Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2018, Az. 3 ARs 10/18

3. Strafsenat | REWIS RS 2018, 1138

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Gegenstand

Anordnung des Ermittlungsrichters des BGH nach dem Untersuchungsausschussgesetz: Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Anordnung nach Beschwerdeeinlegung


Tenor

Die Vollziehung des Beschlusses des Ermittlungsrichters des [X.] vom 30. August 2018 wird bis zur Entscheidung des Senats über die Beschwerde des Antragsgegners gegen diesen Beschluss ausgesetzt.

Gründe

1

1. Der 1. [X.] der 19. Wahlperiode des [X.] hat im Wesentlichen den Auftrag aufzuklären, welche Erkenntnisse die Sicherheits-, Strafverfolgungs- und Strafvollzugsbehörden und die Nachrichtendienste des [X.] und der Länder sowie die für den Vollzug des Asyl- und Aufenthaltsrechts zuständigen Behörden über den Attentäter des [X.] auf dem [X.] am 19. Dezember 2016 gewonnen hatten. Der [X.] soll auch ermitteln, welche Erkenntnisse dem [X.]ministerium des Innern, dem [X.]ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dem [X.]kanzleramt sowie der [X.]regierung insgesamt zum Attentäter [X.] zu welchem Zeitpunkt vorlagen und ob sie den Deutschen [X.]tag darüber zeitgerecht, umfassend und zutreffend benachrichtigten.

2

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seinem Rechtsmittel gegen den Beschluss des Ermittlungsrichters des [X.]gerichtshofs vom 30. August 2018 ([X.].: 1 [X.] 408/18 - 1 ARs 1/18). Mit diesem ist auf Antrag der Beschwerdegegnerin angeordnet worden, der [X.] habe nochmals über zwei Beweisanträge der Antragstellerin abzustimmen, beim [X.]ministerium des Innern bzw. [X.]kanzleramt sämtliche Unterlagen beizuziehen, die diese dem [X.] des [X.] der 18. Wahlperiode aufgrund dessen Beschlusses vom 16. Januar 2017 überlassen hatten; sollte der Antrag weiterhin von einem Viertel der Mitglieder des [X.] unterstützt werden, habe der Ausschuss ihm zumindest mehrheitlich zuzustimmen.

3

Der Beschwerdeführer beantragt, die Vollziehung dieses Beschlusses bis zur Entscheidung über die Beschwerde auszusetzen.

4

2. Der Antrag ist zulässig und begründet.

5

a) Für den gemäß Art. 44 Abs. 2 Satz 1 GG, § 36 Abs. 3 [X.], § 307 Abs. 2 StPO statthaften Antrag besteht ein Rechtsschutzbedürfnis.

6

aa) Nach § 307 Abs. 1 StPO entfaltet die Beschwerde keine auf-schiebende Wirkung; ihr kommt kein Suspensiveffekt zu. Die vorläufige Aussetzung der Vollziehung kann allein im Verfahren nach § 307 Abs. 2 StPO erreicht werden.

7

bb) Nach seinem Wortlaut ordnet der Beschluss des Ermittlungsrichters die Vornahme von Handlungen an (vgl. § 241 BGB); danach hat die Entscheidung - ungeachtet ihrer rechtlichen Umsetzbarkeit - einen vollziehbaren Inhalt. Die nähere Auslegung der erstinstanzlichen Entscheidungsformel sowie die Überprüfung von deren Rechtmäßigkeit und Vollstreckungsfähigkeit ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.

8

b) Der Antrag hat in der Sache Erfolg.

9

aa) Nach den allgemeinen Maßstäben ist die Aussetzung der Vollziehung nach § 307 Abs. 2 StPO eine gerichtliche Ermessensentscheidung. Erweist sich das Rechtsmittel bei vorläufiger Prüfung aller Voraussicht nach als unzulässig oder unbegründet, so ist es nicht sachgerecht, den Vollzug einer erstinstanzlichen gerichtlichen Entscheidung auszusetzen. Ist dies nicht der Fall, so ist unter Berücksichtigung der maßgebenden Umstände des Einzelfalls abzuwägen, ob das Interesse an der sofortigen Vollziehung die dem Beschwerdeführer durch den Vollzug drohenden Nachteile überwiegt ([X.], Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 3 ARs 20/16, [X.], 53 mwN).

bb) Danach gilt im vorliegenden Fall:

Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist weder offensichtlich unzulässig noch offensichtlich unbegründet; der Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist vielmehr bei der gebotenen vorläufigen Würdigung des Sach- und Streitstands offen. Im Rahmen der somit zu treffenden Rechtsfolgenabwägung überwiegen die Nachteile, die mit einem sofortigen Vollzug der Anordnung verbunden sind. Ausschlaggebend ist, dass bei einem Vollzug der ermittlungsrichterlichen Entscheidung die Hauptsache unabhängig von deren Ergebnis faktisch vorweggenommen würde ([X.], Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 3 ARs 20/16, aaO S. 54). Demgegenüber erscheint ein Zuwarten bis zur Entscheidung des Senats über die Beschwerde weniger einschneidend. Eine besondere Eilbedürftigkeit ist nicht erkennbar; insbesondere droht kein Beweismittelverlust.

Schäfer     

        

Gericke     

        

Tiemann

        

Hoch     

        

Leplow     

        

Meta

3 ARs 10/18

28.11.2018

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

vorgehend BGH, 30. August 2018, Az: 1 BGs 408/18 - 1 ARs 1/18

Art 44 Abs 2 S 1 GG, § 36 Abs 3 PUAG, § 307 Abs 2 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.11.2018, Az. 3 ARs 10/18 (REWIS RS 2018, 1138)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 1138


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 3 ARs 10/18

Bundesgerichtshof, 3 ARs 10/18, 06.02.2019.

Bundesgerichtshof, 3 ARs 10/18, 28.11.2018.


Az. 1 BGs 408/18

Bundesgerichtshof, 1 BGs 408/18, 30.08.2018.


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