Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.03.2019, Az. 10 AZR 318/17

10. Senat | REWIS RS 2019, 8859

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Gegenstand

Beitragspflichten zu der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft - einheitlicher Streitgegenstand der Geltungsgründe der Allgemeinverbindlicherklärung und des Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 16. Mai 2017 (SokaSiG) - Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG


Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 2. Juni 2017 - 10 [X.] 907/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.]eiträge nach den Tarifverträgen über das Sozialkassenverfahren im [X.]augewerbe ([X.]).

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der [X.]eiträge zu den Sozialkassen des [X.]augewerbes verpflichtet.

3

Der Kläger verlangt noch Mindestbeiträge für zehn gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate Dezember 2010 bis August 2013 iHv. 206.430,00 [X.]. Der auf die jeweiligen [X.] gestützte Anspruch ist mit Mahnbescheid vom 14. Juli 2015, der dem [X.]eklagten am 21. Juli 2015 zugestellt worden ist, gerichtlich geltend gemacht worden.

4

Der [X.] vom 18. Dezember 2009 ([X.] 2009) wurde am 25. Juni 2010 für allgemeinverbindlich erklärt ([X.]Anz. Nr. 97 vom 2. Juli 2010; [X.] [X.] 2010). Die Allgemeinverbindlicherklärung ([X.]) des [X.] vom 18. Dezember 2009 idF vom 21. Dezember 2011 ([X.] 2011) erfolgte am 3. Mai 2012 ([X.]Anz. [X.] 22. Mai 2012 [X.]4; [X.] [X.] 2012). Der [X.] vom 18. Dezember 2009 idF vom 17. Dezember 2012 ([X.] 2012) wurde am 29. Mai 2013 für allgemeinverbindlich erklärt ([X.]Anz. [X.] 7. Juni 2013 [X.]5; [X.] [X.] 2013 I). Die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] vom 3. Mai 2013 ([X.] 2013 I) erfolgte am 25. Oktober 2013 ([X.]Anz. [X.] 4. November 2013 [X.] in der berichtigten Fassung vom 13. März 2014 [X.]Anz. [X.] 14. März 2014 [X.]; [X.] [X.] 2013 II). Der Senat hat ua. diese vier Allgemeinverbindlicherklärungen für unwirksam erklärt ([X.] 25. Januar 2017 - 10 [X.] -; 25. Januar 2017 - 10 [X.] -; 21. September 2016 - 10 A[X.]R 33/15 - [X.]E 156, 213).

5

Der nicht originär tarifgebundene [X.]eklagte unterhielt im [X.] [X.] bis zum 31. August 2013 einen [X.]etrieb, dessen Gegenstand nach der Gewerbeanmeldung die „Erbringung von Korrosionsschutzarbeiten und Erstellung von keramischen säurebeständigen [X.]odenbelägen“ war. Der übliche Vorgang der Herstellung solcher [X.]öden bestand darin, dass auf eine Schicht von [X.]ettungsmörtel ein Epoxidharzgemisch aufgetragen wurde, auf dem wiederum ein keramischer [X.]elag in Form von [X.] oder Feinsteinzeugplatten aufgebracht wurde. Anschließend wurden die Fugen mit einem speziellen Gemisch aus Epoxidharz und Quarzsand ausgefüllt. Die [X.]öden wurden in Gebäuden von Supermärkten und [X.]rauereien hergestellt. Zum 31. August 2013 stellte der [X.]eklagte den [X.]etrieb ein und veräußerte das Anlagevermögen, zu dem neben mehreren [X.]fahrzeugen vier Maschinen im Gesamtwert von [X.] [X.] zählten.

6

In den Jahren 2006 und 2014 kam die [X.]undesagentur für Arbeit im Rahmen der Überprüfung, ob der [X.]eklagte zur Zahlung der [X.] nach dem SG[X.] III verpflichtet war, zu dem Ergebnis, dass im [X.]etrieb keine baulichen Leistungen erbracht würden.

7

Der Kläger hat behauptet, im [X.]etrieb des [X.]eklagten seien zu nahezu 100 % der persönlichen Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers in jedem der Kalenderjahre 2010 bis 2013 fertige, von [X.] bezogene Fliesen an Wänden und [X.]öden von Gebäuden verlegt worden. In Ausnahmefällen sei mit säurefesten Materialien verfugt worden.

8

Er hat die Auffassung vertreten, der [X.]etrieb des [X.]eklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich der jeweils maßgeblichen [X.]. Er sei nicht als [X.]etrieb der Säurebauindustrie vom Geltungsbereich ausgenommen. Die [X.] kämen nach § 7 Abs. 4 bis Abs. 7 iVm. Anlagen 29 bis 32 des erst nach Einlegung der [X.]erufung in [X.] getretenen Gesetzes zur Sicherung der Sozialkassenverfahren im [X.]augewerbe vom 16. Mai 2017 (SokaSiG) zur Anwendung. Das SokaSiG sei verfassungsgemäß.

9

Der Kläger hat - soweit für die Revision von [X.]edeutung - beantragt,

        

den [X.]eklagten zu verurteilen, an ihn 206.430,00 [X.] zu zahlen.

