Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.07.2015, Az. 6 AZR 490/14

6. Senat | REWIS RS 2015, 7667

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Gegenstand

(Anrufung des Ausschusses nach § 111 Abs. 2 ArbGG - Frist)


Leitsatz

Ist ein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet, sind auf seine Anrufung die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes über die fristgebundene Klageerhebung nicht analog anzuwenden. Der Klageerhebung kann allein der Einwand der Prozessverwirkung entgegengehalten werden. Besteht dagegen kein Ausschuss, muss die Klage gegen die Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses innerhalb von drei Wochen erhoben werden. Diese Rechtslage steht im Einklang mit dem Grundgesetz.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 21. Mai 2014 - 5 [X.]/14 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen die Feststellung, dass das Ausbildungsverhältnis bis zum 7. Juni 2013 fortbestanden hat, zurückgewiesen hat.

Insoweit wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des [X.] vom 11. Dezember 2013 - 2 Ca 1909/13 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat auch die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des [X.] und daraus resultierende [X.] der Klägerin.

2

Die Klägerin wurde von der Beklagten zur zahnmedizinischen Fachangestellten ausgebildet. Das Ausbildungsverhältnis sollte am 30. Juni 2013 enden. Gemäß § 9 des [X.] der Parteien war bei Streitigkeiten aus dem bestehenden Ausbildungsverhältnis zuvor der [X.] der [X.] anzurufen. Nach § 5 Abs. 1 der Satzung dieses Ausschusses vom 16. November 1996 wird er auf Antrag des bzw. der Auszubildenden sowie des bzw. der Ausbildenden tätig. § 5 Abs. 2 der Satzung verlangt die schriftliche Einreichung des Antrags bei der Kammer, lässt aber auch seine mündliche Erklärung zu Protokoll genügen.

3

Die Beklagte kündigte das Ausbildungsverhältnis mit Einschreiben vom 18. April 2013, das der Klägerin spätestens am 22. April 2013 zuging, fristlos, ohne in dem [X.] einen Kündigungsgrund anzugeben. Die Klägerin nahm nach Zugang der Kündigung zu einem nicht festgestellten [X.]punkt telefonisch Kontakt zur [X.] auf. Später wandte sie sich mit einem nicht unterschriebenen Schreiben vom 8. Mai 2013, das dort am 14. Mai 2013 einging, an den [X.]. Sie habe nach anwaltlicher Beratung erfahren, dass sie vor einer Klage den Ausschuss anrufen müsse. Sie solle schriftlich eine Beschwerde gegen die fristlose Kündigung erheben, was sie „nun hiermit“ mache. Zwischen dem 14. Mai 2013 und dem 5. Juni 2013 riet die Ressortleiterin Ausbildung der Zahnärztekammer, Frau W, der Beklagten telefonisch, die Kündigung zurückzunehmen. Das lehnte diese ab und begründete die Kündigung mit Schreiben vom 5. Juni 2013 gegenüber dem Ausschuss.

4

Die Klägerin bestand am 7. Juni 2013 die praktische und mündliche Prüfung. Daraufhin teilte ihr der Ausschuss mit Schreiben vom 11. Juni 2013 mit, eine Klärung durch ihn könne nicht mehr erfolgen, weil er nur zuständig sei, solange das Ausbildungsverhältnis bestehe.

5

Mit ihrer am 19. Juni 2013 eingegangenen Klage begehrt die Klägerin noch die Feststellung des Fortbestandes des Ausbildungsverhältnisses bis zum 7. Juni 2013 sowie Zahlung der Ausbildungsvergütung für die [X.] vom 19. April bis zum 7. Juni 2013. Den Anspruch der Klägerin auf ein qualifiziertes Zeugnis hat die Beklagte in der ersten Instanz anerkannt.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe den [X.] nicht innerhalb der dreiwöchigen Frist des § 4 KSchG anrufen müssen. Unabhängig davon habe sie diese Frist durch die telefonische Kontaktaufnahme mit dem Ausschuss, die kurz nach dem 18. April 2013 erfolgt sei, gewahrt.

7

Die Klägerin hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt

1. festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 18. April 2013 nicht beendet wurde und bis zum 7. Juni 2013 fortbestand;

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.045,33 Euro brutto zu zahlen.

8

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Klägerin habe den Ausschuss nicht innerhalb von drei Wochen angerufen. Darum sei auch die Kündigungsschutzklage verspätet.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten, soweit sie die in der Revision noch streitbefangenen Anträge betraf, zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Erstmals stützt sie dies ausdrücklich auf den Einwand der Verwirkung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist mangels Feststellungsinteresses unzulässig, soweit die Klägerin die Kündigung vom 18. April 2013 mit ihrer Feststellungsklage angreift. Insoweit hat die Revision Erfolg. Dagegen ist die Revision unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung der [X.]n zur Zahlung der Ausbildungsvergütung für die [X.] vom 19. April bis zum 7. Juni 2013 richtet. Die Kündigung der [X.]n vom 18. April 2013 ist unwirksam. Ihre Wirksamkeit wird nicht in analoger Anwendung der § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.] fingiert. Die Klägerin musste den Schlichtungsausschuss nicht innerhalb der Frist des § 4 [X.] anrufen. Ihr Anspruch ist auch nicht verwirkt. Darum hat die Leistungsklage Erfolg.

A. Die Feststellungsklage ist unzulässig.

I. § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG steht der Klage allerdings nicht entgegen. Das hat das [X.] im Ergebnis richtig erkannt.

1. Bei [X.] am 19. Juni 2013 war das Ausbildungsverhältnis bereits beendet. Die Klägerin hatte am 7. Juni 2013 die Prüfung bestanden. Dies hatte gemäß § 21 Abs. 2 BBiG zur Folge, dass das Ausbildungsverhältnis schon vor Ablauf der Ausbildungszeit mit Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endete. Zwar hat das [X.] nicht festgestellt, wann der Klägerin das Prüfungsergebnis bekannt gegeben worden ist. Aus deren Vortrag, das Ausbildungsverhältnis sei am 7. Juni 2013 beendet worden, und der deshalb erfolgten Beschränkung von Feststellungs- und Leistungsklage auf die [X.] bis zum 7. Juni 2013 sowie aus dem Schreiben des [X.] vom 11. Juni 2013 ergibt sich jedoch, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 BBiG noch am 7. Juni 2013 eingetreten sind.

