Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 6 C 1/17

6. Senat | REWIS RS 2018, 12091

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Gegenstand

Rundfunkbeitragspflicht einer in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten Rechtsanwaltssozietät


Leitsatz

1. Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die am Rechtsverkehr teilnehmen und eine Betriebsstätte führen, sind juristische Personen im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 RBStV (juris: RdFunkBeitrStVtr NW) und als solche Inhaber der Betriebsstätte.

2. Die Rundfunkbeitragspflicht der Betriebsstätteninhaber greift nicht in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit ein. Ein Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist auch dann nicht gegeben, wenn der Inhaber zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen einen internetfähigen Personalcomputer vorhalten muss.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltssozietät in der Form der [X.]. Sie wird unter der Firmenbezeichnung "..., Rechtsanwälte" seit November 2005 mit einem [X.] bei dem Beklagten geführt. Der Beklagte setzte für die Betriebsstätte der Klägerin einen Übergangsbeitrag für die Zeit von Januar 2013 bis März 2013 von 53,94 € nebst 8 € Säumniszuschlag fest. Im Widerspruchsverfahren teilte die Klägerin mit, dass sie nicht mehr als acht Beschäftigte habe. Der Beklagte hob daraufhin mit dem Widerspruchsbescheid die Beitragsfestsetzung in Höhe von 35,97 € auf. Gegen den verbliebenen festgesetzten [X.] nebst Säumniszuschlag richtet sich die Anfechtungsklage, die in den Vorinstanzen erfolglos geblieben ist.

2

Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Klägerin sei die [X.]. Der [X.] sei auch im Hinblick auf die hier einschlägigen Regelungen für die Heranziehung von Freiberuflern verfassungsgemäß. Bei dem [X.] handele es sich um eine nichtsteuerliche Abgabe, deren Regelung in die Gesetzgebungskompetenz der Länder falle. Sie diene der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV und fließe nicht in den allgemeinen staatlichen Haushalt. Der Beitrag werde nicht voraussetzungslos geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. [X.] komme in dessen tatbestandlicher Ausgestaltung noch hinreichend zum Ausdruck. Der Anknüpfung vornehmlich an die Betriebsstätte liege die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass die Inhaber als Adressaten des Programmangebots den Rundfunk typischerweise in einer der beitragspflichtigen Raumeinheiten nutzten oder nutzen könnten und deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse auf den abzugeltenden Vorteil zulasse. Anhaltspunkte für die Annahme eines Härtefalls in analoger Anwendung des § 4 Abs. 6 [X.] lägen nicht vor. Der Umstand, dass in der Betriebsstätte kein Rundfunk genutzt werde, sei unbeachtlich, da es auf den [X.] oder die tatsächliche Nutzung nicht ankomme.

3

Der Vorteilsausgleich beziehe sich auf den strukturellen Vorteil, den jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ziehe, und den individuellen Vorteil der Möglichkeit der Inanspruchnahme. Dies gelte auch für den unternehmerischen Bereich, dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk spezifische, die [X.] fördernde Vorteile biete, sei es zur Informationsgewinnung, sei es zur Unterhaltung der Beschäftigten oder Kunden.

4

Der Beitrag sei als vergleichsweise geringfügige Belastung anzusehen, die nicht unverhältnismäßig sei. Gegen eine Überfinanzierung oder verdeckte Steuer habe der Gesetzgeber hinreichend effektive Vorkehrungen getroffen, insbesondere weil Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Beitragsperiode abzuziehen seien. Er habe angesichts der mit dem Modellwechsel verbundenen [X.] bei der Beitragsbemessung nicht davon ausgehen müssen, dass die zu erwartenden Einnahmen den Finanzbedarf beachtlich und auf Dauer übersteigen.

5

Der [X.] beachte die für nichtsteuerliche Abgaben einzuhaltenden Vorgaben. Seine besondere sachliche Rechtfertigung sei in der Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk begründet. Das Aufkommen werde [X.] verwendet. Dass die Gruppe der Beitragspflichtigen mit der Allgemeinheit nahezu deckungsgleich sei, liege in der Natur des spezifischen Sondervorteils, den die zumindest nahezu flächendeckende Versorgung mit öffentlich-rechtlichem Rundfunk bringe.