Der [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat sich dahin eingelassen, dass während des überwiegenden Teils der betrieblichen Arbeitszeit keine baulichen Leistungen iSd. [X.] erbracht worden seien. Der Kläger habe bereits nicht substantiiert dargetan, dass die Arbeitnehmer des [X.]eklagten zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit solche Arbeiten verrichtet hätten, die unter den Geltungsbereich der [X.] fielen. Der Kläger habe lediglich [X.]ehauptungen „ins [X.]laue hinein“ aufgestellt. Jedenfalls sei der Ausnahmetatbestand der Säurebauindustrie nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 10 [X.] erfüllt. [X.]ei den im [X.]etrieb ausgeführten Arbeiten handle es sich um eine hochtechnisierte Tätigkeit. Die Produkte seien standardisiert. Die Arbeitnehmer wirkten in großem Umfang arbeitsteilig zusammen. Auch der Umfang der Projekte spreche für eine industrielle Fertigung. Der Anspruch sei zudem verjährt. Jedenfalls sei das SokaSiG verfassungswidrig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat ihr - soweit für die Revision von [X.]edeutung - stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der [X.]eklagte die vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat die erstinstanzliche Entscheidung - soweit für die Revision von Bedeutung - zu Recht abgeändert und der Klage insoweit stattgegeben.

[X.] Der Kläger hat die zulässige Klage nicht geändert, indem er die Beitragsforderung in der Berufungsinstanz nicht mehr auf die Allgemeinverbindlicherklärungen gestützt hat, sondern nur noch auf § 7 Abs. 4 bis Abs. 7 iVm. Anlagen 29 bis 32 [X.].

1. Der prozessuale Streitgegenstand umfasst alle konkurrierenden materiell-rechtlichen Ansprüche. Er ändert sich auch dann nicht, wenn der Kläger erst im Verlauf des Rechtsstreits eine wirksame Anspruchsgrundlage benennt. Rechtliche Begründungen innerhalb desselben Tatgeschehens betreffen allein die [X.] und damit die dem Gericht obliegende rechtliche Bewertung des [X.] ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 27; [X.] 21. Februar 2019 - [X.]/18 - Rn. 30).

2. Deshalb handelt es sich hier nicht um eine Klageänderung. [X.] nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, für dessen Geltungserstreckung sowohl eine Allgemeinverbindlicherklärung als auch § 7 [X.] in Betracht kommen, werden von demselben den Streitgegenstand umgrenzenden Lebenssachverhalt erfasst ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 18 ff.). Die Ansprüche stützen sich auf dasselbe Tatgeschehen. Sie sind weder in ihren materiell-rechtlichen Voraussetzungen noch in ihren Folgen oder strukturell grundlegend verschieden ausgestaltet.

I[X.] Die Klage ist begründet. Der Kläger hat aus § 7 Abs. 4 bis Abs. 7 iVm. Anlagen 29 bis 32 [X.] einen Anspruch gegen den Beklagten auf die geltend gemachten Beiträge. Die Anlagen 29 bis 32 enthalten den vollständigen Text der [X.] in den im Streitzeitraum geltenden Fassungen (vgl. [X.]I 2017 S. 296 bis 350). Die in § 7 Abs. 4 bis Abs. 7 [X.] angeordnete Geltungserstreckung des [X.] auf nicht [X.] ist aus Sicht des Senats verfassungsgemäß. Die Beitragspflicht des Beklagten folgt für die [X.] vom 1. Dezember 2010 bis 31. Dezember 2011 aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2009, für die [X.] vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2011, für die [X.] vom 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2013 aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 18 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2012 und für die [X.] vom 1. Juli 2013 bis 31. August 2013 aus § 1 Abs. 1, Abs. 2 Abschn. V Nr. 15, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2013 [X.] Die Voraussetzungen für eine Beitragspflicht des Beklagten nach den inhaltlich deckungsgleichen Bestimmungen dieser [X.] sind erfüllt.

1. Der im [X.] gelegene Betrieb des Beklagten unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich der [X.] (§ 1 Abs. 1 [X.]). Die bei dem Beklagten beschäftigten zehn gewerblichen Arbeitnehmer werden vom persönlichen Geltungsbereich der [X.] erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Der betriebliche Geltungsbereich ist nach § 1 Abs. 2 [X.] eröffnet. Im Betrieb des Beklagten werden arbeitszeitlich überwiegend Fliesen- bzw. Plattenverlegearbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] ausgeführt.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Frage der Teilnahme des Beklagten am Urlaubskassenverfahren maßgebend, ob in den Kalenderjahren des [X.] in seinem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt wurden, die unter § 1 Abs. 2 Abschn. I bis Abschn. V der jeweils maßgeblichen [X.] fallen. [X.] baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinn erbracht, sind ihnen diejenigen Nebenarbeiten ebenfalls zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst und auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an. Ebenfalls unerheblich ist, ob im Hinblick auf den Betrieb die gesetzlichen Vorschriften zur Teilnahme an der [X.] (§§ 102, 354 [X.]) zur Anwendung kommen. Etwaige von der [X.] in diesem Zusammenhang vorgenommene Einschätzungen sind für die Anwendbarkeit des [X.] ebenfalls nicht entscheidend. Für den Anwendungsbereich des jeweiligen [X.] reicht es aus, wenn in dem Betrieb überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V [X.] genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Betrieb wird dann stets von dem betrieblichen Geltungsbereich des [X.] erfasst, ohne dass die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zusätzlich geprüft werden müssen. Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden, muss darüber hinaus festgestellt werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen ([X.]., zB [X.] 10. September 2014 - 10 [X.] - Rn. 28, [X.]E 149, 84; 15. Januar 2014 - 10 [X.] - Rn. 12 f. mwN).

