Der Auffassung der Revision, eine [X.] sei in der Person der [X.]n jedenfalls deshalb zu besorgen, weil sie ihrerseits selbst die fragliche Klausel verwende, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Die Verwendung ergibt sich auch hier nicht bereits aus der bloßen Übernahme und Fortführung der von der Rechtsvorgängerin mit den Kunden geschlossenen Verträge.

a) Mit Recht legt das Berufungsgericht dabei zugrunde, dass der Begriff des Verwendens ein tatsächliches, objektives Element enthält, wonach es erforderlich ist, dass über den bloßen Verwendungswillen ein auf den Vertragspartner gerichtetes Verhalten erkennbar wird. Deshalb ist es erforderlich, die unwirksame Klausel dem Vertragspartner bei der Durchsetzung seiner Rechte entgegenzuhalten oder diese unter Bezugnahme darauf zu verteidigen. Die bloße Übernahme der Verträge im Wege der Verschmelzung ohne eigene hinzu tretende Verhaltensweise lässt sich hingegen nicht als Verwenden ansehen.

b) Ein Verwenden im Sinne des § 1 [X.] lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die [X.] bislang die Vertragskunden aus dem Bestand der Altverträge nicht über die Unwirksamkeit der fraglichen Klausel informiert hat. Das Gesetz über Unterlassungsklagen gewährt über den Anspruch auf Unterlassung hinaus nur einen Anspruch auf Veröffentlichung (vgl. § 7 [X.]). Dagegen kann vom Verwender einer unwirksamen Klausel nicht verlangt werden, dass er bereits bestehende Verträge rückabwickelt oder den Vertragspartner von sich aus auf die Unangemessenheit der Klausel aufmerksam macht. Seine Unterlassungsverpflichtung geht vielmehr lediglich dahin, sich bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht auf die unwirksame Klausel zu berufen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Februar 1981 - [X.], NJW 1981, 1511, 1512). Weitergehende Ansprüche hat das Gesetz über Unterlassungsklagen nicht eröffnet (vgl. [X.], Urteil vom 12. Dezember 2007 - [X.], [X.], 1160, 1162).

c) Nichts anderes lässt sich auch Art. 7 Abs. 2 der [X.] vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ([X.]. Nr. L 95, [X.]) und Art. 2 der Richtlinie 2009/22/[X.] und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz von Verbraucherinteressen ([X.]. Nr. L 110, [X.]) entnehmen. Diese beziehen sich ausschließlich auf Klagen, mit denen der Verwendung missbräuchlicher Klauseln Einhalt geboten werden soll. Dem ist auch für den Streitfall Genüge getan. Dagegen besteht keine Notwendigkeit, § 1 [X.] richtlinienkonform dahin auszulegen, dass sich die einmal begründete [X.] in der Person eines Rechtsnachfolgers fortsetzt.

3. Entgegen der Auffassung der Revision kann ein (vorbeugender) Unterlassungsanspruch auch nicht aufgrund jedenfalls bestehender Erstbegehungsgefahr angenommen werden.

Dem steht schon entgegen, dass die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 314 ZPO), ihr Unterlassungsbegehren nur auf das Vorliegen einer [X.] gestützt hat.

Im Übrigen spricht vieles dafür, vorliegend eine Erstbegehungsgefahr zu verneinen. Zwar dürfte die Rechtsprechung des [X.], wonach die bloße Tatsache des [X.] und der Fortführung des Betriebs selbst mit identischem Personal nicht ausreicht, um hinsichtlich eines Wettbewerbsverstoßes eine Erstbegehungsgefahr zu begründen (s. oben 1 b, [X.]), der vorliegenden Fallkonstellation nicht gerecht werden. Denn dabei bliebe unberücksichtigt, dass schon wegen des [X.] der "[X.]" (s. oben 1 b, [X.]) ernsthaft zu besorgen steht, dass auch ein Rechtsnachfolger - zumal bei unverändertem Bestand des geschäftsführenden Personals - die ihn begünstigende (unwirksame) Klausel im Streitfall einem Kunden entgegenhalten wird. Andererseits dürfte auch hier gelten, dass an die Beseitigung einer Erstbegehungsgefahr weniger strenge Anforderungen zu stellen sind als an die Beseitigung einer [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 31. Mai 2001 - [X.], [X.], 1174, 1176; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 8 UWG, Rn. 1.26; [X.] [X.]O § 8 Rn. 33). Auch im Streitfall lässt das Verhalten der [X.]n die Annahme zu, dass eine etwaige Erstbegehungsgefahr entfallen ist. Denn die [X.] hat sich nicht auf die fragliche Klausel berufen, diese nicht verteidigt und sich in keiner Weise eines Rechts insoweit berühmt; vielmehr hat sie sich lediglich auf den Standpunkt gestellt, dass wegen der Verschmelzung eine [X.] nicht bestehe. Zudem hat sie im Prozess ausdrücklich erklärt, dass sie sich auch in Zukunft nicht auf diese Klausel berufen wolle.

[X.]                         Herrmann                           Wöstmann

                Hucke                                Seiters

Meta

III ZR 173/12

06.12.2012

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 10. Mai 2012, Az: 2 U 135/11

§ 1 UKlaG, § 307 BGB, §§ 307ff BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.12.2012, Az. III ZR 173/12 (REWIS RS 2012, 644)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 644

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