6

Die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich verletze wegen der verhältnismäßig niedrigen Zahlungsverpflichtung nicht die Informationsfreiheit. Sie verstoße ferner nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Kriterien für die Beitragspflicht seien auch unter Berücksichtigung der höchst unterschiedlichen Strukturen im unternehmerischen Bereich hinreichend realitätsgerecht und ausreichend differenziert, um den beitragsauslösenden Vorteil abzubilden und die Beitragslasten im Verhältnis der Abgabepflichtigen untereinander angemessen zu verteilen. Der Gesetzgeber habe die Beitragspflicht grundsätzlich unwiderleglich und insbesondere nicht gerätebezogen ausgestalten dürfen. Der Vorteil werde durch die Beitragshöhe angemessen abgegolten.

7

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt. Ihrer Auffassung nach ist der [X.]sstaatsvertrag materiell verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe nicht die Rundfunknutzung in allen Betriebsstätten unwiderleglich vermuten dürfen. In der Kanzlei finde keine Rundfunknutzung statt. Die dort vorhandenen Personalcomputer ([X.]) würden ausschließlich beruflich genutzt. Die Kanzlei sei wegen der gesetzlichen Pflichten zur elektronischen Übermittlung der Steuerdaten und zur Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs gezwungen, [X.] vorzuhalten. Die [X.]spflicht greife in nicht gerechtfertigter Weise in die Freiheit der Berufsausübung ein, weil der Beitrag den Zugang zu einem [X.] Arbeitsmittel erschwere.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

9

Der Senat entscheidet über die Revision mit Einverständnis der Verfahrensbeteiligten gemäß § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung.

Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das Berufungsurteil verletzt weder Bundesrecht noch Bestimmungen des revisiblen [X.] - [X.] - in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 2011 des mit Zustimmung des [X.] geschlossenen Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags (veröffentlicht in [X.]. [X.] S. 675).

Der angefochtene Bescheid ist durch die Bestimmungen des [X.] über die Erhebung des [X.] im nicht privaten Bereich gedeckt (1.). Die Beitragsschuldner können eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung und insoweit auch der Verfassungsmäßigkeit des [X.] verlangen (2.). Die Erhebung des [X.] ist verfassungsgemäß, auch soweit die Klägerin zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen internetfähige [X.] als Arbeitsmittel vorhalten muss (3.).

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist im nicht privaten Bereich für jede Betriebsstätte von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein [X.] nach Maßgabe der in Satz 2 festgelegten Staffelung zu entrichten. Danach bemisst sich die Höhe des zu leistenden [X.] nach der Zahl der neben dem Inhaber Beschäftigten und beträgt bis zu 180 Beiträge. Der [X.] ist monatlich geschuldet. Er ist in der Mitte eines Dreimonatszeitraums für jeweils drei Monate zu leisten (§ 7 Abs. 3 [X.]). Rückständige Beiträge werden durch die zuständige [X.] festgesetzt; die Festsetzungsbescheide werden im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt (§ 10 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 1 [X.]).

Die Voraussetzungen für die Festsetzung des [X.] durch den angefochtenen Bescheid liegen vor. Als [X.] schuldete die Klägerin aufgrund der von ihr angegebenen Beschäftigtenzahl in dieser Betriebsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 [X.] monatlich ein Drittel des [X.]. Die Klägerin war im maßgebenden Zeitraum Inhaberin der in dem Bescheid aufgeführten Betriebsstätte.

Inhaber einer Betriebsstätte ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] die natürliche oder juristische Person, die die Betriebsstätte im eigenen Namen nutzt oder in deren Namen die Betriebsstätte genutzt wird. Mit dieser Legaldefinition hat der Gesetzgeber den hinter der Betriebsstätte stehenden Inhaber als Beitragsschuldner erfassen wollen ([X.]. NW 15/1303 S. 47). Inhaber einer durch eine [X.] geführten Betriebsstätte sind nicht die Gesellschafter, sondern ist die [X.]. Sie nimmt am Rechtsverkehr teil, ist (teil-)rechtsfähig und kann klagen oder verklagt werden (vgl. [X.], Urteil vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - [X.]Z 146, 341; [X.], in: [X.] Kommentar, [X.], 7. Aufl. 2017, Schuldrecht Besonderer Teil IV, Vor § 705 Rn. 11 und § 705 Rn. 303, 320). Aufgrund dessen ist sie juristische Person im rundfunkbeitragsrechtlichen Sinne. Dieser Begriff ist weit auszulegen und erfasst nicht nur körperschaftlich verfasste juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts.