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass in einem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend baugewerbliche Tätigkeiten verrichtet werden, obliegt dem Kläger. Sein Sachvortrag ist schlüssig, wenn er Tatsachen vorträgt, die den Schluss zulassen, der Betrieb des Arbeitgebers werde vom betrieblichen Geltungsbereich des [X.] erfasst. Dazu gehört neben der Darlegung von Arbeiten, die sich § 1 Abs. 2 [X.] zuordnen lassen, auch die Darlegung, dass diese Tätigkeiten insgesamt arbeitszeitlich überwiegen. Nicht erforderlich ist, dass der Kläger jede Einzelheit der behaupteten Tätigkeiten vorträgt. Dies kann er in der Regel nicht. Da er in seiner Funktion als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien zumeist keine näheren Einblicke in die dem Gegner bekannten Arbeitsabläufe hat und ihm die Darlegung deshalb erschwert ist, kann er, wenn Anhaltspunkte für einen Baubetrieb vorliegen, auch von ihm nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Unzulässig ist dieses prozessuale Vorgehen erst dann, wenn er, ohne dass greifbare Anhaltspunkte für einen bestimmten Sachverhalt vorliegen, willkürlich Behauptungen „ins Blaue hinein“ aufstellt. Dies kann in der Regel nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte angenommen werden oder dann, wenn er selbst nicht an die Richtigkeit seiner Behauptungen glaubt. Ist entsprechender Tatsachenvortrag gehalten, hat sich der Arbeitgeber hierzu nach § 138 Abs. 2 ZPO zu erklären. Regelmäßig obliegt ihm die Last des substantiierten Bestreitens, weil der Kläger außerhalb des [X.] steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen hat, während der Arbeitgeber sie kennt und ihm die entsprechenden Angaben zuzumuten sind. Das substantiierte Bestreiten kann sich auf die Art und/oder den Umfang der verrichteten Arbeiten beziehen. Um feststellen zu können, welche Tätigkeiten in welchem Umfang ausgeübt wurden, muss der Arbeitgeber im Rahmen des substantiierten Bestreitens entsprechende Tatsachen vortragen. Dazu gehört die Darlegung der zeitlichen Anteile der verschiedenen Tätigkeiten ([X.]., zB [X.] 10. September 2014 - 10 [X.] - Rn. 29 f., [X.]E 149, 84; 15. Januar 2014 - 10 [X.] - Rn. 20 mwN).

c) Nach diesen Maßstäben unterfiel der Betrieb des Beklagten im Streitzeitraum den jeweils maßgeblichen [X.]. [X.] überwiegend wurden dort Fliesen- bzw. Plattenverlegearbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] ausgeführt.

aa) Der Kläger hat schlüssig vorgetragen, dass im Betrieb des Beklagten zu nahezu 100 % der persönlichen Arbeitszeit jedes Arbeitnehmers in jedem der Kalenderjahre 2010 bis 2013 fertige, von [X.] bezogene Fliesen verlegt und die Fugen teilweise mit säurefesten Materialien ausgefüllt worden seien. Die betreffenden Darlegungen des [X.] sind nicht „ins Blaue hinein“ erfolgt. Der Kläger hat sich auf die Gewerbeanmeldung des Beklagten bezogen und vorgetragen, dass die Arbeiten hauptsächlich in Gebäuden von Supermärkten durchgeführt worden seien. Dass der Beklagte nach seinem Vortrag auch in Brauereien tätig gewesen sei, führt nicht dazu, dass die Ausführungen des [X.] ohne jeglichen Anhaltspunkt erfolgten.

bb) Diesem Vortrag ist der Beklagte nicht in erheblicher Weise entgegengetreten.

(1) Ein ausreichendes Bestreiten iSv. § 138 Abs. 2 ZPO liegt nicht darin, dass der Beklagte auf die Ergebnisse der Prüfungen durch die [X.] für die [X.] verweist. Die Voraussetzungen einer Beitragspflicht nach den [X.] und einer Umlagepflicht nach § 354 iVm. § 102 [X.] sind nicht deckungsgleich. Ein und derselbe Betrieb kann der Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes unterliegen, nicht aber der Umlagepflicht nach dem SG[X.][X.] Die Umlage zur Finanzierung der Winterbeschäftigungsförderung haben die Arbeitgeber des Baugewerbes zu leisten, in deren Betrieben und [X.] die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist. Das sind alle Arbeitgeber des Baugewerbes, deren Betrieb einem Zweig des Baugewerbes angehört, der durch die Baubetriebe-Verordnung ([X.]) in die Winterbeschäftigungsförderung einbezogen ist (Schaumberg in [X.]/Voelzke jurisPK-[X.] 2. Aufl. § 354 Rn. 22 ff.). Der Katalog des § 1 [X.] und die in § 2 [X.] geregelten Ausnahmen stimmen in Teilen mit § 1 Abs. 2 [X.] überein (vgl. [X.] - zu 1 b der Gründe). Sie sind aber nicht deckungsgleich. Deshalb lässt ein Negativbescheid der [X.] zur Umlagepflicht nicht den Schluss zu, dass keine Beitragspflicht nach den [X.] besteht.

(2) Die erhobenen Verfahrensrügen sind unzulässig. Mit der Rüge, das [X.] habe den Vortrag des [X.] unterstellt und die gegenläufigen Beweisantritte des Beklagten nicht berücksichtigt, macht der Beklagte der Sache nach geltend, das Berufungsgericht habe erheblichen Sachvortrag und Rechtsausführungen unberücksichtigt gelassen.

