Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. V ZR 98/03

V. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 243

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[X.] DES VOLKESTEIL-VERSÄUMNIS- UND [X.] ZR 98/03Verkündet am:12. Dezember 2003K a n i k,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:nein[X.]Z:[X.]: jaBGB § 1004 Abs. 1 Satz 2Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,wenn allein diese Maßnahme den [X.] der drohenden Beeinträchtigung ge-währleistet, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünfti-gerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.[X.], [X.] und [X.]. v. 12. Dezember 2003 - [X.]/03 - [X.]AG [X.] -Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des [X.]Dr. [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil [X.] des [X.] vom 6. März 2003aufgehoben und das Urteil des [X.] vom21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile [X.] der Klägerin ergangen sind.Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die [X.] zu 2 verurteilt, den auf dem [X.] in [X.]an der westlichen [X.] im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen [X.] unmittelbar neben der Garage des [X.] straße 18 in [X.]stehenden Nadelbaum zu ent-fernen.Die Revisionen der [X.] werden als unzulässig [X.].Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanztragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8;die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.- 3 -Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der vonder [X.] zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck-bar.Von Rechts [X.]:Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in [X.] . Das [X.] Grundstück stand zunächst im Eigentum der [X.] zu 1; seitdem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im [X.]. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamenGrundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der [X.] aus [X.] ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die aufdem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der [X.] verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstückbildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk [X.] auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt [X.] [X.] in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweiseauf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baumund dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der [X.] zu 1 [X.] von 2.000 DM sowie gegenüber beiden [X.] die Feststellungvon deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die- 4 -Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im [X.] Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem [X.] und- hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der[X.] zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur aufden Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verur-teilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem [X.]. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständi-ger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der [X.]n zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. [X.] Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der [X.]zu 2 zur Entfernung der [X.]. Die von den [X.] eingelegten [X.] nicht begründet worden.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer [X.] mit der Klägerin zur Beseitigung der [X.] und zur Zahlung [X.] DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in [X.] sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden [X.]. Gegenüber der [X.] zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch derKlägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten [X.] habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "[X.]"ausgebildet, der sich bei Einwirkung von [X.] auf den Baum gegendie Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die [X.] -schlußfristen des [X.] Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäߧ 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Ei-gentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. [X.] dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, [X.] nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach [X.] des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälfti-ger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oderauch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.II.Die Revisionen der [X.] sind unzulässig, weil beide die erforderli-che Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen istdie Revision der Klägerin zulässig und begründet.1. [X.] der Revision der Klägerin scheitert nicht an derfehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO).Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die [X.]beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angese-hene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem [X.]Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl.[X.]Z 7, 62, 63; 130, 50, 59; [X.]/[X.], Aktualisierungsband,§ 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nichtaufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die- 6 -für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzu-ziehen sind (vgl. [X.]Z 48, 134, 136; [X.], Urt. v. 8. März 1995, [X.] ZR156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, [X.], [X.], 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revisionnicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. [X.], Urt. v. 11. Juli 2003, [X.]/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in [X.] 2003, 310 nicht abgedruckt; [X.], [X.]. 7. Juli 1983, [X.], NJW 1984, 615).2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen [X.] der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich [X.] nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruchaus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung [X.], mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nichtdie Entfernung der [X.] verlangt werden.a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegen-den Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. [X.],[X.]Z 142, 66, 68). Nach den [X.] - und von der Klägerin als ihrgünstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte [X.] der [X.] zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf demGrundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am [X.] allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handeltsich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grund-eigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des [X.] verlangt werden kann (vgl. [X.], Urt. v. 1. Dezember 1995,V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte [X.] -wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nachden getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Wind-druck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerindarum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicherSchäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlas-sungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klä-gerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der [X.]n zu 2 her eindringen (vgl. dazu [X.], [X.]Z 135, 235, 238 - [X.]/[X.]; Urt. v. 28. November 2003, [X.], Umdruck S. 6, [X.] vorgesehen - Betonplatte/[X.]). Folgerichtig hatdas Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wur-zeln der [X.] über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin ge-wachsen sind.Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereitserfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorlie-gen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. [X.], Urt. v. 27. Mai 1986,VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 alsStörerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt,sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eineweitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch [X.], die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck [X.] gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümerzurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge [X.] -daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines [X.] die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus§ 910 BGB ([X.], Urt. v. 28. November 2003, [X.], Umdruck [X.]/[X.]). [X.] die Wurzeln dagegen nicht in [X.] ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zu-sätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen [X.] schädigenden Druck aus, so kommt es nach der [X.] darauf an, ob den Eigentümer des störendenGrundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft ([X.], Urt. v. 14. November 2003,V [X.], Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in [X.]Z - vorgese-hen - [X.]; Urt. v. 28. November 2003, [X.], Umdruck [X.]/[X.]). Dies ist nach den Umständen des [X.] beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störendenGrundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von [X.] aus ist die Störereigenschaft der [X.] zu 2 allein schon deswegenzu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der ein-schlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1lit. [X.]) unterhält (vgl. [X.], Urt. v. 14. November 2003, V [X.],Umdruck S. 13 - [X.]; zur Veröffentlichung - auch in [X.]Z - vorgese-hen).c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachtenUnterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmtBäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus(vgl. [X.], Urt. v. 16. Februar 2001, [X.], aaO). Betrifft sie danachlediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der- 9 -Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruchaus § 1004 BGB entnommen werden.d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlas-sungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch inder Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des [X.] unterfielen dabei die [X.] aus § 1004 BGB derdreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. ([X.], [X.]Z 60, 235,238; [X.]Z 125, 56, 63; [X.], Urt. v. 8. Juni 1979, [X.], [X.] § 1004BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; [X.], Urt. v. 22. [X.], [X.], NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in [X.]Z 112, 1 nicht abge-druckt, für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieserVerjährung ist entgegen der Ansicht der [X.] zu 2 nicht etwa der Zeit-punkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der [X.] ([X.], Urt. v. 22. Juni 1990, [X.],aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erst-maligen Auftretens von [X.] zu Anfang der neunziger [X.] letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der [X.] die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seitdem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung [X.] nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. [X.]). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit [X.] eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil diesernur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa [X.]/[X.], BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; [X.]/Medicus,- 10 -3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 [X.] für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa [X.], [X.], 338; Picker, [X.], 357, 358 f) verneint wird.e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtungschuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung [X.]. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffas-sung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "ge-eignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwanddurch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen,daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. [X.] sich näm-lich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, soschuldet der zur Unterlassung Verpflichtete [X.]([X.]/[X.], aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das [X.] Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschie-denen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt [X.] ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende [X.] abwendet ([X.], [X.]Z 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982,V [X.], NJW 1983, 751, 752; vgl. auch [X.], [X.]Z 111, 63, 72; Urt. [X.] November 1983, [X.], NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinenGrund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend ein-geschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor [X.] seines Eigentums erfordert ([X.], [X.]Z 67, 252, 253). [X.] kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von- 11 -Störungen bestimmter Art lauten ([X.], Urt. v. 17. Dezember 1982, [X.], [X.]) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maß-nahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den [X.] der drohenden Be-einträchtigung gewährleistet (vgl. [X.], [X.]Z 67, 252, 254; Urt. [X.] November 1983, [X.], aaO). Nichts anderes kann gelten, wennweitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaftin Betracht gezogen werden können (so wohl auch [X.]/Medicus,aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Ei-geninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen [X.] können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materi-ellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. [X.], [X.]Z 105, 154, 158;[X.]Z 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).cc) Im vorliegenden Fall fehlt der [X.] zu 2 nach [X.] das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernendes Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichtszwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des [X.] Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbstdem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerendeFolgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwieder-bringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben [X.] binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wach-sen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein [X.] Vorteil gegenüber einer Fällung der [X.] ist hiernach nicht zu erken-nen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte [X.] -native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilenMaterial." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maß-nahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch – unsinnig"sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der [X.] zu 2 am Erhalt der [X.] in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund einesUnterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des [X.] Nachbar-rechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den [X.] inso-weit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsge-richts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruchder Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38Nr. 1 lit. [X.]) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann- wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nach-barn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt [X.] Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem [X.] (vgl. [X.]/[X.] [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; [X.]/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; [X.]/[X.], [X.]., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einenAnspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßge-bende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlas-sungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraus-setzungen, insbesondere einer zu [X.] weiteren [X.] abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafterenlandesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall be-schränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzun-gen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch [X.] ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der [X.] zu 2 (vgl. [X.],Urt. v. 14. November 2003, V [X.], Umdruck S. 14 - [X.]) undsteht [X.]n aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wennsich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum [X.] ergeben (vgl. [X.], Urt. v. 14. November 2003, V [X.], [X.] - [X.]).3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die [X.] in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des [X.] (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden,weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu [X.] (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der [X.] zu 2 auf [X.].[X.] Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100Abs. 2 ZPO.Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach§ 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.[X.] Tropf [X.]Gaier Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 98/03

12.12.2003

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2003, Az. V ZR 98/03 (REWIS RS 2003, 243)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 243

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