Die Regelung des Inhabers der Betriebsstätte ist von dem den [X.]staatsvertrag mitprägenden Gedanken getragen, den zuständigen Rundfunkanstalten weitestgehend ohne erheblichen Ermittlungsaufwand die Feststellung des Beitragsschuldners und die Festsetzung des Beitrags zu ermöglichen. Die Rundfunkanstalten sollen - wie auch die gesetzliche Vermutung der Inhaberschaft in § 6 Abs. 2 Satz 2 [X.] zeigt - keine Vertretungsberechtigungen, Haftungsfragen, gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen oder einen Wechsel von Gesellschaftern vor der Beitragsfestsetzung prüfen müssen. Schuldner des [X.] ist, wer im Rechtsverkehr als Inhaber der Betriebsstätte auftritt. Dies ist im Fall einer [X.] diese selbst.

Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des [X.] nunmehr auf die Gesellschafter einer [X.] als Beitragsschuldner hat abstellen wollen. Gesellschaften bürgerlichen Rechts waren bereits unter der Geltung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags Rundfunkteilnehmer und dementsprechend Schuldner der Rundfunkgebühr (vgl. dazu [X.], Urteil vom 17. Januar 2013 - 6 K 7011/11 - juris Rn. 23 f. m.w.N.; [X.], in: [X.][X.] [Hrsg.], Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 1 RGebStV Rn. 30). An diesen weiten Begriff des Rundfunkteilnehmers haben die Landesgesetzgeber ersichtlich angeknüpft. Mit der Übergangsregelung des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] haben sie die Beitragspflicht der bereits gemeldeten nicht privaten Rundfunkteilnehmer, die ihren Anzeigepflichten nicht nachkommen, unabhängig von ihrer Rechtsform nach Maßgabe von § 6 [X.] vermutet und sie auf diese Weise vollständig in das System der nunmehr geltenden Beitragspflicht integriert.

2. Die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Beitragspflicht greift in die durch Art. 2 Abs. 1 [X.] geschützte Handlungsfreiheit der Beitragsschuldner ein. Der Schutz des Art. 2 Abs. 1 [X.] erfasst die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit, auf die sich gemäß Art. 19 Abs. 3 [X.] auch die [X.] berufen kann. Daher können die Beitragsschuldner eine umfassende Prüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsfestsetzung und damit auch der Verfassungsmäßigkeit des [X.] für den nicht privaten Bereich verlangen.

3. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist die [X.]pflicht für die Inhaber von Betriebsstätten nach §§ 5 und 6 [X.] mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 [X.] vereinbar. Diese Rechtsprechung lässt sich wie folgt zusammenfassen:

a) Die Regelungen sind von der Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht gedeckt, die auch die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Erhebung einer nichtsteuerlichen Abgabe umfasst. Die Regelungen der Finanzverfassung nach Art. 105 ff. [X.] sind nicht anwendbar, weil der [X.] nach seinem materiellen Gehalt ebenso wenig wie die frühere Rundfunkgebühr die Merkmale einer Steuer aufweist. Weder wird er voraussetzungslos erhoben noch ist er dazu bestimmt, den allgemeinen staatlichen Finanzbedarf nach Maßgabe der Verwendungsentscheidungen der Haushaltsgesetzgeber zu decken. Vielmehr stellt der [X.] wie die frühere Rundfunkgebühr eine Vorzugslast dar, die als Gegenleistung für den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit erhoben wird. Dementsprechend ist das Beitragsaufkommen dazu bestimmt, die funktionsgerechte Finanzausstattung der Rundfunkanstalten sicherzustellen, um diesen die Ausstrahlung von [X.] zu ermöglichen ([X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.]E 156, 358 Rn. 24 f.).