(a) Konkret meint der Beklagte, das [X.] habe sein Bestreiten des klägerseitigen Vortrags zur betrieblichen Tätigkeit, insbesondere dass mindestens 60 % der persönlichen Arbeitszeit der im Betrieb beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer nicht auf bauliche Leistungen iSd. [X.] entfielen, ebenso wenig gewürdigt wie die Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast. Er zeigt jedoch keine besonderen Umstände des Einzelfalls auf, aufgrund derer davon ausgegangen werden könnte, das Berufungsgericht habe das tatsächliche Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen (vgl. [X.] 14. Februar 2019 - 2 BvR 1457/18 - Rn. 12 mwN).

(b) Weiter rügt der Beklagte, das [X.] habe seinen Einwand nicht berücksichtigt, die vom Kläger vorgetragenen und durch ehemalige Arbeitnehmer des Beklagten unter Beweis gestellten Tatsachen könnten nicht von den Zeugen bekundet worden sein. Insoweit fehlt es an der Darlegung, dass der gerügte Verfahrensmangel entscheidungserheblich war. Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Zudem muss die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden ([X.] 2. Mai 2014 - 2 [X.] - Rn. 16 mwN). Die Rüge des Beklagten betrifft die Eignung von Beweismitteln und die Beweiswürdigung. Inwiefern sich der geltend gemachte Verfahrensmangel auf das Ergebnis des Urteils auswirkt, hat der Beklagte nicht aufgezeigt. Sofern seine Rüge dahin zu verstehen ist, dass der Kläger Tatsachen „ins Blaue hinein“ willkürlich behauptet hat, die nicht berücksichtigt werden dürfen (vgl. [X.] 16. April 2015 - IX ZR 195/14 - Rn. 13 f.), macht der Beklagte keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das [X.] geltend.

cc) Fliesen-, Platten- und [X.] und Verlegearbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] werden ausgeführt, wenn Oberflächen unter Anwendung von [X.], Verlege- oder Verankerungstechniken mit Fliesen, Platten oder Mosaiken belegt oder bekleidet werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Fliesen, Platten und Mosaiken im Betrieb selbst hergestellt oder von den Herstellern bezogen werden. Ebenso ist für die tarifliche Bewertung nicht relevant, welche Form die Fliesen, Platten und Mosaiken haben und ob sie in Wohn- oder Geschäftsräumen oder in Räumen verlegt werden, die einer industriellen Fertigung dienen. Nach dem Wortlaut der tariflichen Bestimmung ist auch nicht maßgeblich, ob die Fliesen, Platten und Mosaiken besondere Eigenschaften aufweisen, dh. ob sie zB frostsicher, rutschfrei, glasiert oder rau, farbig oder weiß, feuer- oder säurefest sind. Dies richtet sich nach der Zweckbestimmung der Verkleidung, auf die in § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] jedoch nicht abgestellt wird. Das Gleiche gilt für die [X.], mit der die Fliesen fest mit dem Untergrund verbunden werden. Für die tarifliche Einordnung ist etwa nicht von Bedeutung, ob die Fliesen im Mörtelbett verlegt oder mit Spezialkleber mit dem Untergrund verbunden werden (vgl. [X.] 27. August 1986 - 4 [X.] -). Zum Berufsbild des Fliesen-, Platten- und [X.] gehört ferner die Herstellung von Oberflächen für Fliesen-, Platten- und [X.] und -beläge sowie von Konstruktionen und Untergründen zur Aufnahme von Fliesen-, Platten- und [X.] und -belägen. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 8 und Nr. 12 der Verordnung über das [X.] und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Fliesen-, Platten- und [X.] vom 10. März 2008 ([X.], BGBl. I S. 378). Zu den Tätigkeiten eines Fliesen-, Platten- und [X.] zählt zudem das Ausfüllen der Fugen ([X.] www.arbeitsagentur.de Stand 2. Januar 2019 Steckbrief „Fliesen-, Platten- und Mosaikleger/in“). Ein Betrieb ist dem Fliesen-, Platten- und [X.] auch dann zuzurechnen, wenn er sich auf bestimmte Spezialgebiete dieses Handwerks spezialisiert hat wie zum Beispiel auf die Herstellung von chemisch beständigen Belägen in Labors und Industrieanlagen (vgl. [X.] 27. August 1986 - 4 [X.] -).

dd) Danach wurden im Betrieb des Beklagten im streitbefangenen [X.]raum überwiegend Fliesen- und Plattenverlegearbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] ausgeführt.

(1) Die gewerblichen Arbeitnehmer haben auf Böden und Wänden [X.] und ein Epoxidharzgemisch so aufgetragen, dass darauf ein keramischer Belag in Form von [X.] und Feinsteinzeugplatten aufgebracht werden konnte. Ein wesentlicher Arbeitsschritt bei der Verlegung von Fliesen und Platten ist der Auftrag einer [X.], im Streitfall in Form von [X.]. Er nimmt den keramischen Belag auf und fixiert ihn. Dabei handelt es sich nicht um Estricharbeiten. Von Estricharbeiten ist auszugehen, wenn ein Bauteil auf einem tragenden Untergrund oder auf einer dazwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht hergestellt wird, das Bauteil unmittelbar nutzfähig ist oder mit einem Belag wie zB PVC, Teppichboden, Parkett, keramischen Platten oder Naturstein versehen werden kann ([X.] 24. Oktober 2001 - 10 [X.] - zu II 2 b aa der Gründe). Estricharbeiten gehen damit den Fliesen- und Plattenverlegearbeiten voraus. Unerheblich ist, dass der [X.] geglättet wird, indem Maschinen eingesetzt werden, die auch für die Herstellung eines Estrichs verwendet werden.