2. Damit bestand bereits bei [X.] die unverzichtbare Prozessvoraussetzung des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG (zu diesem Rechtscharakter der Vorschrift [X.] 13. April 1989 - 2 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 61, 258) nicht mehr (vgl. [X.] 13. März 2007 - 9 [X.] - Rn. 11). Das Schlichtungsverfahren ist nicht mehr erforderlich, wenn das Ausbildungsverhältnis beendet ist (vgl. [X.] 19. Februar 2008 - 9 [X.] 1091/06 - Rn. 13, [X.]E 126, 12). Das ergibt sich unzweideutig aus § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Der Zugang zum Arbeitsgericht war deshalb unmittelbar eröffnet.

II. Der Kündigungsschutzklage fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse.

1. Erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage nach §§ 4, 7 [X.], muss ein besonderes Feststellungsinteresse iSd. § 256 Abs. 1 ZPO nicht dargelegt werden. Dieses ergibt sich bereits aus der Notwendigkeit, Klage zu erheben, um die Heilung nach § 7 [X.] zu verhindern (vgl. [X.] 11. Februar 1981 - 7 [X.] 12/79 - zu [X.] 2 der Gründe; 4. Februar 1993 - 2 [X.] 463/92 - zu [X.] der Gründe).

2. Das lässt sich auf Ausbildungsverhältnisse, für die wie hier ein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist, nicht übertragen. Die Vorschriften des [X.]es über die fristgebundene Klageerhebung sind auf die Anrufung des [X.] nach § 111 Abs. 2 ArbGG auch nicht analog anzuwenden ([X.] 13. April 1989 - 2 [X.] - [X.]E 61, 258). Daran hält der Senat, wie noch auszuführen ist, fest. Darum hat er in seiner jüngeren Rechtsprechung bei Bestehen eines [X.] nach § 111 Abs. 2 ArbGG ein besonderes Feststellungsinteresse für die Kündigungsschutzklage des Auszubildenden verlangt, wenn das Ausbildungsverhältnis - wie regelmäßig - während des Prozesses durch [X.]ablauf vor der Revisionsinstanz geendet hatte (vgl. [X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 -; 12. Februar 2015 - 6 [X.] 845/13 -).

3. Die Klage zielte von Beginn an lediglich auf die Feststellung eines vergangenen Rechtsverhältnisses. Ein Feststellungsinteresse besteht deshalb nur, wenn sich hieraus Folgen für die Gegenwart oder für die Zukunft ergeben. Ob dies im [X.]punkt der gerichtlichen Entscheidung noch der Fall ist, ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. [X.] 6. Oktober 2011 - 6 [X.] 172/10 - Rn. 14). Das [X.] hat keine Tatsachen festgestellt, aus denen das erforderliche Feststellungsinteresse folgt. Solche Tatsachen hat die Klägerin auch nicht aufgezeigt (vgl. zur Darlegungslast [X.] 3. September 1997 - 5 [X.] 534/96 - zu 3 a der Gründe).

a) Die Klägerin verfolgt seit dem ersten Rechtszug die bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ausstehende Vergütung durch bezifferte Leistungsklage. Ihren Zeugnisanspruch hat sie zwischenzeitlich durch [X.] durchgesetzt. Über den Beendigungszeitpunkt streiten die Parteien insoweit nicht mehr. Damit greifen die Gesichtspunkte nicht durch, die den Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung das Feststellungsinteresse haben bejahen lassen ([X.] 12. Februar 2015 - 6 [X.] 831/13 - Rn. 14).

b) Die Klägerin hat allerdings unbestritten vorgetragen, dass sie wegen der Kündigung eine Sperrzeit erhalten habe. Eine derartige Maßnahme der Arbeitsverwaltung ist zwar rechtlich möglich, weil § 159 SG[X.]I auch auf Ausbildungsverhältnisse Anwendung findet (vgl. Bay. [X.] 27. Januar 2015 - L 10 AL 382/13 - Rn. 18; für die Vorgängerregelung in § 119 Abs. 1 [X.] BSG 13. März 1990 - 11 [X.]/88 -). Unabhängig davon, ob zwischenzeitlich der Sperrfristbescheid aufgehoben oder bestandskräftig geworden ist, ergibt sich aus der Möglichkeit einer Sperrzeit aber kein Feststellungsinteresse. Die Sozialversicherungsträger sind an arbeitsgerichtliche Entscheidungen über die Wirksamkeit der Kündigung nicht gebunden. Sie müssen stattdessen aufgrund des bei ihnen geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes den wirklichen Sachverhalt eigenständig ermitteln ([X.] 21. Juni 2000 - 5 [X.] 782/98 - zu [X.]I 2 e bb der Gründe, [X.]E 95, 141).

B. Die Leistungsklage ist begründet. Für die [X.] bis zum Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 18. April 2013 spätestens am 22. April 2013 folgt dies aus §§ 17, 18 BBiG. Das [X.] hat inzident festgestellt, dass die Ausbildungsvergütung seit dem 19. April 2013 nicht mehr gezahlt worden ist. Dagegen erhebt die Revision keine [X.]. Gründe, warum im noch bestehenden Ausbildungsverhältnis die Ausbildungsvergütung nicht zu zahlen war, hat das [X.] nicht festgestellt. Auch das greift die Revision nicht an. Vom Zugang der Kündigung bis zur Beendigung des Ausbildungsverhältnisses am 7. Juni 2013 befand sich die [X.] im Annahmeverzug, § 615 BGB. Ihre Kündigung vom 18. April 2013 hat das Ausbildungsverhältnis nicht beendet. Dem Vergütungsanspruch steht auch der Einwand der Prozessverwirkung nicht entgegen.

