Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.08.2021, Az. B 11 AL 39/21 B

11. Senat | REWIS RS 2021, 3164

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensmangel - hinreichende Bezeichnung - Terminsverlegung wegen Urlaubs des Prozessbevollmächtigten - erheblicher Grund - Darlegung der Verhinderung - rechtsmissbräuchliche Richterablehnung bei Verfolgung verfahrensfremder Ziele


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 21. Mai 2021 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung [X.] zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2, § 169 [X.]).

2

Nach § 160 Abs 2 [X.] [X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 [X.] (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 [X.] (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das [X.] ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]) die diesen Verfahrensmangel des [X.] (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; vgl bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 [X.] 64/75 - [X.] 1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl 2020, § 160a Rd[X.] 16 mwN). Darüber hinaus ist aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsansicht des [X.] - auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit der Beeinflussung des Urteils besteht (stRspr; vgl bereits BSG vom 18.2.1980 - 10 BV 109/79 - [X.] 1500 § 160a [X.]6).

3

Nach diesen Maßstäben ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Die Beschwerde rügt, das [X.] hätte die terminierte mündliche Verhandlung verlegen müssen. Gemäß § 202 Satz 1 [X.] iVm § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO kann ein Termin aus erheblichen Gründen aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Die Beurteilung, ob ein erheblicher Grund vorliegt, liegt grundsätzlich im Ermessen des jeweiligen Gerichts (vgl BSG vom 8.12.2020 - B 1 KR 58/19 B - juris Rd[X.] 12; BSG vom 14.6.2021 - B 4 [X.]/21 B - juris Rd[X.] 8). Dieses Ermessen kann sich allerdings auf Null reduzieren mit der Folge, dass der Termin aufgehoben werden muss und anderenfalls der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, § 62 [X.]) verletzt wäre (vgl BSG vom [X.] R 254/17 B - juris Rd[X.] 6 mwN; BSG vom 14.6.2021 - B 4 [X.]/21 B - juris Rd[X.] 8).

4

Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf. Die Beschwerdebegründung führt lediglich aus, dass der anwaltliche Bevollmächtigte "Terminsverlegung wegen Urlaubs" beantragt habe. Beigefügt ist der Schriftsatz an das [X.], in dem anwaltlich versichert wird, dass der Bevollmächtigte "am [X.] ein Urlaubstag nimmt". Die Beschwerdebegründung behauptet aber nicht einmal, dass der Bevollmächtigte am Tag der mündlichen Verhandlung urlaubsbedingt ortsabwesend und insofern zwingend verhindert gewesen sei (vgl zu dieser Notwendigkeit BSG vom 7.11.2017 - B 13 R 153/17 B - juris Rd[X.] 10; vgl auch [X.] vom 4.12.2017 - [X.]/17 - juris Rd[X.] 19; [X.] vom 16.10.2020 - [X.]/20 - juris Rd[X.] 28). Die besondere Regelung des § 227 Abs 3 ZPO greift hier schon deswegen nicht ein, weil sie sich auf den hier nicht betroffenen Zeitraum vom 1.7. bis 31.8. beschränkt.

5

Soweit man dem Beschwerdevorbringen auch noch eine Rüge dahingehend entnimmt, dass das [X.] über das Ablehnungsgesuch gegen den Berichterstatter unter dessen Mitwirkung entschieden hat, ist ein Verfahrensmangel ebenfalls nicht hinreichend bezeichnet. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass über missbräuchliche Ablehnungsgesuche unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entschieden werden darf (BSG vom 17.12.2020 - [X.] ÜG 4/20 B - juris Rd[X.] 19 f mwN; BSG vom [X.] - B 5 R 18/21 B - juris Rd[X.] 20; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], 2017, § 60 Rd[X.]5 mwN; vgl jüngst auch [X.] vom 20.7.2021 - 2 [X.], 2 [X.] - juris Rd[X.]5 mwN). Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, dass hier kein missbräuchliches Ablehnungsgesuch vorlag. Vielmehr räumt die Beschwerdebegründung selbst ein, dass der Zweck des [X.] war, eine Terminsverlegung herbeizuführen. Hierbei handelt es sich aber gerade um eine vom Ablehnungsrecht nicht erfasste und damit missbräuchliche Motivation (vgl BSG vom [X.] - B 5 R 18/21 B - juris Rd[X.] 20; [X.] in [X.]/Voelzke, jurisPK-[X.], 2017, § 60 Rd[X.]9).

6

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.].

Meta

B 11 AL 39/21 B

19.08.2021

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Darmstadt, 3. August 2020, Az: S 8 AL 321/18, Gerichtsbescheid

§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 202 S 1 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 42 Abs 1 ZPO, § 42 Abs 2 ZPO, § 227 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.08.2021, Az. B 11 AL 39/21 B (REWIS RS 2021, 3164)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 3164

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X B 91/17

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