(2) Dass neben dem [X.] als [X.] auch ein Epoxidharzgemisch aufgetragen wird, führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Durch das Aufbringen einer Kunstharzschicht zwischen [X.] und Keramik wird die Verkleidung einer bestimmten Zweckbestimmung zugeführt. Es handelt sich um einen zusätzlichen Arbeitsschritt, der Teil der Herstellung eines keramischen Belags ist. Zudem kommt es für die Einordnung einer Tätigkeit unter § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 15 [X.] nicht auf die Zweckbestimmung der Verkleidung an.

(3) Schließlich zählt auch das Ausfüllen von Fugen zur Verlegetätigkeit. Unerheblich ist, dass die Verfugung mit einem speziellen Gemisch erfolgt. Damit ist erneut die für die tarifliche Einordnung nicht entscheidende Zweckbestimmung des Belags verbunden.

ee) Zutreffend hat das [X.] angenommen, dass der Betrieb des Beklagten nicht als Betrieb der Säurebauindustrie nach § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 10 [X.] vom Geltungsbereich der [X.] ausgenommen ist.

(1) Unter Säurebau ist die Erstellung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von baulichen Anlagen zu verstehen, die der Produktion, Aufbewahrung oder Beseitigung chemischer Stoffe dienen unter Verwendung von Werkstoffen, die gegen chemische Einflüsse resistent sind. Dem Säurebau sind allerdings auch diejenigen Tätigkeiten zuzuordnen, die dazu dienen, konstruktive Bauteile, die aus üblichen statisch tragenden Konstruktionen hergestellt sind, durch Oberflächenbekleidung mit chemisch widerstandsfähigen Schutzschichten zu schützen. Insoweit handelt es sich um „Säureschutzbau“, der vom tariflichen Begriff des „[X.]“ mit umfasst wird ([X.] 22. Juli 1998 - 10 [X.] - zu II 2 a der Gründe).

(2) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 Abschn. VII Nr. 10 [X.] müssen die Tätigkeiten des [X.] jedoch industriell betrieben werden. Unter Berücksichtigung der Differenzierungen in § 1 Abs. 2 Abschn. VII [X.] zwischen Gewerbebetrieben (Nr. 1, 3, 8, 12), Handwerksbetrieben (Nr. 2, 4, 5, 6, 9, 11, 12, 13) und Industriebetrieben (Nr. 7, 10, 11) kann aus der auf die Säurebauindustrie beschränkten Ausnahme vom betrieblichen Geltungsbereich des [X.] der Schluss gezogen werden, dass die Handwerksbetriebe des [X.] vom tariflichen Geltungsbereich erfasst werden ([X.] 22. Juli 1998 - 10 [X.] - zu II 2 b der Gründe).

(3) Da die Tarifvertragsparteien den Begriff „Säurebauindustrie“ nicht definiert oder näher erläutert haben, ist davon auszugehen, dass sie den Begriff in seiner allgemeinen Bedeutung verstanden wissen wollen (vgl. [X.] 31. Januar 2018 - 10 [X.] - Rn. 15, [X.]E 162, 1; 8. November 2017 - 10 [X.] - Rn. 17). Ein Industriebetrieb unterscheidet sich von einem Handwerksbetrieb typischerweise aufgrund seiner Betriebsgröße, der Anzahl seiner Arbeitnehmer sowie eines größeren Kapitalbedarfs infolge der Anlagenintensität. Die Industrie ist durch Produktionsanlagen und Produktionsstufen gekennzeichnet. Ein Handwerksbetrieb ist dagegen regelmäßig kleiner und weniger technisiert. Die Arbeiten werden dort überwiegend mit der Hand nach den Methoden des einschlägigen Handwerks und nicht auf Vorrat, sondern für einen bestimmten Kundenkreis ausgeführt. Zwar wird auch in Handwerksbetrieben modernste Technik eingesetzt. Kennzeichnend für Handwerksbetriebe ist jedoch, dass der Einsatz von Maschinen die handwerkliche Tätigkeit unterstützt und sie nicht ersetzt, und dass diese Tätigkeiten in der Regel von Arbeitnehmern mit einer einschlägigen Berufsausbildung ausgeführt werden. Des Weiteren ist in einem Handwerksbetrieb typischerweise die Arbeitsteilung nicht so weit fortgeschritten, dass jede einzelne Arbeitskraft nur bestimmte - in der Regel immer wiederkehrende - und eng begrenzte Teilarbeiten auszuführen hat, wie dies in einem Industriebetrieb der Fall ist. [X.] jedoch als Folge der Technisierung wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten des betreffenden Handwerks durch den Einsatz von Maschinen entbehrlich und bleibt kein Raum mehr für das handwerkliche Können, liegt eine handwerksmäßige Betriebsform eher fern ([X.] 20. September 2017 - 10 [X.] - Rn. 14; 21. Januar 2015 - 10 [X.] - Rn. 35 mwN).

(4) Die Beurteilung der Frage, ob ein Betrieb dem Handwerk zuzuordnen ist oder ob es sich um einen Industriebetrieb handelt, obliegt in erster Linie den Gerichten der Tatsacheninstanzen; sie haben insoweit einen Beurteilungsspielraum, der nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob das [X.] den Begriff selbst verkannt hat, ob die Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob die Beurteilung wegen des Übersehens wesentlicher Umstände offensichtlich fehlerhaft ist ([X.] 20. September 2017 - 10 [X.] - Rn. 15; 21. Januar 2015 - 10 [X.] - Rn. 33 mwN).