I. Die Kündigung ist entgegen § 22 Abs. 3 BBiG nicht unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgt. Darum ist sie gemäß § 125 BGB nichtig. Die nachträgliche Mitteilung der Gründe gegenüber dem Ausschuss bzw. im Kündigungsschutzprozess heilte den Formmangel nicht ([X.] 22. Februar 1972 - 2 [X.] 205/71 - zu 2 a und c der Gründe, [X.]E 24, 133).

II. [X.] wird auch nicht gemäß § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.] analog fingiert. Der [X.] war zwar bis zum Ablauf der [X.] noch zuständig, weil das Ausbildungsverhältnis bis zu diesem [X.]punkt noch nicht beendet war. Auf die Anrufung des nach § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG gebildeten [X.] sind die Vorschriften des [X.]es über die fristgebundene Klageerhebung aber nicht analog anzuwenden. Insoweit gelten allein die Grenzen der Verwirkung.

1. Die Klägerin hat die [X.] versäumt.

a) Ihr Schreiben vom 8. Mai 2013 ist am 14. Mai 2013 und damit auch bei Zugang der Kündigung erst am 22. April 2013 einen Tag nach Ablauf der [X.] bei dem Ausschuss eingegangen. Darauf, ob der Ausschuss mit diesem Schreiben trotz der fehlenden Unterschrift der Klägerin ordnungsgemäß angerufen worden wäre, kommt es deshalb nicht an.

b) Das [X.] hat Tatsachen, die die Feststellung ermöglichten, dass die Klägerin die Frist telefonisch gewahrt hat, nicht festgestellt.

aa) Zwar lässt § 5 Abs. 2 der Satzung des [X.] der [X.] vom 16. November 1996 auch die mündliche Anrufung des [X.] ausreichen. Das [X.] hat jedoch nicht festgestellt, wann der Anruf der Klägerin bei dem Ausschuss erfolgt ist. Es ist dem Beweisantritt der Klägerin zum [X.]punkt ihres Anrufs nicht nachgegangen, ohne dass diese insoweit Gegenrügen erhebt. Darum steht bereits nicht fest, dass der telefonische Kontakt mit dem Ausschuss innerhalb der [X.] erfolgt ist.

bb) Zudem hat das [X.] den Inhalt des Telefonats nicht festgestellt. Dieser lässt sich auch nicht dem von ihm in Bezug genommenen Schreiben des [X.] vom 17. Oktober 2013 entnehmen. Danach habe die Klägerin nur wissen wollen, ob sie trotz der Kündigung an den ausstehenden Prüfungen teilnehmen könne. Ihr sei angeraten worden, Wi[X.]pruch gegen die Kündigung einzulegen. Dass die Klägerin dies im [X.] daran sofort telefonisch gemacht hat und dass dies, wie nach § 5 Abs. 2 der Satzung des [X.] erforderlich, protokolliert worden ist, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Auch insoweit erhebt die Klägerin keine Gegenrügen.

2. Zu der Frage, ob die Fristenregelung der § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.] auf die Anrufung des [X.] nach § 111 Abs. 2 ArbGG analog anzuwenden ist, werden unterschiedliche Ansichten vertreten.

a) Das [X.] hat dies verneint. Der Klageerhebung könne allein der Einwand der Prozessverwirkung entgegengehalten werden. Nur wenn kein Ausschuss bestehe, seien die Vorschriften des [X.]es über die fristgebundene Klageerhebung auf die außerordentliche Kündigung von [X.] anzuwenden ([X.] 26. Januar 1999 - 2 [X.] 134/98 -; 5. Juli 1990 - 2 [X.] 53/90 -; 13. April 1989 - 2 [X.] - [X.]E 61, 258). Dem folgen große Teile des Schrifttums ([X.]/[X.] Stand Juni 2012 § 4 Rn. 19; [X.] in Natter/[X.] 2. Aufl. § 111 Rn. 19; [X.] [X.]. EzA [X.] § 13 nF Nr. 4; vgl. auch die Nachw. bei [X.] Die Kündigung von [X.], insbesondere aus betrieblichen Gründen [künftig [X.]] S. 207 in [X.]. 760). Zum Teil wird dabei die Auffassung vertreten, die [X.] des § 4 [X.] sei zur Konkretisierung des Verwirkungstatbestandes heranzuziehen ([X.]/[X.] 4. Aufl. § 111 ArbGG Rn. 9; [X.]/[X.] Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; [X.]/Kramer DB 1995, 975 f.).

b) Demgegenüber sind nach Auffassung von Teilen des Schrifttums die Vorschriften des [X.]es über die fristgerechte Klageerhebung analog anzuwenden, wenn ein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist. Das Arbeitsgerichtsgesetz sei von der [X.] getragen. Die Pflicht zur besonderen Prozessförderung in [X.] gelte gemäß § 61a ArbGG auch für [X.], so dass es keinen Grund gebe, für darin entstehende [X.] längere Anrufungsfristen vorzusehen ([X.]/[X.] 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 115 ff.; GMP/Prütting 8. Aufl. § 111 Rn. 22 ff.; vgl. auch die Nachw. bei [X.] S. 208 in [X.]. 764). Zum Teil wird auch die unverzügliche Anrufung des [X.] verlangt (Barwasser DB 1976, 434, 435).

c) Andere Teile des Schrifttums vertreten die Ansicht, hinsichtlich des Zugangs zu Gericht dürfe nicht danach differenziert werden, ob ein Ausschuss bestehe oder nicht. Bestehe kein Ausschuss, müsse deshalb das Arbeitsgericht ohne Bindung an die Frist des § 4 [X.] angerufen werden können (vgl. [X.]/[X.]/Zimmerling 3. Aufl. ArbGG § 111 Rn. 14 f.; [X.]/[X.] BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 145 ff.; [X.] 1989, 879, 882; [X.] [X.]. EzA [X.] § 4 nF Nr. 39).