b) Die [X.]pflicht als zusätzliche Belastung neben der Steuerpflicht ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der [X.] stellt ein geeignetes Mittel dar, um den unmittelbar in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 [X.] verankerten Anspruch der Rundfunkanstalten auf eine funktionsgerechte Finanzierung ihres Programmauftrags zu erfüllen, die weder vom Marktgeschehen noch vom Willen der Haushaltsgesetzgeber abhängt. Daher können ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten diejenigen Personen als Beitragsschuldner herangezogen werden, die die Rundfunkempfangsmöglichkeit nutzen können. Der [X.] wird erhoben, um den individuellen Nutzungsvorteil abzugelten (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 26).

c) Die verfassungsrechtlich erforderliche Rechtfertigung der [X.]pflicht nach §§ 5 und 6 [X.] setzt auch voraus, dass der [X.] als Vorzugslast ausgestaltet sein muss, d.h. die Gegenleistung für die Möglichkeit des Empfangs der Programmangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks darstellt. Dieser abzugeltende Vorteil muss dem Beitragsschuldner individuell zugerechnet werden können (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 27). Er besteht darin, dass der [X.] den Rundfunk nutzen kann, indem er entweder Informationen aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkangebot für den Betrieb beschafft bzw. betrieblich genutzte Gegenstände mit Empfangsgeräten für seine Beschäftigten oder Kunden ausstattet oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur Unterhaltung oder Information seiner Beschäftigten bzw. Kunden einsetzt ([X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 27 ff.). Da die Beitragspflicht als Vorzugslast ausgestaltet ist, ist der vom Berufungsgericht herangezogene strukturelle Vorteil, den jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ziehe, zu ihrer Rechtfertigung nicht geeignet. Insoweit fehlt es an der individuellen Zurechenbarkeit des Vorteils der Rundfunkempfangsmöglichkeit.

Der individuell zurechenbare Vorteil wird durch das Innehaben einer Betriebsstätte erfasst, weil die Betriebsstätten nahezu lückenlos mit Empfangsgeräten ausgestattet sind. Es liegen hinreichende Erkenntnisse vor, die die tatsächliche Annahme der nahezu flächendeckenden Verbreitung von Rundfunkempfangsgeräten in Betriebsstätten stützen. Zu verweisen ist zum einen auf die Angaben des [X.] über die Ausstattung mit internetfähigen [X.] und zum anderen auf die Verbreitung von internetfähigen mobilen Empfangsgeräten sowie Hörfunk- und Fernsehgeräten in den Betriebsstätten, die sich aus den Anmeldezahlen nicht privater Rundfunkteilnehmer herleiten lässt (vgl. im Einzelnen [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 31 ff.). Die Landesgesetzgeber durften das "vorteilsnähere" Erfassungsmerkmal des Bereithaltens eines funktionstauglichen Empfangsgeräts aufgeben, weil der Umstand, dass der Nachweis des Gerätebesitzes in Betriebsstätten unabhängig von der Beweislastverteilung nicht verlässlich erbracht werden kann, zunehmend dazu führte, dass die Rundfunkprogramme genutzt wurden, ohne ein Empfangsgerät anzumelden und die Rundfunkgebühr zu entrichten (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 40 ff.). Aufgrund dessen kann unwiderleglich vermutet werden, dass sich in Betriebsstätten ein Gerät für den Empfang von [X.] befindet und ein [X.] den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen kann. Es kommt für die Beitragspflicht des [X.]s nicht darauf an, ob und aus welchen Gründen ein Empfangsgerät in der Betriebsstätte vorhanden ist oder wie vorhandene Empfangsgeräte tatsächlich genutzt werden. Der Einwand der Klägerin, sie sei zur Vorhaltung von internetfähigen [X.] gesetzlich verpflichtet, ist für die Beitragspflicht unbeachtlich.