(5) Diesem eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfungsmaßstab hält die Einordnung durch das [X.] stand. Es hat die richtigen Maßstäbe zugrunde gelegt und die Umstände des Einzelfalls in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt.

(a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Herstellungsprozess durch händisch ausgeführte Tätigkeiten geprägt ist und den eingesetzten Maschinen jeweils nur unterstützende Funktion zukommt. Insbesondere das Verlegen der Fliesen als Schwerpunkt der Tätigkeit kann nach dem eigenen Vortrag des Beklagten nicht maschinell erfolgen. Nicht zu beanstanden ist daher die Annahme, die im Betrieb des Beklagten eingesetzten Maschinen seien nicht an die Stelle der menschlichen Arbeitskraft getreten.

(b) Ohne Rechtsfehler ist die Annahme des [X.]s, dass der Ausbildungs- und Wissensstand der Arbeitnehmer für einen Handwerksbetrieb sprächen. Mit Blick darauf, dass es sich bei der Tätigkeit eines Fliesen-, Platten- und [X.] um ein zulassungsfreies Handwerk nach § 18 Abs. 2 Satz 1 iVm. Abschn. 1 Nr. 1 Anlage [X.] handelt und ein Großer Befähigungsnachweis in Form der Meisterprüfung nach §§ 45 ff. HwO nicht erforderlich ist, steht die fehlende spezielle Ausbildung der eingesetzten Arbeitskräfte der Einordnung als Handwerksbetrieb nicht entgegen. Das [X.] hat ferner die Organisation der Arbeitnehmer in Trupps sowie die wiederkehrend zu erledigenden Arbeitsschritte berücksichtigt. Die Annahme, ein gewisses arbeitsteiliges Vorgehen sei auch im Handwerk anzutreffen, verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Dass die hergestellten Flächen teilweise als groß anzusehen sind, hat das [X.] unter Berücksichtigung der erheblichen Dauer der Herstellung in nicht zu beanstandender Weise gewürdigt.

(c) Rechtsfehlerfrei ist ferner die Annahme des [X.]s, dass das überschaubare Anlagevermögen und die Arbeitnehmerzahl einem mittleren Handwerksbetrieb entsprächen.

(6) Die hiergegen erhobene Verfahrensrüge greift nicht durch. Sie ist unzulässig.

(a) Der Beklagte meint, das [X.] habe die gebotene Aufklärung unterlassen, ob die Bodenbelagsarbeiten industriell durchgeführt würden, und sei seinen Beweisantritten, ein Sachverständigengutachten einzuholen und Zeugen zu vernehmen, nicht nachgegangen.

(b) Macht der Revisionsführer geltend, das Berufungsgericht habe einen Beweisantritt übergangen, so ist diese Rüge nur zulässig, wenn die Revisionsbegründung das Beweisthema wiedergibt, die Angabe der Schriftsatz- oder Protokollstelle enthält, mit der der Beweis in der Berufungsinstanz angetreten worden ist, und wenn dargelegt wird, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb das angefochtene Berufungsurteil auf dem Verfahrensfehler beruhen kann ([X.] 24. April 2008 - 8 [X.] - Rn. 20). Darüber hinaus muss sich aus dem Vorbringen des Revisionsführers ergeben, dass es sich bei dem übergangenen Beweisantritt um berücksichtigungsfähiges Vorbringen, insbesondere um Tatsachenbehauptungen von ausreichender Substanz handelte ([X.] 12. Juli 2007 - 2 [X.] - Rn. 26 mwN).

(c) Dem wird die Rüge des Beklagten nicht gerecht. Soweit sie sich auf den Vortrag bezieht, die im Betrieb des Beklagten erbrachten Tätigkeiten seien hochtechnisiert und hätten mit der traditionellen handwerklichen Verlegung von Fliesen nichts zu tun, ergibt sich nicht, dass es sich um hinreichend substantiierten, dem Beweis zugänglichen Tatsachenvortrag handelt. Gleiches gilt für den Vortrag, eine weiter gehende Automatisierung der Tätigkeit sei nicht möglich. Zudem bezieht sich der Beklagte auf drei Schriftsätze, in denen mehrfach als Beweis ein Sachverständigengutachten und die Einvernahme von Zeugen angeboten ist. Damit fehlt es sowohl an der konkreten Angabe der maßgeblichen Schriftsatzstelle als auch an der eindeutigen Benennung des übergangenen Beweisangebots.

2. Zutreffend ist das [X.] zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger Sozialkassenbeiträge für die [X.] vom 1. Dezember 2010 bis 31. August 2013 iHv. 206.430,00 Euro verlangen kann. Der Kläger ist berechtigt, die nach dem [X.] geschuldeten Beiträge im Weg einer sog. Mindestbeitragsklage unter Heranziehung der vom [X.] ermittelten durchschnittlichen Bruttomonatslöhne in der Bauwirtschaft geltend zu machen ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] 842/12 - Rn. 27 mwN). Die auf diese Weise ermittelten Mindestbeiträge wurden vom Kläger schlüssig begründet und führen bei zehn gewerblichen Arbeitnehmern im Streitzeitraum zu einem Beitragsanspruch von 206.430,00 Euro.