3. Der Senat hält an der Rechtsprechung des [X.]s fest. Eine Frist zur Anrufung des [X.] nach § 111 Abs. 2 ArbGG kann nur der Gesetzgeber selbst festlegen. Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits aus dem Gesetzesvorbehalt des Art. 20 Abs. 3 GG (Wesentlichkeitstheorie) ergibt. Danach muss staatliches Handeln in grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert sein. Der Gesetzgeber muss alle wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Welche Regelungen dabei eines Handelns des parlamentarischen Gesetzgebers bedürfen, lässt sich allerdings nicht abstrakt, sondern nur für den jeweiligen Sachbereich unter Beachtung der Eigenart des betroffenen [X.] beurteilen ([X.] 10. November 2009 - 1 BvR 1178/07 - Rn. 36, [X.]K 16, 370). Darauf, ob die Anrufung des [X.] ein solcher wesentlicher Bereich ist, der ein Handeln des Gesetzgebers selbst erfordert, kommt es nicht an. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, schiede eine analoge Heranziehung der [X.] aus. Die Voraussetzungen für eine Rechtsfortbildung durch Analogie liegen nicht vor.

a) Zwar zieht der Wortlaut des Gesetzes im Regelfall keine starre Auslegungsgrenze. Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet die Gerichte vielmehr dazu, nach Gesetz und Recht zu entscheiden. Eine reine Wortinterpretation schreibt die Verfassung dabei nicht vor ([X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 57, [X.]K 19, 89). Zu den anerkannten Methoden der Auslegung gehört auch die wortsinnübersteigende Gesetzesanwendung durch Analogie. Sie bedarf jedoch einer besonderen Legitimation. Es muss eine vom Gesetzgeber unbeabsichtigt gelassene Lücke vorliegen, deren Planwidrigkeit aufgrund konkreter Umstände positiv festgestellt werden kann. Anderenfalls könnte jedes Schweigen des Gesetzgebers als planwidrige Lücke aufgefasst und im Wege der Analogie von den Gerichten ausgefüllt werden. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der gesetzlich ungeregelte Fall nach Maßgabe des Gleichheitssatzes und zur Vermeidung von Wertungswi[X.]prüchen nach der gleichen Rechtsfolge verlangt wie die [X.] erfassten Fälle ([X.] 10. Dezember 2013 - 9 [X.] 51/13 - Rn. 23, [X.]E 146, 384). An beiden Voraussetzungen fehlt es.

b) Es liegt keine planwidrige Regelungslücke vor.

aa) Die im Schrifttum geäußerte Befürchtung, der Gesetzgeber habe mit der Möglichkeit, den Ausschuss ohne Wahrung einer gesetzlich geregelten Frist anzurufen, es dem Auszubildenden in die Hand gegeben, mit der Anrufung des [X.] monatelang zuzuwarten und auf diese Art und Weise das Verfahren zu verzögern ([X.]/Kramer DB 1995, 975), was im Wi[X.]pruch zu dem das Arbeitsgerichtsgesetz tragenden Beschleunigungsgrundsatz stehe, sachlich unhaltbar sei und die analoge Anwendung des § 4 [X.] bedinge (GMP/Prütting 8. Aufl. § 111 Rn. 24 f.; [X.]/[X.] 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 118), ist unbegründet. Der Ausschuss kann nämlich nicht nur vom Auszubildenden, sondern auch vom Ausbildenden angerufen werden ([X.]/[X.] BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 147; Stück in [X.]/[X.]/[X.]/Stück BBiG § 15 Rn. 185 f.). Der Ausbildende hat es - an[X.] als der Arbeitgeber nach einer von ihm erklärten ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses - damit ohne Weiteres selbst in der Hand, für schnelle Klarheit über die Wirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung des Ausbildungsverhältnisses zu sorgen, indem er selbst den Ausschuss anruft und so den Schwebezustand beendet.

bb) Ausgehend davon ist die Regelung zur Anrufung des [X.] in § 111 Abs. 2 ArbGG - gemessen an ihrer [X.] - nicht unvollständig. Im Gegenteil ist § 111 Abs. 2 ArbGG ein in sich geschlossenes, vollständiges Regelungssystem mit eigenem Fristenregime, das in seinem Anwendungsbereich die Klagefristen des [X.]es verdrängt. Eine Frist sieht der Gesetzgeber nur bei Scheitern der mit § 111 Abs. 2 ArbGG angestrebten, vorrangigen außergerichtlichen Einigung für die Anrufung des Arbeitsgerichts vor (§ 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG). Daraus folgt mit hinreichender Klarheit im Umkehrschluss, dass er die Anrufung des [X.] ohne Frist ermöglichen wollte (vgl. [X.] S. 213).

cc) Der Annahme, der Gesetzgeber habe die Problematik der fristungebundenen Anrufung des [X.] übersehen, steht auch die Gesetzgebungsgeschichte entgegen.

(1) Die in § 111 Abs. 2 Satz 4 ArbGG geregelte Pflicht, im Spruch über die Notwendigkeit zu belehren, das Arbeitsgericht binnen zwei Wochen anzurufen, ist eingefügt worden, um eine rechtsstaatlich bedenkliche Verkürzung des gerichtlichen Rechtsschutzes zu verhindern ([X.]. 8/1567 S. 47). Das zeigt, dass dem Gesetzgeber bewusst war, dass eindeutige und klar geregelte Fristen zur Anrufung von Gerichten für Rechtssicherheit sorgen. Ein vergleichbares Bedürfnis hat er für das dem Arbeitsgerichtsprozess vorgeschaltete Verfahren vor dem nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildeten Ausschuss aufgrund seines informellen, auf gütliche Streitbeilegung zielenden Charakters offenkundig nicht gesehen.