d) Die gestaffelte Beitragsbemessung nach der Beschäftigtenzahl (§ 5 Abs. 1 Satz 2 [X.]) verletzt nicht das in Art. 3 Abs. 1 [X.] enthaltene abgabenrechtliche Gebot der Belastungsgleichheit. Die Länder waren befugt, die Beitragspflicht dem Grunde nach ohne Differenzierung nach den tatsächlichen Vorteilen, Branchen oder Tätigkeitsbereichen auszugestalten. Die degressive Staffelung der Beitragshöhe in Abhängigkeit von der Beschäftigtenzahl bildet den abzugeltenden Vorteil mit Blick auf die Nutzenproportionalität am Maßstab des [X.] hinreichend ab. Da sich der Vorteil für den Betriebsinhaber nicht in einer Nutzungsmöglichkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Beschäftigten erschöpft, sondern vielgestaltig ist, durften die Landesgesetzgeber davon ausgehen, dass der abzugeltende Vorteil in seinem "Wert für den Betrieb" nicht mit wachsender Beschäftigungszahl linear steigt, sondern sich relativiert. Dem entspricht die degressive Staffelung des Beitrags, die zugleich vor einer unverhältnismäßigen Belastung schützt (vgl. im Einzelnen [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 59 ff.).

e) Die Erhebung des [X.] stellt keinen Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 [X.] verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit dar. Hierzu müsste die Regelung in engem Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv deutlich eine berufsregelnde Tendenz erkennen lassen (vgl. [X.], Urteil vom 5. November 2014 - 1 [X.] [[X.]:[X.]:[X.]:2014:fs20141105.1bvf000311] - [X.]E 137, 350 Rn. 69 sowie Nichtannahmebeschluss vom 16. Juli 2012 - 1 BvR 2983/10 [[X.]:[X.]:[X.]:2012:rk20120716.1bvr298310] - NVwZ 2012, 1535 <1536> m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Die [X.]pflicht weist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] mit ihrer Anknüpfung an das Innehaben einer Betriebsstätte keinen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit auf. Der Umstand, dass die Klägerin aufgrund anderweitiger gesetzlicher Verpflichtungen in ihrer Rechtsanwaltskanzlei einen internetfähigen [X.] vorhalten muss, rechtfertigt nicht die gegenteilige Annahme. Die [X.]pflicht erschwert nicht den Zugang zu einem Arbeitsmittel und greift nicht in ungerechtfertigter Weise in die Berufsausübungsfreiheit ein (vgl. dazu bereits unter der Geltung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags [X.], Nichtannahmebeschluss vom 22. August 2012 - 1 BvR 199/11 [[X.]:[X.]:[X.]:2012:rk20120822.1bvr019911] - [X.]K 20, 37 Rn. 19). Dieser Auffassung hat sich der Senat für die Beitragspflicht der [X.] angeschlossen, da sie die [X.] nicht zu einem bestimmten beruflichen Verhalten bewegt (vgl. [X.], Urteil vom 27. September 2017 - 6 C 34.16 [[X.]:[X.]:[X.]:2017:270917U6C34.16.0] - juris Rn. 36 f.).

f) Die Beitragspflicht im nicht privaten Bereich ist schließlich mit Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] sowie mit europarechtlichen Vorgaben vereinbar. Die Ablösung der Rundfunkgebühr durch den [X.] bedurfte nicht nach Art. 108 AEUV der Zustimmung der [X.], weil sich dadurch die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht in [X.] verändert hat (vgl. [X.], Urteil vom 7. Dezember 2016 - 6 C 49.15 - [X.]E 156, 358 Rn. 90 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

6 C 1/17

20.03.2018

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 25. November 2016, Az: 2 A 2556/15, Urteil

Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 5 Abs 1 S 2 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 5 Abs 1 RdFunkBeitrStVtr NW, § 5 Abs 2 S 1 RdFunkBeitrStVtr NW, § 6 Abs 2 S 1 RdFunkBeitrStVtr NW, § 6 Abs 2 S 2 RdFunkBeitrStVtr NW, § 14 Abs 3 S 1 RdFunkBeitrStVtr NW, § 40 RStV NW

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.03.2018, Az. 6 C 1/17 (REWIS RS 2018, 12091)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 12091

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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1 BvR 199/11

1 BvF 3/11

1 BvR 2983/10

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