3. [X.] greift nicht durch. Verfall und Verjährung der Ansprüche richten sich nach § 24 [X.] 2009, [X.] 2011, [X.] 2012 und § 21 [X.] 2013 [X.] Die Verjährungsfrist beträgt danach vier Jahre; § 199 BGB findet Anwendung. Diese Verlängerung der Frist gegenüber § 195 BGB ist nach § 202 BGB wirksam ([X.] 10. September 2014 - 10 [X.] - Rn. 49, [X.]E 149, 84; 15. Juni 2011 - 10 [X.] 861/09 - Rn. 37 mwN). Der älteste Beitragsanspruch für Dezember 2010 war nach § 21 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2009 mit dem 15. Januar 2011 fällig, sodass die Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres 2011 zu laufen begann und am 31. Dezember 2015 endete. Durch den am 14. Juli 2015 erlassenen und dem Beklagten am 21. Juli 2015 zugestellten Mahnbescheid hat der Kläger die Frist gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger zur Begründung der Ansprüche als Geltungsgrund der [X.] zunächst die Allgemeinverbindlicherklärungen und erst im Verlauf des Rechtsstreits das [X.] herangezogen hat. Bei den [X.]n handelt es sich um denselben Streitgegenstand, unabhängig davon, ob die [X.] aufgrund Allgemeinverbindlicherklärungen oder nach § 7 [X.] zur Anwendung kommen (Rn. 13 ff.).

4. Gegen die Geltungserstreckung der [X.] auf den nicht tarifgebundenen Beklagten durch § 7 Abs. 4 bis Abs. 7 [X.] bestehen aus Sicht des Senats keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 42 ff.).

a) § 7 [X.] verletzt nach Auffassung des Senats weder die positive noch die negative Koalitionsfreiheit ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 45 ff.). Ein Eingriff in die positive Koalitionsfreiheit durch die gesetzliche Geltungserstreckung ist gerechtfertigt. § 7 [X.] ist insbesondere nicht unverhältnismäßig, weil sich der Gesetzgeber nicht auf den Ausschluss von Rückforderungsansprüchen beschränkt hat. Eine solche Regelung wäre zwar milder, aber nicht gleich wirksam.

aa) Für die Einschätzung, ob ein Gesetz erforderlich ist, verfügt der Gesetzgeber über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Daher können Maßnahmen, die er zum Schutz eines wichtigen Ziels für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den ihm bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen feststellbar ist, dass Regelungen, die als Alternativen in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen, die Betroffenen indessen weniger belasten. Eine Regelung ist erforderlich, wenn jedenfalls kein eindeutig sachlich gleichwertiges, also zweifelsfrei gleich wirksames, die Grundrechtsberechtigten aber weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht, um den mit dem Gesetz verfolgten Zweck zu erreichen. Nicht zu prüfen ist, ob es bessere Lösungen für die hinter einem Gesetz stehenden Probleme gibt (vgl. [X.] 11. Juli 2017 - 1 BvR 1571/15, 1 BvR 1588/15, 1 [X.], 1 [X.], 1 BvR 1477/16 - Rn. 162, [X.]E 146, 71).

bb) Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass aufgrund der Entscheidungen des Senats vom 21. September 2016 (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213 und - 10 [X.] - [X.]E 156, 289) nicht nur Rückforderungsansprüche drohten, sondern auch der Einzug noch ausstehender Beiträge erschwert werde. Die ausnahmslose Heranziehung der Arbeitgeber sorge für einen fairen Wettbewerb ([X.]. 18/10631 S. 1 ff., 647 ff.). Das Gesetz beende bestehende Unsicherheiten hinsichtlich im Raum stehender Rückforderungsansprüche und stelle den aktuellen Beitragseinzug sicher ([X.]. 18/10631 S. 649).

cc) Aus Sicht des Senats hält sich diese Einschätzung in den Grenzen, die dem Gesetzgeber für die Beurteilung der Erforderlichkeit eröffnet sind. Das [X.] dient dazu, den Fortbestand der Sozialkassenverfahren des Baugewerbes zu sichern und Bedingungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn die Lasten von allen Arbeitgebern gemeinsam und solidarisch getragen werden. Da die Sozialkassen nicht auf Gewinnerzielung angelegt sind, müssen die Beiträge, auch für zurückliegende [X.]räume, gleichmäßig eingezogen werden. Das Gesetz ist zudem erforderlich, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Solche träten ein, wenn Arbeitgeber die ordnungsgemäßen Meldungen unterlassen und nachträglich nicht dazu herangezogen werden könnten, Beiträge zu leisten.

b) Die gesetzliche Geltungserstreckung auf nicht tarifgebundene Arbeitgeber ist nach Auffassung des Senats mit der durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit vereinbar (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 53 ff.). Gegenteiliges zeigt der Beklagte nicht auf.

c) § 7 [X.] verstößt aus Sicht des Senats nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Das gilt nicht nur mit Blick auf den Ausschluss möglicher Rückforderungsansprüche (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 56 ff.), sondern auch hinsichtlich der Beitragspflicht selbst.

aa) Die Auferlegung von Geldleistungspflichten berührt den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 GG nicht, soweit die Geldleistungspflichten den Betroffenen nicht übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen ([X.] 2. Februar 2009 - 1 [X.] - Rn. 18, [X.]K 15, 54; 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 - zu [X.] der Gründe, [X.]E 95, 267; 31. Mai 1988 - 1 [X.] - zu [X.] 1 der Gründe, [X.]E 78, 232; [X.] 19. Februar 2014 - 10 [X.] 428/13 - Rn. 27 mwN; 22. Oktober 2003 - 10 [X.] 13/03 - zu II 2 der Gründe mwN, [X.]E 108, 155).