(2) Der Gesetzgeber hat seinen Willen dadurch bestätigt, dass er den Anwendungsbereich des § 4 [X.] durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 ([X.] 3002) erheblich ausgeweitet hat, ohne zugleich § 111 Abs. 2 ArbGG zu ändern (vgl. [X.]/[X.] Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; [X.]/[X.] Stand Juni 2012 § 4 Rn. 19; [X.] in Natter/[X.] 2. Aufl. § 111 Rn. 19; [X.]/[X.]/Zimmerling 3. Aufl. ArbGG § 111 Rn. 14). Durch § 4 [X.] nF soll im Interesse einer raschen Klärung der Frage, ob eine Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat oder nicht, für die Geltendmachung aller Unwirksamkeitsgründe eine einheitliche Klagefrist gelten ([X.]. 15/1204 S. 9 f., 13). Die Gesetzesänderung diente gerade auch dazu, Unsicherheiten bei der Frage, wann das Klagerecht verwirkt ist, entgegenzuwirken. Hätte der Gesetzgeber dieser Unsicherheit auch für das Verfahren vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG begegnen wollen, hätte er dies dort oder in § 4 [X.] ausdrücklich geregelt. Der Schluss, durch die Novellierung des § 4 [X.] erhalte die gesetzlich nicht festgelegte Frist zur Anrufung des [X.] eine funktionsgerechte, rechtlich klare und für die Praxis übersichtlich handhabbare Regelung ([X.]/[X.] 10. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 117), geht darum fehl. Vielmehr hat der Gesetzgeber an den unterschiedlichen Regelungskonzepten, die er mit § 4 [X.] einerseits und § 111 Abs. 2 ArbGG andererseits verfolgt, festgehalten. Diese unterschiedlichen Konzepte bedingen die bestehenden Unterschiede bei der Frist zur Einleitung der Verfahren.

(a) § 4 [X.] soll nach dem Willen des Gesetzgebers sicherstellen, dass der Arbeitgeber alsbald Klarheit darüber erlangt, ob der Arbeitnehmer die Kündigung hinnimmt. Ein längerer Schwebezustand soll vermieden werden.

(b) Demgegenüber soll durch das Verfahren vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG auch bei [X.] eine gerichtliche Auseinan[X.]etzung gerade vermieden werden (vgl. [X.] 13. April 1989 - 2 [X.] - zu II 1 b cc der Gründe, [X.]E 61, 258). Das macht schon der Wortlaut des § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG deutlich, wenn er die Bildung von Ausschüssen zur „Beilegung von Streitigkeiten“ zulässt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Erfüllung der Berufsausbildungsaufgabe eine beson[X.] starke Bindung der Vertragspartner verlangt ([X.]. V/4260 S. 11). Ausgehend davon soll die Verhandlung vor dem Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG eine Chance mehr schaffen, dass der Auszubildende die Ausbildung beenden kann. Es soll vermieden werden, dass sich die Partner des Ausbildungsverhältnisses als Prozessparteien streitend vor Gericht gegenüberstehen (Barwasser DB 1976, 434, 435). Daraus folgt, dass § 111 Abs. 2 ArbGG einen nur durch die Verwirkung begrenzten Rechtsschutz gewähren und das Verfahren vor dem Ausschuss nicht durch [X.] belasten will (ähnlich [X.] S. 214).

c) Darüber hinaus kann die Fristenregelung nach § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.] nur unter Inkaufnahme von Wertungswi[X.]prüchen auf § 111 Abs. 2 ArbGG übertragen werden. Auch darum scheidet eine analoge Anwendung dieser Fristen aus. Fände § 4 [X.] auf die Anrufung des [X.] analoge Anwendung, hätte die Versäumung dieser Frist auch zur Folge, dass die Wirksamkeit der Kündigung nach § 7 [X.] fingiert werden müsste ([X.]/[X.] BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 149). Darum bedürfte es einer Regelung, wie einer unverschuldeten Versäumung der Frist zur Anrufung des [X.] zu begegnen wäre. Das Verfahren nach § 5 [X.] kann vor den Ausschüssen nicht durchgeführt werden ([X.] 13. April 1989 - 2 [X.] - zu [X.] 2 b cc der Gründe, [X.]E 61, 258). Die Rechtsprechung kann ein Verfahren zur Wiedereinsetzung nicht im Wege der zulässigen Rechtsfortbildung entwickeln. Insoweit läge eine freie Rechtsschöpfung vor ([X.] [X.]. EzA [X.] § 13 nF Nr. 4 S. 18). Würden sich die Ausschüsse in ihren Satzungen jeweils selbst ein Verfahren zur Wiedereinsetzung geben, führte dies zu einer völligen Rechtszersplitterung und einer Rechtsschutzungleichheit, die der Gesetzgeber offenkundig gerade vermeiden wollte.

4. Die Möglichkeit des Auszubildenden, den Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG allein begrenzt durch den Tatbestand der Verwirkung anzurufen, führt zu keiner den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Abweichung von der Rechtslage, die besteht, wenn kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 GG gebildet ist.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s (seit Urteil vom 5. Juli 1990 - 2 [X.] 53/90 -) sind die Vorschriften des [X.]es über die fristgebundene Klageerhebung auf außerordentliche Kündigungen von [X.] unmittelbar anzuwenden, falls kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist.

b) Erhebliche Teile im Schrifttum halten eine Differenzierung hinsichtlich der Wahrung des Rechtsschutzes zwischen Bezirken mit und ohne Ausschuss zumindest für sachwidrig ([X.]/[X.] 15. Aufl. § 22 BBiG Rn. 9; [X.] in [X.]/[X.] BBiG § 22 Rn. 101), teils auch für gleichheitswidrig ([X.] 1989, 879, 882; [X.]. [X.]. LA[X.] ArbGG 1979 § 111 Nr. 1), für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ([X.] S. 231 ff.) oder für eine unzumutbare Erschwerung des Zugangs zum Gericht, die für Auszubildende zudem einen ungleichen, vom Bestehen des [X.] abhängigen Zugang zum Gericht eröffne und auch gegen das Gebot der Rechtsklarheit verstoße ([X.] [X.]. EzA [X.] § 4 nF Nr. 39). Deshalb sollen die Vorschriften des [X.]es über die fristgebundene Klageerhebung auch dann nicht anzuwenden sein, wenn kein Ausschuss gebildet ist. Demgegenüber hält [X.] ([X.]/[X.] Stand Juni 2012 § 4 Rn. 18 f.) die Ungleichbehandlung für gerechtfertigt, weil die Chance der außergerichtlichen Streitbeilegung durch eine vorzeitige Anrufung des Gerichts nicht gemindert werden solle.

c) Nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers finden § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.] bei einer außerordentlichen Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Ausbildenden dann - aber auch nur dann - Anwendung, wenn kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet ist. Auch insoweit hält der Senat an der Rechtsprechung fest.

aa) [X.] sind Arbeitsverhältnisse im Sinne des [X.]es, auf die §§ 1 ff. [X.] Anwendung finden, soweit sich nicht aus dem Berufsbildungsgesetz etwas anderes ergibt. Das folgt aus § 23 Abs. 1 Satz 2 [X.]. Die darin erfolgte Herausnahme der zur Berufsausbildung Beschäftigten bei der Berechnung der Mindestgröße des Betriebs wäre nicht erforderlich, wenn Auszubildende nicht grundsätzlich zu den Arbeitnehmern im Sinne des [X.]es zählten ([X.] 26. Januar 1999 - 2 [X.] 134/98 - zu II 2 c aa der Gründe). Das sah auch der Gesetzgeber des Berufsbildungsgesetzes so. Aus dem Bericht des federführenden [X.] ([X.]. V/4260 S. 5 f.) ergibt sich, dass er auch solche Gesetze, die wie das [X.] das Berufsausbildungsverhältnis nicht ausdrücklich einbeziehen, grundsätzlich auf das Ausbildungsverhältnis anwenden wollte und als anwendbar ansah, um so den Auszubildenden in mindestens gleichem Maße wie Arbeitnehmern den Schutz der arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze zu gewähren.

bb) [X.] ist vom Gesetzgeber mit der Novellierung des § 4 [X.] im Jahr 2003 bestätigt worden ([X.]/[X.] Stand Juni 2014 § 111 Rn. 31). Er hat dabei bewusst die Klagefrist ua. auf alle Fälle eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot iSv. § 134 BGB wie das des vorliegend verletzten § 22 Abs. 3 BBiG ausgedehnt ([X.]. 15/1204 S. 13).

cc) Besteht kein Ausschuss, finden damit § 4 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 7 [X.], vermittelt über die Generalklausel des § 10 Abs. 2 BBiG, unmittelbar Anwendung auf das Ausbildungsverhältnis. Die Kritik, aufgrund des im Bereich des [X.] geltenden Analogieverbots könnten die Fristenregelungen des [X.]es auf das Berufsausbildungsverhältnis nicht übertragen werden ([X.] [X.]. EzA [X.] § 4 nF Nr. 39 S. 14 f.), verfängt darum nicht. Der Gesetzgeber hat selbst die entsprechende Anwendung dieser Bestimmungen auf Ausbildungsverhältnisse angeordnet. Ist kein Ausschuss nach § 111 Abs. 2 ArbGG gebildet, fehlt es an einer die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts verdrängenden Spezialregelung.

dd) Diese eindeutige [X.] des Gesetzgebers haben die Gerichte zu akzeptieren. Darum scheidet die im Schrifttum befürwortete verfassungskonforme Auslegung des § 4 [X.] ([X.] S. 256 ff.) ebenso von vornherein aus ([X.] 16. Dezember 2014 - 1 BvR 2142/11 - Rn. 86) wie eine teleologische Reduktion dieser Bestimmung bei der Kündigung von [X.] (vgl. [X.] 21. Dezember 2011 - V[X.] ZR 70/08 - Rn. 31, [X.]Z 192, 148).

d) Die geltende Rechtslage steht im Einklang mit dem Grundgesetz.

aa) Ausbildungsverhältnisse, bei denen das zwingende Vorverfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG einzuhalten ist, werden nicht unter Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gegenüber [X.], bei denen kein Ausschuss gebildet ist und bei denen deshalb die [X.] für Klagen gegen Kündigungen durch den Auszubildenden gewahrt werden muss, ungleich behandelt.

(1) Die Kritik im Schrifttum geht auch insoweit von einem unzutreffenden Ausgangspunkt aus. Sie nimmt einseitig den Auszubildenden und dessen aus ihrer Sicht vorliegende Benachteiligung bei Fehlen eines [X.] in den Blick. Bei der Prüfung einer Verletzung des Gleichheitssatzes ist jedoch auf das Ausbildungsverhältnis als solches abzustellen und deshalb auch die Interessenlage des Ausbildenden zu berücksichtigen. Dessen Interesse an einer schnellen Klärung der Wirksamkeit der Kündigung unter Berücksichtigung aller denkbaren Unwirksamkeitsgründe hatte der Gesetzgeber, wie ausgeführt, bei der Novellierung des § 4 [X.] sogar vorrangig im Blick. Wie ebenfalls bereits ausgeführt, hat der Ausbildende es bei Bestehen eines [X.] selbst in der Hand, durch dessen Anrufung für Rechtsklarheit zu sorgen. Diese Möglichkeit fehlt ihm dagegen, wenn kein Ausschuss gebildet worden ist. Er kann zwar theoretisch Klage auf Feststellung der Wirksamkeit der von ihm erklärten Kündigung erheben. An[X.] als bei dem Streit über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers (vgl. dazu [X.] 9. September 1992 - 2 [X.] 142/92 - zu II 1 a der Gründe) oder Auszubildenden ist aber das Feststellungsinteresse einer solchen Klage fraglich. Diese (doppelte) Ungewissheit will der Gesetzgeber dem Ausbildenden mit dem an den Auszubildenden gerichteten Erfordernis, die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb der Frist des § 4 [X.] geltend zu machen, gerade nehmen.

(2) Damit hat der Gesetzgeber das Bestandsschutzinteresse in [X.] nicht unterschiedlich gewichtet, sondern der unterschiedlichen Interessenlage durch eine unterschiedliche Rechtslage Rechnung getragen. Das ist nicht wi[X.]prüchlich (so aber [X.] [X.]. EzA [X.] § 4 nF Nr. 39 S. 13, 17). Vielmehr wird auch bei einer solchen differenzierenden Lösung die vom Gesetzgeber angestrebte schnelle Klärung des Fortbestandes des Ausbildungsverhältnisses noch erreicht (vgl. [X.] 5. Juli 1990 - 2 [X.] 53/90 - zu II 4 der Gründe): Besteht ein Ausschuss, kann der Ausbildende diesen selbst anrufen, wenn dies der Auszubildende nicht innerhalb einer dem Ausbildenden angemessen erscheinenden [X.] tut. Besteht kein Ausschuss, ist der Ausbildende durch § 4 [X.] vor einem langdauernden Schwebezustand grundsätzlich geschützt.

(3) Bei dieser Differenzierung durfte der Gesetzgeber aufgrund der ihm zukommenden [X.] das Verfahren nach § 111 Abs. 2 ArbGG mit der dadurch eröffneten unbürokratischen, außergerichtlichen Einigungsmöglichkeit als Regelfall ansehen und dessen Einleitung ebenfalls unbürokratisch ausgestalten. Darum trägt das Argument nicht, es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum man die Rechtsposition des Auszubildenden, die bereits dadurch verschlechtert sei, dass für sein Ausbildungsverhältnis kein Schlichtungsausschuss existiere, durch die Annahme einer Klageerhebungsfrist weiter verschlechtere ([X.] S. 245).

bb) Auch Art. 12 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Hinsichtlich der vereinzelt im Schrifttum angenommenen Verkürzung des Rechtsschutzes des Auszubildenden ([X.] S. 231 ff.) ist das Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG lex specialis.

cc) Die geltende Rechtslage bei Fehlen eines [X.] führt auch weder zu einer unzumutbaren Erschwerung des Zugangs des Auszubildenden zu Gericht noch zu einem ungleichen Zugang zu Gericht (aA [X.] [X.]. EzA [X.] § 4 nF Nr. 39 S. 10 ff.).

(1) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet den Rechtsweg im Rahmen der einfach-gesetzlichen Prozessordnung. Dabei darf der Weg zu den Gerichten von der Erfüllung und dem Fortbestand bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden. Allerdings muss die normative Ausgestaltung des Rechtswegs das Ziel eines wirkungsvollen Rechtsschutzes auch tatsächlich verfolgen und ermöglichen. Der Zugang zu den Gerichten darf nicht in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden ([X.] 17. September 2012 - 1 BvR 2254/11 - Rn. 25, [X.]K 20, 43). Fristen für die Anrufung des Gerichts oder die Einlegung von Rechtsmitteln dürfen deshalb nicht unangemessen kurz sein (vgl. [X.] 2. Dezember 1987 - 1 BvR 1291/85 - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 77, 275).

(2) Diesen Anforderungen genügt § 4 [X.] offenkundig. Ob für den Auszubildenden nur schwer zu ermitteln ist, ob ein Ausschuss besteht, ist eine Tatfrage des Einzelfalls und keine Frage der Ausgestaltung des Rechtswegs als solchen. Diesen tatsächlichen Schwierigkeiten haben die Gerichte durch die Handhabung der prozessualen Vorschriften Rechnung zu tragen. Art. 19 Abs. 4 GG gilt insoweit auch innerhalb des gerichtlichen Verfahrens ([X.] 17. September 2012 - 1 BvR 2254/11 - Rn. 25, [X.]K 20, 43). Deshalb ist § 5 [X.] großzügig zu handhaben, sofern die [X.] im Zusammenhang mit Zweifeln, ob ein Ausschuss gebildet ist, versäumt wird (vgl. [X.] 26. Januar 1999 - 2 [X.] 134/98 - zu II 2 d der Gründe). Darum ist § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG dahin auszulegen, dass es ausreicht, wenn die Verhandlung vor dem Ausschuss nach Klageerhebung, aber vor der streitigen Gerichtsverhandlung stattfindet. Die zunächst unzulässige Klage wird in einem solchen Fall nach Beendigung des Verfahrens vor dem Ausschuss zulässig (vgl. [X.] 25. November 1976 - 2 [X.] 751/75 - zu [X.]). Der Auszubildende kann das Risiko, die [X.] zu versäumen, demnach bei Zweifeln, ob ein Ausschuss gebildet ist, durch (vorsorgliche) fristgerechte Klageerhebung ausschalten. Damit ist der Gefahr des [X.] ausreichend begegnet.

(3) Wie ausgeführt, liegt auch kein ungleicher Zugang zu Gericht vor.

dd) Schließlich genügen die gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 Abs. 2, § 22 BBiG iVm. § 4 [X.]) noch dem Gebot der Rechtsklarheit. Dieses soll sicherstellen, dass der Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann. Bestimmungen über den Zugang zu ([X.] sind darum möglichst klar erkennbar und bestimmt zu halten ([X.] 11. Juni 1980 - 1 [X.] 1/79 - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 54, 277). Angesichts der unausweichlichen Komplexität von Rechtsvorschriften in einem modernen, rechtlich hoch entwickelten [X.] reicht es zur Wahrung des Gebots der Rechtsklarheit aber grundsätzlich aus, dass der Inhalt gesetzlicher Bestimmungen dem Bürger erst unter Zuhilfenahme juristischer Fachkunde erkennbar ist (vgl. [X.] 4. Juni 2012 - 2 [X.], 10, 11, 12/08 - zu [X.] 2 a bb (2) der Gründe, [X.]E 131, 88). Auch die Notwendigkeit einer Auslegung nimmt einer gesetzlichen Regelung über den Zugang zu den Gerichten noch nicht die erforderliche Bestimmtheit ([X.] 12. Februar 1992 - 1 [X.] - zu [X.] 3 der Gründe, [X.]E 85, 337). Jedenfalls für Rechtskundige ist ohne Weiteres zu erkennen, dass nur bei Fehlen eines [X.] nach § 111 Abs. 2 ArbGG die Frist des § 4 [X.] für eine gerichtliche Kontrolle der außerordentlichen Kündigung des Ausbildenden eingehalten werden muss (vgl. [X.] 3. März 2004 - 1 [X.] - zu [X.] 2 d cc der Gründe BVerf [X.] 110, 33).

[X.]. Die [X.] der Revision gegen die Annahme des [X.]s, das Recht der Klägerin, die Unwirksamkeit der Kündigung geltend zu machen, sei nicht verwirkt, greifen nicht durch.

1. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB ([X.] in [X.]Rspr., zuletzt 11. Dezember 2014 - 8 [X.] 838/13 - Rn. 24). Ob ihre Voraussetzungen erfüllt sind, kann nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls entschieden werden. Dabei ist eine Berücksichtigung des in der [X.] des § 4 [X.] verkörperten Interesses des Arbeitgebers, einen langen Schwebezustand zu vermeiden, bei der Frage, ob das [X.]moment erfüllt ist, zwar grundsätzlich möglich. Das führt aber nicht zu einer Konkretisierung des Verwirkungstatbestandes dergestalt, dass der Ausschuss regelmäßig innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung angerufen werden muss (aA [X.]/[X.] Stand Juni 2014 § 111 Rn. 30; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 111 ArbGG Rn. 9; [X.]/Kramer DB 1995, 975, 976). Hinsichtlich des [X.]moments kann nicht auf eine bestimmte Frist abgestellt werden. [X.]- und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, so dass das [X.]moment stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu ermitteln ist ([X.] 17. Oktober 2013 - 8 [X.] 974/12 - Rn. 27). Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Arbeitgeber bei Bestandsstreitigkeiten typischerweise nicht davon ausgeht, nach Ablauf längerer [X.] noch in Anspruch genommen zu werden. In die erforderliche Gesamtbetrachtung (vgl. dazu [X.] 24. Februar 2011 - 8 [X.] 413/09 - Rn. 29) ist allerdings auch einzubeziehen, dass der Gesetzgeber mit § 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] und §§ 21, 17 Satz 2 [X.] deutlich gemacht hat, dass ein Arbeitgeber vor Ablauf der darin für die nachträgliche Zulassung geregelten Höchstfrist von sechs Monaten regelmäßig nicht damit rechnen kann, keiner Bestandsschutzstreitigkeit mehr ausgesetzt zu werden (vgl. [X.] 9. Februar 2011 - 7 [X.] 221/10 - Rn. 15, [X.]E 137, 113).

2. Die [X.] hatte spätestens am 5. Juni 2013 und damit weniger als sieben Wochen nach der von ihr erklärten Kündigung durch den von der Klägerin angerufenen [X.] Kenntnis, dass die Klägerin die Kündigung nicht hinnehmen wolle. Das zeigt ihr Schreiben von diesem Tag, mit dem sie dem Ausschuss die aus ihrer Sicht vorliegenden Kündigungsgründe dargestellt hat. Ob ausgehend davon bereits das [X.]moment fehlte, hat das [X.] offengelassen. Es hat bei seiner von Amts wegen erfolgten Verwirkungsprüfung jedoch das Umstandsmoment rechtsfehlerfrei verneint.

a) Die [X.] hat erstmals in der Revision selbst Tatsachen vorgetragen, aus denen nach ihrer Auffassung die Verwirkung folge. Mit diesem neuen Vortrag kann sie in der Revision nicht mehr gehört werden. Darüber hinaus hat das [X.] angenommen, nachdem die [X.] gegenüber dem Ausschuss deutlich gemacht habe, sie sei nicht bereit, die Klägerin bis zum regulären Abschluss der Ausbildung zu beschäftigen, habe es in einer gerichtlichen Auseinan[X.]etzung nur noch um die möglicherweise aus einer Unwirksamkeit der Kündigung resultierenden [X.] der Klägerin gehen können. Hierfür mache es jedoch keinen relevanten Unterschied, ob zwei Wochen früher oder später entschieden werde. Damit hat es im Ergebnis rechtlich zutreffend darauf abgestellt, dass sich der Streit der Parteien seit Beginn des Rechtsstreits wirtschaftlich auf die Erfüllung von [X.]n in Höhe von rund 1.000,00 Euro beschränkte und darum nicht ersichtlich ist, dass die [X.] im Hinblick auf die Untätigkeit der Klägerin Dispositionen getroffen hat, aufgrund derer es ihr unzumutbar ist, sich auf die später erhobene Klage noch einzulassen.

b) Schließlich hätte es der [X.]n freigestanden, selbst den Schlichtungsausschuss anzurufen, wenn sie Rechtssicherheit hätte erlangen wollen, ob ihre Kündigung wirksam war. Diese Möglichkeit eröffnete ihr § 5 Abs. 1 der Satzung des [X.] der [X.] ausdrücklich. Auch das steht der Verwirkung entgegen.

IV. Der Klägerin steht eine Ausbildungsvergütung von 1.045,33 Euro für die [X.] vom 19. April bis zum 7. Juni 2013 zu.

1. Die [X.] befand sich ab Zugang des Kündigungsschreibens am 22. April 2013 im Annahmeverzug. Eines Angebots der Arbeitsleistung bedurfte es aufgrund der Regelung in § 296 BGB nicht ([X.]Rspr., zuletzt [X.] 25. Februar 2015 - 5 [X.] 886/12 - Rn. 41).

2. Der eingeklagte Betrag ist rechnerisch unstreitig. [X.] führt die [X.] insoweit nicht. Für die Monate April und Juni 2013, in denen nur eine anteilige Vergütung geschuldet ist, ist 1/30 der Ausbildungsvergütung je Tag zugrunde zu legen (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] 251/11 - Rn. 22 ff., [X.]E 141, 340). Das hat die Klägerin getan.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    Augat    

        

    M. Jostes    

                 

Meta

6 AZR 490/14

23.07.2015

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bonn, 11. Dezember 2013, Az: 2 Ca 1909/13, Urteil

Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 111 Abs 2 ArbGG, § 4 S 1 KSchG, § 13 Abs 1 S 2 KSchG, § 7 KSchG, § 242 BGB, § 125 BGB, § 615 BGB, § 17 BBiG 2005, § 18 BBiG 2005, § 22 Abs 3 BBiG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.07.2015, Az. 6 AZR 490/14 (REWIS RS 2015, 7667)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 7667

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Wird zitiert von

1 Ca 1198/21

10 Sa 523/15

4 Sa 823/17

2 Ca 5416/15

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