bb) Ein solches Maß an Belastung ist bei den Beiträgen zu den Sozialkassen nicht erkennbar. Damit ist der Schutzbereich der Eigentumsgarantie bereits nicht berührt. Selbst wenn es sich um einen Eingriff handelte, wäre er gerechtfertigt. Die brancheneinheitliche Sicherung von Urlaubsansprüchen, die zusätzliche Altersversorgung sowie die solidarische Finanzierung der Ausbildung stellen valide und legitime Gemeinwohlinteressen dar. Die Verfolgung dieser Zwecke erweist sich als verhältnismäßig (vgl. dazu auch [X.] - [[X.] GmbH gegen [X.]] Rn. 102 ff.).

cc) Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin begründet, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, für zurückliegende [X.]räume Sozialkassenbeiträge zu entrichten, auch wenn sie einen Anspruch auf Erstattung gegen die Sozialkasse haben, etwa weil sie die Urlaubsansprüche ihrer Arbeitnehmer bereits erfüllt haben. Weder die [X.] noch das [X.] schließen solche Ansprüche aus. Vielmehr sehen § 13 Abs. 3 [X.] 2009, § 13 Abs. 3 [X.] 2011, § 13 Abs. 3 [X.] 2012 und § 12 Abs. 2 [X.] 2013 I vor, dass bei einer rückwirkenden Inanspruchnahme ein Anspruch des Arbeitgebers auf Erstattung der gewährten Urlaubsvergütung besteht.

d) Das [X.] ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Die gesetzliche Geltungsanordnung der [X.] führt zu einer Gleichbehandlung aller Baubetriebe, die vom räumlichen und fachlichen Geltungsbereich der in § 7 [X.] benannten [X.] erfasst werden. Die Beschränkung auf die Baubranche verstößt ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 63 ff.).

e) § 7 [X.] verletzt nach Auffassung des Senats nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen tariffreier Arbeitgeber, von rückwirkenden Gesetzen nicht in unzulässiger Weise belastet zu werden ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 68 ff.). Der gegenteiligen Auffassung des Beklagten stimmt der Senat nicht zu.

aa) Der Beklagte beruft sich vergeblich darauf, die „Ersetzung“ der unwirksamen Allgemeinverbindlicherklärungen durch eine gesetzliche Regelung sei nicht vorhersehbar gewesen. Dem Gesetzgeber steht die Wahl einer anderen Rechtsform als der in § 5 [X.] geregelten Allgemeinverbindlicherklärung für die Erstreckung eines Tarifvertrags auf Außenseiter frei. Die Rechtsform ändert nichts an Inhalt und Ergebnis der Erwägungen zu der Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] 121/18 - Rn. 51 ff.).

bb) Durch § 7 [X.] wird weder den Allgemeinverbindlicherklärungen „Rückwirkung beigelegt“ noch tritt das Gesetz an ihre Stelle. Die Rechtsnorm ordnet vielmehr ihrerseits die Geltungserstreckung der Tarifnormen auf [X.] an (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] 121/18 - Rn. 51 ff.). Die Allgemeinverbindlichkeit tarifvertraglicher Rechtsnormen nach dem [X.] bleibt ausdrücklich unberührt (§ 13 [X.]). Daher kommt es nicht darauf an, ob eine Rückwirkung im Weg eines für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags möglich gewesen wäre.

cc) Bis zum 20. September 2016 bestand keine Grundlage für ein Vertrauen auf die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen der [X.] in den Fassungen der hier relevanten Anlagen 29 bis 32 des [X.], auf die die Absätze 4 bis 7 des § 7 [X.] verweisen. Es entsprach der weit überwiegenden Rechtsansicht, dass diese Fassungen des [X.] wirksam für allgemeinverbindlich erklärt worden waren (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 72 ff.).

dd) Ein schutzwürdiges Vertrauen konnte auch nach den Entscheidungen des Senats vom 21. September 2016 (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213 und - 10 [X.] - [X.]E 156, 289) sowie vom 25. Januar 2017 (- 10 [X.] - und - 10 [X.] -) nicht entstehen. Die tariffreien Arbeitgeber mussten damit rechnen, dass die [X.] auf sie wiederhergestellt wird (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 82 ff.).

ee) Zu keinem anderen Ergebnis führt der Einwand des Beklagten, er habe angenommen, keiner Beitragspflicht zu unterliegen. Seine subjektive Sicht allein ist nicht maßgebend. Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen ([X.] 17. Dezember 2013 - 1 [X.] - Rn. 64, [X.]E 135, 1).

f) Nach Auffassung des Senats ist § 7 [X.] kein nach Art. 19 Abs. 1 GG unzulässiges Einzelfallgesetz. Die Bestimmung greift nicht aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle einen einzelnen Fall oder eine bestimmte Gruppe heraus (vgl. [X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 105 ff.).

II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gallner    

        

    Pulz    

        

    Pessinger    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Budde    

                 

Meta

10 AZR 318/17

27.03.2019

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 25. Mai 2016, Az: 6 Ca 962/15, Urteil

§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 15 VTV-Bau, § 1 Abs 2 Abschn VII Nr 10 VTV-Bau, § 7 SokaSiG, § 102 SGB 3, § 354 SGB 3, Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, Art 14 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 138 Abs 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.03.2019, Az. 10 AZR 318/17 (REWIS RS 2019, 8859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8859

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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10 Sa 702/23 SK

1 BvR 2654/17

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